Finanzuntersuchungsrichter angestellten Gehilfen war im Begriff, mit einem Kinde von hier nach Saulgau zu fahren; in der Nähe der sogenannten Wuhrkapelle stieß der Postwagen auf einen Zug fremder Gäste: Kameel, Bären und Affen, der wohl auswich, aber die Pferde scheuten an den seltsamen Thieren, der Wagen kam aus dem Geleise und warf um und wurde, da auch noch der Zügel eines Pferdes brach, eine Strecke weit geschleppt; die Frau in demselben brach eine Hand und erhielt sonst noch erhebliche Con- tusionen, auch das Kind trug einige Verletzungen davon — beide liegen nun hier zu Hause, wo zum Glück bald ärztliche Hilfe zur Stelle war. Der betreffende Postknecht ist außer aller Schuld und wird es sich jetzt nur mehr darum handeln, wer für den materiellen Schaden einzustehen hat, die König!. Postanstalt oder der betreffende Posthalter, der das mangelhafte Zügelwerk nicht durch ein besseres ersetzt hat.
(Unglücksfälle und Verbrechen.) In Vogelsberg, OA. Künzelsau, wurden einem vermöglichen Bauern, der mit seinen Leuten auf dem Felde beschäftigt war, aus einem verschlossenen Kasten 360 Mk. gestohlen. Der Dieb war durch ein Küchenfenster eingestiegen. — In Lustnau ereignete sich ein bedauerlicher Unglücksfall. Der 19 Jahre alte Bäckergehilfe des hiesigen Bäckers Ankele ertrank am Samstag Vormittag beim Baden im Neckar. Derselbe scheint sich zu rasch, ohne vorherige Abkühlung in das Wasser gestürzt zu haben und alsbald von einem Schlage gerührt worden sein. Die Umstehenden sahen nur noch einen Arm und sodann, ohne irgendwelche Hilfe leisten zu können, den leblosen Körper den Neckar hinabschwimmen. Bis heute Nacht konnte der Leichnam trotz eifrigem Suchen noch nicht zu Tage gefördert werden.
Deutsches Reich.
DerdeutscheKaiser weilte von Donnerstag bis Montag auf der Bodenseeinsel Mainau in dem Lustschlosse seines erlauchten Schwte» gersohnes des Großherzogs von Baden und machte auch von Mainau aus verschiedene Abstecher zu Schiff nach den Ufern des Bodensee, bei welcher Gelegenheit sich die Gesundheit und Kräfte des Kaisers als vorzüglich zeigten. Ihre Majestäten unser König und die Königin, welche gegenwärtig in Friedrichshafen weilen, statteten dem Kaiser einen Besuch ab, welcher am Sonntag vom Kaiser und den Großherzogl. Herrschaften erwidert wurde. Am Montag reiste der Kaiser nach Gastein ab und wird daselbst am Dienstag von Salzburg kommend eintreffen. Die Dauer des kaiserlichen Aufenthaltes in Gastein ist auf 3 Wochen berechnet.
— Die Nachricht der Frankfurter Zeitung, KaiserWilhelmhabe ein Beileidstelegramm an die Schwester Skobeleff's gerichtet, wird von der Nordd. Allgem. Ztg. als eine angebliche Privatdepesche der Franks. Ztg. erklärt, durch die nur ein Wolff'sches Telegramm ent
stellt wird. Kaiser Wilhelm hat ein solches Schreiben nicht erlassen.
— Die „Köln. Ztg." veröffentlicht folgende ihr aus Berlin zugehende Mtttheilung, aus deren Fassung man auf eine dem auswärtigen Amte naheliegende Quelle schließen möchte: „Man gibt sich in hiesigen politischen Kreisen der Hoffnung hin, daß die deutsche Presse der patriotischen Pflicht, welche ihr die Verhältnisse auferlegen, auch diesmal gewachsen sein und der Regierung nicht durch stürmische Aufforderungen, welche Beunruhigung in der Bevölkerung verbreiten würden, die Lösung einer schwierigen diplomatischen Lage unnütz erschweren werde. Das geflügelte Wort des Fürsten Bismarck von dem „Knochen des pommerschen Landwehrmanns" muß auch heute seine Anwendung finden. Deutschland ist ja glücklicherweise an den egyptischen Wirren weniger interessirt als andere Großmächte, in erster Linie Frankreich; es darf nicht unnützer Weise aus seiner Zurückhaltung heraustreten, die bei ihm nur ein Zeichen selbstbewußter Kraft ist. So allein wird Deutschland in der Lage bleiben, im geeigneten Zeitpunkt das entscheidende Wort zu sprechen. Unsere Beziehungen zum Sultan sind und bleiben gut, wir haben keine Handlung für legitim erklärt, welche die Hoheitsrechte des uns befreundeten Monarchen beeinträchtigt, wir können ihn aber auch nicht thatsächlich in einer Politik der Unthätigkeit unterstützen, durch welche er sich mit ganz Europa in Widerspruch gesetzt hat, ohne uns selbst in unübersehbare politische Verwickelungen zu stürzen. Auf der andern Seite kommt es uns nicht zu, der englischen Regierung, mit der unsere Beziehungen gut sind, unaufgefordert Rath zu ertheilen oder Meinungsäußerungen abzugeben, die in London verstimmen müßten. Die englische Regierung ist in erster Linie dem englischen Volke gegenüber für das, was sie in Egypten gethan hat, verantwortlich, sodann wird sie sich darüber mit der französischen Regierung auseinanderzusetzen haben. Wir unsererseits können versichert sein, daß das, was in der egyptischen Frage die französischen Interessen befriedigt, die unsrigen ebenfalls befriedigen wird. Schließlich werden aber die Westmächte, wenn sie sich untereinander geeinigt haben, der europäischen Zustimmung bedürftig sein, um auf gesicherte Verhältnisse in Egypten u. auf dauerndes Einverständniß unter sich selbst rechnen zu können. Dann erst wird die schwebende Frage für Deutschland spruchreif sein. England fährt mit seinen Bemühungen fort, ein Einverständ- nitz mit andern Mächten, in erster Linie mit Frankreich, herbeizuführen; bei dem allgemeinen Friedensbedürfniß Europas kann England auf allseitiges Entgegenkommen rechnen, besonders wenn es, wie wiederholt versichert worden ist, nicht beabsichtigt, aus der Rolle des Vertheidi- gers seiner berechtigten Interessen herauszutreten und die Stellung des Sultans unangetastet zu lassen. Es hat den Anschein, daß seine Be
mühungen in kürzester Frist von Erfolg gekrönt sein werden."
Berlin, 18. Juli. Ueber eine am Sonnabend aus Anlaß der Abreise einer Anzahl ausgewiesener Sozialdemokraten auf dem Anhalter Bahnhof Seitens der Gesinnungsgenossen versuchten Demonstration können die B. P. N. auf Grund zuverlässiger Informationen und Berichte von Augenzeugen noch Folgendes mittheilen: Bei dem entschiedenen Widerstande, welchen die Tumultuanten den Beamten entgegensetzten, den aufreizenden Rufen wie „Schlagt die Hunde todt" u. dgl. war der Polizeilieutenant gezwungen, weitere polizeiliche Hilfe zu reguiriren und wurden Schutzmannsabtheilungen in Omnibussen nach dem Bahnhof geschafft. Mit Mühe gelang die Räumung und es wurden 16 der renitentesten Tumultuanten zur Haft gebracht. Ein Theil der Sozialisten wußte sich dadurch Zutritt auf den Perron zu verschaffen, daß sie stch Btllets nach Ltchterfeld lösten, um die Fahrt mitzu- machen. Da im Zuge diese Zahl — es waren circa 200 — nicht sofort Aufnahme finden konnte, mußten zwei Waggons neu angeschoben werden, wodurch der fahrplanmäßige Abgang des Zuges stch um etwas mehr als fünf Minuten verzögerte. Die vor dem Bahnhofe angesammelten Schaaren mußten durch berittene Schutzleute gezwungen werden, den Platz zu räumen.
Berlin, 18. Juli. In Charlottenburg wurde gestern der erste Fall astatischer Cholera mit tödtltchem Ausgange constatirt.
Hamburg rüstet sich zum Fest des deutschen Sängerbundes. Die Festhalle faßt 9000 Sänger und 10000 Zuhörer. Die großen Concerte finden am 11. und 12. August statt; 300 Sänger aus Amerika haben sich angemeldet. Geplant sind gemeinsame Fahrten nach dem wunderschönen Blankensee und die Elbe hinunter nach dem ersten Feuerschiffe.
In München wurde der städtische Fried- hofskasster Weber wegen Defraudation verhaftet. Wie verlautet, reichen die Unterschlagungen bis auf 10 Jahre zurück und sollen sich auf ungefähr 40000 Mark beziffern.
Ausland.
Wien, 16. Juli. Das „Fremdenblatt" kann auf Grund verläßlicher und kompetenter Informationen versichern, daß die Behauptung Dtlke's, Oesterreich und Deutschland hätten die Aktion Englands für vollkommen legitim erklärt, wenigstens bezüglich Oesterreich-Ungarns vollkommen unzutreffend sei. Gelegentlich der ersten vertraulichen Meldung des beabsichtigten Bombardements der Forts uns Alexandriens seien zwar Erklärungen und Entschuldigungsgründe für einen solchen an stch nicht zu billigenden Akt der Selbsthilfe gesucht und geltend gemacht worden. Von einer Anerkennung oder formellen Billigung der ganzen Flottenaktion, betreffs welcher man ja auch nie konsultirt oder befragt worden sei, sei nie die Rede gewesen und müsse daher auch be-
Aer Heufeksöauer. (Nachdruck v-rbot-n.)
Erzählung aus dem Erzgebirge von Lnrl Lluzr.
(Fortsetzung.)
Nur mit seinen Gedanken beschäftigt, achtete Gustav weder auf Zeit noch Ort und war darum beinahe verwundert, als er, unwillkürlich aufblickend, die Bemerkung machte, daß er die Schlucht passirt habe und bereits am Eingänge zum Bruche stehe. Es gab für ihn allen Grund, diesen Ort zu meiden, und er hatte ihn darum auch seit Jahren nicht betreten; heute aber trieb es ihn vorwärts nach der Stelle, auf welche der Ursprung so mancher bitteren Erfahrung zurückzuführen war.
Gerade unter der Kanzel und nur wenige Schritte von der Felsenwand entfernt, stand ein hölzernes Kreuz mit einer Inschrift auf dem Querbalken, deren Leserlichkeit unter dem Einflüsse von Regen u. Wetter schon sehr gelitten hatte. Sie lautete: „Hier starb am 10. September 1845 der wohlachtbare David Friedrich Heinemann eines gewaltsamen Todes. Er war 26 Jahre alt und wurde meuchlings von der Kanzel herabgestoßen von —Ueber den Gedankenstrich hatte eine übelwollende Hand mit Bleistift die zwei Worte „dem Teufelsbauer" gesetzt, und hinter ihnen folgte dann die Bemerkung: „Zur Erinnerung an den Mörder errichtet von Andreas Heinemann."
An dem Kreuze lehnte eine Mädchengestalt, welche von Gustav erst bemerkt wurde, als er um ein herabgestürztes Felsstück trat, dessen zerborstene Masse sich gerade vor das Erinnerungszeichen gelegt hatte. Er wäre gern zurückgewichen, aber es war zu spät dazu; sie hatte ihn schon bemerkt.
„Grüß' Gott, Mamsell Heinemann!" klang es kurz und fremd. „Ich Hab net gewußt, daß jemand hier ist, den ich stör'. Aber brauchst Dich net zu fürcht'n, ich geh' schon wieder."
„Gustav!" hörte er ihre zögernde Stimme, als er sich bereits gewendet hatte. Er kehrte sich ihr wieder zu.
„Was ist's? Willst etwas sag'n?"
„Ja!" antwortete sie schüchtern. „Ich möcht' Dich gern 'was bitt'n!"
„Hab' nix dawider. Sprich!"
„Ach nein, wenn Du so feindselig red'st, so getrau ich mir es net!"
Er überflog sie mit fragendem Blicke. Er war ihr oft begegnet, aber noch nie hatte er bemerkt, was ihm jetzt so deutlich in die Augen fiel: sie war schön, schöner vielleicht als alle Mädchen, welche er kannte. Und wie mild und freundlich lag es auf ihrem offenen, rosigen Gesicht- chen! Es gieng eine eigenthümliche ihm bisher unbekannte Bewegung durch sein Inneres, und in sanfterem Tone sprach er:
„Ich bin Dir net feind. Sag' nur immer, was Du begehrst?"
„Ich möcht', daß Du net wieder so zu mir sagst, wie vorhin!"
„Wie denn anders?"
„Hast Du noch net gehört, wie mein Name lautet?"
„O, ja, Kathrin'; aber hast Du auch gehört, wie der unsere klingt? Dein Vater hat mich vorhin Beelzebub geheiß'n; willst Du etwa mit dem Teufel vertraulich thun?"
„Der Vater? Bist ihm auch begegnet?"
„Ja."
Sie trat ihm einen Schritt näher und hielt ihm die Hand entgegen.
„Ich Hab' nix gemein mit dem, was der Vater treibt; ich net und die Mutter auch net. Komm, vergteb mir das, was er Euch thut, und nenne mich net anders, als wie ich's gewöhnt bin. Willst?"
„Ja, ich will, Kathrin'! Ein gutes Wort find't seine gute Statt, und Dir könnt' ich erst recht nimmer 'was abschlag'n!"