Auch auf anderen Gebieten des Staats­lebens ist die Gesetzgebung thätig gewesen. Ich erwähne das Gesetz über die Landtagswahlen und die beiden Gesetze, durch welche die Inte­ressen der Landwirthschaft in wichtigen Bezieh­ungen gefördert wurden.

Die allgemeinen wirthschaftlichen Zustände des Landes bieten keinen Anlaß zu Besorgnissen. Wir dürfen hoffen, daß die Besserung auf dem Gebiete des Handels und Gewerbes, von wel­cher die.wohlgelungene Landesgewerbeausstell­ung des vorigen Jahres ein erfreuliches Zeug- niß gegeben hat, eine dauernde sein werde. Auch für die Landwirthschaft ist trotz einzelner be- klagenswerther Beschädigungen die Aussicht auf ein fruchtbares, die Arbeit lohnendes Jahr vor­handen. Möge diese Aussicht unter dem ferne­ren Segen des Himmels in volle Erfüllung gehen!

Bei dem herannahenden Ende der Wahl­periode können Sie mit berechtigter Genug- thuung auf Ihre erfolgreiche Arbeit zurück­blicken.

Für die wohlwollende Unterstützung, welche Sie den Vorlagen meiner Regierung angedeihen ließen und für die gesammte hingebende Thätig- keit spreche ich Ihnen meinen König!. Dank aus.

Ich erkläre den Landtag für geschlossen."

Der Fürstpräsident der Kammer der Stan- desyerren brachte nun ein dreifaches Hoch auf den König aus, in das die sämmtlichen Saal­anwesenden freudig einstimmten.

Vor diesem feierlichen Landtagsschluß fand noch in der Kammer der Standesherren die 24. Sitzung statt, worin sie dem noch ab­weichenden Beschlüsse des andern Hauses zu Art. 4 des Farrenhaltungsgesetzes zustimmte und dann das ganze Gesetz einstimmig annahm. Die Kammer der Abgeordneten konstatirte diese erzielte Uebereinstimmung der Beschlüsse und vollzog die bezügliche gemeinschaftliche Adresse an die K. Staatsregierung.

Egenhausen. (Corresp'.) Das Gewitter am Pfingstdienstag hat, wie vorauszusehen war, nicht unerheblichen Schaden angerichtet, nament­lich ist die Roggenernte zum dritten Thetl, ja an manchen Stellen zur Hälfte vernichtet. Dem Obst scheint der Hagel weniger Schaden zuge- sügt zu haben als man anfangs meinte, und auch die Hopfen beginnen schon wieder neue Ranken zu treiben. Außer dem Hagelschlag haben wir aber noch von einem andern Feinde des Landmanns und Obstbaumzüchters zu reden. Ich meine die Blutlaus, die sich jetzt auch an einigen Apfelbäumen unserer Markung ge­zeigt und welche noch mehr Schaden anrichten kann, als der Hagel gethan hat. Doch steht der Mensch diesem Feinde nicht machtlos gegen­

über, sondern kann mit allerlei ihm zu Gebot stehenden Mitteln gegen denselben zu Felde zie­hen. Die Blutlaus ist ohngefähr von der Größe einer gewöhnlichen Blattlaus. Ihr Hin­terleib ist mit weißlicher, flockiger Wolle bedeckt. Zerdrückt, läßt sie einen blutrothen Fleck zurück. Die Blutläuse leben in Menge an der Rinde der Apfelbäume, namentlich an Wunden junger Bäume und in Krebsschäden und Rissen alter Stämme und Aeste. Sie sau­gen den Nahrungssaft der Bäume auf, so daß dieselben krank werden und endlich absterben. Abbürsten der Bäume mit einer Tabaksabkoch­ung oder Zerdrücken der Infekten mit einer scharfen Bürste in den Ritzen der Bäume, ist ein zweckmäßiges Vertilgungsmittel. Auch Kalk­wasser wird dazu angewendet. Von Nutzen dürste es sein, wenn den Schülern die Kenntniß dieser schädlichen Insekten beigebracht würde, wie dies sr. Zt. auch beim Kartoffelkäfer der Fall war.

Stuttgart, 7. Juni. (Corr.) Das gest­rige Festdiner, welches II. MM. der König und die Königin den Mitgliedern beider Kam­mern auf dem Rosenstein gaben, wird als be­sonders genußreich für alle Teilnehmer von den­selben geschildert, indem ein so heiterer und un­gezwungener Ton geherrscht habe, wie man in solch höchsten Kreisen sonst nicht gewohnt sei, daher dieses Fest Allen unvergeßlich bleiben werde.

Obere Neckarbahn, 7. Juni. Nach­dem dieser Tage wieder mehrere riesige Ma­schinen und gestern verschiedene neue Personen­wagen, darunter 2 sehr elegante 1. Klasse, aus Eßlingen hier durch nach der Gotthardbahn abgegangen waren, führte heute früh der erste Personenzug einen reich bekränzten Güterwagen mit sich, der die überraschende Aufschrift:von Ludwigsburg nach Mailand" führte. Der­selbe war mit Cichorien befrachtet und ist wohl der erste württemb. Wagen, der durch den St. Gotthard in den Bahnhof der lombardischen Metropole einfährt.

In Cannstatt wird der Schutzmann Wagner vermißt. Wie verlautet, hat derselbe die von ihm von den Dienstboten seines Dist­rikts eingezogenen Krankengelder unterschlagen.

Die Gemeinden Genkingen und Ober­hausen hatten am Pfingstmontag durch die Nebelhöhle-Beleuchtung eine Einnahme von 1731 M. Nachdem 331 M. für Unkosten abgezogen, blieben jeder Gemeinde 700 M. Rein­ertrag. Die Gemeinde Genkingen verwendet schon seit Jahren diese Gelder zu einem Kirchen­baufonds.

Nellingen, 5. Juni. Während des gest­rigen Gewitters schlug hier der Blitz in das Haus des Schultheißen und richtete bedeutenden

Schaden an dem Hause an, jedoch ohne zu zünden. Der Schultheiß, der in dem Augenblick, als das Gewitter sich entlud, nach Hause kam, wurde auf der Treppe niedergeworfen. Das Bewußt­sein hat er behalten; allein seine rechte Hand hatte eine schwärzliche Färbung und war ge­lähmt, konnte jedoch durch rasch angewandte ärztliche Mittel wieder in ihren vorigen Zu­stand gebracht werden. Der Schirm, den er in der Hand hatte, wurde durchlöchert. Eine Nach­barin wurde in ihrem Wohnhaus vom Fenster hinweg geschleudert und einige Schritte davon niedergeworfen.

In Göppingen gieng ein Knabe von 15 Jahren, der die dortige Lateinschule besucht und in der Nähe von Heidenheim zu Haufe ist, zu einem Uhrmacher und verlangte für seinen Kostherrn, für dessen Bruder er sich ausgab, eine Auswahl feiner goldener Uhren; er erhielt von dem Uhrmacher 5 Stück in angeblichem Werth von ca. 700 M. Sofort gieng er z« einem andern Uhrmacher, um davon eine zu verkaufen. Dieser schöpfte Verdacht, erklärte dem Knaben, er könne morgen das Geld in Empfang nehmen und sandte sofort zu seinem Collegen, wodurch der Betrug entdeckt wurde. Die Polizei fand auch bald den Knaben bei einem dritten Uhrmacher, wo er eine weitere Uhr verkaufen wollte. Der junge Dieb wurde sofort in Hast genommen.

(Unglücksfälle und Verbrechen.) Den 16jähr. aus Winterlingen gebürtigen Lehr­jungen des Metzgers Rehfuß in Ebingen ärgerte es, daß Kinder auf dem vor seines Meisters Haus stehenden Wagen harmlos spielten; er untersagte ihnen das Spielen -vom Äühnenladeu aus und warf, als die Kinder seinem Befehle keine Folge leisteten, ein buchenes Scheitchen herab, das den 9jährigen Sohn des Strumpf­webers Beck an die Stirne traf, so daß ärzt­liche Hilfe in Anspruch genommen werden mußte. Der Knabe wird längere Zeit zur Herstellung bedürfen und der brutale Bursche eine seiner rohen Thal angemessene Strafe bekommen.

Deutsches Reich.

Berlin, 6. Juni. Die Straßburger Tabakmanufaktur hatte den Inhaber ihre: Verkaufsstelle in Münster auf ErfüllnM des zwischen beiden Theilen abgeschlossenen Vertrags verklagt. Letzterer wollte des Vertrags entbun­den sein und beschwerte sich erfolglos bei allen Behörden; zuletzt wandte er sich an die Gnade des Kaisers. Se. Majestät hat nun verfügt, es liege tnderBilligkeit, daß die Manu­faktur ihre Abnehmer von den Verträgen ent­binde, falls diese sie nicht erfüllen könnten. Die Manufaktur hat demgemäß ihre gerichtliche Klage zurückziehen müssen.

(Nachdruck verboten.)

Eine heitere Geschichte von A. v. Winter selb.

(Schluß.)

Empfangen Sie meine Gratulation,verbeugte sich dieser,und gestatten Sie mir, mich verabschieden zu dürfen."

Unsinn!" lachte der alte Baron,du bleibst .. du sollst mir die Verlobungsanzeige für den Buchdrucker schreiben . . . mein Gekritzel ist ja nicht zu lesen . . . warte, ich gehe in die Bibliothek und fetze das Ding auf, du kannst es dann sauber kopiren. Auf Wiedersehen, meine Herrschaften!"

Nach diesen Worten machte er eine graziöse Abschiedsbewegung mit der Hand und entfernte sich mit einem eigenthümlichen Lächeln.

Frau von Tannenberg und der junge Baron blieben allein.

Sie haben trotz Ihrer Theorien wirklich glänzend verloren," be­gann die erstere nach einem Weilchen.

Heinrich zuckte beistimmend die Achseln.

Es wäre Ihnen natürlich lieber gewesen, fuhr die Dame fort, wenn ich durch Ihre gefühlvollen Wo te mich hätte Hinreißen lassen."

Wie es Ihnen lieber gewesen wäre," entgegnete Heinrich,wenn mein Onkel mich nicht ins Vertrauen gezogen und wenn ich Sie mit den bloßen Waffen der Koketterie hätte die Wette gewinnen lassen, an­statt daß ich Ihnen so den Preis aus freiem W'llen bot."

O . . . aus freiem Willen?" lächelte die Dame,damit wollen Sie also sagen, daß Sie durch Ihre kleine Komödie mich getäuscht glaubten ?"

Durchaus nicht, gnädige Frau."

Wie? Sie meinten keinen Augenblick mich gerührt und überzeugt zu haben?"

Keinen Augenblick, gnädige Frau! Sollte ich im Jrrthum ge­wesen sein?"

Gewiß nicht, Herr Baron, aber Sie schmeicheln meinem Talente wenig. Ich glaubte rn der That den Ton innerer Erregung getroffen zu haben, der das Echo Ihrer Gefühle gewesen fein müßte, wenn an­ders diese echt waren."

Ganz recht, gnädige Frau," bestätigte der junge Mann,Ihre Erregung war zu gut gespielt, um wahr sein zu können; mit solcher Vollendung gibt man nur Gefühle wieder, die man nicht empfindet."

Dann gieng er mit großen, aufgeregten Schritten im Zimmer auf und nieder, während die Dame ebenfalls mehr und mehr die geheuchelte Ruhe einbüßte."

Sie konnten also glauben," fuhr letztere fort,daß es nur eini­ger banaler Phrasen bedürfe, um eine Frau auf Gnade oder Ungnade sich ergeben zu lassen? Da kennen Sie unser Geschlecht doch nur zu oberflächlich!"

Bedenken Sie, gnädige Frau, daß ich nicht als Eroberer zu Ihnen kam, sondern als Gefangener, der seine Niederlage eingestehen sollte.

Und deshalb machten Sie also mit Ihrem Onkel jene abscheuliche Wette?

Haben Sie nichl zuerst gewettet?"

Das ist ein großer Unterschied, mein Herr Baron, Ihr Onkel hatte mich gereizt, beleidigt, und dann, aufrichtig gesagt, war ich auch neugierig darauf, wie es sich eine Stunde mit Ihnen plaudern möchte, denn ich habe selten das Glück genossen, den Klang Ihrer Stimme zu vernehmen.

Meine Zurückhaltung vor Ihnen geschah mit großer Ueberlegung, gnädige Frau."

Immer besser! Und aus welchem Grunde, wenn man fragen darf r

Weil ich fürchtete, mich in Sie zu verlieben."

Schöne Antwort, nach einer solchen Wette!" spottete die junge Witttve.

Aber, mein Gott, gnädige Frau," erwärmte sich der Baron mehr und mehr,wenn ich auf jene Wette eingieng, geschah es ja gerade, weil ich Sie liebte und weil ich Gelegenheit suchte, es Ihnen zu 8^ stehen. Denn trotz aller Mühe, die ich mir gab. Sie zu fliehen, zog mich dennoch ein unerklärliches Etwas immer wieder zu Ihnen hin. Ich wollte ergründen, ob Sie nicht besser wären, als Sie selbst es der Welt glauben machten, und ich hoffte, daß ich zu einem günstigen Resultat kommen würde. Wenn ich mich aber getäuscht hätte, dann wollte ich doch wenig­stens nicht verspottet und ausgelacht werden, danu sollte Ihnen die