das Oberamt Backnang" gegründet und der Ausschuß, welcher Vorstand, Kassier rc. aus sich bildet, gewählt.
In Murr bet Marbach mußte vor einigen Tagen ein fetter Ochse, des Milzbrands verdächtig, von Amtswegen getödtet und, mit Petroleum und Chlorkalk begossen, verscharrt werden. Wie groß war das Staunen, als derselbe andern Tags trotz dieser Prozedur nicht mehr in der Grube vorgefunden wurde. Angestellte Haussuchungen waren bis jetzt erfolglos.
Brackenheim, 18. Mai. Kürzlich spielte vor dem hiesigen Schöffengericht ein Fall, der öffentliche Erwähnung finden dürfte. Eine Bäuerin aus Weiler verkaufte an eine Händlerin ein größeres Quantum Butter; bei der letzten Halbpfundballe hatte aber die Butter nicht mehr ganz zum vollen Gewicht reichen wollen, weshalb das pfiffige Weib in das Innere derselben einige Eßlöffel Schweineschmalz, vom besten, das sie hatte, mengte. Der Zufall wollte es, daß die Sache entdeckt wurde, so daß die Bäuerin sich nun wegen Verfälschung eines Nahrungs- und Genußmittels zu verantworten hatte; sie kam, da sie einen kaum nennenswer- then Vortheil erstrebte, mit der Geldstrafe von 3 M. davon; die Kosten des Verfahrens und die Gerichtsgebühren aber belaufen sich auf nahezu 30 M., so daß die Spekulation theuer ausfiel und der Bauer von der Schlauheit seiner Frau nicht sehr erbaut gewesen sein soll.
Dem „Volks-Blatt" wird aus Obe r- schwaben mitgetheilt: Was das Unterstützungs- wohnsitz-Gesetz für Blüthen treibt, kann man in R. sehen. Ein genügsamer junger Man», der keine eigene Wohnung mehr auftretben konnte, hat seinen Kleiderkasten benützt und sich darin häuslich in der Nähe einer Scheuer niedergelassen. Gewiß, wenn der alte Diogenes auferstehen könnte, sein erster Besuch würde seinem neuen College« gelten.
(Weltsprachliches.) Vom Oelsee (OA. Btberach) schreibt man dem „D. Volksbl.", daß sich daselbst mehrere Herren zusammengefunden haben, um einen Weltsprache-Club zu bilden. Zweck desselben ist, die von I. M. Schleier, Pfarrer in Litzelstetten bei Konstanz erfundene Welt-Sprache (Volapük) zu pflegen und zu verbreiten. Eröffnet wurde die Club- Gründung mit Absingung des Liedes „Heil dir im Siegeskranz" in der Welt-Sprache. Ein Geistlicher trug sodann eine weltsprachlich verfaßte Ansprache vor zum Beweis der leichten Erlernbarkeit dieser Sprache, da derselbe erst einige Stunden auf deren Erlernung verwendet hatte. Der Wundarzt Kuiele aus Schemmer- berg, welcher von der Weltsprache-Gesellschaft als Weltsprache-Lehrer aufgestellt worden, wurde zum Vorstande gewählt. Derselbe brachte ein Hoch auf den neugegründeten Club erst deutsch, dann weltsprachlich übersetzt aus.
— Das „Gewerbe-Blatt aus Württemberg" macht den Ausstellern der Württ. Landesgewerbe-Ausstellung die Mittheilung, daß die
Meckereien.
Eine heitere Geschichte von A. v. Winterfeld.
(Fortsetzung.)
„Aha!" dachte Wiesenthal, „das macht sich ja besser, als ich glaubte . . . schweigen wir also und lassen wir sie uns kommen."
„Bitte, setzen Sie sich zu mir, lieber Baron," sagte die Dame, freundlich auf einen Sessel deutend, „lassen Sie uns ein wenig plaudern."
Onkel Wiesenthal verbeugte sich und nahm Platz.
„Ich habe Sie um eine kleine Gefälligkeit zu ersuchen, die Sie mir nicht abschlagen werden," begann Frau von Tannenberg, „bewilligen Sie mir noch drei Monate Frist bis zu unserer Hochzeit."
Auf dem Antlitz des Barons malte sich die bitterste Enttäuschung.
„Noch drei Monate?" sagte er, „ich denke, diese sollten schon die letzten sein.
„Und die kommenden die allerletzten."
„Sie spielen mit mir," entgegnete Wiesenthal wirklich gekränkt; „ich muß gestehen, daß ich dessen von Ihnen nicht gewärtig war."
„Mein Gott," lächelte die Dame, „Sie geberden sich mit Ihrem grauen Haar wie ein junger ungestümer Liebhaber, wir sind doch übereingekommen, eine Vernunftheirath zu schließen. Mir ist wirklich noch nicht so zu Muthe, ein unerklärliches Etwas hält mich von dem Schritt zurück, ohne daß ich mir Rechenschaft darüber zu geben vermöchte; ich bin vielleicht eine Närrin!"
„Nein ... Sie sind eine Kokette, gnädige Frau," sagte der Baron, schärfer, als er es vielleicht gewollt hatte.
„Mag sein," entgegnete die junge Wittwe nach kurzer Pause, „aber meine Koketterie ist bis jetzt weder mir gefährlich geworden, noch
andern. Die Hauptschuld liegt übrigens in den Verhältnissen. Ich habe einen alten Mann gehetrathet und stehe im Begriff, mich mit einem nicht jüngeren zu vermählen. Wenn man also nie eine wirkliche Eroberung gemacht hat. muß man sich mit scheinbaren begnügen und seine Befriedigung darin finden, nicht allein in kurzer Frist jedes Männerherz zu entzünden, sondern es auch zur Erklärung zu bringen."
„Jedes Männerherz?" fragte der Baron.
„Jedes!"
„Und in kurzer Frist?"
„Binnen einer Stunde."
„Dieser Triumph macht Ihnen also wirklich so viel Freude?"
„Ich kann es nicht leugnen."
„Wenn Ihr Angriff aber einmal mißglückte?"
„Das ist unmöglich."
Der Baron lächelte auf eigenthümliche Art.
In demselben Moment fiel ein Schuß, vielleicht hundert Schritte vom Schloß.
Frau von Tannenberg fuhr erschreckt zusammen.
„Wer kann das sein?" sagte sie. „in meiner unmittelbaren Nahe . . . wer erdreistet sich?"
„Jemand, der sich wahrscheinlich nicht vor Ihnen fürchtet," ent- gegnete der Baron, dessen Lächeln immer eigenthümlicher wurde.
„Und der wäre?"
„Ich glaube mit Sicherheit, mein Herr Neffe".
Die Dame antwortete nicht.
„Das ist ein Mensch wie eine Marmorstatuc," fuhr Onkel Wtesen- thal fort, „an dem verschwendet die geschickteste Sirene vergebens ihre Künste."
Ausgabe und Versendung derDiplome nunmehr begonnnen hat und in nächster Woche schon beendigt sein wird.
(Unglücksfälle und Verbrechen.) Vom Bottwarthale wird geschrieben: Letzter Tage kam bei uns ein eigenartiger Unglücksfall vor. Ein in den mittleren Jahren stehender Mann von W., der sich wegen Fehlens seines einen Fußes, welcher demselben vor etwa einem halben Jahre abgenommen worden war, auf Krücken stützen mußte, wollte gegen Abend von Großbottwar aus sich in sein naheliegendes Heimathsort begeben. In einiger Entfernung von dieser Stadt blieb derselbe nach Aussage verschiedener Zeugen, die zufällig des gleichen Weges giengen, plötzlich stehen und fiel zu Boden. Bet näherer Besichtigung fand man den Mann todt. Der Verunglückte hatte die abgebrochene Spitze einer Pfeife im Munde, das Rohr derselben war aber ourchs Auge tief ins Gehirn gedrungen, was den plötzlichen Tod des Mannes herbeigeführt haben mag. — In Sköcken, OA. Aalen, fand ein dreijähriges Büblein beim Gänsehüten den Tod des Verbrennens. Beim „Feuerlesanmachen", wie es Hütktnder manchmal im Gebrauch haben, ist der Knabe der Flamme zu nahe gekommen, die Kleider „gingen an" und so wurde das Unglück herbeigeführt. Die Eltern waren von Haus abwesend und fanden bei ihrer Zurück- kunft ihr Kind mit dem Tode ringend, der es nach etlichen Stunden von seinen Qualen erlöste. — In Ostrach (Saulgau) schnitt sich ein 6jähriger Knabe unbedeutend in einen Finger. Die kleine Wunde schmerzte bald mehr und mehr und es schwoll die ganze Hand zusehends an. Trotz rechtzeitig angewandter ärztlicher Hilfe starb das Kind nach Verfluß von 3 Tagen an Blutvergiftung.
Ueber das Vermögen nachstehender Person wurde das Konkursverfahren eingeleitet: Otto Roser, Kaufmanns Wittwe Anna geborene Schäufselen in Heilbronn.
Deutsches Reich.
Berlin, 22. Mai. Die Voss. Z. erhält aus Petersburg folgendes Privattelegramm: Eine den Hofkreisen nahestehende Persönlichkeit theilt mir mit: die Krönungsfeier ist definitiv vertagt und zwar bis Mat 1883. Für Donnerstag(Himmelfahrtstag) waren sämmt- liche Mitglieder des regierenden Hauses nach Peterhof beschieden, um einem Familienrathe beizuwohnen. Zu diesem Familienrathe war der Hofmintster Graf Woronzow zugezogen. Der Kaiser legte dem Familienrathe die Frage vor, wann und unter welchen Umständen die Krönungsfeierlichkeit zu halten sei. Bevor jedoch hierüber die Erörterung ausgenommen wurde, forderte der Zar den Minister auf, über die gegenwärtige Lage Bericht zu erstatten. Es bedarf wohl nicht erst der speziellen Anführung, daß dieser Situationsbericht nicht allzu rosig gefärbt war, denn am Schluffe seiner übersichtlichen Auseinandersetzung legte der Minister die
(Nachdruck verboten.)
vertraulichen Mittheilungen der Staatspolizek- behörden von London, Paris und Berlin vor, welche ihm vor Kurzem erst direkt zugesendet worden waren. Diese Berichte enthielten genaue Angaben über Anschläge der Nihilisten und Terroristen, welche sich im Auslande aufhalten. Alle 3 Berichte stimmen mit merkwürdiger Genauigkeit dahin überein, daß die Plane der.Nihilisten dahin gehen, während der Krönungsfeierlichkeiten, wenn alle höchststehenden Persönlichkeiten des In- und Auslandes in Einem Punkte zusammenströmen, eine verhäng- nißvolle Katastrophe herbeizuführen. Aus diesem Grunde müßten die betr. Polizeianstalte» den Angehörigen ihrer Fürstenyäuser aufs Entschiedenste abrathen, nach Moskau zu reisen, wenn der Czar wirklich darauf bestehen sollte, im Aug. d. I. sich krönen zu lassen. Die Verlesung dieser Berichte soll ein Schweigen des Entsetzens hervorgebracht haben, während der Czar allein ruhig und gefaßt blieb, weil er vielleicht schon vorher den Inhalt dieser Papiere kannte. Einer der Großfürsten soll hierauf sofort die Vertagung der Krönung beantragt und den Umstand hervorgehoben haben, welche enorme Verantwortung der kaiserl. Hof und Rußland übernehmen würden, wenn die fürstlichen Vertreter den befreundeten ausländischen Monarchen und Mächte lebensgefährlichen Katastrophen ausgesetzt würden. Hierauf beschloß der aufs Tiefste erschütterte Familienrath einstimmig, den Vorschlag des Ministers anzunehmen, die Krönung auf Mai 1883 zu verschieben. Der Minister fügte noch hinzu, daß selbst die vorsichtigste Polizei nicht genügende Vorkehrungen treffen könnte, weil die diesjährige Ausstellung in Moskau das Zusammenströmen von allerlei Elementen beförderte und die gleichzeitige Krönung weitere Massen anzöge, wodurch für die Polizei die Beaufsichtigung Aller geradezu unmöglich würde. So mein Gewährsmann von höchster Achtbarkeit und unbestreitbarer Verläßlichkeit. Andererseits muß ich an die letzte Proklamation des Exekutiv- komite's, gelegentlich des Vollzugs des Todesur- thetls an General Strelnikoff erinnern, worin die unsichtbaren Leiter der terroristischen Bewegung erklärten, sie haben die Persönlichkeit des Kaisers gegenwärtig ganz außer Acht gelassen und ihr Vernichtungswerk auf die korrumpirten und grausamen Organe der willkürlichen Verwaltung konzentrirt. Ferner dürfen die bereits im Gange befindlichen Vorbereitungen zur Krönung, welche bei aller Oekonomie dennoch in die Millionen gehende Auslagen verursachten, nicht außer Betracht gelassen werden. Die Vertagung der Krönung bis Mai 1883 hat keinen andern Zweck als Zeitgewinn, denn das Leben des Kaisers kann im Mat kommenden Jahres ebenso sehr gefährdet sein wie gegenwärtig, wen» der Czar keine radikalen Reformen gewährt. Weitere Scheinreformen wären ein Selbstbetrug, welcher sich grausam rächen würde. Von anderen Seiten wird mir gelegentlich meines Aus-