schinenfabrikaitt iu Göppingen; Gottlob Stoll, Kaufmann in Ludwigsburg; Jakob Friedrich Barch, verstorbener Waldhornwirth in Caimbach; Martin Blezinger, Oekonom Ulm; Gottlieb Jakob Lchippert, Pächter der Wirthschaft zur „Harmonie" in Lorch; Verlassenschaftsmasse des Anton Schurrer, Pfandleihers in Stuttgart, Obere Bachstratze Nr. 9.
Deutsches Reich.
Berlin, 28. April. (Reichstag.) Zum Präsidenten wird Levetzow mit 102 gegen 97 St. gewählt. Stauffenberg erhielt 97 Stimmen. Franken st ein erhält als erster Vicepräsident 149 St., Hänel 95 Stimmen; ersterer ist gewählt. Zum zweiten Vtcepräsidenten wird Ackermann mit 126 St. gewählt; Benda erhält 115 St. Für Levetzow und Franckenstein stimmen auch die Socialdemokraten. Der Präsident beantragt, die nächste Sitzung am Freitag den 5. Mai abzuhalten. Rickert wünscht, daß die Sitzungen erst am 8. Mai beginnen. Staatssekretär Bötticher spricht den Wunsch der Regierung aus, der Reichstag möge alsbald mit seinen Geschäften beginnen. Die Regierung habe geglaubt, durch die frühere Einberufung des Reichstags die Erledigung der Vorlagen bis Ende Juni herbeiführen zu können. Bei der Abstimmung ergeben sich nur 196 St., das Haus ist also nicht beschlußfähig. Der Präsident beraumt die nächste Sitzung auf Freitag den 5. Mai an.
— Die „Nordd. Allg. Ztg." beklagt die Veröffentlichung tadelnder Aeußerungen über die Leistungen deutscher Exportindustrte durch die Presse und sagt, die Handelskammern wären eigentlich dazu berufen, die Industriellen über die Schäden des Exports und über die Mittel zur Abhilfe zu unterrichten; es sei bedauerlich, daß dieser Weg nicht betreten werde. Die meisten Handelskammern trieben Parteipolitik und gefielen sich, anstatt aufmerksame Organe für die Interessen des gesummten Handels zu sein, in der Rolle von Organen der Freihandels-Clique. Darum sei es der Regierung gegenwärtig nicht möglich, die Mitthetlungen der auswärtigen Konsuln über den Exporthandel an die Handelskammern gelangen zu lassen, weil sie nicht die Sicherheit habe, daß diese Berich re in einer für das Gewerbe und die Industrie nützlichen Weise verwerthet, vielmehr befürchten müßte, daß das Partei-Interesse über das Schicksal dieser Mittheilungen entscheiden würde.
(Ueber die Entführung eines Postwagens) in Günzburg geht dem „N.-U.- Anz." folgender spezieller Bericht zu. Dieses, allen Regeln der Verkehrsanstalten wiedersprechende Vergehen ließ sich ein armer Geisteskranker in humoristischer Weise zu Schulden kommen. Der frühere Posthalter und Lohnkutscher S., welcher in seinen Vermögensverhältnissen gänzlich heruntergekommen war, zeigte in den letzten Wochen auffallende Spuren von Geistesstörung. Als nun am letzten Freitag Vormittags der nach Jchenhausen bestimmte
Postwagen vor dem Bahnhofe mit dem Gepäck beladen war und zur Abfahrt bereit stand, benützte S. einen Augenblick, in dem sich der Postillon im Post-Lokale befand, sperrte den Kasten, in dem sich die Gepäcks, Briefe ec. befanden, ab, und nahm den Schlüssel zu sich, schwang sich auf den Bock und fort gtengs im sausenden Galopp der württembergischen Grenze zu, nichts als eine Staubwolke zurücklassend. Das würdevolle Abzeichen des Postillons, den weißen Federbusch, wahrscheinlich ein Ueber- bleibsel schönerer Tage, pflanzte er hoch oben an die Stelle der Laterne. Eine Verfolgung zu Fuß blieb ohne Erfolg. Als der Ausreißer nach Niederstotzingen kam, versuchten die telegraphisch benachrichtigten Landjäger seiner habhaft zu werden, worauf die Fahrt im strengsten Laufe über die Feldwege wieder über die bayerische Grenze zurückerfolgte, bis er meinem Orte Halt machte und von seinen Verfolgern abgefaßt wurde. Mit Mühe gelang es dann, den Unglücklichen, welcher sich wieder als wohlbestallter Posthalter wähnte, als Paffagier unter Begleitung eines Landjägers in dem Postomnibus nach etwa 5 Stunden wieder zurückzubringen. Glücklicherweise waren die vorhandenen Passagiere bei dieser Abfahrt noch nicht eingestiegen; Poststücke giengen keine zu Verlust.
(Gutscheine.) Mit Rücksicht auf die sich rasch folgende Weinfälschungs-Prozesse vor den Strafkammern zu Freiburg undOffen- burg haben sich dortige reelle Weinhändler entschlossen, jedem Weinkäufer einen Garantie- Schein auszuhändtgen, in welchem die Aechtheit der Waare bezeugt wird.
Ein schrecklicher Vorfall ereignete sich vor einigen Tagen zu Hainichen beim Eintreffen des Personenzugs um 11 Uhr Vormittags. Als der Zug herankam, stürzte sich die Frau eines dortigen Gastwirths mit ihrem 6 Jahre alten Söhnchen vor die Locomotive in das Geleis. Beide wurden, trotzdem der Zug auf kurze Entfernung hielt, überfahren, und die Frau starb nach kurzer Zeit, während das Kind am späten Nachmittag noch lebte. Beide waren kurz vorher an der Bahnböschung sitzend gesehen worden und das Locomotivpersonal bemerkte, daß die Frau den sich sträubenden Knaben nach sich auf die Schienen zerrte.
Große Erwartung für die kommende Ernte hat der Leipziger Wetterprophet SLannebcin. Er meint: „Was ich bereits im verflossenen Jahre am 16. Oktober geschrieben habe, hat sich im vollsten Maße bestätigt, nemlich, daß die Kartoffel-Ernte eine so große sei, daß, wenn nicht Millionen von Centnern Kartoffeln ausgeführt würden, zum Frühjahr der Fall eintreten müsse, daß diese nicht alle verbraucht werden könmen; trotzdem daß Tausende von Centnern durch Fäulniß vernichtet sind, werden dennoch Kartoffeln in Masse angeboten für den Preis per Mispel (zu 24 Ctr.) 20—24 M. und finden dennoch keine Abnehmer. Da nach allen stattgehabten Anzeichen
der Natur in Betreff der Witterungsverhältnisse der Verlauf dieses Sommers ein günstiger sein wird, so werden wir eine große Ernte zu erwarten haben, die von bedeutendem Einfluß auf die Getreidepreise sein muß.
Ausland.
Paris. Gelegentlich des Pariser Post- dtebstahls und der danach veranlaßten Nachforschungen fand man in der Seine eine Zinkschachtel, welche 430 Briefe enthielt, die während der Belagerung im letzten Kriege nach Paris geschickt worden waren. Alle diejenigen Briefe, deren Aufschrift noch leserlich war, gelangten nunmehr nach 11 Jahren zur Ver- theilung.
St. Petersburg, 29. April. Der „Regierungsanzeiger" veröffentlicht einen Mas betreffs der Verhängung des Zustandes des verstärkten Schutzes über das Milttärgouvernement Nicolajeff und die Stadthauptmannschaft Sewastopol, und die Unterstellung derselben unter den zeitweiligen Generalgouverneur von Odessa.
Kiew, 27.April. Heute begann der Auszug ausgewiesener Juden; im Stadttheil Po- dol allein wurden 600 Wohnungen frei.
Vermischtes.
(Ernte in Amerika.) Der „Daily News" wird aus New-Uork telegraphirt, daß der demnächst erscheinende Bericht des lani^ wirthschaftlichen Departements eine umfassende Ueberstcht der Winterweizen-Distrikte enthalten wird; danach seien die Aussichten ebenso günstig wie im April vorigen Jahres. Sofern nicht Rost, Insekten oder schlechtes Wetter noch Schaden anrichten, dürfte die Ernte von Wintergetreide sehr gut werden.
(Das gegenwärtige Frühlingswetter) ruft ein liebenswürdiges Scherzwort einer geistreichen Französin ins Gedächtniß: „Ach!" seufzte sie eines Tages, als sie die reiche Frühltngsflora während eines Spazierganges bewunderte, „wie gut doch die Welt ihr Alter zu verbergen weiß!"
Die armen Schwiegermütter müssen sich bekanntlich die ungezogensten Scherze gefallen lassen. Den neuesten bringt ein Wiener Blatt in folgendem aufgefangenen Dialog: „Wissen Sie, daß Frau B. sehr schwer erkrankt ist?" „Sie setzen mich in Erstaunen, ich dächte, sie wäre nur ein wenig unwohl." Verzeihen Sie, ich habe es aber von ihrem eigenen Schwiegersöhne gehört." „Ja, dannl Der sieht alles in zu rosigem Lichte!"
(Eine kurtose Stiftung.) Ein vor kurzem in Paris verstorbener Sonderling setzte in seinem Testamente zu Händen der Akademie einen Preis für diejenige französische Mutter aus, welche mit den meisten Kinden gesegnet sei. Die Akademie hat es jedoch abgelehnt, die Verwaltung und Verleihung dieses Vermächtnisses zu übernehmen.
wie er sich ausdrückle, eine kollegialtsche als eine persönliche Bekanntschaft.
Der Monat war zu Ende und die Assisen begannen; der Staatsanwalt sprach von dem Falle als einem äußerst peinlichen und geheim- nißvollen; er wickelte die Schnur seines Augenglases auf und ab, während er sprach und machte den Eindruck, mehr mit seiner Person beschäftigt zu sein als mit der Sache.
Der Präsident des Gerichtes glaubte in seinem Herzen an des jungen Mannes Unschuld. Er hatte einen wohlwollenden Blick für Oskar als dieser eintrat, mit einer ernsten und feierlichen Art, die man an dem heiteren frischen Manne nicht gewohnt war.
Der Ton, in welchem er auf die Frage des Richters „Nichtschuldig" antwortete, machte einen guten Eindruck auf die Anwesenden. Dann I wurde zur Stille ermahnt und die Anklage verlesen. Selbst der Staats- f anwalt war gegen den Angeklagten wohlwollend, denn indem er seine Täuschungen hinsichtlich seines letzten Unternehmens betonte, stellte er den Getödteten als den eigentlichen Leiter dieses korrupten Unternehmens hin, welcher sicher durch die zutrauenerweckende Würde seiner Erscheinung den jungen Mann ins Garn gelockt habe.
Oskar war beschämt, in einer solchen Weise entschuldigt zu werden; aber die Wahrheit der Sache war nicht zu leugnen, er war wirklich wie ein Schüler in die Falle gegangen.
Herr Häusler war der erste aufgerufene Zeuge; er wurde befragt, wie der Angeklagte sich bei dem Leichnam des Ermordeten benommen habe.
Häusler antwortete, daß er Oskar von Brunneck vielleicht zwanzig Schritte von dem Orte der That getroffen, und daß sich dieser dabei nicht besonders unruhig gezeigt habe.
Der Gerichtsdiener hatte weder Waffen noch Munition bet Oskar
gefunden; seine Pistolen und Flinten hiengen unberührt im Gewehrschranke.
Der Pächter und seine Frau gaben, freilich ungern, das Zeugniß ab, daß beide Herren starken Streit gehab und der Ermordete um Hilfe gerufen habe.
Darauf trat Willi in die Abtheilung der Zeugen ein. Erwartodten- blaß und schien verwirrt und beschämt; man setzte dies auf Rechnung seiner Verwandtschaft mit dem Angeklagten. Er sagte aus, was er schon früher gesagt, daß er Bühren nicht gekannt, und daß dieser sich ihm vorgestellt habe, um Aufklärung über die Verhältnisse seines Stiefbruders zu erhalten; dann habe er mit ihnen gefrähstückt und sei in der Richtung des Waldweges, welchen seine Frau dem jetzt Getödteten noch deutlich beschrieben habe, fortgegangen.
Der öffentliche Ankläger entgegnete hierauf, daß er bei Zusammenziehung dieser Fakta nicht an die Unschuld des Gefangenen glauben könne, dessen erregter Zustand in Folge des Streites mit dem Todteu werfe indessen noch ein milderndes Licht auf das Geschehene.
Das Resums des Präsidenten schloß mit den Worten, daß aller Wahrscheinlichkeit nach Oskar von Brunneck, wenn er diese That wirklich vollbracht habe, in unerhörter Weise von dem Todt en gereizt worden sei; es wäre nun an den Geschworenen, zu richten, welcher Fall die größte Wahrscheinlichkeit habe, und danach ihr Urthetl zu sprechen.
Die Geschworenen beriethen sich drei Stunden lang; es war Nacht geworden, als sie in das Gertchtszimmer zurückkehrten und das Urthetl verkündeten. Es lautete beinahe einstimmig auf „Schuldig;" doch wurde der Gefangene der Gnade des Gerichtes empfohlen.
(Fortsetzung folgt.)