hirnerschütterung durch den Fall in den Hof ist nicht unbedeutend und die Aufregung immer noch groß. Die Maier, Schwägerin Wahl's ist ebenfalls noch nicht außer Gefahr. Dagegen geht es bei Wahl und seiner Frau gut.

Stuttgart, 12. März. (Corr.)lieber den jüngsten Börsenkrach und seine Consequen zen", war das Thema, über wel­ches gestern Abend vor einem zahlreichen Audi­torium der Redakteur A. Treib er einen äußerst interessanten und beherzigenswerthen Vor­trag im P. Weiß'schen Saale, dem gewöhnlichen Lokale des konservativen Vereins hielt, bei dem aber Leute aller politischen Parteien sich einge­funden hatten. Die sehr erschöpfende und ge­schickte Behandlung des Redners gipfelte in dem Schlußsätze:Die Herrschaft des Groß­kapitals muß gebrochen werden." Es gebe zweierlei Krisen, sagte derselbe in seiner Einleitung: die Krisen der Umlaufsmittel und die Krisen des Kapitals. Erstere seien nur vorübergehender Natur und daher nicht von der einschneidenden und langanhaltenden verderb­lichen Wirkung wie die letzteren, mit denen man es daher heute zunächst zu thun habe. Historisch erwähnte Treiber als erste Krisis dieser Art die von 1609 in Lübeck, die von 1640 in Hol­land, die sog. Tulpenkrisis und verweilte dann längere Zeit bei der von 1715, in Frankreich hervorgerufen durch den Engländer John Law, den berüchtigten Prototyp des Börsenschwindels, der ganz Frankreich jahrelang an der Nase her­umführte, ungeheure Summen erschwindelte bis endlich sein künstlich aufgebautes Kartenhaus zusammenbrach und Law schließlich mit wenigem Geretteten nach Italien flüchten mußte, wo er umkam. Auf die nicht minder schwindelhafte Südseegesellschaft" in England übergehend, zeigte Redner, wie dieß Law wo möglich noch überbot, ebenfalls enorme Gewinne einsackte, wobei es Treiber an einem Seitenhieb auf den Prinzen von Wales nicht fehlen ließ. In Be­treff der Krisen unserer Tage bemerkte Redner, daß die Hauptkrifis, die von 1873, in ihren Fol­gen noch nicht ganz überwunden sei. Man hätte bei der gewaltigen Wirkung dieser Krisis, die fast die ganze Welt in ihren Bereich zog, glau­ben sollen, daß man gewarnt sei und sich auf den Gründungs- und Börsenschwindel nicht so leicht wieder einlassen werde; gleichwohl sei es geschehen und zwar gieng es dießmal von den Franzosen aus, die 1873 weniger berührt wor­den seien als andere Nationen. Hier taucht der Name Bontoux auf; er war es, der die Länder­bank in Wien, die Union generale in Paris gründete und in Frankreich den Schwindel aufs Höchste trieb, indem er die Aktien der letzteren Bank von 500 Frcs., auf welche nur 125 Frcs. eingezahlt waren, bis auf 3500 Frcs. hinauf- zubugsiren wußte, und die Leute massenhaft in seinen Schwindel hineiuzog und ausplünderte. Die darauf von dem Abg. Saverin gegrün­dete Lyoner Bank hatte in Lyon dieselbe Wir­kung, ja es war noch ärger, indem in Lyon fast

gar Niemand mehr arbeiten, sondern nur noch leicht und mühelos an der Börse Geld verdienen wollte. Obgleich nun diese Krisis größtentheils in Frankreich ihre Opfer geholt, übte sie doch auch Einfluß auf unS, wie manche schwere und em­pfindliche Falliments in Deutschland (Hannover, Magdeburg, Berlin), darthun. Ja sie rieß so­gar industrielle Etablissements um und machte auch in Deutschland eine Anzahl Arbeiter brod- los. Und wer gewann dabei? nur das Groß­kapital; die mittleren und kleinen Leute aber erlitten enorme Verluste, so daß das ganze Ge­meinwesen daran schwer berührt wurde. Es sei daher an der Zeit diesem verbrecherischen Trei­ben ein Ende zu machen, denn schon rege es sich auch wieder bet uns und besonders in Nord­deutschland gehe man wieder mit Gründungen schwindelhafter Art vor. Wie es bei solchen Gründungen zugehe, darüber gab Redner ein Beispiel an derFrankfurter Zeitung" wo­rüber er durch Briefe, die in dem betreffenden Prozesse eine Rolle gespielt, Aufschluß u. Be­weis lieferte von einer solchen Gründung in Wien, wo Herrn Sonnemaun 1°/o gleich 175,000 Frcs. erhalten habe und zwar nur damit sie darüber schweige. Was werde nun erst die WienerNeue Freie Presse" für das Anpreisen des Aktienunternehmens erhalten haben. Der konservative Verein habe sich da­her die Aufgabe gestellt, solchem verderblichen Treiben entgegenzuwirken, indem man darauf hinarbeite, daß nicht die Börse ver­boten, sondern unter Regierungsaufstcht ge­stellt, daß Zeitkäufe, wo die Papiere gar nicht geliefert, sondern nur die Differenzen im Kurse bezahlt, verboten werden; daß jedenfalls gesetzlich bestimmt werde, daß Forderungen aus Zeitkäufen nicht klagbar sein sollen, wie es in Frankreich der Fall sei, daher man sich dort von einer derartigen Krists rascher wieder er­hole. Ferner sollte eine Revision der Aktien- gesetzgebuug erfolgen, wobei strenge Controle durch die Aufsichtsräthe geübt und diese ver­antwortlich gemacht werden. Auch soll Niemand mehr an mehreren Aktiengesellschaften zugleich Aufsichtsrath sein dürfen, wie es jetzt der Fall sei, wo eine Person mühelos bis zu Vr Million jährliches Einkommen erlangen könne, ohne Er­hebliches dafür zu leisten. Redner schilderte nun die Manipulationen bet solchen Gründungen, die stels darauf hinauslaufen, daß die Gründer enorme Gewinne auf Kosten der Aktionäre u. der Etablissements einsacken, was Alles dem kleinen Mann und der soliden Arbeit entzogen wird. Hiedurch seien durch die Krisis von 1873 Deutsch­land allein 8573 Millionen Mark in Kapitalien und Werthen verloren gegangen, und nur das Großkapital habe Nutzen daraus gezogen, viele Tausende und Millionen von mittleren und kleinen Leuten und Arbeitern haben diese empfindlichen Verluste erlitten. Dem müsse durch die Gesetz­gebung 'des Reichs abgeholfen werden. Aber freilich ein Lasker und Richter u. s. w. bekämpfen lieber den Kanzler, als daß sie der Börse und

dem Großkapital zu Leib gehen, greifen dagMll die paar hundert Millionen an, die uns das Mi­litär kostrt, welches uns vor den Russen und Barbaren schützt und lassen uns lieber durch die Börse ausplündern, deren gerechte Besteuerung sie ablehnen. So zahle jetzt der Bauer oder Weingärtner, der ein Stück Land um 1000 M. verkaufe, 14 M. aber der Börsianer, der für 100,000 M. Papiere verkaufe und 5000 M. daran verdiene, dürfe nur 1 Mark bezahlen. Das müsse anders werden, denn daS Börfen- spiel plündere uns mehr und in verderblicherer Weise als kmher die Spielhöllen in Baden-Ba­den, Wiesbaden und Homburg. Für Freiheit sprechen dann die Lasker, Richter u. s. w.; wir brauchen aber nicht größere Freiheit, sondern größere Wohlfahrt, darum habe sich der kon­servative Verein die Aufgabe gestellt: Bekämpfung des Schwindels und Unterstützung des soliden Geschäfts; Gerechtigkeit in der Besteurung; da­zu gehöre aber, daß die Herrschaft des Groß­kapitals gebrochen werde. (Stürmisches Bravo.) Damit war die Sitzung zu Ende.

Da die Wucherer vom Fuße des Michel­berges und aus dem Oberamt Horb ihre Rechnung beim Zielerankaufe nicht mehr finden, weil die Oberamtssparkaffe und einige bedeu­tende solide Kapitalisten ihnen Konkurrenz machen, so kaufen sie jetzt bedrängten Leuten ihr Hab und Gut gegen Baar ab und versteigern das­selbe sogleich wieder und gestatten Zahlung in 6 bis 10jährigen Zielern. Hiedurch erzielen sie meist einen Gewinn von 6080 Prozent. Die ersten Zieler werden streng auf den Ver­falltag eingezogen, die übrigen Zielerreste gegen unbedeutenden Rabatt wieder gegeben, und dann haben sie ihr Schäfchen im Trockenen und metzgen wieder einen andern.

(Unglücksfälle und Verbrechen.) Vorgestern Nachmittag brachte ein Arbeiter der Escher'schen Maschinenfabrik in Ravensburg seine rechte Hand in eine Hobelmaschine, wobei ihm vier Finger theilweise abgeschnitten wurden. Ebendaselbst sollte ei» in der neuen Eisen­gießerei beschäftigter Arbeiter aus der Feuerung des Schmelzofens mit einer Krücke die theW noch brennenden Steinkohlen herausschaffen. Dieses veranlaßte das Hinunterfallen der in den Füllkästen steckenden Kohlen und die exM- sionsartige Entzündung derselben. Das arE aus dem Ofen schlagende Feuer verbrannte dem Unglücklichen zunächst Arme und Gesicht und bet der Flucht noch jämmerlich den Rücken. Vor einigen Tagen war in Wiggenreute eine Frau im Walde um Leseholz zu sammeln, als in ihrer Nähe ein Schuß fiel. Neugierig gieng die Frau auf den Ort der Thar zu, wo ein Wilderer in der Meinung, die Frau wolle ihn verrathen, diese niederschlug und sie nach­her im Gesträuch aufknüpfte. Durch die Da- zwischenkunft eines menschlicher gesinnten Wil­derers wurde die Frau dem Tode entrissen.

lieber das Vermögen nachstehender Personen wurde das Konkursverfahren eingeleitet: Friedrich Hu, Bäcker

Ein gefährlicher Weöenßuhler.

Humoreske aus dem Rekrutenleben.

Von Dl. 0. Lar6.81-3. (Nachdruck verboten.)

(Fortsetzung.)

Schon seit Wochen war es Knusemeyer gelungen, Rieke's Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, indem er ihr unaufgefordert den schweren Wassereimer abnahm, oder auch wohl an Wochenmarktstagen den Marktkorb nach Hause trug, so daß die biedere Magd oft für sich sprach:

.Ne, der Knusemeyer is doch een janz stattlicher Mann; man könnte ihn beinah vor recht jebildet halten."

Ricke war nemlich eine echte Berlinerin und war mit ihrer Herrschaft vor Jah­resfrist nach M. verzogen, wo ihr Herr, der Doktor, eine große Erbschaft angetreten, die ihn infolge der dazu gehörigen Liegenschafteen zwang, dauernden Aufenthalt in M. zu nehnren.

Heute wollte Knusemeyer das Aeußerste wagen, er wollte endlich mit sich klar werden darüber, ob Riete seine Gefühle theile. Deshalb verwendete er die äußerste Sorg­falt auf seine Uniform. Er bürstete und putzte, polierte und striegelte, ohne dabei auf das heimliche Flüstern und Kichern der Stubenkameraden zu achten, die ihn nun einmal zum Sündenbock auserkoren hatten und, da der Unteroffizier Koppel schon ausgegangen war, sich ganz der Ausgelassenheit hingeben konnten. Knusemeyer stand vor dem Spiegel. Er hatte eben den Helm aufgesetzt und war im Bewundern seiner vermeintlichen Schön­heit begriffen, so daß er nicht bemerkte, was unmittelbar hinter seinem Rücken vorgieng. Nur einmal fühlte er einen leisen stechenden Schmerz und als er sich umwandte, hatte er noch gerade Zerr, zu bemerken, wie einer seiner Kameraden sich bemühte, aus seiner Nähe zu kommen. Knusemeyer war gutmüthiger Natur und verzieh einen kleinen Scherz nur zu gern. Noch einen Blick warf er in den Spiegel, dann schritt er im stol­zen Bewußtsein seiner Schönheit von dannen. Er bemerkte nicht, daß seine Stuben­

kameraden sich alle in die Thür drängten, um ihm leise lachend nachzuschauen. Auch der Posten vor der Kaserne konnte nur mit Mühe das Lachen unterdrücken, als der: Kamerad an ihm vorüberschritt.

Stolz gieng Knusemeyer die Straße entlang, doch je weiter er kam, um so mehr: Menschen hefteten sich an seine Sohlen, die durch alle möglichen Bewegungen ihr« Heiter­keit zu erkennen gaben. Anfänglich achtete Knusemeyer nicht darauf, bis schließlich a»r Markt angelangt, Hunderte hinter ihm herliefen, und namentlich die Jugend des Städt­chens, die ihn gleichfalls verfolgte, in lautes Lachen ausbrach.

Jetzt wurde die Situation doch bedenklich. Er fühlte, daß etwas bei ihm nicht: in Ordnung sein müsse.

Scheu und ängstlich blickte er umher, von der gaffenden und johlenden Menge: verfolgt, und wollte eben wie ein flüchtiges Reh um die Straßenecke biegen, als ein ge­bieterischesHalt" ihm Stillstand gebot und der Inhaber der gebietenden Stimme seiner Verlegenheit ein Ende machte.

Es war der Unteroffizier Koppel.

Himmelmohrenelement, Knusemeyer," ries Koppel lachend,seit wann find Sie denn Stadtreisender für 'ne Fleischwaarenhandlung?"

Zu Befehl, nie Herr, Unteroffizier," entgegnet« Knusemeyer verlegen.

Na, wozu tragen Sie denn die Empfehlung durch die janze Stadt rum? Halten Sie mal stille," mit diesen Worten löste er von Knusemeyers Rücken einen Zettels den er diesem hinhielt, und der auch Knusemeyer ein Lachen abnöthigte.

Der ihm angeheftete Zettel enthielt nemlich ein paar gut gemalte Würste, milk der UnterschriftTäglich frische Wurst" und hatte selbstredend den Jubel der boshaft« Menge erregt.

Eigentlich müßten Sie davor Ihre drei Tag« weghabe»," fuhr der Vorgesetzte fort,aber weil bei Ihnen nu mal der Mangel an Bildung fehlt, will ich Ihnen der Wurst bei 'ne and're Jelegenheit anschneiden. Waruin sind Sie ooch so dehmlich, fich von Ihre Kameraden hänseln zu lassen. Aber die Schockschwerenöther soll der D . . -