nicht sagen, eben so wenig über die Ursache des Unglücks.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 5. Novbr. Immer bestimmter tritt die Meldung auf, daß Baron James Rothschild, der unlängst in Paris gestorben ist, nicht natürlichen Todes verschieden ist, sondern, daß er sich mittelst eines Rasirmessers die Kehle durchschnitten hat. Durch verunglückte Börsenspekulationen soll er so enorme Verluste — man spricht von 60 Millionen — erlitten haben, daß die Ausgleichung der Differenzen, die seine Familie vorgenommen, auf dem Wiener Platze allein 14 Millionen kostete.
Wien, Sonntag Nachts. In der heutigen Ausschußsttzung der ungarischen Delegation interpellirte Ludwig Karmen den Minister über die Danziger Entrevue, über die italienische Kömgsreise, Wer die Donau- und die serbische Eisenbahnfrage. Baron v. Kallay sagte: Ueber die Danziger Zusammenkunft habe er keine unmittelbare Kenntniß, weil dort nur die Herrscher von Deutschland und Rußland sammt ihren Ministern gegenwärtig waren. Dann verliest er die Botschafterberichte von Berlin und Petersburg, aus denen ersichtlich, daß die Zusammenkunft auf Wunsch des Czaren zu Stande kam, sich nicht mit concreten politischen Fragen beschäftigte, vielmehr nur einen friedlichen conservativen Charakter hatte, deßhalb zur Befestigung des europäischen Friedens beitrug. Nach der Ansicht des Redners erfolgte dabei weder eine schriftliche noch eine mündliche Festsetzung. Mit Italien stand Oesterreich trotz der Jrredenta auf freundschaftlichem Fuße. König Humbert bewies dies durch seinen Besuch. Auch hier wurden bestimmte politische Pläne nicht verhandelt. Ueber die serbtsche Eis en- bahn sagte der Minister: Die Pforte gab ihre Bedenken gegen den Ausbau der Linie Salonichi auf, die Oesterreich nur aus Rücksicht sauf den Handel verlangte.
Frankreich.
Paris, 5. Nov. Gambettahat gestern dem deutschen Botschafter Fürsten Hohenlohe einen Besuch gemacht, die Begegnung war sehr herzlich.
England.
London, 7. Nov. Es ist Gefahr vorhanden, daß der Landgerichtshof durch die über- raus große Menge der vorliegenden Prozesse zwischen Landeigenthümern und Pächtern zum Stillstand komme. Es muß entweder das Personal stark vervielfacht oder das Verfahren abgekürzt werden, sonst wird eine Stockung entstehen; sehr nachtheilig ist auch der bedeutende Kostenaufwand; da der Gerichtshof die Fälle nach seinem Belieben auswählt, müssen oft Gutsherren, Sachwalter, Zeugen und thcure Abschätzer wochenlang warten. Bis jetzt haben nur die Sachwalter vom neuen Zustand der Dinge Vortheil gezogen, während die Gutsherren gewaltigen Schäden erleiden, da, während der Schwebe niemand Pacht zahlt.
Rußland.
Petersburg, 3. Nov. Die Situation und der Czar. Daß die Regierung sich keinem Zweifel über die Bedenklichkeit der Situation mehr hingibt, beweisen die ausgedehnten Maßnahmen zum Schutze des Staatsoberhauptes, das in alle Schichten der Bevölkerung hineingreifende Spionagesystem zur Eruirung der Leiter der die Massen erfassenden Bewegung. Man hatte sich nach der Rückkehr des Czaren von Danzig dem sicheren Erwarten hingegeben, daß die Entrevue mit dem Kaiser Wilhelm nicht nur eine Gewähr für die Befestigung des Weltfriedens, sondern auch von segensreicher Wirkung für die Gestaltung der inneren Lage Rußlands sein werde. Vor der Abreise des Czaren nach Danzig gethane Aeußerungen des Grafen Jgnatiew gegenüber hervorragenderen Persönlichkeiten der Publicistik und der bürgerlichen Gesellschaft ließen die Hoffnung als eine berechtigte erscheinen, daß die Danziger Entrevue eine wesentliche Erleichterung des auf der Presse und auf der Gesellschaft bezüglich ihres politischen Verkehres lastenden Druckes bringen werde. Verschlossener als je zuvor kehrte der Czar von Danzig in die Hauptstadt zurück, und die in Folge der neuesten von den Behörden gemachlen Entdeckungen zur Notwendigkeit gewordene Abschließung der Herrscher-Familie in Gatschina von der Außenwelt hat die Schärfe der Situation auf die Spitze getrieben.
Amerika.
New - Dork, 6. Nov. Die hiesige Handelskammer veranstaltete gestern Abend zu Ehren der deutschen und französischen Delegirten zur Jubelfeier der Einnahme von Aorktown ein Banket.
Washington, 6. Nov. (Prozeß Gui- te a u.) Der heutige „Star" veröffentlicht einen Bericht über die Vorgänge in einer Kabtnets- fitzung, die angeblich nach der Rückkehr der Minister von Aorktown abgehalten wurde. Danach soll Präsident Arthur erklärt haben, die Conferenz sei von ihm einberufen worden, um die Frage der Anklage gegen Guiteau in Erwägung zu ziehen, da er erfahren, daß die Regierung für den Prozeß unvorbereitet fei. Mr. Macveagh, der Generalanwalt, soll hierauf entgegnet haben, er halte es nicht für seine Sache, Criminal-Anklagen seine Aufmerksamkeit zu widmen, dies sei Sache des Distriktsanwalts. Präsident Arthur — sagt der Bericht im Weiteren — war sehr aufgeregt und meinte, daß es sich um einen großen Staatsprozeß gegen den Mörder des höchsten Beamten der Nation handle. Mr. Macveagh wiederholte hierauf, daß das Gesetz sein Erscheinen in Criminalpro- zessen niemals im Auge gehabt habe, worauf der Präsident entgegnet haben soll, er würde diejenigen Personen, die als Hilfsanwälte fun- giren sollen, näher bezeichnen, falls Mr. Mac- veagh, es ablehne, dies zu thun.
Stuttgart, 7. November. (Landesproduktenbörse). Um die Mitte der vergangenen Woche vollzog sich ein merkwürdiger Umschlag
der Witterung; statt einer empfindlich niederen Temperatur hatten wir in den letzten Tagen wahres Sommerwetter mit 14 Grad R. im Schatten, was wir für-unsere schwachen Wintersaaten recht gut brauchen können. Die Abschwächung der Preise für Brodfrüchte hat allerorten weitere, wenn auch kaum nennenswerthe Fortschritte gemacht; auf den bayerischen Schrannen bewegt sich der Rückgang in dem Rahmen von wenigen Pfennigen Pr. 100 Lo, aber flauer Geschäftsgang wird fast von allen bedeutenden Handelsplätzen berichtet. Es wird sich jetzt, nachdem die Feldgeschäfte beendigt sind, und die Landwirthe ans Dreschen kommen, auch der Martini-Termin mit seinen Geldansprüchen vor der Thüre steht, zeigen müssen, ob die aegen- wärtigen Preise sich halten können, oder ob der Rückgang ein entschiedener wird. Der heutige Börsenverkehr war womöglich noch unbedeutender und staguirender als in den letzten Wochen. Die Müller wollen die geforderten Preise nicht anlegen und die Getreidehändler können die Waare nicht billiger beschaffen. Nur ia Haber war ein belangreicher Verkehr.
Weizen, bayer. . 26 M. 75 bis 27 M. 10
dto. ruff. . . 27 M. — bis — M. —
Kernen .... 26 M. 75 bis — M. —
Roggen, bayer. . 21 M. 75 bis 22 M. 10
Haber . . . . 14 M. — bis 16 M. 80
Mehl Nro. 1 . . 37 M. 50 bis 38 M. 50
Nro. 2 . . 35 M. 50 bis 36 M. 50
Nro. 3 . . 32 M. 50 bis 33 M. 50
Nro. 4 . . 27 M. 50 bis 28 M. 50
O, züme nicht!
Wenn du von deinem Liebchen gehst,
O scheide nicht mit Groll von ihr! Wohin du gehst und wann du gehst, Bewahre ihre Liebe dir!
Nicht scheide zürnend über Nacht,
Daß ihr des Schlummers Süße fehlt. Und, durch den Kummer angefacht.
Ein wüster Traum sie schreckt und quält. Nicht scheide zürnend, wenn dich gleich Nur eine Stunde von ihr trennt;
Die Liebe, wenn auch freudenreich,
Ist's, die den Schmerz am tiefsten kennt. Ein Pfeil ist's Wort, dem Zorn enteilt. Ein Schwert der unmuthsvolle Blick,
Und wird die Wunde auch geheilt,
Die Narbe, ach! bleibt doch zurück.
Und dann, wie bald, wie bald ist's aus! Das hast du nimmer wohl bedacht,
Daß du im schmalen Bretterhaus Gebettet sein kannst über Nacht!
Weh', wenn sie dann die Hände ringt An deinem Hügel, schmerzgequält.
Die ihres Jammers Opfer bringt.
Die still der Gott der Liebe zählt., Drum, wenn du von dem Liebchen gehst, O scheide nicht mit Groll von ihr! Wohin du gehst und wann du gehst. Bewahre ihre Liebe dir!
ten, ohne das Mädchen, das auf eine unerklärliche Weise seine Seele füllte, zu sehen. Sie und der alte Geiger hatten sich seit dem Tage, wo Ludwig sie zum ersten Male gesehen, nicht wieder an dem Orte blicken lassen.
So oft es ihm irgend möglich war, gieng er vor dem Hause vorüber, wo sie wohnte; auch hier gelang es ihm nicht, ihrer ansichtig zu werden. Er durchspähte alle anderen Vergnügungsorte, wo Unterhaltungsmusik stattfand: nirgends war sie zu finden. Und je fruchtloser sein Bemühen war, sie aufzufinden, um so stürmischer drängte ihn die innere Sehnsucht nach ihrem Anblick.
Da fiel ihm, als er eines Tages wieder bei dem Hause vorübergieng, verstohlen nach allen Fenstern emporlugend, ein, der Alte möge vielleicht mit ihr die Stadt verlassen haben. Er wollte Gewißheit: nach kurzem Bedenken kehrte er schnell um und trat mit klopfendem Herzen in die Hausthür. Eben kam jemand, der ins Haus zu gehören schien, die Treppe herunter.
„Wohnt hier im Hause ein Musikus?" fragte Ludwig.
„Oben im dritten Stockwerk," war die Antwort.
In der Stadt also war der Alte noch, in diesem Hause muhte er zu finden sein. Ludwig stand einen Augenblick still, überlegend, ob er weitergehen oder umkehren solle. Unter welchem Vorwände sollte er sich bei dem Alten einführen? was wollte er überhaupt bei ihm? Schon wandte er sich, umzukehreu, da trieb die Sehnsucht ihn wieder vorwärts, ehe er es selbst wußte, war er oben.
Jetzt galt es den letzten Schritt: dieThür zuder Wohnung des Musikers zu offnen. Eben war Ludwig im Begriff, die Hand auszustrecken um anzuklopfen, als ihm ernstlich «nfiel, daß er doch nothwendig einen Gruud angeben müsse, um sein Erscheinen hier zu rechtfertigen. Er trat wieder einen Schritt zurück und sann einen Augenblick über einen Vorwand nach.
Sonst eben nicht arm an Erfindungsgabe, wie er bei manchem muthwilligen Streiche bewiesen, wollte ihm hier nichts' einfallen. Noch überlegte er, als die Thür sich öffnete und die, welche er so lange vergeblich gesucht, vor ihm stand.
Das Mädchen trat bei dem Anblick des Fremden scheu wieder zurück, der auf ihn gerichtete Blick schien zu fragen, was er hier suche.
Ludwig hatte vollends alle Fassung verloren. Verlegen grüßend, stotterte er etwas hervor, das er selbst nicht verstand: das Mädchen wurde augenscheinlich ängstlicher und wollte in die Stube zurück.
Jetzt ermannte sich Ludwig, schnell auf jene zutretend, sagte er rasch:
„Einen Augenblick bleiben Sie, ich bitte! Fort mit Lüge und jeder gesuchte» Ausflucht! Ich habe Sie ausgesucht, well eine unwiderstehliche Macht mich dazu drängte, unter einem erborgten Vorwände, wollte ich in Ihre Wohnung dringen, da ich Sie vergeblich seit vielen Tagen an dem Orte gesucht, wo ich Sie zum ersten Male gesehen. Q, daß ich Sie überzeugen könnte, wie ein reineres, edleres Gefühl mich zu Ihnen zieht, als alle jene, die mit süß klingenden Worten Sie umlagerten, als das einfache Lied von Ihren Lippen klang, das noch in meinem Herzen wiedertönt!"
Das Mädchen schlug erröthend die Augen zu Boden, es wollte gehen, und doch fühlte es sich, wie durch einen Zauber, auf der Stelle festgehalten, wo es stand. Ludwigs klares Auge hing bittend an dem seinige«.
„Wohl fühle ich," fuhr er fort, „es muß Sie seltsam überraschen, daß ich, eiu Fremder, hier vor Sie trete und von meinen Gefühlen zu Ihnen spreche. Aber waS will ich denn ? 'Nur Sie sehen, und kann dies Glück mir öfter zu theil werden, so hoffe ich, werden Sie vielleicht mein Herz kennen lernen, «in Herz, das nur Ihnen gewidmet ist, seit dem Augenblicke, wo ich Sie zuerst sah.
In Franziska's Auge glänzte eine Thräne.
„Lassen Sie mich eben so offen reden, wie Sie es thaten," sagte sie. „Wenn ei mir auch wohlthun muß, zu glauben, eS gebe noch Menschen mit redlicher Gesinnung, so würde es Ihnen doch schwer werden, meinen oft betrogenen vom Schicksal schwer heimgesuchten Vater zu überzeugen, daß reine Absichten Sie zu dem armen Harfeumäd« chen führen."
(Fortsetzung folgt.)