Berlin, 12. Oktbr. Nach der „Prov.- Corresp." ist Herr v. Puttkamer, der Minister des Innern, zugleich an Stelle v. Stolberg's zum Viceprästdenten des Staatsministeriums ernannt worden.
Frankfurt a. M., 12. Okt. Der Ausstellungs-Vorstand verlangt, wie der „Fr. Pr." mitgetheilt wird, von denjenigen Ausstellern, welche mit der silbernen oder goldenen Medaille prämiirt wurden, den Metallwerth derselben bezahlt, falls sie die Lieferung der Medaille in llLtnra wünschen. Nicht jeder der Pcämtirten scheint damit einverstanden. Das Ausstellungs- Comits hat ferner an die Aussteller ein Circular gerichtet, in welchem denselben mttge- theilt wird, daß sie gegen Einsendung von 5 Mark ein Diplom als Aussteller erhalten können.
Halle a. S., 10. Okt. Das Deficit der hies. Ausstellung beträgt laut „F. Z." nicht blos 50,000 M. wie anfänglich gemeldet sondern 140,000 M., welche durch Einbezahlung von weiteren 30°/» des Garantiefonds zu schon früher bezahlten 10°/« zu decken sind. Die ungünstige Witterung im August und September ist an dem Ausfall schuld.
Reicheuberg. Eine Schreckensthat setzte die Stadt derart in Aufregung, daß der Telegraph für die Verbreitung des Ereignisses in Anspruch genommen wurde: Ein Wahnsinniger hat sich im buchstäblichen Sinne des Wortes selbst einen Fuß abgesägt.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 12. Okt. Bet seinem Besuche bei der Baronin Haymerle wollte der Kaiser nochmals Haymerle sehen; er verrichtete am Sterbelager ein kurzes Gebet und verließ tief ergriffen das Trauergemach. Bei der Obduktion .zeigte die linke Herzkammer eine Ruptur; in den Nieren wurde chronische Brtght'sche Krankheit kon- statirt.
Wien, 13. Oktbr., Nachm. Soeben hat das Leichenbegängniß Haymerle's. welchem der Kaiser persönlich beiwohnte, auf Staatskosten stattgefunden.
Italien.
Mailand, 9. Okt. Kaiserin Eugenie ist inkognito hier eingetroffen. Sie besichtigte das Monument Napoleons III., legte aufOas- selbe einen Kranz nieder und reiste sogleich wieder ab.
Frankreich.
Paris, 12. Okt. Grevy wird Gam- betta morgen nach dem Elysöe einladen, um ihn über die Lage zu konsulttren und ihm die Bildung des neuen Kabinets anzuvertrauen. Man glaubt, Gambetta werde antworten, die Kabinetsbildung sei «erst angezetgt, wenn die Kammer sich über das bisherige Ministerium ausgesprochen habe.
Paris. Die Tochter des Präsidenten Grevy hat sich verlobt. Der Bräutigam, der reiche Unterstaatssekretär Wilson, ist etnundvier- zig, die Braut über 30 Jahre alt. Das Fräu
lein Grevy ist in der Franche Comts, woher ihr Vater stammt, durch ihre Wohlthättgkett bei den Landleuten ungemein beliebt.
Tunis, 12. Oktbr. Roustan hat de« Vertretern der Mächte durch ein Rundschreiben mitgetheilt, daß die Besetzung Tunis kraft einer Vereinbarung mit dem Bey, um der Sicherheit der Stadt willen, geschehen sei und einen militärisch-defensiven Charakter habe. Die Behörde« werden in ihrem Amte bleiben. Offiziös wird behauptet, alle Konsuln hätten einstimmig anerkannt, daß die Besetzung der Stadt nothwendig gewesen sei.
England.
London, 11. Okt. Parnell, der seine Agitation auf der grünen Insel ganz unbeirrt fortgesetzt, und Ovationen empfängt, wie sie kaum einem Fürsten zu Theil werden, ist die Antwort auf die Rede, welche Gladstone am Freitag in Leeds über Irland gehalten, nicht lange schuldig geblieben. In einer am Sonntag in Wexford gehaltenen Ansprache an estr großes öffentliches Meeting bezeichnte er die Auslassungen des Premierministers als gewissenlos und unehrlich und nannte Gladstone den „größten und unübertroffensten Verleumder der irischen Nation." „Es ist jedenfalls eia gutes Zeichen" — fuhr er fort — „daß dieser maskeradirende irrende Ritter, dieser angebliche Vorkämpfer der Freiheiten jeder andere« Nation, ausgenommen derjenigen deS irische« Volkes, gezwungen war, die Maske abzuwersm und sich als den Mann zu zeigen, der seinen eigenen Auslassungen zufolge vorbereitet ist, Feuer undSchwert in die Heimstätten des irischen Volkes zu tragen, falls es sich nicht vor ihm und den Grundbesitzern des Landes demüthige und in den Staub werfe ... I« seiner Rede beschuldigte Gladstone mich, daS Evangelium der Plünderung zu predigen. Wer waren die ersten Plünderer in Irland ? Das Land ist von den Männern, deren Abkömmlinge Gladstone in den Früchten ihrer Plünderung durch seine Bayonette und Rehposten unterstützt, dreimal constscirt morde«. Gladstone's Worte klingen sehr tapfer, aber sie kommen mir vor, wie das Pfeifen eines Schulbuben auf seinem Wege über den Kirchhof, um seinen Muth aufrecht zu halten," u. s. w.
London. Die zahlreichen Einbruchdiebstähle haben die Polizei und die Hausbewohner nervös gemacht. Alles wittert überall Einbrecher. In Balham sah kürzlich nachts ein Konstabler die Seitenthür eines Hauses offen stehen. Sofort dachte er an einen Einbruch, holte einen Kollegen und schlich vorsichtig ins Haus. Der Bewohner des Hauses hörte jemand herumkrauchen und dachte notürlich gleichfalls an Einbrecher. Mit einem Revolver trat er vor und eröffnete ein lebhaftes Feuer. Zum Glück traf er niemand, die Polizisten aber waren nun ganz gewiß, einen Einbrecher vor sich zu haben, stürmte» vorwärts und schlugen ihren Angreifer mit einem gewaltigen Stockhiebe nieder. Jetzt wurde
rium in München engagirt. Der junge Pscherrer ist schwerer als der Riese.
Hessen.
Ein interessantes Urtheil fällte am 26. Sept. das Landgericht Mainz in einem Entschädigungsprozeffe, den der am 8 Nov. 1878 bei einem Eisenbahnunfall in Bischofsheim verunglückte Kaufmann Bändel von Frankfurt gegen die Ludwigs-Bahn angestrengt hatte. Die Bahn hat demnach vom Tage des Unfalls an bis Juni 1883 an Hrn. Bändel pro Jahr 6000 Mk. zu zahlen und für den Fall, daß Herr Bändel an diesem Termin nicht geheilt ist, für die Folge weitere 6000 M. pro Jahr. Ausserdem hat die Ludwigsbahn 2313 M. für Kur-Kosten und Reise-Entschädigungen, sowie sämmtliche Kosten des Prozesses zu tragen.
Sachsen.
Leipzig, 11. Okt. In dem Hochver- rathsprozeß hat das Reichsgericht die Vernehmung der Angeklagten der Frankfurt-Darm- stadt-Beffungen Gruppe beendigt. Die Meisten leugneten hochverräterische Unternehmungen gemacht zu haben und gaben nur den Bezug und die Verbreitung der „Freiheit" und ähnlicher Schriften zu. Der Angeklagte Dillich (Beffun- gen) macht umfassende Geständnisse. Sehr gra- virend für die Angeklagten ist die Entdeckung von Kassibern.
Leipzig, 12- Okt. (Hochverraths- Prozeß.) Die Vernehmung der Angeklagten ist beendet. Der in Augsburg verhaftete Agitator Dawe aus London gab zu, Most's Freund zu sein, auch, daß er vorigen Herbst eine Reise nach Deutschland unternommen habe. Er leugnete aber, daß die Kosten der Reise mit Parteigeldern bestritten wurden und daß die Reise bezweckte, eine Gruppen-Organisation, wie Most solche in der „Freiheit" vorgeschlagen, zu fördern. Auf die Frage, welcher Partei er angehöre, antwortete Dawe: „Der „anarchistischen", wie sie Proudhon ins Leben rief und Bakunni weiter entwickelte. Der Angeklagte Metzkow (Berlin) gab zu, bei der Verbreitung der revolutionären Schrift „An unsere Brüder in der Kaserne" an die Soldaten zu Berlin mitgeholfen zu haben. Morgen beginnt das Zeugenverhör.
Preußen.
Berlin, 10. Okt. Der wegen siebenfachen Raubmordes resp. Raubversuchs in Untersuchung befindliche und behufs Untersuchung seines Geisteszustandes in die neue Charite aufgenommene Schneider Friedrich Kohlenberg Mas Breithaupt ist in der Nacht vom Samstag zum Sonntag gegen 4 Uhr früh von dort entsprungen.
Berlin, 11. Okt. Wie ein Hamburger Telegramm der „Voss. Ztg." meldet, wohnte nach der Mittheilung des Hotelwirthes, Gambetta, aus Paris kommend, incognito mit seiner Schwester vom 22. bis 26. September dort im Hotel Petersburg. Gambetta fuhr am 26. September in der Richtung nach Lübeck, also auch in der Richtung nach Varzin.
Im Kerzen verschlossen.
Eine Novelle.
(Fortsetzung.)
Der Lieutenant v. Blank hatte eine Richtung entdeckt, nach welcher hin es am leichtesten schien, durchzukommen. Doch eben in dem Augenblick, als er das Zeichen zum Aufbruch geben sollte, drehte er sich halb im Kreise, schloß die Augen und brach todt zusammen. Sein Freund, der Student, beugte sich schmerzbewegt über ihn. Doch hier war keine Zeit zu verlieren, es galt hier, die Mannschaften gegenüber derUebermacht der Garibaldianer nicht nutzlos auszuopfern, und ferner mußte dem Hauptquartier doch der so wichtige Rapport erstattet werden.
Der Lieutenant hatte sich bei seinem Recognoscirungsritt Notizen gemacht, Posselt wußte es. Diese Notizen, um derentwillen ja eigentlich die Patrouille ausgeschickt worden war, galt es zu retten. Es war kein Besinnen. Der Student knöpfte die Uniform des Offiziers auf und zog ihm ein Notizbuch und eine kleine Landkarte aus der Tasche. Beides übergab er dem Unteroffizier.
Das Alles gieng in wenigen Sekunden vor sich — eine kurze Spanne Zeit, innerhalb der die Garibaldianer das Feuern eingestellt hatten. Aber ne eilten jetzt plötzlich im Sturmschritt und mit Hurrahrufen gegen das Försterhaus vor. Während dessen, vielleicht ungesehen von den Feinden, schlichen die Mannschaften, einen letzten Scheibeblick auf ihren braven Offizier werfend, um das Försterhaus und eilten davon. Posselt blieb bei dem Tobten; er nahm ihn in seine Arme und starrte auf die Hecken, bei welchen die anstürmenden Garibaldianer bald angelangt sein mußten.
Das Alles sah dort oben von der Luke aus das Mädchen. Ihr Herz erstarrte fast unter dem Schrecken. Die Garibaldianer hatten ihr Ziel erreicht, sie fanden nur zwei Menschen in dem Gärtchen: den Studenten und den Tobten. Die Verwundeten waren mit fort.
„Sie sind entflohen! Fort ihnen nach!' wurde kommandirt.
In wilder Hast wurde den Flüchtigen nachgesetzt. Aber zehn Mann mit einen Offizier blieben in rem Garten zurück. Man umringte den Studenten, der wild und finster um sich blickte, gleichsam als ob er dadurch die Leiche seines Freundes vertheidrgL.
„Das ist der Spion! schießt ihn nieder! er hat uns an die Preußen verrathm! Nieder mit ihm!'
So schwirrten die Ausrufe an Posselts Ohr. Wirklich richteten sich mehrere Gewehrläufe gegen ihn; doch im selben Moment wurde die Thür des Forsthäuschens aufgerissen und Anna, gefolgt von ihrem treuen Hunde, stürzte leichenblaß hervor.
„Halt! Ilm Gottes Willen!" rief sie. „Es ist ein Irrsinniger, den Ihr tobten wollt! Der Sohn des Gutsherrn, eines braven Patrioten! Er ist von den Preußen gefangen genommen! Schont seiner!"
Die Erscheinung des jungen Mädchens wirkte geradezu verblüffend. Die Gewehrläufe senkten sich. ,
„Folge mir, Jacques!" sagte das Mädchen nun mit weicher Stimme zu dem Studenten. Laß die Leiche des Feindes zu Boden nieder. Ach welch' gräßlicher Anblick."
Posselt gehorchte mechanisch. Wie war ihm denn? war er wirklich wahnsinnig, wie das ihm ganz fremde Mädchen eben gesagt hatte? Er fuhr mit der Hand über die Stirn. Die letzten Minuten, die Aufregung, welche er gehabt . . .
Er ließ Blanks Leichnam sachte auf den harten Erdboden nieder, dann folgte er halb willenlos dem Mädchen. Niemand von den Garibaldianern hinderte sie.
Anna führte den Geretteten in das Haus, in die Stube. Sie bemerkte, d<ch draußen die Freischärler sich mit einander besprachen und dann den Garten verließe«. Ihr Schützling war nun erst als vorläufig gerettet zu betrachten.
Georg fiel schwerfällig in den Sessel am Fenster, den vorhin die alte gichtgeplagte Försterswittwe eingenommen hatte.
„O, Sie bluten!' sagte das Mädchen plötzlich voll Bestürzung. Sind Sie schwer aerwundet!"