Sitzung des Reichskabinetts

TU Berlin, 26. Juni. Amtlich wird mitgeteilt: Das Neichskabinett verabschiedete in seiner gestrigen, laufenden Angelegenheiten gewidmeten Sitzung den Entwurf eines Ge­setzes über die Rechtsverhältnisse der Reichsminister (Neichs- rninistergesetz) und den eines Gesetzes über Zuschüsse aus Neichsmitteln für die Ansiedluna von Landarbeitern.

Beide Entwürfe werden unverzüglich dem Neichsrat zu­gehen. _

Die Reichssteuereinnahmen im Mai 1929

Berlin, 26. Juni. Nach Mitteilung des Neichsfinanz- ministeriums betrugen die Einnahmen des Reiches an Steuern, Zöllen und Abgaben in Millionen Reichsmark an Besitz- und Verkehrssteuern im Monat Mai 437,44, im April und Mai zusammen 1160,94, an Zöllen und Verbrauchsab­gaben, und zwar a) verpfändete im Mat 217,80, im April und Mai zusammen 428,43, b) andere im Mai 2,45, im April und Mai zusammen 7,01, Zölle und Verbrauchsab­gaben zusammen im Mai 219,65, im April und Mai zusam­men 435,52. Das Gesamtanfkommen an Reichssteuerein­nahmen betrug im Mai 667,09, im April und Mai zusam­men 1596,46.

Pressestimmen zur Entschließung der Generalsynode

Zu der Entschließung der evangelischen Generalsynode schreibt dieGerman: a" u. a.: In der Entschließung liege weder eine klare Ablehnung noch eine Zustimmung zu dem Vertrag mit der Kurie. Wenn aber davon die Rede sei, daß grundlegende Festsetzungen des Vertrags den evangelischen Vvlksteil schwer beunruhigen und daß sie zu einer Beein­trächtigung des. kostbaren Gutes des konfessionellen Friedens führen könnten, so liege darin eine Stellungnahme, die der sachlichen Begründung entbehre. Weiter hebt dieGermania" hervor, daß es sachlich unbegründet sei, den Abschluß des Ver­trags mit der Kurie ohne gleichzeitige Verabschiedung eines Vertrags mit Len evangelischen Landeskirchen als Verletzung der Grundsätze der Parität hinzustellen. Bei der Ausein­andersetzung der protestantischen Kirche mit dem preußischen Staat im Jahr 1924 sei von katholischer Seite dieser Vorwurf der Imparität nicht erhoben worden. Die Entschließung gebe selbst zu, daß der Ausgang künftiger Verhandlungen zwischen Preußen und den evangelischen Landeskirchen völlig ungewiß sei. Dann bestehe also die Möglichkeit, diese Verhandlungen so lange hinauszuzögern, daß die Verabschiedung des Ver­trags mit der Kurie in absehbarer Zeit unmöglich bleibe. Ein sachlicher Grund für eine solche Behandlung der Frage lasse sich nicht beibringen. Die D. A. Z. sagt, was die Evange­lischen forderten, sei lediglich dasselbe, was in früheren Jahr­zehnten die Katholiken gefordert hätten, nämlich Parität. Der preußische Ministerpräsident werde auf Grund seiner demo­kratischen Weltanschauung nicht übersehen dürfen, daß zur Demokratie nicht nur das Recht der Minderheit, sondern ebensosehr das Recht der Mehrheit gehöre, selbst dann, wenn es sich nicht um politische, sondern um weltanschauliche Fra­gen handle. Eine Verschleppung würde in dieser Frage nicht die übliche Beruhigung, sondern sichtlich eine nicht ungefähr­liche Erregung bedeuten. Das aber könne vom nationalen Gesichtspunkt aus ebensowenig verantwortet werden wie vom Standpunkt der Kirchen, sei es der evangelischen oder der katholischen.

Amnestie für Elsaß-Lothringen

TN. Paris, 26. Juni. Der Ministerrat beschloß am Diens­tag auf Vorschlag des Ministerpräsidenten Poincars, des Justizministers Barthou und des Ministers für öffentlichen Unterricht, Marraud, einen Dringlichkeitsantrag in der Kam­mer einzubringen, der die volle Amnestierung für die in Elsaß und Lothringen wegen politi­scher Delikte Verurteilten vorsieht. Für die Be-

Aus alten Familienpapieren und Familienerinnerungen!

(Nachdruck verboten.) Von Ed. H .... r.

1. Fortsetzung.

Meine gesellschaftlichen Verhältnisse waren sehr an­genehm. Ungeachtet die Stellung eines Präzeptors sehr niedrig war, indem er in dem Nangreglement König Fried­richs gerade nach dem Hofheubinder stand (der Leutnant ging dem Oberamtmann und Dekan vor), spielte ich in der Gesellschaft keine sehr untergeordnete Rolle. Ich wurde Mitglied einer Gesellschaft, welche sich in einem Privathause ein Lokal gemietet hatte, man hieß es die Hammerei, weil der Besitzer, ein Musiklehrer und Weinschenk, Hammer hieß. Hieher kamen jeden Abend die Notabilitäten der Stadt, und es wurde jedes Mal eine Partie L'hombre gemacht. Man spielte den point zu sechs Kreuzer, später jedoch nur zur Hälfte, weil einer der reichsten Kaufleute Hascnmeier, der fast beständig Unglück hatte, zu dem hohen point nicht mehr mitspielen wollte. Ich spielte glücklich und spielte es gut, so daß ich jährlich zwanzig bis dreißig Louisdor ge­wann, wovon ich den zehnten Teil meiner Frau schenkte. Diesen Gelvinn konnte ich mir um so eher gefallen lassen, da die Verlierenden lauter reiche Kaufleute waren.

Die Wohnung des Oberamtmanns war von der meinigen durch eine schmale Gasse und ein Gärtchen getrennt. Da rief er manchmal am Sonntag schon um 4 Uhr: Herr Präzeptor, Herr Präzeptor! Wollen wir nicht eine Partie l'hombre machen? Wenn es Ihnen recht ist, will ich Herrn Dr. Zahn in die Hämmeret bescheiden. Da spielten wir nun von 4 Uhr bis zu der gewöhnlichen Stunde um S Uhr; ich erinnere mich, an einem solchen Abend 20 f. gewonnen zu haben. Herr von Maucler, der damals Landvogt in Calw war, ließ mich und den Oberamtmann auch manchmal, wenn er unwohl war» zu sich bitten, um mit ihm eine Partie l'hombre zu machen. Er spielte auch öfters mit uns in der Hammerei. Dieser Mann, der später Justizminister und nachher Präsident des

gna-dlgung kommen die bis zum 22. Juni 1929 gegen die Ar­tikel 86, 83 und 89 des Strafgesetzbuches begangenen Zuwi­derhandlungen in Frage. Ferner die Gesetzesübertretungen der Beamten und derjenigen Personen, die den am 5. Juni 1926 veröffentlichten Appell an die Elsässer und Lothringer unterzeichnet haben.

Poincare

über die französische Schuldenpolilik

TU Paris, 26. Juni. Ministerpräsident Poincare setzte seine Ausführungen vor den vereinigten Kammerausschüssen für Auswärtige Angelegenheiten 'und Finanzen fort. Er ging dabei besonders auf das Londoner Schulbenabkommen ein. Er innerte daran, daß am 10. Dezember 1923 die Repa­rationskommission eine Verfehlung Deutschlands in der Frage der Sachleistungen festgestellt habe und daß jeder Staat daraufhin ein Kriegsentschädigungsprogramm ausgestellt habe. Der Plan Bonar Laws sei gleichzeitig von drei Alliierten, und zivar von Belgien, Italien und Frank­reich nnd nicht nur von letzterem allein abgelehnt worden. Der Plan Bonar Laws sei übrigens hinter den Ergebnissen des Dawesplans zurückgeblieben. Nach der Ablehnung dieses Plans im Jahre 1923 sei in Übereinstimmung mit Belgien und Italien die Ruhrbesetzung erfolgt. Die Nuhr- besetzung hat Frankreich 1500 Mill. Franken eingebracht. Poincare ging weiter auf den Widerstand und die Verhand­lungen zwischen der französischen und englischen Regierung ein. Die Note Lord Curzons habe Frankreich dahin beant­wortet, daß es nur in dem Maße zahlen werde, als es selbst von Deutschland Zahlungen erhalte. Der Ministerpräsident ging darauf auf die Verhandlungen in der interalliierten Schul­denfrage und auf die Besprechungen von Chequers vom 22. Juni 1924 zwischen Caillaux und Macdonald ein, in deren Verlauf die Frage der Schulden von denjenigen der deutschen Entschädigung getrennt worden sei.

Die Kriegsenlschädigungsfrage

TU Neuyork, 26. Juni. Im Weißen Haus fand eine Be­sprechung über den Aoungplan statt, an der neben Hoover Staatssekretär Stimson, ferner der Unterstaatssekretär, der Unterschatzsekretär sowie Uoung, Morgan, Lammont und Perkins teilnahmen. Wie verlautet, ist mit der nichtamtlichen Teilnahme Amerikas an der bevorstehenden diplomatischen Konferenz zu rechnen. Möglicherweise wird General Dawes der Vertreter Amerikas auf dieser Konferenz sein. In Wa­shingtoner Regierungskreisen wirb es als selbstverständlich angesehen, daß die Zustimmung des Kongresses zum Joung- Abkommen als ganzem erfolgen wird, da Amerika lediglich durch seine Besatzungsansprüche an dem Abkommen inter­essiert sei.

Sir Horace Rnmbold erstattet i« Londo« Bericht.

TU London, 26. Juni. Im Zusammenhang mit der bevor­stehenden Einberufung der diplomatischen Konferenz ist der britische Botschafter in Berlin, Sir Horace Rumbold, in Lon­don eingetroffen. Die Reise des Botschafters nach London geht auf eine Aufforderung des Foreign Office zurück. An der Einigung auf London als Tagungsort wird heute kaum noch gezweifelt.

Die deutsch-belgische« Markverhandlunge«.

TU Brüssel, 26. Juni. Im Zusammenhang mit Len deutsch- belgischen Markbesprechungen, die heute hier wieder ausge­nommen wurden, hat man in belgischen Kreisen den Einbruch daß die Verhandlungen noch mindestens 14 Tage bauern wer­den. Trotz der noch bestehenden Schwierigkeiten glaubt man jedoch, daß sich eine Einigung erzielen läßt.

Wie verlautet, hat die belgische Regierung Anweisung ge­geben, die Liquidation des beschlagnahmten deutschen Eigentums anzuhalten. Verkäufe, die in Eupen und Mal- meby stattfinden sollten, werden nicht durchgeführt. Diese Anweisung wird mit den deutsch-belgischen Markverhandlun­gen in unmittelbaren Zusammenhang gebracht.

geheimen Rates wurde, ehrte das Andenken au unsere Cal- wer Bekanntschaft nach vielen Jahren noch immer und gab mir schätzbare Beweise seiner freundschaftlichen Gesinnun­gen, was besonders meinen beiden Söhnen zugute kam. Der Amtsvorfahr des Herrn von Maucler war Herr von Breit- schwerdt mit dem Titel eines Kreishauptmanns gewesen. Er war ein guter Schachspieler. Al^> ich das erstemal mit ihm eine Partie machte, dachte ich: als Edelmann werde er ein so ernsthaftes Spiel wohl nicht besonders durchschaut haben und behandelte ihn als Präzeptor; aber zu meiner größten Beschämung schlug er mich gleich in der ersten Par­tie. Als ich am Gymnasium in Stuttgart im Jahre 1818 an- gcstellt wurde, wo ich ihn als Staatsrat wieder antraf, er­neuerte», wir unsere Schachpartien, und als ich infolge einer Steinoperation lange Zeit nicht ausgehen konnte, besuchte er mich fleißig, um eine Partie Schach zu machen, und so ich ihn, als er, alt und schwach, nicht mehr fortgehen konnte. Dieser gutmütige Mann stand unter dem Pantoffel seiner Frau, welche ihn manchmal auch in seinen amtlichen Hand­lungen einengte. Eines Tages sah Frau von Breitschwert f?), wie in ihrer Straße zwei Schulknaben einander prü­gelten. Sie veranlaßte den Herrn Gemahl zu der kreisamt­lichen Sentenz, daß beiden Verbrechern von ihren respek- tiven Lehrern 15 Prügel gegeben werden sollten. Der eine der Knaben besuchte die deutsche Schule, der andere die lateinische und war in meiner Klasse. Der Oberamtsaktuar in Abwesenheit des Oberamtmanns schickte mir durch den Amtsdiener einen Zettel, worin ich angewiesen wurde, an dem betreffenden Schüler die ausgesprochene Strafe zu voll­ziehen. Ich ließ dem Aktuar zurücksagen, ich wäre nicht der Büttel. Einige Tage nachher sagte mir mein kleiner Schwa­ger, welcher auch in meiner Klaffe war, der Sohn des Kreis­hauptmanns, sein Mitschüler, habe gesagt, sein Vater wolle meine Weigerung, die Strafe zu vollziehen, an die Negie­rung berichten. Nun wäre es mir höchst unangenehm gewe­sen, wenn ich von der Oberbehörbe dazu gezwungen wor­den wäre. Ich ging nun sogleich zu dem Dekan, teilte ihm die Geschichte mit und bat ihn, mich zu bevollmächtigen, die Schlägerei als «ine Schulfache zu untersuche«, was er mir

Kleine politische Nachrichten

Erste Sitzung des neuen Reichseiscubahurates. Der neu­gebildete Reichseisenbahnrat trat in Berlin zu seiner erste» Sitzung zusammen. Zur Eröffnung war auch der Reichsver­kehrsminister Dr. Stegerwald erschienen. Der Reichseisen­bahnrat nahm einen Bericht über die wichtigsten tarifpoli­tischen Maßnahmen der Deutschen Reichsbahngesellschaft ent- gegen und stimmte nach längerer Aussprache einem Anträge der Deutschen Ncichsbahngesellschaft auf Einführung eines ermäßigten Sammelladungstarifs zu, der dazu dienen soll, der zunehmenden Abwanderung des Verkehrs auf den Kraft, wagen Einhalt zu tun. Schließlich wurden einige Anträge auf dem Gebiet des Personenverkehrs vorgebracht, Seren nähere Prüfung durch das Neichsverkehrsministerium und die Hauptverwaltung der Deutschen Neichsbahngesellschaft zugesagt wurde.

Die badischen Schulen sollen sich an den Kundgebungen am 28 Juni nicht beteiligen. Der badische Minister für Kultus und Unterricht hat an die Drektoren der höheren Lehran- stalten, der Lehrerbildungsanstalten, des Staatstechnikums und der Fachschulen einen Erlaß gerichtet, worin er die ihm unterstellten amtlichen Dienststellen und amtlichen Per­sönlichkeiten ersucht, sich nicht an den Kundgebungen gegen die Kriegsschuldlttge am 28. Juni ^,u beteiligen. Angesichts der nahe bevorstehenden Verhandlungen über die Neurege­lung der Kriegsentschädigungsfrage müsse gerade in diesem Jahre darauf Bedacht genommen werden, das durch solche Kundgebungen die Verhandlungen keine Störungen er­führen.

Aus aller Welt

Geheimnisvoller Selbstmord eines Baden-Badener Rechts» anwalts.

In der vergangenen Woche hat der in Baden-Baden an­sässige Rechtsanwalt Hermann im Rhein den Tod gesucht und gefunden. Wie jetzt bekannt wird, sollen sich bei der Nach­prüfung der Hinterlassenschaft des Toten Unregelmäßigkeiten herausgestellt haben. Es wird mitgeteilt, Laß von Ver­mögensstücken, die von Hermann verwaltet wurden, 200 000 Mark verlustig seien.

Raubmord im Eisenbahnzng.

Auf der BerlinBreslauer Strecke wurde zwischen den Stationen Amtitz und Guben die Leiche des polnischen In­genieurs Dr. S. M. Pinkus, der in Berlin wohnte, gefun­den. Die Leiche wies Zertrümmerung des Schädels sowie Gesichtsverletzungen auf. Es besteht der dringende Verdacht, daß Dr. Pinkus von einem unbekannten Täter beraubt, er» mordet und aus dem Zuge geworfen worden ist.

Großfener in einer polnische« Ortschaft.

Am Sonntag sind in der Ortschaft Kunow bei Bielczr (Polen) 40 Wohnhäuser und 130 Wirtschaftsgebäude durch et« Großfeuer zerstört worden. Der Schaden beträgt 11 Millio- »en Zloty. 400 Menschen sind obdachlos geworden.

Schweres Explosionsunglück in Kanton.

In Kanton flog ein großes Munitionslager in die Luft, wodurch vier Häuser zerstört und 500 Personen verletzt wur­de«. Über die Ursache des Unglücks ist noch nichts bekannt.

Regerschlacht i« Neuyork.

In Harlem, im Reservierte! Neuyorks, kam es am Sonn­tag zwischen zwei feindlichen Negerverbänden zu einem hef­tigen Kampf, wobei u. a. Gewehrkolben verwendet wurde». Eine Gruppe von Negern versuchte, in einen Saal einzudrin­gen, in dem die Mitglieder eines feindlichen NegerverbandeS eine Sitzung abhtelten. Es handelt sich dabei um den Ver­band, der von dem verbannten Neger Garvey gegründet wor­ben ist. Garvey nannte sich seinerzeitPräsident der afrika­nischen Republik" und ließ sich auch zumSchwarzen Chri­stus" ausrufen. Die Neger, die vorher einen Umzug abgehal­ten hatten, befanden sich sämtlich in goldstrotzenden Phantasie- uniform. Auf dem Kampfplatz blieben 7 Verwundete zurück.

sogleich zugestand. Den folgenden Tag ließ ich den Schüler der deutschen Schule, der seine 15 Prügel schon erhalte« hatte, in meine Klasse kommen und verhörte die zwei Ver­brecher. Mein Schüler gab an, der andere habe seinen klei­nen Bruder mißhandelt, und dafür habe er ihn bestrafe« wollen. Ich sagte ihm, darin habe er sehr gefehlt, daß er sich selbst habe Genugtuung verschaffen wollen, und gab ihm dafür zwölf sehr mäßige Tatzen. Der Knabe hieß Votzen- hard. Als ich einmal nach Calw kam, trat in einem öffent­lichen Garten ei« Unbekannter zu mir und bedankte sich für die zwölf Tatzen, die er vor 25 Jahren erhalten hatte. Ich war nun ruhig, da der Verbrecher einmal gestraft war, konnten ihm die 16 Prügel nicht auch noch zngeteilt wer­ben; wahrscheinlich war aber -er Kreishauptmann so ver­nünftig, einzusehen. Laß er sich durch «inen Bericht an die Regierung lächerlich machen würde.

Meine Frau, 17)4 Jahre alt, als ich sie heiratete, war sehr lebhaft; einfach erzogen, liebte sie doch sehr gesellschaft­liches Vergnügen. Sonntags und Feiertags machten wir häufige Ausflüge nach Teinach, nach Hirsau oder auf die Sägmühle. Im Winter gab es Bälle in der Hammerei, ein banaler Ausflug war am Jakobifeiertag nach Teinach zum Hahnentanz und Eselwettrennen; in der großen Laube wurde getanzt. Eine zahllose Menge aus der ganzen Um­gegend strömtb dahin, auch aus der Ferne, Studenten vo« Tübingen usw. Bet dem Oheim meiner Frau, Apotheker Dr. Gaupp, wurde gewöhnlich am Sonntag eine Partie l'hombre gemacht, den point zu einem Kreuzer. Die Teil­nehmer waren außer mir meine Schwiegermutter, Oberamt- männin Braun und der Herr Onkel, welcher es sehr schlecht spielte, und den Ennui, den sein Spiel verursachte, mit gutem Wein und kalter Küche vergütete. Dieser Mann, der weit über 100 060 Gulden besaß, war ein gemütloser Egoist; als ich ihn einst um einen kleinen Beitrag zu einem wohl- tätigen Zweck bat, wies er mich schnöde ab. Einst kam ei» Bauernweib von Effringen zu mir. Sie hatte einen Knabe« von 12 Jahren, der eine so groß« Lust zum Schulstande habe; sie wären aber außer stände (ihr Man« war ei« armer Taglöhner), die Koste« aufzutreibe». Ich sagt« th^