Aus Stadt und Land
Calw, den 24. Juni 1929.
Altveteran Johannes Seeger s.
Am Samstag nachmittag wurde einer unserer bekanntesten Mitbürger, Johannes Seeger, im Alter von 84 Jahren unter großer Beteiligung von Stadt und Land zur letzten Ruhe gebettet. Unter militärischen Ehren wurde er zu Grabe geleitet. Die beiden hiesigen Kriegervereine unter Vortritt einer Abteilung von Trommlern begleiteten mit umflorten Fahnen ihren ältesten Kameraden auf den Friedhof.- Galt es doch einem Manne di« letzte Ehre zu erweisen, der in der Sache der Kriegervereine vorne stand und 42 Jahre lang Vorstand des Vcteranenvereins war. Auch hat er jederzeit tätigen Anteil am Kriegervereinswesen im Bezirk genommen. Uber 50 Jahre hat Seeger dem Veteranenverein angchört und in Anerkennung seiner ersprießlichen Tätigkeit als Schriftführer, Vorstand und Ehrenvorstanü di« höchste Auszeichnung des württemvergi- schen Kriegerbundes erhalten. Bei allen Kriegervereinen des Bezirks war er bekannt und beliebt. Keine Arbeit war chm wichtiger als die Förderung und Leitung seines Vcte- ranenvercins. Ihm hat er seine ganze Kraft gewidmet und seine Liebe bis zum Lebensende bewahrt. Groß ist der Schmerz in diesem Verein um seinen hochverdienten Ehrenvorstand. Am Grabe schilderte Stadtpfarrer Herrmann im Anschluß an das Psalmmort „Es ist mir lieb, daß du mich gedemtttigt hast, daß ich deine Rechte lerne" den Verstorbenen als einen Mann von rastloser Arbeit, als einen Charakter, der unentwegt im Dienste der Allgemeinheit tätig war/ In den Nachrufen kam allseitig die hohe Wertschät. zung zum Ausdruck, die sich der Verstorbene überall und namentlich in der Kricgervereinssache erworben Hatte. Warme Anerkennung und wohlverdienter Dank gingen ans allen Ansprachen hervor. Unter Niederlegung eines Kranzes sprach Bezirksobmann Küchle im Namen des württembergischen Kriegerbundes, Gipsermeister Wid- mann im Namen des Veteranenvereins Calw 1870—1914, stellv. Bezirksobmann Re ich mann im Namen des Veteranen- und Militärvereins Calw und Bäckerobermeister Lutz im Namen der Bäckerinnung. Mit Johannes Seeger ist ein Altveteran aus den Jahren 1866 und 1876-71 aus dem Leben geschieden. Die Zahl dieser Männer schrumpft immer mehr zusammen und nur noch wenige sind es, di« an der Gründung des Veteranenveretns betei^gt waren. Das Andenken an den ältesten Veteran wird in den hiesigen Veteranen- und Militärvereinen noch lange im Gedächtnis bleiben.
Geistliches Konzert in Bad Teinach.
Einen genußreichen und weihevollen Abend bereiteten der blinds Organist Otto Grau aus Heilbronn und Fräulein Hilde Sproessig aus Stuttgart einer zwar kleinen, aber dankbaren Gemeinde mit dem geistlichen Konzert, das sie am letzten Freitag in der Teinacher Kirche gaben. Die Künstler standen noch vom Vorjahre her in bester Erinnerung. Mit erstaunlicher Fertigkeit beherrschte auch diesmal der blinde Künstler sein Instrument. Fugen, Präludien und Orgelchoräle von I. S. Bach sowie ein« „Canzona" von Frescobaldi entquollen unter des Meisters Händen in schöner Wiedergabe dem älteren, einmanualigen Orgelwerke. Auch Hilde Sproessig gefiel durch ihre angenehme Stimme und ihren seelenvollen Vortrag. Neben Liedern von Krebs, Beethoven und Schubert seien besonders erwähnt die Bachlieder aus Schemellis Gesangbuch: /»Kommt, Seelen, dieser Tag" und „Gib dich zufrieden".
Erhol«»« für Mütter.
Wenn eine evangelische Kirche anfängt, ihre minderbemittelten, überlasteten Hausmütter in die Ferien zu schicken, weil sie es selbst nicht vermöchten, so ist sie auf dem Weg, in weiten Kreisen Vertrauen durch diese Predigt der Tat zu gewinnen. Di« Basler Kirche hat durch di« Sitte all- sonntäglicher Kollekten in den Kirchen es soweit gebracht, daß im Jahr« 1928 über 30 006 Franken nur für jenen Zweck verwendet werden konnten. Für 1929 wird man statt nur 206 Mütter bereits 266 auf diese Weise mit einem Erholungsurlaub beglücken können. Ei« besonderer Fond für die Mütter-Ferienversorgung hat bereits die Höhe von 100 009 Franken überschritten.
Ein bescheidener Anfang auf diesem Gebiet ist auch in Württemberg vom Evangelischen Volksbund gemacht worden. Ohne besondere Mittel oder Sammlung hat es die Gastfreundschaft der Mitglieder ermöglicht, das; im Jahre 1928 200 Frauen zur Erholung weggeschtckt werden konnten. Der Volksbund bedarf aber bringend weiterer Unterstützung für diesen segensreichen Zweig seiner Tätigkeit.
Sterbende Wiese.
Kaum dämmert es, da klingt schon das Dengeln durchs Dorf. Vor dem Hause sitzt der Mäher auf einem Hocker und hämmert emsig auf der Sense. Vom Nachbarhause drüben antwortet ein Zweiter und kling-kling, deng-beng ist ihr Wechselgespräch. Die Sonne kommt und mit ihr ein neuer Wundertag des Sommers. Wie die Blumen leuchten im saftigen Grün des Grases! Tauschiver stehen sie und spielen ineinander in bunter Farbenpracht. Wie dies Blau variiert vom Ehrenpxeis zur Skabiose, von der Wicsen- glocke zum Storchschnabel, von der Zaunwicke zum Wicscn- salbei uird Gimsell Und wie bas leuchtende Not der Pechnelke zum Blaßrot der Kuckucksblume stimmt, wie dort der Wiesenknopf, der Rotklee mit dem violetten Wiesenschaumkraut wechseln und wie giftsüß das Not der Orchis prangt! Daneben wogen Margneriten und Gänseblümchen und weben mit dem Hahnenfuß und vielen Gräsern den bunten Teppich: Wiese. Die ersten Bienlein summen heran, Vögel flattern zu und weg — da kommt der Mäher! — Die Sense schneidet erbarmungslos. Reihe um Reihe sinkt. Rasch geht das große Sterben voran. Nach einer Stunde liegen die Tausende. Die Sonne kommt, und würzig duftet das frisch gemähte Gras. Dann kommt auch der Wind. Aber er findet nicht mehr die tausend Gespielen von gestern, er trifft nur mehr Stoppeln auf mattem Grund und tausend Wunden.
Erleichterung im AuslandSverkehr.
^ Von der NVD. wird mitgeteilt: Seit einiger Zeit kann das aus dem Ausland eingehende Reisegepäck, das ausnahmsweise an der Grenze nicht abgefertigt und auf das Binnenzollamt Stuttgart überwiesen worden ist, im Hauptpersonenbahnhof Stuttgart zollamtlich abgefertigt werden. Auch können aus dem Ausland «ingegangene Expretzgntsen- dungen im Hauptpersonenbahnhof zollamtlich abgefertigt werden.
Wetter für Dienstag und Mittwoch.
Im Westen liegt Hochdruck, im Norden eine schwache Depression. Unter diesen Umständen ist für Dienstag und Mittwoch zeitweilig aufhoiterndes und vorwiegend trockenes Wetter zu erwarten. -
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SCV Heilbronn, 23. Juni. Ein grausiger Fund auf der Waldheide — ein FraUeufuß bis zum Knie mit noch vorhandenem Schuh — hat die Kriminalpolizei iu fieberhafte Tätigkeit gesetzt. Streifen fanden mit allen zur Verfügung stehenden Hunden statt, die sich über das ganze an die Fundstelle
angrenzende Waldgebiet erstreckten. Wie die Neckarzeitung erfährt, scheint man den Verdacht einer Mordtat nicht zn haben, dagegen neigt man der Annahme zu, daß der Fund mit jenem s. Z. verschwundenen Liebespaar in Verbindung gebracht werben könnte, von dem noch immer alle Spuren fehlen und das zweifellos Selbstmord begangen hat.
wp. Hüttlinge«, O.-A. Aalen, 23. Juni. Aus gräßliche Weise kam der erst seit einem Tag in der Löwenbrauerei Ebert, Wasseralfingen, bedienstete ledig« Bierführer Friedrich Braun, 44 Jahre alt, ums Leben. Mit dem leeren Biersuhrwerk von Neuler kommend, kam oben an der steilen Sulzdorfer Steige der Wagen ins Rollen, so daß ihn die Pferde nicht mehr aufzuhalten vermochten. Infolge des raschen Abgleitens wurden auf dem Wagen befindliche leere Bierkiften nachgeschoben. Sein Sitz kam ins Wanken. Der Fuhrmann wurde nach vor»« abgeworfen und etwa 100 Meter geschleift, dabet vom linken Vorderrads so schlimm zu. gerichtet, daß der Tod alsbald eintrat.
wp Jsny, 28. Juni. In den gestrigen Morgenstunden zog ein sehr schweres Gewitter über unsere Gegend hin. Ausgiebiger Gewitterregen, vermischt mit Hagelschlag, prasselte hernieder. Ter Blitz schlug in die Starkstromleitung in der Bahnhofgegeud. Auch an einem Neubau hat der Blitz sein Unwesen getrieben: etwa 100 Dachplatten sind zertrümmert. In verschiedenen Häusern wurden di« Sicherungen der Lichtleitung herausgeschlagen. In der Trauchburger und Groß» hvlzleuter Gegend hat der Hagel ziemlichen Schaden angerichtet. Bei Ökonom Nudhart in Gschwenö wurde eine im Freien befindliche Kuh vom Blitz getötet.
Geld-, Volks-und Landwirtschaft
Berliner Briefkurse.
100 holl. Gulden 168,45
100 sranz. Franken 16,41
100 jchnieiz. Franken 80,75
Börsenbericht.
SCB. Stuttgart, 23. Juni. Die Börse hatte am Wochenende wieder fast gar kein Geschäft, die Kurse waren wenig verändert.
L. b. Stuttgarter Obst- «nd Gcmüsemarkt vom 22. Jnni.
Erdbeeren 30—56, Stachelbeeren 20—25, Kirschen, süße 26—25, Kartoffeln 4—5, Erbsen 15—30, Kopfsalat 4—8, Wirsing 20-25 Blumenkohl 30—80, rote Rüben 15—35, Karotten 16—25, Zwiebeln 9—10, mit Rohr 12—15, Gurken, große 20 bis 40, Rettiche 10—35, Monatsrettiche 8—10, weiße 15—20, Spargel 40-70 Spinat 20—25, Rhabarber 8—10, Kohlraben 8 - 12 .
Schweincprcise.
Backnang: Milchschweine 45—62 M. — Gaildorf: Milchschweine 43—59 M. — Nürtingen: Läufer 67, Milchschwcine 31—50 M. — Obersontheim: Milchschweine 42—54 M. — Schömberg: Milchschweine 36—41 M. — Wangen i. A.: Ferkel 50—52 M. — Winnenden: Milchschiveine 45—50 M.
Balingen: Milchschweine 42—50 — Bopfingen: Saug« schwein« 40—60, Läufer 85—75 — Giengen a. Br.: Sang- schweine 42—60, Läufer 70—82 — Güglingen: Milch-
schwetne 35—42, Läufer 57—70 — Hall: Milchschwein« 44
bis 58, Läufer 80 — Heilbronn: Milchschiveine 87—50,
Läufer 80-78 utz. — Künzelsau: Milchschweine 40-65 —
JlsHofen: Milchschiveine 42—56 — Mergentheim: Jung- schweine 40—56 — Oehringen: Milchschweine 40—55 .A.
— Nottweil: Milchschwein« 41—67 — Vaihingen a. E.:
Milchschiveine 41—60
»
DK örtlich«! 8KInßa»d«Ir Preise dürfen selbfwerstöndlich nicht an den Börsen- und Großhandelspreisen gemessen werden, da für jene noch dk sog. wirtschaftlichen Ber» lrhrstosten in Zuschlag kommen. Die Echristltg.
Amtsgericht Ealw.
Im Genossenschastsregister wurde am 20. Juni 1929 eingetragen: Statut vom 4. Iunt 1929. Hirsauer Klofter- spielgenossenschast, eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht in Hirsau. Zweck der Genossenschaft ist der gemeinsame Betrieb von Freilichtspielen und dir Unterhaltung eines regelmäßigen Kurtheater» ans gemeinsame Rechnung.
Dienstag abend
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Calw, den 24. Juni 1SS9.
Danksagung
Für die vielen Bewrtse herzlicher Teil- nahm» beim Htnscheidrn unseres lieben Paters, Schwiegervater» und Droßvatrr»
Astm SM
dem Herrn Stadtpfarrer für seine trostreichen Worte, sür di« ehrenden Nachrufe und Kranzniederlegungen seiten» der Bezirksleitung de» Württ. Krirgerbunder, de» Veteranrn- vereinr, der Veteranen- und Milttäroerein» und der Bäcker-Innung, sowie für den letzte« Liebesdienst der Freiwill. Santtätskolonne, für die vielen Blumenspenden und dt» zahlreich« Begleitung zur letzten Ruhestätte sprechen wir unseren herzlichen Dank au».
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