Feindliche Stimmen zur Lage an der rumänischen Front.

Lugano. 22. Nov. DerCorriere" meldet aus Pe­tersburg: Der Feind steht fast 100 Kilometer tief in der rumänischen Walachei. Rußland muh die Verantwor­tung siir ein Nichteintreffen seiner Verstärkungen in Rumänien ablehnen, wenn die Vorbedingung, die Hal­tung der Grenzpässe duch Rumänien, nicht erfüllt wird.

Basel, 22. Nov. Der LondonerDaily Chronicle" meldet aus Petersburg, die Verstärkungen Rußlands für Rumänien überstiegen KW 000 Mann. Eine Wen­dung auf dem rumänischen Kriegsschauplatz sei jedoch so lange ausgeschlossen, als Rumänien nicht genügend Munition von den Alliierten erhalte. DieDaily Mail" meldet aus Bukarest, daß Slobodia und Turmu Maguret an der Donau Tag und Nacht unter mächti­gem feinlichen Artilleriefeuer stehen. Den schweizeri­schen Blattern wird aus Bukarest gemeldet: Eiurgiu an der Donau wurde vom Rustschuker Ufer aus so furchtbar beschossen, daß die vorübergehende Räumung der Stadt angeordnet werden mutzte. An der ganzen Donau steigert sich das Feuer des Feindes zu großer Stärke.

Stockholm. 22. Nov. Die offiziöseJndepedance Roumaine", die seit der Durchbrechung der rumänischen Karpathen geschwiegen hatte, bringt jetzt pessimistische Warnungen. Die Hartnäckigkeit, mit der der Feind sich den Durchbruch auf dieser Front erkämpft hat, lehrt, daß er hier wirklich auf schnellen Erfolg rechnen kann. Das Gleichzeitige heftige Artilleriefeuer längs des gan­zen Donauufers, das selbst in der Hauptstadt ununter­brochen hörbar ist. beweist vollends, datz die Deutschen ihre Absicht, die Walachei abzutrennen, keineswegs ha­ben fallen lassen. Gelingt den Deutschen die Besetzung von Campolung und Sinaia, werden sie durch alle wa lachischen Täler den Ausgang in die Ebene gefunden haben. Das RegierungsblattViitorul" schreibt kurz und scharf: Der Gegner hat unerwartet nach dem Eintreffen bedeutender Verstärkungen die Offensive er­öffnet und unsere Truppen an verschiedenen strategi­schen Punkten zurückgedrängt. Hartnäckige Kämpfe toben von Campolung bis Orsowa. Von dem Ausgang hängt vielleicht das Schicksal unseres Landes ab. In . der Dobrudscha herrscht Ruhe. Der Feind hat sehr starke Positionen bezogen. Die Russen und Rumänen stehen mehrere Kilometer entfernt. Die Heere haben gegen­wärtig kaum Fühlung miteinander.

Bern. 22. Nov. DerTemps" schreibt zur Lage in Rumänien u. a.: Unbestreitbar erringen die Deutschen in Rumänien Erfolge. Es ist sogar das einzige Land, wo sie sich gegenwärtig siegreich nennen können. Ru­mänien ist jedoch nicht endgültig besiegt. Es hat den eiiweleitet und die Russen sind ihm mit einer gewissen Langsamkeit zu Hilfe gekommen. Fal- kcnhayn hat seinen Angriff in die Walachei hineinge­tragen. Wir hoffen, die rumänischen Truppen werden rechtzeitig aus dem Moldaugebiet eintreffen, um die Situation zu retten. Sollte aber Rumänien tatsächlich besiegt sein, wer in Frankreich, England, Rutzland oder Italien würde, gleichviel in welchen Kreisen, wagen, von einem vorzeitigen Frieden zu sprechen?

(WTB.) Bern, 22. Nov. Während die französische Presse die Einnahme von Monastir als glänzenden Sieg feiert, wird das deutsche Vorrücken in der Walachei nur mit kurzen Bemerkungen abgetan. So schreibtPetit Parisicn": Sollte der Plan des doppelten Manövers durch Mackensen bezw. Falkenhayn gelingen, so könnte die ganze Walachei samt Bukarest in die Hände der Mittelmächte fallen, während sich die rumänische Ar­mee in das Moldaugebiet zurückziehen mützte. Das Schicksal Rumäniens hängt heute von dem Widerstand seiner Soldaten ab. -

Bern, 23. Nov. Der Sonderberichterstatter von Secolo" in Bukarest meldet, General Gradesco habe imAdeverul" einen aufsehenerregenden Artikel veröf­fentlicht, in dem er sage, datz die Deutschen, die sich über­all in Feindesland befänden und weder militärisch noch wirtschaftlich ernstlich bedroht seien, mit allen verfüg­baren Reserven einen furchtbaren Ueberfall gegen Ru­mänien ausführen würden. Die Rumänen müßten sich auf schlimmere Tage als in der Vergangenheit gefaßt machen. Die Offensive der Alliierten zur Entlastung Rumäniens genüge nicht, um es vor den unmittelbar drohenden Gefahren zu reiten.

Der Seekrieg.

(WTB.) Berln, 22. Nov. Deutsche Unterseeboote versenkten folgende französische Segler:Notre Dame de Bonsecours",Fanelly",Laroche",Jacgueline", Alcyou", Eugöne" undPetit Jean". Drei der Schiffe waren mit Kohlen nach Frankreich beladen.

(WTB.) London. 22. Nov. Die Admiralität teilt «lt, daß das britische HospitalschiffVritannia" (47500 Bruttoregistertonnen) am Morgen des 21. November im Zea-Kanal (Aegäischcs Meer) durch eine Mine oder einen Torpedo zum Sinken gebracht wurde. Es wurden 1106 Personen gerettet, von denen 28 verletzt sind. Man glaubt, datz 50 Personen ums Leben gekommen sind.

(WTB.) Amsterdam, 22. Nov. Lloyds melden aus London: Man glaubt, datz das holländische Seglschiff Delphin" und das norwegische SegelschiffParnatz" versenkt wurden. Aus Groningen wird gemeldet, datz

der SeglerDelphin" auf dem Wege von Christian« nach West-Hartlepool versenkt wurde.

Wer beherrscht die Nordsee?

(WTB.) London. 23. Nov.Daily Mail" schreibt: Es wird sich, wenn die Frage des deutschen Streifzuges im Kanal während der Fragezeit im Parlament zur Sprache koinmt, auch empfehlen, zu fragen, wie es eigentlich mit der Freiheit der englischen Schiffsver­bindung nach Holland steht. Kleine deutsche Torpedo­boote aus Zeebrügge haben seit dem 23. Juni nicht we­niger als 12 Dampfe» angehalten. Es ist infolgedessen die Frage berechtigt, wer eigentlich die Nordsee be­herrscht.

Der Entwurf eines Gesetzes betreffend den vaterländischen Hilfsdienst.

8 1. Jeder männliche Deutsche vom vollendeten 17. bis zum vollenteten 80. Lebensjahr, soweit er nicht zum Dienste in der bewaffneten Macht einberufen ist, ist zum vaterländi­schen Hilfsdienst während des Krieges verpflichtet.

8 2. Als vaterländischer Hilfsdienst gilt außer dem Dienst bei Behörden oder behördlichen Einrichtungen insbe­sondere die Arbeit in der Kriegsindustrie» in der Land­wirtschaft, in der Krankenpflege und in den Kriegswirtschaft­lichen Organisationen jeder Art, sowie in sonstigen Betrie­ben, die für die Zwecke der Kriegführung oder Volksversor­gung unmittelbar oder mittelbar von Bedeutung sind. Die Leitung des vaterländischen Hilfsdienstes liegt dem beim königlich preußischen Kriegsministerium errichteten Kriegs- mnt ob.

8 3. Der Bundesrat erläßt die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Bestimmungen. Er kann Zuwider- jandlungen mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe bis zu 10 000 oder mit einer dieser Strafen oder mit Haft bedrohen.

8 4- Das Gesetz tritt mit dem Tage der Verkündung in Kraft. Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Außer­krafttretens.

In der allgemeinen Begründung heißt es: Mit uner­hörter Zähigkeit und beispiellosem Kräfteeinsatz wird der Krieg von unseren Gegnern weitergeführt zu dem immer wieder verkündeten Zwecke, die staatlichen und wirtschaft­lichen Lebens- und Entwickelpngsbedingungen des deutschen Volkes zu vernichten. In gewaltiger Menge werden fortge­setzt die Waffen zu diesem Kampfe geschmiedet, nicht bloß von den arbeitenden Männern und Frauen der Verbands­länder, sondern auch in neutralen Staaten. Trotz aller schon errungenen Erfolge muß düs deutsche Volk noch immer weiter dem Ansturm einer Welt von Feinden standhalten, einzig und allein auf die eigene Kraft und den Beistand sei­ner Verbündeten angewiesen. Um den Sieg zu sichern, ist es geboten, die Kraft des gesamten Volkes in den Dienst des Vaterlandes zu stellen. Die Waffenfähigen verrichten draußen vor dem Feinde immer aufs Neue Wunder der Tapferkeit und Ausdauer und unerschütterlich steht, allen Entbehrungen und beispiellosen Anstrengungen trotzend, der Wall, den Deutschlands Söhne um das Vaterland errichtet haben. Auch die Daheimgebliebcnen, Männer wie Frauen, haben sich durch ihre Arbeit im Dienste der Kriegswirtschaft in hohem Maße der Volksgenossen im Felde würdig gezeigt. Auch sie können sich hingebender und rastloser Pflichterfül­lung rühmen. Aber diese Heimarmre kann noch beträchtlich verstärkt werden und der Kriegsarbeit fehlt bisher die straffe einheitliche Zusammenfassung und Regelung, hie allein die Leistungen zum Höchstmaß zu steigern vermag und erst den vollen Erfolg verbürgt. Wer irgend arbeiten kann, hat in dieser großen und schweren Zeit kein Recht mehr, müßig zu sein. Durch das Gesetz soll eine gesetzliche Verpflichtung zum vaterländischen Hilfsdienst geschaffen werden. Auch in der Arbeit muß jeder deutsche Mann' seine ganze Kraft dort ein- setzen, wo das Vaterland sie am nötigsten braucht und wo er nach seiner körperlichen und geistigen Veranlagung diesem die besten Dienste leisten kann. Wie im Heeresdienste darf bei diesem Vorgehen keine Rücksicht auf soziale Unterschiede gelten. Für den vaterländischen Dienst, welcher Art er auch sei. kann es nur Staatsbürger, nicht Schichten und Klas­sen geben.

Bei der Ueberweisung zu einer Beschäftigung wird, so­weit das vaterländische Interesse dies gestattet, aus das Lebensalter, die Familienverhältnisse, den Wohnort und die Gesundheit sowie auf die bisherige Tätigkeit des Hilfsdienst­pflichtigen gebührend Rücksicht zu nehmen sein. Streitig­keiten, die sich aus der Heranziehung zu einer Tätigkeit oder auch aus dem Wunsch nach einem Wechsel der Arbeitsstelle ergeben, sollen von militärischen Schlichtungsstellen ausge­glichen oder entschieden werden. Diese sollen mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern in gleicher Zahl besetzt werden. Es darf erwartet werden, daß weite Kreise des Volkes an Vater­landsliebe und Opferfreudigkeit nicht hinter denen werden zurückstehen wollen, die -sofort nach Ausbruch des Krieges in Scharen freiwillig zu den Fahnen geeilt sind. Unzweifelhaft fehlt es vielen gegenwärtig nur an der geeigneten Gelegen­heit zum freiwilligen Hilfsdienst. Wird dieser Heimatdienst in zielbewußter, zweckdienlicher Weise geregelt, so werden sicherlich so viele freudig sich ihm einordnen, daß ein Zwang, der allerdings als letztes Mittel nicht entbehrt werden kann, nur in verhältnismäßig seltenen Fällen erforderlich werden

wird. Einen gleichen Zwang für Frs«e« auszusprechen, er­scheint entbehrlich in der Erwägung, daß die im Krieg bis­her so bewährte Arbeitskraft der deutschen Frau auch ohne besonderen Antrieb im gleichen Maße wird bereitgestellt werden können.

Die Heranziehung erfolgt in der Regel zunächst durch eine Aufforderung zur freiwilligen Meldung. Soweit dieser Aufforderung nicht in ausreichendem Maße entsprochen wird, erfolgt die Heranziehung durch schriftliche Aufforderung eines Ausschusses. Jeder, dem die Aufforderung zugegangen ist, hat bei einer der nach 8 2 in Frage kommenden Stellen Arbeit zu suchen. Soweit hierdurch eine Beschäftigung binnen zwei Wochen nach Zustellung der Aufforderung nicht herbei­geführt wird, findet die Ueberweisung zu einer Beschäftigung durch Len Ausschuß statt. Ueber Beschwerden entscheidet ein Ausschuß. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. Niemand darf einen Arbeiter in Beschäftigung nehmen, der bei einer der in 82 bezeichneten Stellen beschäftigt ist, oder in den letzten 14 Tagen beschäftigt gewesen ist, sofern der Arbeiter nicht eine Bescheinigung seines letzten Zeitgebers darüber beibringt, daß er die Arbeit mit Zustimmung des Arbeitgebers aufgegeben hat. Weigert sich der Arbeitgeber, dem Arbeiter auf Antrag eine entsprechende Bescheinigung auszustellen, so ^"ht dem Arbeiter die Beschwerde an den c wähnten Ausschuß offen.

Don unfern Feinden.

Zur Lage in Rußland.

(WTB.) Stockholm, 23. Nov.Astonbladet" schildert in einem Aufsatz über die allgemeine Lebensmittelnot die Ver­hältnisse in Rußland wie folgt: Das russische Volk ist seit undenklichen Zeiten mit Not und Leiden vertraut. Es macht aus Entbehrungen in Gestalt von Hunger und Kälte kein großes Wesen, aber auch ihm kann der Becher des Leidens zum Ueberfließen voll werden. Das scheint jetzt der Fall zu sein. Die Lebensmittelfrage hat nunmehr die Aufmerksam­keit des russischen Staates auf sich gezogen, daß selbst di« Iricgscrcignisse daneben verblassen. Die Minister verschleu­dern zu gleicher Zeit ihre Kräfte durch ein unfruchbares Jn- triguenspiel. Die Lage ist, nach allem zu urteilen, trostlos. Einige russische Blätter haben sogar daran erinn- daß bei früheren Heimsuchungen Prozessionen mit Heiligenbildern an der Spitze das Land vom Untergang gerettet haben. Das deutet darauf hin, daß man hier und dort schon auf Wun­derwerke als die einizige Rettung zu hoffen beginnt.

Die Peinlichkeit der Polenfrage für unsere Feinde.

Zürich, 22. Nov. Die Sonntagsnummer desAvanti" (die sich mit der Polenfrage befaßte) tragt ein reckst sonderbares Titelblatt: Unter dem TitelNationale Zwistigkeiten" hat die'Zensur nurZurigo, 18." stehen gelassen und den ersten Teil des Artikels gestrichen,' da­rauf folgt eine Photographie von Räpperswil mit der Seebrücke, dann eine zweite weiße Fläche des gestriche­nen Artikels, dann eine zweite Photographie von Rap- perswil (das Polenmuseum) und zuletzt die dritte weiße Artikelfläche mit den Initialen des Verfassers j> O. Wahrscheinlich hatte das führende Sozialistenblatt die Regelung der Polenfrage durch die Mittelmächte nicht in Pausch und Vogen verworfen, was natürlich den Zensor veranlaßte, recht ausgibig seines Amtes zu wal­ten.

Vermischte Nachrichten.

100 000 Feuerbestattungen 'Die Feuerbestattungen im großdeutschen Kultur- aebiet haben nunmehr die Zahl von 100 000 überschrit­ten und am Schlüsse des Monats September die Höhe von 104 406 erreicht. 38 Jahre hat es bedurft, um dem Gedanken der Bestattung durch Feuer soweit Bahn zu brechen, daß jetzt jeden Monat 400600 Leichen einge­äschert werden können. Die Zahl der Feuerbestattungs­anlagen hat sich besonders während der letzten Jahre stark gehoben. Während die erste Feuerhalle in Gotha, die 1878 eröffnet wurde, 11 Jahre lang die einzige in deutschen Landen blieb, und dann jedes Jahr durch­schnittlich eine neue hinzukam, sind nach 1leberw,indung der bekannten mannigfachen Widerstände in den ein­zelnen deutschen Bundesstaaten von 1907 ab alljährlich 34 und im Jahre 1908 sogar 8 Feuerhallen neu ent­standen. Heute stehen im großdeutschen Kulturgebiet 68 Feuerhallen im Betrieb. Jener in Gotha folgte 1889 die Feuerhalle in Zürich, dann kam 1801 Heidel­berg, 1892 Hamburg, 1898 Basel und Jena, 1899 Offen- bach, 1901 Mannheim, 1902 Eisenach, 1903 St. Gallen und Mainz, 1904 Karlsruhe, 1905 Heilbronn, 1906 Ulm und Chemnitz, 1907 Bremen, Koburg und Stuttgart, 1908 Bern und Pößneck, 1909 Baden-Baden, Zittau und Zwickau, 1910 Destau, Gera, Leipzig und Lübeck, 1911 Viel, Dresden, Göppingen, Meiningen, Reutlin­gen, Sonneberg, Waimar und Winterthur, 1912 Aarau, Berlin, Frankfurt a. M., Hagen, München und Wies­baden, 1913 Berlin-Treptow,Eßlingen, Görlitz, Greifs­wald. Nürnberg und Tilsit. 1914 Danzig, Darmstadt. Davos, Freiburg i. Br. und Schaffhausen, 1915 Augs­burg, Vraunschweig, Krefeld, Halle a. S. und Hirschberg, 1916 Kiel. Die Zahl der Einäscherungen in den ei»-