Panik i« Bukarest.

Stockholm, 10. Sept. DemNeuen Tagblatt" wird gemeldet: Die Nachricht von der Eroberung der Forts von Tutrakan durch die deutschen und bulgarischen Truppen und der plötzlich mit äußerster Stärke hörbar werdende Kanonendonner verursachten in Bukarest eine vielleicht in der ganzen Kriegsgeschichte beispiel­lose Panik. Bukarest ist nach hier über Rußland einge­troffenen Berichten eine Stadt, wo die gesamte Bevölke­rung verzweifelt und kopflos nur noch a« die Flucht denkt. Als Mittwoch früh der Kanonendonner hörbar wurde, stürzte alles auf die Straßen. Ueberall wurde aufgeregt gestikulierend gesprochen. Anfangs nahmen die noch ganz im Siegesrausch befangenen Leute an, es handle sich um irgend ein Salutschießen. Zehntau­sende zogen an die Calea Vittorie und nach dem Bou­levard Elisabeth, um die Siegesnachricht zu erwarten. In den Nachmittagsstunden verbreitete sich plötzlich von Mund zu Mund die Nachricht von der Niederlage. Das Aussehen der Stadt war sofort völlig verändert. Eine tausendköpfige Menschenmenge drängte sich auf den gro­ßen Platz vor dem Bahnhof. Die Billettschalter wurden gestürmt um Fahrkarten für die nach Norden gehenden Abendzllge zu lösen. Die in vom Süden kommenden Zügen eintreffenden Flüchtlinge steigerten noch die Panik durch ihre schrecklichen Berichte vom Vorrücken des Feindes. Sie schilderten greuliche Vorgänge, daß ganze rumänische Heeresteile in der Donau aus der Flucht ertrunken seien. Ein Offizier vom Eeneralstab, welcher in besonders wichtiger Mission aus Silistria eintraf, wurde von der versammelten Menge erdrückt. Cegen drei andere Offiziere entlud sich plötzlich die ko­chende Bolkswut. Sie wurden aus ihren Wagen her­ausgerissen und mit Steinen totgeschlagen. Die Fahr­karten für die Nachtzüge nach Jassy wurden an die Meistbietenden versteigert. Es wurden bis 8880 Kro­nen geboten. In der Stadt selbst begann nachmittags die Flucht der Zivilbevölkerung, welche die ganze Nacht hindurch andauerte. Arme und reiche Familien wan­delten zu Fuß aus und führten einige Habseligkeiten auf Handwagen mit sich. Die Telephonverbrndung nach auswärts--, sowie innerhalb der Stadt wurde, um zu ver­meiden, daß sich die Entmutigung weiter ausbreitet, sofort abgebrochen. Selbst die Behörden, ausgenommen der Eeneralstab, dürfen das Telephon nicht mehr be­nützen. Die Auffassung von der militärischen Lage ist an den offiziellen Stellen äußerst pessimistisch. Ilm 5 Uhr nachmittags wurde der gesamte Privatbahnverkehr eingestellt, weil, militärischerseits die Eisenbahnen be­nötigt 'wurden. 'Zahllose nach Süden gehende Militär­züge passierten die Stadt. Mehrere Extrazüge wurden nachts an verschiedenen Richtungen für die fliehenden Behörden eingelegt. Amtlicherseits hat die Räumung der Hauptstadt bereits begonnen. Das Hauptquartier wurde nach Ploesti Sinaja verlegt. Der Eeneralstab und die Beamten des Kriegsministeriums werden dort­hin beordert. Die Marineverrvaltung ist nach Con- stanza verlegt worden. Die Nationalbank, das Mini­sterium des Innern, sowie die angegliederten Verwal­tungsämter sollen nach Jassy kommen. Das Ministerium des Aeußern bleibt einstweilen in Bukarest, um dem Auslande die Panik etwas zu verheimlichen. Dagegen wurden die Gesandten der Verbündeten in das offizielle Hauptquartier eingeladen, wo sich auch Bratianu be­findet. Auch die Vertreter ausländischer Blätter werden zu einer Reise nach der Nordfront aufgefordert. Das Ecndarmerieaufgebot in der Hauptstadt wurde auf das Fünffache verstärkt, weil Ausschreitungen befürchtet werden.

Kundgebungen in Bukarest gegen den Krieg.

(WTB.) Köln. 10. Sept. DieKölnische Zei­tung" erfährt: Nach einem Pariser Telegramm aus Bukarest veranstaltete die Dukarestsr Bevölkerung, darunter namentlich die Arbeiterkreise, eine große Kundgebung gegen den Eintritt Rumäniens in den Krieg. Schließlich wurde unter freiem Himmel eine Massenversammlung abgehalten, an der viele Tau­sende von Arbeitern und Sozialisten teilnahmen und die einen stürmischen Verlauf nahm. Unter brausendem Beifall verurteilten sämtliche Redner die vieroerbandssrenndliche Politik Bratianus. Es wurde schließlich ein Beschlußantrag einstimmig an­genommen, in dem die Regierung aufgefordert wird, die Kriegserklärung gegen Oesterreich-Ungarn rückgängig zu machen und die alten freundschaft­lichen Beziehungen zu den Mittelmächten wieder aufzunehmen.

Ausstand gegen die Rumänen in der Dobrudsiha.

Stockholm, 10. Sept. DemTag" wird gemel­det: In der ganzen Dobrudscha wütet ein gefähr­licher Aufstand. Die Kriegserklärung war das Zeichen zum Losschlagen. Der Aufstand hat sich nicht nur in den neuen Gebieten, sondern auch in der ganzen älteren Dobrudscha, wo gegen Rumänien wegen dessen Mißwirtschaft Haß herrscht, ausge­breitet. Die Bewegung begann in Silistria. Aus dem ganzen Lande strömten die Bauern berbei und

hißten die bulgarische Flagge, ein Gen'ya?Mer1e-Re- giment wurde mit Feuer empfangen und ausein- andergejagt. Die Rebellen machten dabei über 100 Gefangene. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht von den Vorfällen in der Dobrudscha. Ueberall folgten neue Aufstände. Welche politische und militärische Bedeutung den Ereignissen zu- kommt, ist nach den bisherigen Nachrichten nicht klar zu erkennen.

Die Zeppelinangriffe gegen Bukarest.

(WTB.) Bern, 11. Sept. Einem Bericht des Sscolo" aus Bukarest zufolge schreibt das Blatt Take Jonscus zu den Luftangriffen auf Bukarest, keine einzige europäische Stadt sei von den Deutschen vom ersten Tage des Kriegsausbruchs an einer sol­chen Behandlung ausgesetzt worden wie Bukarest. Ueber Paris seien Zeppeline verhältnismäßig selten erschienen. Auf London seien Luftangriffe zwar zahlreicher ausgeführt worden, könnten aber auch nur als vereinzelte Zwischenfälle hingestellt werden. Deutschland betrachte also Rumänien als seinen schlimmsten' und hassenswertesten Feind, gegen den nicht nur Krieg geführt, sondern an dem auch Rache genommen werden müsse. Herr Jonescu hat sich den Krieg anscheinend etwas ungefährlicher vorge- stsllt. Wie im Valkankrieg macht man natürlich nicht immer Eroberungen.

RumänischeMaßnahmen" gegen die Zeppelin- angrifse.

Berlin, 10. Sept. Aus dem Haag wird der Täglichen Rundschau" gemeldet: Reuter meldet aus Bukarest: Die rumänische Regierung beabsich­tigt, alle bekannten Untertanen feindlicher Länder in der Mitte der Stadt in Hotels und Privathäusern unterzubringen, wo sie den feindlichen Luftangriffen ausgesetzt werden sollen. Bukarest ist Festung. Wir könnten also mit demselben Recht als Geqen- maßregel gefangene Rumänen in die Schützengräben legen.

Beschlagnahme deutschen Eigentums in Rumänien.

Zürich, 9. Sept. DemZüricher Tagesanzeiger" wird aus Paris gedrahtet: DerTemps" meldet aus Bukarest: Die in Rumänien liegenden deutschen Werte, die über zwei Milliarden betragen, weeb-n demnä-gst konfisziert.

Zur Lage in Griechenland.

Sofia, 10. Sept.Mir" berichtet auch Athen: Die Gesandten des Vieroerbands erschienen gemein­sam bei dem griechischen Ministerpräsidenten und verlangten, daß Griechenland eine Zone feststclle, in der im Falle des Eindringens bulgarischer Truppen in diese Zone die griechischen Truppen zum Angriff gegen die Vulgaren schreiten sollten. Dis Gesandten erklärten, daß, falls die griechische Regierung auf diesen Vorschlag nicht einaehen sollte, diese Zone von General Sarrail selbst bestimmt werden würde. Athener Blätter berichten: Ministerpräsident Zai- mis empfing eine Abordnung mazedonischer Vor­nehmer und erklärte diesen, solange das Kabinett am Ruder bleibe, werde kein Gegensatz zwischen Bul­garien und Griechenland eintreten können.

Gens, 10. Sept.Petit Journal" meldet: Der diplomatische Erfolg, den die Entente mit Rumä­nien gehabt hat, scheint das griechische Problem doch nicht so vereinfacht zu haben, wie anfänglich be­stimmt gehofft wurde. Cs ist dringend vor allen Illusionen aegenüber Griechenland zu warnen. Es ist nur nötig. Griechenland vom Anschluß an die Mittelmächte mit allen Machtmitteln ab-'-halten. denn das griechische Heer, das in Venizelos den Ur­heber aller Leiden sieht,, ist zu über begeisterter Anhänger der Mittelmächte. Daran werden auch die Wahlen nichts ändern, denn nicht das große Volk, sondern das griechische Heer ist der Todfeind der Entente aeworden.

(WTB. Bern. 9. Sept. Nach einer Meldung des Secolo" aus Athen drangen Abteilungen entlassener Reservisten in mehrere Häuser von Anhängern Veni- zelos ein und beschlagnahmten Waffen, die die Veni- zelisten nach ihrer Erklärung für ihre eventuelle Ver­teidigung (!) gesammelt hatten. Ein griechischer Jour­nalist. der in Trevesa einen Aufruf gegen die Italiener erlassen hatte, sei verhaftet worden. Die venizelistische Presse sei über die Auslastungen italienischer Blätter, eins griechische Intervention sei weder erwünscht, noch wünschenswert, sehr ungehalten.

König Konstantin und die treugeblirbenev Salonikier Offiziere.

Berlin. 10. Sept. DemVerl. Lokalanz." wird aus Rotterdam gemeldet: König Konstantin empfing am Mittwoch 157 Offiziere der 11. Division aus Saloniki, welche sich geweigert hatten, sich der dortigen revolutio­nären Bewegung anznschließen. Unter ihnen waren

)

auch einige von denen, welche den Redakteur des Venk. zelosschen Blattes in Saloniki angegriffen hatten. Der König hielt eine Anrede, lobte ihre Treue und ihren Mut. Mit einer derartigen Armee unter Führung von Männern wie Ihr, sagte der König, bin ich gewillt, jedem Feind entgegonzutreten. Eure Namen werden mit ehernen Buchstaben in der Geschichte verzeichnet werden und eine glänzende Seite in den militärischen Annalen, ein Beispiel für spätere Geschlechter darstel­len. Die wiederholten Ratschläge Eures Königs haben Frucht getragen. Ihr zeigtet unerschütterliche Treue Eurem Herrscher gegenüber. Diejenigen, die ihren Eid brachen, unter denen leider auch der General ist, der die Division kommandierte, sind von Euch gebrand­markt worden. Der König sprach auch den treuergebe­nen Unteroffizieren und Mannschaften der Division seine Anerkennung aus. Darauf wandte er sich an den Eeneralstabschef Moschopulos und erklärte, daß der Ge­neral gute Gründe hätte, stolz zu sein, daß er ein der­artiges Korps kommandiert habe. Moschopulos war früher Ehef der Saloniki-Division gewesen.

Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Die deutschen amtlichen Meldungen.

(WTB.) Großes Hauptquartier, 9. September. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Die feindlichen Jnfanterieangrisse an der Somme ließen tagsüber nach. Eine englische Teilunternsh- mung im Foureauxwald und nächtliche französische Angriffe gegen den Abschnitt BernyDeniecourt sind mißlungen. Wir säuberten kleine, in Feindes­hand gebliebene Teile unserer Stellung. Der Artil­leriekampf geht weiter. Rechts der Maas lebte das Gefecht nordöstlich der Feste Souoille wieder auf. Nachts heftiges beiderseitiges Artillerieseuer vom Werk Thiaumont bis zum Chapitrewald.

Oestlicher Kriegsschauplatz. Front des Eeneralfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern: Nichts Neues.

Front des Generals der Kavallerie Erzher­zog Karl: Die fortgesetzten russischen Angriffe zwischen der Zlota-Lipa und dem Dnjestr hatten auch gestern keinen Erfolg. Durch Gegenstoß wurden eingedrungene feindliche Abteilungen wieder aus unfern Gräben nnd an der Front der otomanifchen Truppen über die russischen Ausgangsstellungen zurüügeworsen. Ueber 1008 Gefangene und mehrere Maschinengewehre sind eingebraüst.

In den Karpathen setzte der Gegner starke Kräfte gegen unsere Höhenstellungen westlich nnd südwestlich von Schipoth und bei Dorna Watra ein. Nordwestlich des Cavul wurde dem Drucke nachge­geben.

Valkankriegsschauplatz. Bei Dobric ist der erneute feindliche Angriff wiederum ge­scheitert.

(WTB.) Großes Hauptpnartier, 10. September. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Die Schlacht an der Somme nimmt nach der vorgestrigen Kampfpause ihren Fortgang. Der englische, aus 15 Kilometer breiter Front zwischen Thiepval und Combles er­folgte Stoß brach sich an der Standhaftigkeit der unter dem Befehl der Generale Freiherr Marschall und von Kirchbach stehenden Truppen. Bei Longue- val und Ginchy sind die Nahkämpse noch nicht abge­schlossen. Die Franzosen wurden im Abschnitt B ar­ten xBelloy von Regimentern des Generals von Quast blutig abgeschlagen. Nordwest­lich von Chaulnes machten wir bei der Säuberung einzelner Grabenteile Gefangene nnd erbeuteten 6 Maschinengewehre. Rechts der Maas spielten sich neue Gefechte südlich des Werkes Thiaumont und östlich von Fleury ab. Einqcdrungener Feind ist im Gegenstoß geworfen. Im Luftkamps ver­loren unsere Gegner in den letzten Tagen vor­wiegend an der Somme neun, durch unser Ab­wehrfeuer drei Flugzeuge. Hauptmaun Volke hat den 22. feindlichen Flieger abgeschosirw

Oestlicher Kriegsschauplatz. Abge­sehen von wiederholten vergeblichen russischen An­griffen gegen bayerische Truppen bei Stara-Czere- wizcze am Stochod ist die Lage vom Meer bis an die Karpathen unverändert. In den Kar­pathen setzt des Feind seine Angriffe fort. West­lich von Schipoth hat er Gelände gewonnen. Sonst ist er überall abgewiesen. Südlich von Dorna Watra haben deutsche Truppen mit rumäni­schen Kräften Fühlung genommen.

Balkankriegsschauplatz. Silistria ist gefallen. Die blutigen Verluste der Ru­mänen und Russen in den letzten blutigen Kämpfen stellen sich als sehr bedeutend heraus. An der maze­donischen Front kein Ereianis von besonderer Be­deutung.

Der erste Eeneralquartiermeister: Ludendorsf.