Ein russisch-japanisches Bündnis über Oftasien.

l Der japanisch-russische Vertrag.

Schon seit Monaten flogen die Gerüchte hin und her, daß sich zwischen Japan und Rußland Beziehungen an- Lahnen, die darauf ausgingen, zwischen den beiden Staaten ein Einverständnis bezüglich ihrer asiatischen Politik zu er­zielen, und wie die amtliche Petersburger Telegraphenagen- tur meldet, hat dieses gegenseitige Bestreben nunmehr zu einem Abkommen der beiden Regierungen geführt, das letz­ten Endes nicht mehr und nicht weniger besagt, als daß Ruß­land und Japan sich ihren Besitz in Ostasien gegenseitig ga­rantieren, und daß sie jedem fremden Eindringen in ihren Interessenkreis gemeinschaftlich begegnen werden. Wieweit die Vertragschließenden diese Jnteressenkreise ausdchnen wer­den, namentlich in Bezug auf China, davon kann man sich eine Vorstellung machen, wenn man an die Besetzung chine­sischen Gebiets durch die Japaner in letzter Zeit denkt. Man wird daher nicht fehl gehen, wenn man annimmt, daß es sich bei dem Abkommen ähnlich dem russisch-englischen Ver­trag über Persien um die wechselseitige Ueberlassung sog. Einflußsphären" in China handeln wird, was darauf hin­ausläuft, auf die wirtschaftliche Durchdringung dieser Inter­essensphären die politische und militärische folgen zu lasten. Diese anscheinend vollkommene Verständigung zwischen Ruß­land und Japan war vorauszusehen, denn es mußte doch jedermann klar sein, daß Japan nicht seine ganze staatliche und private Militärindustrie den Rüsten bedingungslos zur Verfügung stellen würde, womit es die Neuorganisation der an Material völlig erschöpften russischen Armee noch einmal ermöglicht hat. Der Preis für diese Hilfeleistung ist die freie Hand in China. Es scheint auch, daß sich die beiden Staaten jn wirtschaftlicher Hinsicht nach dem Krieg näher treten wol­len, Japan ist auf dem besten Wege der Industrialisierung, fsnachdem es an Deutschland, England und Amerika die be­sten Lehrmeister gehabt hat), es wird also den Rüsten durch billigere Lieferungsmöglichkeit viele der Jnduftrieartikel lie­fern können, die sie bisher von den europäischen Ländern be­zogen haben. Daß ein stärkerer Verkehr zwischen den beiden Staaten schon für die nächste Zukunft geplant ist, darauf weist die Abtretung der chinesischen Ostbahn an Japan im Gebiet des Sungari (eines Nebenflusses des Amur) hin, die zweifel­los dazu beitragen soll, die japanischen Gebiete in Ostasien, Korea und die Südmanschurei mit dem russischen ostasiatischen Gebiet zu verbinden.

' Wie die bisher in Ostasien wirtschaftlich mit am stärk­sten interessierten Mächte, England und Nordamerika, gegen­über diesem sie zweifellos in ihrem Handelsverkehr bedroh­enden Abkommen sich verhalten werden, können wir vorerst picht sagen, darüber können uns vielleicht die Kommentare der englischen und amerikanischen Presse Auskunft geben. Vs erscheint aber gar nicht ausgeschlossen, daß England still­schweigend seine Zustimmung zu diesem politischen Geschäft gegeben hat, indem es sich als Gegenleistung Südpersien -ind Aegypten konzessionieren ließ, und damit rechnet, daß »Japan jetzt und bei den Friedensverhandlungen den Alli­ierten kräftige Hilfe leistet. Vielleicht denkt man auch schließ­lich doch noch an eine tätige Hilfe der Japaner. Der Chef des ^japanischen Eeneralstabs ist ja im Begriff, eineInspek­tionsreise" nach Rußland, England. und Frankreich anzu­treten, um einen Einblick in den Fortgang des Krieges zu bekommen. Aber wenn auch heute England, der Not gehor­chend, sich mit dem russisch-japanischen Pakt einverstanden -erklären sollte, man weiß in London doch, was dieser Ver­trag bedeutet, denn er nimmt England die Möglichkeit, spä­ter etwa die japanischen Ansprüche in China zurückzuweisen, rveil ihm die etwaige verbündete Landmacht fehlen würde, -ie es zur Vertretung seiner Interessen nötig hätte. Und Amerika, das vollständig im Schlepptau Englands segelt, wird sich ebensowenig ausschwingen, seine Interessen in China Nachdrücklich geltend zu machen, weil auch ihm allein die Macht dazu fehlen würde. " ' ' O. 8.

Der Bündnisvertrag zwischen Japan und Rußland.

(WTB.) Petersburg, 7. Juli. (Ptersb. Tel.-Ag.) Hier wurde ein politisches Abkommen zwischen Ruß­land und Japan zwischen Ssassonow und dem japani­schen Botschafter unterzeichnet. Das Abkommen ent­hält zwei Punkte und hat den Zweck, die beiderseitigen Bemühungen zur Aufrechterhaltung des Friedens, hauptsächlich in Ostasien, in Einklang zu bringen. Der erste Punkt stellt die gegenseitige Verpflichtung auf, kein politisches Abkommen zu schließen und keine Ver­bindung einzugehen, die sich gegen den anderen ver­tragschließenden Teil richtet. Der zweite Punkt be­sagt, daß bei Bedrohung des Gebietes oder der beson­deren Interessen des einen Vertragschließenden Teiles in Ostasien, die der andere Teil anerkannt hat, Ruß­land und Japan sich über die nötigen Maßregeln zur Unterstützung und Hilfeteistung verständigen werden, pm diese Interessen zu schützen und zu verteidigen, s Berlin, 8. Juli. Nach einem Rotterdamer Tele­gramm desBerliner Lokalanzeigers" bestätigt die '^Times". daß zwischen Rußland und Japan -ein Vertrag abgeschlossen wurde, der rlne« formelle« Bündnis ziemlich rl.ejch 1««W,e.,->?. '

Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Die deutsche amtliche Meldung.

An der Somme keine wesentliche Aendernng. Im Osten von Verdun heftige feindliche Angriffe abgewiesrn. Heftige russische Augrisfe gegen die HiudeuSnrgarmre und an der wolhnischen Front.

(WTB.) Großes Hauptquartier, 7. Juli. (Amt­lich.) Westlicher Kriegsschauplatz.. Lebhafte, auch nachts fortgesetzte, für uns nicht ungünstig verlaufe­ne Kämpfe beiderseits der Somme. Die Brennpunkte bildeten die Gegend südlich von Contal Maison, Hem und Efträes. Oestlich der Maas scheiterten in breiter Front eingesetzte starke französische Angriffe gegen un­sere Stellung auf dem HöhenrückenKalte Erde" so­wie im Walde südwestlich der Feste Baux unter em- findlicher Einbuße für den Feind. Aus der übrigen Front vielfache Patrouilleugcfechte. Südwestlich von Balanciennes erbeutete« wir ein feindliches Flugzeug. Bei Peronne und südwestlich von Vouzieres wurden feindliche Flugzeuge im Lustkampse zur Landung ge­zwungen.

Ergebnis der Luftkämpfe.im Juni: Deutsche Verluste:

im Luftkampf .2 Flugzeuge

durch Abschuß von der Erde.1

vermißt ..4

.. . im ganzen . . 7

Französische und englische Verluste:

im Luftkampf . . . . ..23

durch Abschuß von der Erde.1V

durch unfreiwillige Landung innerhalb

unserer Linie ..3

Landung zwecks Aussetzung von Spionen 1

. . im ganzen . . 37

von denen 22 in unserem Besitz sind.

Oestlicher Kriegsschauplatz. Gegen die Front der Heeresgruppe Hindenburg setzten die Russen ihre Unternehmungen fort. Mit starken Kräften grif­fen sie südlich des Naroczsees an. Sie wurden hier nach heftigem Kampf, ebenso nordöstlich von Smorgon und an andern Stellen mühelos abgewiesen.

Heeresgruppe des Generalseldmarschalls Prinz Leopold von Bayern: Abgesehen von einem schwächlichen feindlichen Borstotz herrschte an der in den letzten Tagen angegriffenen Front im Allgemeinen Ruhe.

Heeresgruppe des Generals von Linsingen: Der nach Czartorysl vorspringende Winkel wurde in­folge des überlegenen Druckes aus seine Schenkel bei Kostiuchnowka und westlich von Kolli aufgegeben und eine kürzere Verteidigungslinie gewühlt. Beiderseits von Sokul brachen die russischen Angriffe unter großen Verlusten zusammen. Westlich und südwestlich von Luck ist die Lage unverändert.

Heeresgruppe des Generals Grafen von Both- mer: Keine besonderen Ereignisse. Auch nicht bei den deutschen Truppen südlich des Dnjestr.

Balkanlriegsschauplatz: Nichts Neues.

Oberst« Heeresleitung.

Englische Verluste an der Somme.

(WTB.) London, 7. Juli. Reuter meldet von der britischen Front in Frankreich vom 5. Juli, daß die Briten bei ihrem Angriff am 1. Juli sehr schwere Ver­luste hatten. Von einem Regiment seien nur 1 Offizier und 8 Mann unverwundet geblieben.

(WTB.) London, 7. Juli. Die Verlustlisten vom S. und 6. Juli verzeichnen die Namen von von 108 bezw. 111 Offizieren. Unter den Gefallenen befindet sich der Brigadegeneral Proweß.

Die Engländer über die deutsche Verteidigung.

Zürich, 7. Juli. Aus London erfährt dieNeue Züricher Zeitung": DerTimes" wird berichtet:Das Wichtigste, wenn auch nicht vollständig neu, ist die Fest­stellung von der Vervollkommnung der unterirdischen Befestigungsanlagen der Deutschen. Unter vielen Dörfern in diesem Teile Frankreichs besteht ein voll­ständiges System von Kellern, die ähnlich den Kata­komben unter sich verbunden sind, wie z. B. die famosen Keller von Albert. Man fand solche in Thiepval und in Serre. Die Deutschen haben sie auszuniitzen ver­standen. Manche dieser Katakomben sind wahre Ka­sernen und unterirdische Befestigungen geworden. An­derorts haben wir Unterstände bis zu einer Tiefe von 30 Fuß gefunden, unter denen noch weitere Etagen lagen, die als Magazine ausgestaltet waren. Die Tat­sache, daß die Deutschen in Serre, Tiepval und Beau- moni nördlich der Somme noch Widerstand leisten kön­nen, ist auf diese unterirdischen Befestigungen zurück­zuführen. An einigen Stellen warteten die Deutschen in ihren Katakomben ab, bis unsere Truppen vorüber- Lestürzt waren und beschossen sie dann mit Maschinen­

gewehren in den Rücken. Weiterhin erklärt sich der große Widerstand, den die Deutschen uns entgegensetz­ten, aus der immensen Anzahl von Maschinenge­wehren, über die sie verfügten. Diese waren zum Teil in Stellungen eingebaut, die von der Artillerie nicht bestrichen werden konnten. Jn einem anderen Artikel schreibt dieTimes", man müsse sich auf gewisse Fluk­tuationen der Front gefaßt machen. Wir sind erst am Beginn eines langen Kampfes, der Mehrere Wochen dauern wird.Daily Expreß" schreibt: Die Schlacht an der Somme und an der Ancre nehme einen über­aus befriedigenden Verlauf. Man müsse sich daran er­innern, daß es sich nicht darum handle, die deutschen Linien wie mit einem Messer zu durchschneiden. Es ist nicht eine Schlacht von Stunden, noch von Tagen, noch von Wochen, es ist eine Schlacht, die wahrscheinlich mehrere Monate dauern wird. Ungeduld wäre Verrat.

Der österreichische Tagesbericht.

(WTB.) Wien. 7. Juli. Amtliche Mitteilung vom ?. Juli, nachmittags:

Russischer Kriegsschauplatz. In de< Bukowina haben unsere Truppen in erfolgreichen Ge­fechten SO« Gefangene und 4 Maschinengewehre cinge- bracht. Jn Südostgalizien zwischen Delatyn und Sadzawka haben alpenländische Landwehr-Regimenter in heldenhaftem Widerstand zahlreiche russische Anstürme zum Scheitern gebracht. Weiter nördlich davon bis in die Gegend Kolki bei unverän­derter Lage keine besonderen Ereignisse. Die im Styr-Knie nördlich von Kolki kämpfenden K. und K. Truppen, die durch 4 Wochen gegen eine auf drei- bis fünffache Ueberlegenheit angewachsen, feindliche Streitmacht standhielten, bekamen gestern den Befehl, ihre vordersten, einer doppelten Umfassung ausgesetzten Linien zurückzunehmen. Begünstigt durch das Eingreifen deutscher Truppen westlich von Kolki und die aufopfernde Haltung der Polenlegion bei Ko- lodia ging die Bewegung ohne Störung durch den Gegner von statten. Bei den nordöstlich von Barano- witschi stehenden österreichisch-ungarischen Streit- lräften verlief der gestrige Tag ruhig. Der Feind hat bei seinen letzten Angriffen gegen die dortige» Stellun­gen der Verbündeten außerordentlich schwere Berluste erlitten. Im Quellgebiet der Jkwa beschoß der Feind eines unserer Feldspitäler trotz deutlichster Kennzeich­nung mit Artillerie. Wenn sich diese völkerrechts­widrige Handlung wiederholen sollte, werden wir un­sere Geschütze gegen das in diesem Raum liegende, von uns während fast einjähriger Besetzung sorgfältig und pietätvoll geschonte Kloster Nowo Poczajew richten.

Italienischer Kriegsschauplatz. I« Abschnitt von Doberdo lebte die Artillerietätigleit wieder auf. Oestlich von Selz kam es auch zu Jnfan- terieliimpfen, die für unsere Truppen mit der vollen Behauptung ihrer Stellungen abfchossen. Südlich des Sngana-Tales griffen sehr starke itali­enische Kräfte unsere Front zwischen der Lima Dieci und dem Monte Zebio an. Der Feind wurde überall, stellenweise im Handgemenge, abgewiese«.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabs; von Hoefer, Feldmarschallentnant^

Der neue Kampf in Wolhynien.

Buiarest, 7. Juli. Die größte Aufmerksamkeit wendet sich der Lage in Wolhynien zu. Dort finden wahrhaft gigantische Kämpfe statt. Der Lage in der Bukowina wird keine besondere strategische Wichtigkeit beigemessen. Auch die Kämpfe an der Strypa und bei Tarnopol haben nur ein untergeordnetes Interesse. Leidenschaftliche Kämpfe toben auf der Linie Luck Kowel, wo die Deutschen sich mit ganzer Kraft dem Vormarsch der Russen entgegengestellt haben. Die Russen wollen Kowel um jeden Preis nehmen, weil von hier die große Eisenbahnlinie nach Brest-Litowsk führt. Auf der Linie LuckWladimirWolinsk haben die Oesterreicher und Ungarn den russischen Vormarsch bereits zum Stehen gebracht. Die Front Dubno Radziwilow steht seit zwei Tagen unter lebhaftem Feuer. Die Ausdehnung des furchtbaren Kampfes ver­größert sich noch täglich.Nußkoje Slovo" meldet eine Umgruppierung der russischen Fronttruppen in Wol­hynien.

Nikolai Nikolajewitsch.

Berlin, 8. Juli. DemBerliner Lokalanzeiger" zufolge finden sich in russischen Blättern Andeutungen, als ob Großfürst Nikolai Nikolajewitsch wieder Hochst- lommandierender werden _ _

Nochmals die Nordseeschlacht.

Richtigstellung der deutschen Admiralität.

(WTB.) Berlin. 7. Juli. (Amtlich.) Nach einer Neutermeldung aus London vom 6. oder 7. Juli soll Admiral Jelliroe in seinem Bericht die Berluste der