Nr. 154. Amis- und Anzeigeblatt für den OberamtsbezirL Calw. 91. Jahrgang.

Ersch-inungSwtis-: «mal wöchentlich, «nz-igenprel«: Im Oberon,>«- bezirk Calw für die einspaltige BorgiSzeile lOPfg., außerhalb desselben 12 Pfg., Reklamen LS Pfg. Schluß für Jnseratannahme lOUHr vormittags. Telefon S.

Mittwoch, den 5. Juli 1916.

Bezugspreis; In der Stadl mit Lrägerlohn ML. 1LS vierteljährlich.

PostbezuaspreiL für den OrtL- und NachbarortSverkehr Mk. 1.40, im Fernverkehr Mk. 1L0. Bestellgeld in Württemberg SO Psg.

Fester Stand in West und Ost.

Bon der Sommeschlachl. Die Lage im Osten. Vom Balkan.

' Wenn wir die feindlichen Ortsangaben über die Kampf­front der englisch-französischen Offensive im Vergleich mit der Kampflinie vor dem Angriff verfolgen, so ist unschwer zu erkennen, daß der feindliche Geländegewinn geradezu minimal ist gegenüber den Kraftaufwendungen, die die Eeg- per gemacht haben. Die englische Front geht von Thiepval (etwa 8 Kilometer steil nordöstlich von Albert) über La Boi- sell« bis etwa nach Hardecourt (12 Kilom. südöstlich von Albert). Von dort an führen französische Truppen den Kampf; die Kampffront geht dann über Lurlu dicht nörd­lich der Somme, Frise (an der Somme), Herbecourt, Bussus, Assevillers, Estrees, letztere Orte südlich der Somme, im­mer 23 Kilom. voneinander entfernt. Nach den gestrigen Berichten ist namentlich der englische Angriff größtenteils zum Stehen gebracht, während südlich der Somme die Fran­zosen unter heftigstem Widerstand noch etwas Gelände ge­wonnen haben. Daß die großen Hoffnungen auf einen durch­schlagenden Erfolg schon sehr gedämpft sind, ergiebt sich aus den feindlichen Presseäußerungen, die sämtliche nach an­fänglichem Siegestaumel heute einen sehr gemäßigten Ton anschlagen, indem das WortGeduld" die Hauptmusik aus­macht. Man spricht nicht mehr davon, daß man mit gewal­tiger Kraft die deutsche Linie mit einem Schlag durchstoßen wolle, sondern macht der Bevölkerung klar, daß bei einer sol­len Verteidigung die Zertrümmerung der deutschen Front Mr schrittweise und langsam vor sich gehen könne. Man will also den Anschein erwecken, als wolle man das deutsche Vor­bild bei Verdun nachahmen, (wie die Entente ja bisher alle Beispiele deutscher Strategie nachgeäfft hat), aber selbst­verständlich würde ein solcher Vergleich gehörig hinken, denn die Gelände- und Verteidigungsverhältnisse sind bei den bei­den Angriffspunkten vollständig verschieden geartet. An der Somme kann der Angreifer nur mit stetiger bedeutender Uebermacht operieren, vor Verdun aber braucht unsere Hee­resleitung verhältnismäßig weit geringere Kräfte, um den Gegner zu immer neuem Reserveeinsatz zu zwingen. Ein Vierteljahr könnten die Engländer und Franzosen doch wahrhaftig nicht ihre Massen an der Somme wirken lassen, während aber durch das deutsche System der die gegnerischen Kräfte aufreibende Kampf bei Verdun ruhig weiter gehen kann, ohne uns unverhältnismäßigen Schaden zu verur­sachen. Die objektive neutrale Presse hebt denn auch heute schon hervor, daß der Angriff der Alliierten auf der West­front diesen bis jetzt noch nicht die Vorteile gebracht habe, die auf eine weitere günstige Entwicklung der militärischen Lage für sie schließen lasse. Wenn aber noch dieser letzte schwere Angriff im Westen und Osten, der selbstverständlich noch nicht am Ende sei, von den Zentralmächton abgewehrt sei, dann dürfte die größte Gefahr für diese als überwunden betrachtet werden, denn die Gegner würden nach dieser Kraftvergeudung kaum mehr imstande sein, eine derartige Macht an Menschen und Kriegsmaterial anzuhäufen. Neben der englisch-französischen Offensive gewinnt heute auch die Ostfront an erhöhtem Interesse; es sind weniger die neuen Angriffe des Gegners im Zentrum und auf unserm anschließenden linken Flügel, die unsere Aufmerksamkeit be­anspruchen, sondern in erster Linie die Entwicklung der Kampflage Südosten, wo die Russen sich dem Vormarsch der ^ ,.n am Styr durch Maffeneinsätze vergeblich

entgegenstemmen, und wo namentlich an der galizischen Front und in der Bukowina neue Kampfhandlungen im Gange sind, die geeignet sind, der Eesamtlage ein ganz neues Gesicht zu geben. Wie aus dem deutschen Tagesbericht zu ersehen ist, befindet sich die Heeresgruppe des Generals Gra­fen von Bothmer in schnellem Vormarsch südöstlich von Tlu- macz, das ungefähr 10 Kilom. südlich von dem Einfluß der Zlota Lipa in den Dnjestr liegt. Die Armee steht also in der Planke der russischen Heeresgruppe, di« in de; Bukowina iin

Raume von Kolomea vorgegangen ist, und nun schon be­trächtliche Eefangenenverluste erlitten hat. Wenn also die Operationen in dem angesetzten Tempo fortschreiten, so wird sich die russische Armee in der Bukowina wohl oder übel zum Rückzug bereit finden lassen muffen, wenn sie sich nicht der Flankierung aussetzen will. Die Lage im Südosten scheint also eine kräftige Wendung zu unsern Gunsten genommen zu haben. V

Je mehr sich aber die militärischen Verhältnisse auf den Kriegsschauplätzen klären, umsomehr wird auch die politische Lage auf dem Balkan an Klarheit gewinnen. Es ist be­kannt, daß die Alliierten nach der völligen Ausschaltung der griechischen Macht sich mit erneuten Hoffnungen an Rumä­nien gemacht haben, um es zum Anschluß an di eEntente zu bewegen, indem sie in Bukarest wohl auch die Zusicherung gegeben haben, daß Venizelos wieder mit ihrer Hilfe ge­wählt werde, wodurch die Gefahr eines Zusammengehens Griechenlands mit Bulgarien ausgeschaltet sei. Was Ru­mänien tun wird, darüber ist immer noch nichts Sicheres zu sagen. Es wird eben die Alliierten auch weiter hinzu­halten versuchen, bis zur endgültigen Klärung der militäri­schen Lage. Me es sich mit den angeblichen Plänen eines neuen Balkanbundes zwischen Bulgarien, Rumänien und Griechenland verhält, ist ebenso wenig zu beurteilen, wie die Nachrichten von feindlicher Seite, wonach der griechische Gesandte in Paris recht geheimnisvolle Arbeit in Bukarest, London und Paris zu vollbringen beabsichtige. Es ist übri­gens möglich, daß der Beginn der Kämpfe an der griechisch­mazedonischen Grenze, der schon cingetreten sein soll, das Valkanproblem schneller ins Rollen bringen kann, als man annimmt. ^ O. 8.

Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Die deutsche amtliche Meldung.

Erfolgreicher Wiederstand gegen die englisch-französische« Angriffe.

(WTB.) Großes Hauptquartier, 4. Juli. (Amt­lich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Während nördlich des Ancre der Feind seine Angriffe nicht wie­derholte, setzte er starke Kräfte zwischen Ancre und Somme gegen die Front ThiepvalLa Boisellewäld­chen, südlich der Somme, gegen die Linie Barleux Belloy ein. Dem hohen Einsatz von Menschen entsprachen seine Verluste. Die Angriffe sind überall abgeschlagen. Um den Besitz des Dorfes Hardecourt nördlich der Somme wurde erbittert gekämpft» die dort eingcdrungenen Franzosen find hinausgeworfen. Nordöstlich oon Ppern, westlich von La Bafföe und in der Gegend südwestlich von Lens wurden die feindlichen Vorstöße, östlich der Maas kräftige Angriffe gegen die hohe Batterie Dam- loup leicht abgewiesen. Die wiederholten amtlichen französischen Mitteilungen über Rückeroberung des Werkes Thiaumont und der Batterie von Damloup sind ebenso erfunden, wie die Angabe« über die Gefange­nenzahl bei den Ereignissen an der Somme. Deutsche Patrouillen drangen östlich und südlich von Armen­tieres i« die englischen Erkundungsabteilungen, bei Exbriecke (westlich von Mülhausen) in die französischen Stellungen ein. hier wurde 1 Offizier, KV Jäger ge­fangen genommen. 9 feindliche Flieger wurden «-ge­schossen, davon 5 im Luftkampf ohne eigene Verluste, 4 durch Abwehrfeuer. K der außer Gefecht gesetzten Flugzeuge find in unserer Hand.

Erfolgreich im SL-osterr.

Oestlicher Kriegsschauplatz. Heeresgrup­pe des Eeneralseldmarschalls von Hindenburg: Im Anschluß an die vielfach gesteigerte Feuertätigkeit haben die Rpffen abends und nachts auf der Frgnt

Naroczse«Smorgo«, östlich von Wischlow, an mehre­ren Stellen angegriffen, mit erheblichen Kräften bei, derseits von Smorgon, bei Bogucze (nordöstlich von Grewo) und bei Sloikowfchtfina (südöstlich von Wisch­low). Sie haben keine Vorteile errunaev wohl aber schwere Verluste erlitten.

Heeresgruppe des Eeneralseldmarschalls Prinz Leopold von Bayern: Die kräftige« Gegenstöße unserer Truppen an den Stellen, wo es den Russen gelungen war, anfänglich Fortschritte zu machen, haben zum vollen Erfolg geführt. An Gefangenen wurden hiebei 13 Offiziere und 1883 Mann eingebracht.

Heeresgruppe des Generals von Linsingen: Auch gestern warfen sich die Russen mit starken, zum Teil neu herangeführten Truppen unserm Bordringe« in Mafien entgegen. Sie wurden geschlagen. Unsere Angreifer gewannen weiter Bode«.

Heeresgruppe des Generals Grafen von Bothmer: Südöstlich von Tlumacz haben unsere Truppen im schnellen Fortschreiteu die Russe« in über 29 Kilometer Frontbreite und bis über 19 Kilometer Tiefe zurückgedrangt.

Balkankriegsschauplah. Keine Wesent­lichen Ereignisse.

Oberste Heeresleitung.

Aus dem franzöfischen Bericht.

(WTB.) Paris, 4. Juli. Amtlicher Bericht vom 3. Juli nachmittags: Nördlich von der Somme machten die Deut­schen während der Nacht keinen Versuch gegen die von den Franzosen eroberten und eingerichteten Stellungen. Südlich von der Somme ging der Kampf am Tage und in der Nacht mit vollem Erfolge für die Franzosen weiter. Auf einer mehr als S Kilometer breiten Front haben wir die beiden Linien der deutschen Stellung nördlich von Mereaucourt, das in ihrer Hand ist, bis an den Rand des Dorfes Affe- villers besetzt. Zwischen diesen beiden Stellungen haben sie in glänzenden Kämpfen das zur Verteidigung einge­richtete Dorf Herbecourt weggenommen und sind weiter südlich gegen Assevillers vorgegangen, dessen nördlicher und südöstlicher Rand in ihren Händen ist. Nördlich vom Dorfe Estrse zwischen diesem und Assevillers haben die Franzosen ernstliche Fortschritte gemacht. Während des Kampfes haben sie weitere Gefangene gemacht und schwere Geschütze wegge­nommen, deren Zahl noch nicht festgestellt ist. Am 1. Juli haben die Franzosen auf der Angriffsfront etwas mehr als 39 deutsche Bataillone festgestellt. Nach Eefangenenaussagen sind 31 davon vollständig desorganisiert, da sie erhebliche Verluste erlitten haben. Die Mehrzahl der von den Fran­zosen gemachten Gefangenen ist sehr jung. Aus ihren Aus­sagen ergibt sich, daß das vorbereitende Feuer der franzö­sischen Artillerie äußerst wirksam gewesen ist. Es hat nicht nur die Verteidigungsanlagen vernichtet, sndern auch jede Verbindung seitwärts und rückwärts aufgehoben, den Le­bensmittelnachschub behindert und die Befehlsübermittlung unmöglich gemacht. Am rechten Ufer haben die Deutschen heute morgen nach heftiger Artillerievorbereitung einen star­ken Angriff gegen das Werk von Damkoup vorgetrieben und sich seiner bemächtigt, aber ein französischer Gegenangriff, der bald darauf angesetzt wurde, warf sie vollständio zurück und nahm das Werk wieder.

Amtlicher Bericht vom 3. Juli, abends: Nördlich der Somme, wo die Lage unverändert ist, wird keine Jnfanterie- unternehmung während des Tages gemeldet. Südlich der Somme haben sich unsere Truppen, ihre Erfolge östlich des Waldes von Hereaucourt fortsetzend, heute früh des Lhapitre- Waldes und des Dorfes Feuillieres bemächtigt. Weiter süd­lich wurden Affervillers, der mächtige Mittelpunkt der deut­schen Verteidigungsanlagen angegriffen und nach einem glänzenden Sturm von unserer Infanterie genommen. Süd­lich von Affervillers haben wir die zweite deutsche Stellung