Deutschland und Großbritannien

Von Prof. Dr. Taraknath Das-New Park.

Es gibt noch deutsche Staatsmänner und andere Deutsche, dt« Deutschlands Rettung in einer englisch-deutschen Allianz sehen, und sie beklagen, daß es dem jetzigen deutschen Mini­ster des Auswärtigen Amtes Dr. Stresemann nicht gelun­gen ist, die britische Politik Deutschland gegenüber zu ändern.

Man kann zugeben, daß eine englisch-deutsche Allianz für Deutschland sehr wünschenswert wäre, um Deutschlands Rechte in der Weltpolitik erneut geltend zu machen. Wer indessen für eine solche Allianz eintritt, sollte sich erst dar­über klar sein, wie England dazu steht und wie seine Bedin­gungen wären.

Als erstes sollte jeder Kenner internationaler Politik wissen, daß Großbritannien Deutschland die Hand zu keinem Schritt reichen würde, der Frankreich irgend schaden könnte. Lange vor dem Weltkrieg haben sich britische Staatsmänner entschieden, mit Frankreich zu gehen, und schon im Fahre 1906 betrieben Lord Halbane und Graf Grey schon die Diplo­matie englisch-französischer Zusammenarbeit gegen Deutsch­land. Die britischen Staatsmänner taten dies nicht aus be­sonderer Liebe zu Frankreich, sondern um ihrer eigenen Interessen willen. Es ist daher notwendig, dj« Motive Lord Haldanes und Graf Greys zu untersuchen, die sie ursprüng­lich auf die anti-deutsch« Bahn wiesen. Lord Haldane, der angebliche Bewunderer deutscher Kultur und Philosophie, hat folgende Auseinandersetzung betreffs englischer Politik gegen Deutschland hinterlassen:

»Im Jahre 1906 bestand die Möglichkeit, die ich aller­dings nur als sehr unwahrscheinlich erachtete, daß die Zen­tralmächte in Frankreich eindringen und es besetzen würde«. In diesem Falle wäre angesichts der wachsenden deutschen Seemacht die Sicherheit unserer Insel gegen einen Einfall sehr vermindert worden. Die dauernde Besetzung von Dün­kirchen, Calais und Boulogne, den wesentlichen nördlichen Kanalhäfen des Kontinents, durch eine befreundete Nation wie die Franzosen war daher eine Sache großer Wichtigkeit. Um dies ausführen zu können, benötigten wir Expeditions­truppen, die durch Zahl und schnelle Beweglichkeit imstande waren, der französischen Armee im Falle eines Angriffs auf den Norden und Nordosten Frankreichs zu helfen." (The Times, London, 16. Januar 1929, Seite 13.)

Die britischen Staatsmänner sind auch heute noch nicht geneigt, anzunehmen, daß mit der deutschen Marine- «nd Kolonialmacht die sogenannte deutsche Gefahr geschwunden ist. Im Gegenteil werden Deutschlands industrielle Gesun­dung, der Aufstieg der Handelsflotte, die deutsche Truppe tn ihrer Tüchtigkeit als eine zukünftige Bedrohung britischer Weltherrschaft angesehen. Außerdem betrachtet England die kürzliche Entwicklung näherer amerikanisch-deutscher Wirt­schaftsbeziehungen mit Argwohn, da im Falle eines ernsten Konfliktes zwischen Amerika und Großbritannien Deutsch­land den Vereinigten Staaten helfen könnte. Andererseits fühlen die britischen Staatsmänner, daß eine englisch-fran- zvsische Allianz soder Entente) eine unschätzbare Hilfe für das englische iveit verstreute Reich bildet. Die französische Armee und Flotte können Großbritannien in Europa in verschte- dentlichster Weise von Nutzen sein. Außerdem werden sich Frankreichs Verbündete Polen, Tschechoslowakei, Jugosla­wien, Rumänien und Belgien als wirksam gegen jede kontinentale europäische Macht erweisen. Weiterhin können das Heer und die Flotte Frankreichs England in Afrika beistehen, besonders in Aegypten und in dem Bereich des Suez-Kanals. Im nahen Osten werden die britischen See- «nd Luftstreitkräfte in Syrien unterstützt, während im Fer­nen Osten französische Truppen in Jndochina einen Kraft­zuwachs für Großbritannien bilden. Das englisch^ranzö» fische Flottenabkommen soffiziell aufgegeben, aber dennoch eine Bindung) ist eine Waffe gegen di« Vereinigten Staaten geworden und die englisch-französische Zusammenarbeit im Völkerbund und tn der Weltpolitik im allgemeinen gewähr­leistet Sicherheit auf beiden Seiten. Unter diesen gegebenem Umständen wird es klar, daß Großbritannien nichts zu ge­winnen und viel zu verlieren hätte, wenn es sich mit Deutschland gegen Frankreich verbände.

Man kann indessen auch auf dem Standpunkt stehen, daß Deutschland gar kein englisch-deutsches Zusammengehen ge­gen Frankreich wünscht. In diesem Falle müßte es sich um «in englisch-französisch-deutsches Einvernehmen oder «ine Allianz handeln, und diese könnte nicht mit Frankreich allein abgeschlossen werden, sondern müßte die Einwilligung seiner Verbündeten finden. Es ist nicht anzunehmen, baß solch eine Bereinigung von seiten Frankreichs und seiner Verbündeten begünstigt wird, wenn sie nicht die Sicherheit haben, daß Deutschland willig ist, gegen ihre Feinde im allgemeinen und gegen Sowjet-Rußland im besonderen vorzugehen. Wird Deutschland bereit sein, an einer Kräftegruppterung teilzunehmen, für die es Sowjet-Rußland bekämpfen mutz, nur um die britische und französische Stellung zu kräftigen und für sich selbst die Zusicherung desstatus quo" einzu- tauschen?

Selbst heute gibt es noch viele Deutsche, von denen mau annimmt, daß sie scharfsinnig den internationalen Beziehun­gen folgen, die für einen Vertrag mit England etntreten. So weit mir bekannt ist, hat sich Großbritannien nicht be­müht, durch Verzicht auf finanzielle Reparations-Ansprüche und durch Rückgabe des beschlagnahmten Eigentums und der Kolonien Deutschland zu helfen noch ihm gegen Frank­reich, Polen und Italien beizustehen. Sir Austen Chamber- laiu, der angebliche Freund Deutschlands, hieß Las fran- zöstsche Armeeprogramm gut, das die Reservisten nicht in die Effektivstärke einrechnet. Zweitens unterstützt er die Rheinlandbesehung, indem er Deutschlands gerechten An­spruch auf Räumung der besetzten Gebiete entgegen getreten ist. Drittens übernahm Sir Austen Lhaurberlatn bet -er Krag« deutscher Minoritäten in Polen usw. bte Führerschaft kn anti-deutschen Sinne. Auch mutz man nicht vergesse«, daß Sir Austen Chamberlain und andere die Einverleibung frü­herer deutscher Kolonien, die jetzt unter britischem Mandat jind, t» das britisch-afrikanische Reich befürworten.

Weiterhin sollte kein Deutscher die Tatsache übersehen, daß Stanley Balöwin bei der jährlichen Zusammenkunft des internationalen Presse-Klubs kürzlich erklärte, daß bei dem möglichen Regierungswechsel nach den Wahle« die Tendenz britischer Außenpolitik dieselbe bleiben würde. Sir Austen Chamberlain hat diese Aussage von Herzen bestätigt. Seit­dem haben französische wie britische Staatsmänner der gan­zen Welt durch die Feier des fünfundzwanzigjährigen Be­stehens der Entene Cordiale in Cannes und in London zu verstehen gegeben, daß die englisch-französische Entente stär­ker ist Senn je. An dem Tage dieser Feier hat Sir Austen Chamberlain seine geheimen Unterredungen mit Signor Mussolini in Florenz gehabt,um die englisch-italienische Freundschaft zu festigen und um alle Mißverständnisse, die durch den nunvernichteten" englisch-französischen Flotten­pakt entstanden waren, zu beseitigen".

Während der Reparations-Konferenz in Paris und wäh­rend der Präliminar-Entwaffnungs-Konferenz des Völker­bunds in Genf dürfte sich die englisch-französisch-belgisch-ita- lienische Einheitsfront gegen Deutschland unschwer erkennen lassen. Weiterhin versucht England allen Anzeichen nach den englisch-japanischen Vertrag in irgend einer Form zu er­neuern. Es steht außer jedem Zweifel, daß Großbritannien sich den deutschen Interessen in jeder nur möglichen Weise widerfetzt. Unter diesen Umständen kann man nicht ver­stehe«, auf welcher Basis ein englisch-deutsches Zusammen­gehen entstehen könnte. Was Deutschland augenblicklich tun kann, ist, seine freundlichen Beziehungen zu den verschiedenen Mächten zu fördern, die englisch-französische Entente in kei­ner Weise gegen Rußland oder gegen irgend eine andere Macht swie z. B. die Bereinigten Staaten) zu unterstützen und eine Politik neutralen wachsamen Abwartens zu treiben mit einem freien Ausblick auf die vielen internationalen Be­ziehungen rings umher.

Im Röntgenraum eines Krankenhauses in Cleveland (Ohio) ereignete sich aus bisher unbekannter Ursache eine Explosion der Röntgenfilme. Das Feuer griff schnell auf de« daneben liegenden Vorratsraum für Chemikalien über. Aus den brennenden Chemikalien entwickelten sich große Mengen von Bromüämpfen, die in dichten Wolken durch die Räume des Krankenhauses und auf die Straß« strömten. Biete Vorübergehende, die das Gas einatmeten, brachen tot zusammen. Im Krankenhaus selbst spielten sich unbeschreib­liche Szenen ab. Wer sich bewegen konnte oder nicht von den Bromdämpfen betäubt worden war, versuchte aus dem in

Die Reichsftenereinnahme« im April.

TU. Berlin, 30, Mai. Das Reichsfinanzmiuisterium teilt mit: Im Monat April 1929, dem ersten Monat des neuen Rechnungsjahres, betrugen die Reichseinnahmen au Steuern, Zöllen und Abgaben bei den Besitz, und Berkehrsstenern 723F Millionen RM., bet den Zöllen und Verbrauchsabga­ben 316,9 Millionen, zusammen 939,4 Millionen RM. Das Aufkommen aus der veranlagten Einkommensteuer, der Kör- perfchaftssteuer und der Umsatzsteuer wurde wesentlich be­einflußt durch die Vorauszahlungen, die im April, wie je­weils im ersten Monat eines Vierteljahres, fällig waren. Da im März diese Vorauszahlungstermine fehlten, wird für «inen Vergleich des Aprilaufkommens bei diesen Steuer- arteu zweckmäßigerweis« das Aufkommen im Januar 1939 dem entsprechenden Monat des Borvierteljahres herangezo- ge». Ein solcher Vergleich ergibt für den April 1929 gegen­über dem Januar ein Minöeranfkommen von 29 Millionen, bet der veranlagten Einkommensteuer von 7 Millionen, bei der Körperschaftssteuer und von 26,6 Millionen bet der Um­satzsteuer. Das Minderaufkoonnen im April 1929 bei der veranlagte» Einkommensteuer und bet der Körperschafts­steuer ist darauf zurückzuführe«, daß im Januar 1929 »och Abschlußzahlungeu «tuginge«, bei der Umsatzsteuer, daß tm Januar infolge des Weihnachtsgeschäfts höhere Umsätze Mi Versteuerung gelaugten. Bei einem Vergleich des Aprilarrf- kommens aus denjenigen Stenern, bei denen in diesem Mo­nat keine Vorauszahlungen zu leiste« waren, mit dem Auf­kommen tm Mär- 1929, ergibt sich nachstehendes Bild: Die Lohnsteuer brachte mit 102F Millionen infolge Besserung auf dem Arveitsmarkt und Abnahme der Erstattungen 12,S Mil­lionen RM. mehr als im März. Auch das Aufkommen aus dem Steuersatz vom Kapitalertrag war wesen des Fällig, keitstermtns der Zinsen im April um 31,6 Millionen höher als tm Mär». Ferner find mit Eintritt der günstigeren Jahreszett an Kraftfahrzeugsteuer SF Millionen, au Nenn­wert- «atz Mtsrtesteyer V WÄMNÄM, nutz a» BrfvrLe-

Unbedlngke Aufrechterhatten * der deutschen Forderungen in Paris.

Die deutsche Abordnung abwartend.

In den Kreisen der deutschen Sachverständigen verhält man sich außerordentlich zurückhaltend. Man weist mit Recht darauf hin, daß es zurzeit Aufgabe der alliierten Gläu­bigervertreter sei, ihre Auffassung zu dem Bericht Starnps zu äußern, die Deutschen aber in Ruhe diese Stellungnahme abzuwarten hätten.

In der Havasmelbung über die Donnerstagsitzung der Gläubigersachverständigen in Paris war gemeldet worden, daß sich die Sachverständigen mit den deutschen Vorbehalten beschäftigt und darüber beraten hätten, welche Vorbehalt« angenommen werden könnten, welche geändert und welche ganz Wegfällen müßten. Wie hierzu von zuständiger Ber- liner Stelle mitgeteilt wird, kann ein Herunterhandeln der deutschen Vorbehalte nicht mehr in Frage kommen. Die Vorbehalte stellte« die Grenze dar, bis zu der Dentschland gehen könne.

Keine Vertretung -er amerikanische« Regierung in der Internationale« Ausgleichsbank. Der Staatssekretär Stim. son erklärte, die amerikanische Regierung werde keinesfalls einer amerikanischen Vertretung in der Internationale« Ausgleichsbank ihre Zustimmung geben. Das beziehe skh auch auf die Beamten der Feberal-Reserve-Bank, sowie auf eine inoffizielle Vertretung. Die amerikanische Regierung möchte nicht den Eindruck erwecken, daß sie bereit sei, an der Einsammlung der Kriegsentschädigungsbeträge teilzu- nehmeu.

Flammen stehenden Gebäude zu entrinnen, was jedoch mrr den wenigsten gelang. Die Zahl der Todesopfer beträgt be­reits mehr als 160, doch muß angenommen werden, daß stch dies« Zahl noch beträchtlich erhöht. Wiederbelebungsversuche, die sofort an den gasvergtfteten Personen angestellt wurden^ verliefen fast alle ergebnislos. Die Kranken starben tu» Laufe weniger Minuten.

Unser Bild zeigt die von dem Unglück betroffene Gtaüh die die größte tm Staate Ohio ist nnd fast 1 Million Einwoh­ner zählt. Cleveland war stets eine Hochburg der deutsche» Einwanderung. Heute leben darin mehr als 200 000 Deutsche.

rungssteuern 6^ Millionen mehr aufgekommen als im März 1928. Die Zölle brachten mit 91,6 Millionen RM. 10,3 Millionen RM. mehr als im März 1929. eine Folge der Zunahme des Schiffsverkehrs. Dagegen sind an Tabak­steuer 9,3 Millionen, an Biersteuer 4,4 Millionen und aus dem Spiritnsmonopol 7,9 Millionen RM. weniger aufgekom« men als im März. Die Einnahme» aus den übrige» Steuern und Verbrauchsabgaben weisen gegenüber dem Märzaufkommen nur gering« Schwankungen auf.

Die Lage in Preußen

Der preußische Staatshaushalt angenommen. Der preu­ßische Landtag verabschiedete den preußischen Haushalt 1S29. An der Schlußabstiunnnng, die auf deutschnationalen Antrag nameirtkich war, beteiligten sich 21 Abgeordnete. Der Haus, halt wurde mit 210 Stimmen der Regierungsparteien gegen 28 Stimmen ber Deutschen Volkspartei bei 3 Stimmenthal­tungen angenommen. Die Deutschnattonalen, Kommunisten und klein« Gruppen nahmen au der Abstimmung nicht teil. Bei den vorangegaugenen Abstimmungen zur 8. Lefnug des HaushaltplanS wurde mit großer Mehrheit et» Antrag auf Einsetzung eines Ausschusses für sämtliche Grenzgebiete angenommen.

Di« UmschulduugSaktio« in der preußischen Landwirt­schaft. Im preußische» Landtag erklärte letzte Woche anläßlich der S. Lesung des Haushalts des Landwirtschafts- mtnistertnrns Minister Dr. Steiger, daß die landwtrtschast- ttche Verschuldung tn den letzten Monaten wieder zugenom­men habe. Di« Uurschnldungsaktio» mache gute Fortschritte. Trotz der schwierigen Materie seien bis März ü. I. tn Ober- schlefie« 71A, t» Ntederschlesten und Hannover je KS-S und t» Ostpreußen 46 As aller in Frag« kommenden Umschuldun­gen erledigt gewesen. Insgesamt seien bis zmn 31. März über 86 Millionen für diese« Zweck ansgegeben worden. Sr habe stch beim Reich dafür eingesetzt, daß die Nmschnl. dungsaktio« insbesondere in Ostpreußen voll durchgeführt wepdi»,

Die Sladl des Unheils

Zu der furchtbaren EWioponskataftrophe in Cleveland.

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Was die Steuern eindringen