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Nr. 288. Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 90. Jahrgang.
Erscheinung»-»-«:-: »mal wöchentlich. »nz-igenprei»: Zm O»«r-mt». dezirk L°Iw für di« einspaltig« Borgis,eile 10 Pfg.. außerhalb deSfelben 12 Pfg., »««amen Lb Pfg. Schluß für Jnser-t-nnahm- 10 Uhr oormittagS. Telefon s.
Donnerstag, den 9. Dezember 1915.
Bezugspreis: In der Stadt mit LrSgerlohn Mk. 1.25 vierteljährlich, PoL» bezugSpreiS für den OrtS- und Nachbarortsverkedr Mk. 1.20. im Fernverkehr Mk. ILO. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg.. in Bayern und Reich 42 Pfg.
Wilsons Botschaft an den Kongreß.
Das Reutersche Biireau veröffentlicht aus der Kundgebung Wilsons an den Kongreß Sätze, die wieder einmal Zeugnis davon ablegen. wie ernsthaft der Präsident der Vereinigten Staaten bemüht ist, die amerikanische Neutralität hochzuhalten. Reuter weiß zu melden, daß sich die Botschaft in sehr heftigen Worten über die „Komplotte" in den Vereinigten Staaten ausspreche. Wilson beschuldige Deutschland zwar nicht direkt, für die Komplotte verantwortlich zu sein, spielt aber in allgemeinen Ausdrücken darauf an. Der Präsident sagte, er glaube nicht, daß eine unmittelbare Gefahr für die Beziehungen der Vereinigten Staaten zu den anderen Ländern bestehe. Er müsse aber leider Mitteilen, daß die schwersten Drohungen gegen den nationalen Frieden und die Sicherheit innerhalb unserer eigenen Grenzen ausgestoßen wurden. Zu seinen: Bedauern müsse er zugeben, daß Bürger, die unter anderen Flaggen geboren, aber in Amerika naturalisiert wurden, die Autorität und den guten Namen der Regierung in Verruf zu bringen und unsere Industrien zu vernichten versuchten, wo sie es als im Interesse ihrer Rachgier gelegen betrachteten, daß sie versuchten, gegen sie Schläge zu führen und unsere politischen Bestrebungen den ausländischen Zn- triguen unterzuordnen. Damit man aber weiß, wer diese Naturalisierten sind, so fährt Herr Wilson folgendermaßen fort: Amerika erwartete niemals, daß Männer deutschen Ursprungs, die bei der Erfüllung ihrer Untertanenpflicht so viele Freiheiten genießen, sich in böswilliger Absicht gegen die Regierung und das Volk wenden würden, das sie willkommen hieß und ernährte. Der Kongreß wird dann aufgesordert, Gesetze zu schaffen, um solche von Leidenschaft und Treulosigkeit erfüllten anarchistischen Kreaturen zu vernichten. Eine gewisse Abschwächung dieser für einem „neutralen" Staatsmann geradezu skandalösen Aeußerungen sollte wohl der weitere Hinweis darauf sein, daß Bürger der Vereinigten Staaten, obwohl sie dort geboren und erzogen seien, sich soweit vergessen haben, daß sie ihrer Sympathie mit der einen oder anderen Partei im großen euro- /päischen Konflikt leidenschaftlich Ausdruck gaben und so weit gingen, selbst Treulosigkeit zu predigen. Wenn Herr Wilson diese „andere" Partei nur so nebenbei meint, so ändert das für uns und unsere Blutsverwandten keinen Deut an der schamlosen Parteilichkeit, die sich hier der Präsident der Vereinigten Staaten -gegenüber einen: großen Teil nordamerikanischer Bürger hat zuschulden kommen laßen. Erstens ist es noch gar nicht erwiesen, daß die angeblichen Drohungen gegen den nationalen Frieden und die Sicherheit innerhalb der eigenen Grenzen gerade von ernsthaften Deutschamerikanern stammen, bei der Skrupellosigkeit der von England gekauften oder von ententefreundlichen Männern geleiteten Presse ist es weiterhin auch sehr wahrscheinlich, daß solche Nachrichten nur zu durchsichtigen Zwecken verbreitet werden. Dann weiter, England und seine Genossen haben schon Millionen für politische Morde und Erregung von Aufständen ausgegeben, sie können auch bei Attentaten auf amerikanische Munitionsfabriken ihre Hände im Spiel gehabt haben, einerseits, um Grund zur Hetze gegen die Deutschamerikaner zu haben, andererseits auch wegen der Konkurrenz, denn nach und nach werden die Alliierten die amerikanische Munition nicht mehr so notwendig brauchen.
Wenn Herr Wilson nicht anglikanisierter Amerikaner rväre, so hätte er sich die Mül>e genommen, darüber nachzudenken, von welcher Seite aus der!
amerikanische Staatsgedanke am meisten verletzt worden ist. Nicht nur, daß der größte Teil der amerikanischen Presse, der in den Händen der englandfreundlichen Geldaristokratie liegt, offen gegen Deutschland Stellung nahm, die ganze amerikanische Stahlindustrie, der größte Teil der Finanzwelt hat sich direkt in die Dienste unserer Gegner gestellt, ohne daß der im Oel der Humanität schwimmende Präsident der Vereinigten Staaten sich bemüßigt gefühlt hat. auch nur formell gegen ein derartiges neutralitätsroidriges Verhalten sich zu wenden. Herr Wilson hat seine Erklärung, wonach er eine Anleihe irgend eines kriegführenden Staates in Amerika nicht zulasten werde, ruhig durch die Tatsachen desavouieren lasten, denn diese Erklärung bezog sich. :vie ein amerikanisches Blatt vor kurzem meldete, anscheinend nur auf die Anfrage Deutschlands bezüglich einer derartigen Anleihe gleich zu Anfang des Krieges. Wenn die Meldung überhaupt richtig wäre, so würde es sich bei uns wohl mehr um eine „politische" Anleihe gehandelt haben; denn es heißt hier eben auch wie sonst im Leben, „wes Brot ich eß'. des Lied ich sing", lieber die Auffassung der Wahrung der amerikanischen Interessen und Ehre auf dem Meer, wie sie Herr Wilson bisher vertreten hat, bis aus den letzten Fall des „Bara- long", wollen wir schon gar nicht reden. Wenn wir aber das Ergebnis aller dieser Ueberlegungen zusammenfasten, so müssen wir bei dem besten Willen, die Beziehungen mit den Vereinigten Staaten nicht noch weiter zu verdüstern, doch unserer Meinung dahin Ausdruck geben, daß ein solches Verhalten, wie es die Regierung der Vereniglen Staaten in diesem Krieg an den Tag legt, nicht vereinbar ist mit ihrer Kundgebung strikter Neutralität. Wir wissen nicht, ob den jetzigen Präsidenten der Vereinigten Staaten mehr seine persönlichen und schwiegerväterlichen Gefühle oder der Druck der amerikanischen Geldaristokratie und Schwerindustrie geleitet haben, deren Träger fast sämtliche durch verwandtschaftliche Beziehungen mit dem einflußreichen englischen Adel verbunden sind, und die außerdem die deutsche Konkurrenz auf dem Weltmarkt ebenso wie England fürchten, das jedenfalls steht fest, die heutige Regierung in Washington hat es nicht verstanden, das Maß von Neutralität einzuhalten, das der Zusammensetzung der Nationalitäten Amerikas entspricht und so fallen die Vorwürfe des Präsidenten gegen die Deutschamerikaner wieder auf die Regierung zurück. . 0. 8.
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Die satten Yankees.
Washington, 9. Dez. (Neuter.) Der jährliche Bericht des Staatssekretärs des Schatzamts betont den bemerkenswerten Wohlstand, der sich im ganzen Lande eingestellt habe. Die Lage der Eisenbahnen, sowie der Eisen -und Stahlindustrie habe sich außerordentlich verbessert. Die Ernte sei ausgezeichnet.
Wieder ein ..Fall" für Wilson.
Newyork, 8. Dez. l Reuter.) Aus Rom wird gemeldet: Der amerikanische Tankdampfer „Eommu nipro" wurde bei Tripolis versenkt. Ueber das Schicksal der Besatzung und über die Nationalität des U-Bootes ist nichts bekannt. (Falls die Nachricht zutrifft, wird das Schiff Oel, also Konterbande, an Vord gehabt haben.)
Die Mordtat des „Baralong".
(WTD.) Berlin. 8. Dez. Unter der Ueberschrift Die Mordtat des „Baralong" bringt die ..Norddeut- i sche Allgemeine Zeitung" einen Artikel, in dem es
heißt: In der bekannten „Baralong"-S<uhe find vor kurzem die in Amerika aufgenommenen Verhandlungen eingetroffen. Daraus ist die Denkschrift der deutschen Regieruirg über die Ermordung der Besatzung eines deutschen Unterseebootes durch den Kommairdanten des britischen Hilfskreuzers „Baralong" nebst den zugehörigen Verhandlungen der hiesigen amerikanischen Botschaft zur Mitteilung an die britische Regierung übersandt worden. Die „^Norddeutsche Allgemeine Zeitung" bringt sodann diese Denkschrift im Wortlaut. Sie führt die eidlichen Bekundungen von 6 Amerikanern, die auf dem Dampfer „Nicosian" als Btaultierpfleger arbeiteten und Zeuge waren, wie der britische Hilfskreuzer „Baralong" unter amerikanischer Flagge erschien und ein deutsches Unterseeboot beschoß und zum Sinken brachte, das die „Nicosian" ungehalten hatte. Die Zeugen wiederholten ihre bereits aus früheren Meldungen bekannten Aussagen, daß die deutschen Unterseebootsmannschaften teils im Master erschossen. teils später an Bord des „Nicosian" auf Befehl des Kommandanten des „Baralong", Kapitän M. Bridge, kaltblütig ermordet wurden. Auch der Kapitän des Unterseebootes, der sich im Wasser schwimmend ergeben wollte, wurde erschossen. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" fügt dieser Denkschrift hinzu: „Auf Grund des vorstehenden Materials kann es keinem Zweifel unterliegen, daß der Kommandant des britischen Hilfskreuzers „Baralong" der ihm unterstellten Mannschaft den Befehl gegeben hat, hilf- und wehrlose Deutsche zu ermorden, sowie, daß seine Mannschaft sich des Mordes mitschuldig gemacht hat. Die deutsche Negierung teilt diese furchtbare Tat der britischen Regierung mit und nimmt bestimmt an, daß diese unverzüglich den Kommandant und die beteiligte Mannschaft des Hilfskreuzers „Baralong" wegen Mordes nach den Kriegsgesetzen bestrafen wiü>. Sie erwartet in kürzester Frist eine Aeußerung der britischen Regierung, daß diese das Verfahren zur Sühnung des Vorfalles eingeleitet hat. Demnächst erwartet sie eine eingehende Aeußerung über das Ergebnis des n«ch Möglichkeit zu beschleunigenden Verfahrens. Sollte sie sich in ihrer Erwartung täuschen, so würde sie sich zu schwerwiegenden Entschließungen wegen Vergeltung des ungesühnten Verbrechens genötigt sehen." — Und Herr Wilson?!
Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.
Die deutsche amtliche Meldung.
(WTB.) Großes Hauptquartier. 8. Dez. Amtlich Westlicher Kriegsschauplatz. Versuche des Feindes, uns den Erfolg östlich von Auberive streitig zu machen, scheiterten. Außer den Gefangenen sind dort 3 Maschinengewehre in unsere Hände gefallen. Nordöstlich von Souain wurde den Franzosen die Stellung auf der Höhe 193 in einer Ausdehnung von etwa 500 Metern entrissen. Gegenangriffe wurden abgeschlagen. Ein Offizier und 129 Mann sind gefangen genommen, 2 Maschinengewehre erbeutet.
Oestlicher Kriegsschauplatz. An der Front der Heeresgruppe des Generalseldmarschalls v. Hindenburg wurden vereinzelte Vorstöße schwacher russischer Abteilungen zuriickgeschlagen.
Balkankriegsschauplatz. Bei Jpek wurden 8V Geschütze und viel Kriegsgerät erbeutet. Gestern find über 2V00 Gesänge " gemacht worden.
l? ' österreichisch-ungarisch. Tagesbericht.
TB.) Wien, 8 Dez. L Uichc Mitteilung vom 8. Dezember mittags: