Bulgarischer Protest gegen die Beschießung unbefestigter Städte.
(WTB.) Sofia, 24. Okt. Ministerpräsident Ragos- lciwcw richtete an die in Bulgarien vertretenen ausländischen Regierungen eine Protestnote, in der hervorgehoben wird, daß die beschossenen Städte Dedeagatsch und Porto-Lagos durch die Beschießung beträchtlichen Schaden an Privatbesitz erlitten haben. Dedeagatsch sei mehr als 4 Stunden lang von 8, Porto-Lagos von 12 Einheiten bombardiert worden. Das Feuer sei selbstverständlich bei dem gänzlichen Mangel an Widerstandsmitteln dieser offenen Städte nicht erwidert worden. Die Note schließt mit der Erhebung nachdrücklichsten Einspruchs gegen eine so barbarische Handlungsweise.
Konstantinopel, 24. Okt. Die englische Flotte, die, wie bereits gemeldet, seit vorgestern mittag die bulgarische Hafenstadt Dedeagatsch bombardierte, besteht, nach der „Deutsch. Tageszeitg." aus 4 Linienschiffen, 4 Panzerkreuzern und 6 Torpedobooten. Die Stadt ist im übrigen schon seit einigen Tagen von der Bevölkerung geräumt.
Vermischte Nachrichten.
Krisenlust in Zta'ien.
Lugano, 23. Okt. Das Ministerium Salandra soll beschlossen haben, in der zusammentretenden Kammer die Vertrauensfrage zu stellen. In gut unterrichteten Kreisen gilt der Zeitpunkt für den Sturz des Ministeriums noch nicht als gekommen, weil sich kein Nachfolger für die augenblickliche Erbschaft Sonninos finden wird. Wenn dagegen auch die Ereignisse auf dem Balkan das Fiasko des Vierverbandes ergeben sollten, würde in Italien der Umsturz nicht nur das Ministerium treffen.
Das „kau äe LoIo§ne" in Rußland.
(WTB.) Kopenhagen, 25. Okt. Ein Artikel Men- schikows in der „Nowoje Wremja" stellt fest, daß die große Freude über das Alkoholverbot einer starken Enttäuschung gewichen sei, da das Volk verstanden habe, Ersatzmittel für seine bisherigen alkoholhaltigen Getränke zu schaffen. Die Apotheken in Petersburg allein hätten 3 Millionen Flaschen gefärbten Spiritus im Werte von 6^ Millionen Rubel unter der falschen Bezeichnung „Eau de Cologne" mit einem Reingewinn von 250 A versandt. Wenn der Bauer nicht soviel Alkohol tränke und lieber Ersparnisse auf die Sparkasien gegeben hätte, so hätte der Finanzminister nicht ins Ausland zu reisen brauchen, sondern nach deutschem Vorbild eine innere Anleihe aufnehmen können.
Der neue französische Skandal.
(WTB.) Pavis, 23. Okt. Die Bestechungsangelegenheit wird nach Blättermeldungen einen sehr erheblichen Umsang annehmen. „Journal" berichtet, daß etwa 3VV Personen in die Angelegenheit verwickelt sind. Bisher wurden 3 Stabsärzte, 3 Eeneralstabssekretäre und 13 Kaufleute verhaftet. Die Seele des Unternehmens war der Stabsarzt Lombard, der jene Personen, die vom Militärdienst befreit werden wollten, in das Hilfsspital Neuilly bringen ließ, wo sie der Form halber einige Zeit bis zur endgültigen Entlastung gepflegt wurden. Zm Spital sollen öfters wahre Orgien gefeiert worden sein.
Wilsons „Neu1ralitäts"-politik.
(WTB.) Amsterdam, 23. Okt. In amerikanischen Blättern findet sich folgende Meldung aus Boston vom 3. Oktober. Eine Flottille neuer amerikanischer Unterseeboote, die der britischen Flotte zugeteilt worden sind, hat die Reise über den Atlantischen Ozean mit eigener Kraft zurückgelegt. Die Unterseeboote wurden von dem Kanonenboot „Lanada" und dem Hilfskreuzer „Eal- garian" begleitet und fuhren die ganze Zeit an der Oberfläche.
(WTB.) London, 23. Okt. Reuter meldet: Die „Aiorning Post" .berichtet aus Washington: Die amerikanische Handelsbilanz betrug während der letzten fünf Wochen durchschnittlich 35 Millionen Pfund Sterling wöchentlich zugunsten der Vereinigten Staaten. Der Betrag wäre noch höher gewesen, wenn man mehr Laderaum zur Verfügung gehabt hätte. Nach den gegenwärtigen Schätzungen wird die Handelsbilanz des Finanzjahres ein Saldo von 4VV Millionen Pfund Sterling zugunsten der Vereinigten Staaten aufweisen, das ist doppelt soviel, wie das bisherig« höchste Aktivsaldo des Außenhandels der Bereinigten Staate«.
Zum Fall „Baralong".
Newyork, 24. Okt. (Funkspruch des Vertreters des WTB.) Fünf Amerikaner, die über den Fall der „Ba- ralong" aussagten, haben die Fahrt der „Nicosian" in Abenteurerlust mitgemacht. Alle stammen aus guter Familie. Der Zeuge Turron ist Abiturient eines Kollegs und langjähriger Geschäftsreisender, Pollen gehört zum Theater, Cosby ist der Sohn eines Sägmühlen- befitzers, Clark ist der Sohn eines Automobilfabrikanten, Hightower ist Abiturient eines Kollegs und Sohn eines Methodistengeistlichen. Zeuge Curron erklärte mir: Weitere 3V Amerikaner, die die Fahrt der „Nicosian"
als Maultierwärter mitmachten, deren Vorsteher ich war, sind bereit gleichfalls anszusagen. Alle sind Weiße, nicht, wie einige Blätter angeben, Neger. Als die Amerikaner in Liverpool ankamen, sprach ein englischer Re- krutierungsosfizier vor und versuchte sie M bewegen» in das englische Heer einzutreten. Er sagte ihnen, sie würden im Werbungslager in England verbleiben und nicht an die Front geschickt werden. Der Krieg dauere nur noch ein halbes Jahr. Er versprach ihnen eine besondere Vergütung und am Ende des Krieges 40 Pfund Sterling extra. 20 Mann begaben sich auf das Bureau der Offiziere, wo ihnen gesagt wurde, sie sollten sich als Kanadier ausgeben. 13 von ihnen trugen sich dann für das Heer ein und beschworen die falschen Angaben ihrer Nationalität. Die übrigen 7 traten im letzten Augenblick zurück.
Der serbische Mörderstaat.
(WTB.) Budapest, 23. Okt. Aus dem Kriegspresie- quartier wird dem „Az Est" berichtet: Nach der Einnahme Belgrads hielten ungarische Gendarmen Haussuchungen in den Wohnungen ab. Bei dieser Gelegenheit wurden Dokumente vorgefunden, die mit dem vor zwei Jahren eingetretenen Tod des serbischen Patriarchen Lucian Bogdanowic in Verbindung stehen. Aus den Briefen geht hervor, daß Bogdanovic wegen seiner Königstreue in Serbien sehr gehaßt wurde. Die Briefe beweisen, daß politische Kreise in Belgrad fest entschlossen waren, den Patriarchen aus der Welt zu schaffen. 1l. a. wurde ein Schreiben vorgefuuden, in dem vorgeschlagen wird, den Aufenthalt des Patriarchen in Eastein zur Verwirklichung dieses Planes zu benutzen,' dann könne es leicht geschehen, daß der Tod des Kitriarchen dort einem Zufall zugeschrieben werde. — Es ist daher wahrscheinlich, daß Bogdanowitsch tatsächlich einem Mordanschlag zum Opfer gefallen ist.
Das Beiramfest in Berlin.
(WTB.) Berlin. 23. Okt. Die in Berlin anwesenden Mohammedaner feierten gestern in den Sälen eines vornehmen Hotels das Beiram-Feft. Die Bedeutung der Feierlichkeit wurde durch die Anwesenheit des türkischen Botschafters und des bulgarischen Gesandten, des früheren Botschafters Frhr. v. Mumm, des Polizeipräsidenten v. Jagow, des Bürgermeisters Reicke, sowie zahlreicher anderer Persönlichkeiten erhöht. Ueber das Fest seine Bedeutung für den Islam und die besondere Weihe, die es durch den Ernst der Zeit erhält, sprach zunächst der Rektor der Universität Medina, Abd-el- Aziz-Schavisch, dann der Führer der Aegpptischen Na- tiönalpartei, Ferid-Bey, und endlich Dr. Savadi-Bey. Alle Redner betonten u. a. auch die politische und wirtschaftliche Wichtigkeit des neugeschaffenen unlöslichen Bierbundes zwischen Deutschland, Oesterreich-Ungarn, der Türkei und Bulgarien.
Großfürst Nikolaus als Prophet.
Die Rüsten und ihre Verbündeten haben, wie man weiß, niemals aufgehört, zu behaupten, sie seien von uns trotz ihrer friedfertigen Absichten „überfallen" worden. Eine niedliche Illustration zu dieser Heuchelei bildet eine Mitteilung der „Jnd^pendance Beige", die jetzt als Ableger des „Standard" in London erscheint. Dieses Blatt im Exil teilt einen Tagesbefehl des früheren Generalissimus an die Kosaken mit, in dem es heißt: „Ihr seid heute dieselben wie im Mai 1914, als ich in der Voraussicht des Krieges gegen Deutschland Euch Revue postieren ließ." — Großfürst Nikolaus hat also, bemerkt dazu die deutsche „Gazette des Ardennes" treffend, den Krieg schon im Mai 1914 vorausgeahnt. Eine merkwürdige Prophetengabe. Nur braucht man an Nikolai Nikolajewitschs Scharfblick in diesem Falle keine großen Anforderungen zu stellen; es ist sehr leicht ein Ereignis vorauszusagen, das man selbst in die Wirklichkeit umzusetzen beabsichtigt.
Aus Stadt und Land.
Calw, den 25. Oktober 1918.
Das Eiserne Kreuz.
Postfekretär Metz von Calw, z. Zeit Feldpost, sekretär bei der Felbpostexpeditton der 26. Res.» Division ist mit dem Eisernen Kren; ausgezeichnet worden.
Kriegsauszeichnung.
Dem Reservist Andreas Vreithaupt von Otter», bronn, im Jnf.-Regt. 125, wurde die silberne Ber» -tenstmedgille verliehen.
Beförderung.
Zum Oberleutnant wurde der Leutnant der Landwehr-Infanterie 1. Aufgebots, Kehleisen (Calw), im Landw.-Inf.-Regt. 119, befördert.
Kriegs-Verluste des Oberamts Calw.
Au» den württembergischen Verlustlisten Nr. 287 und 288.
Ersatz-Jnfanterie-Regiment Nr. 82.
Dreiz, Emil, Wildberg OA. Nagold, l. verw.
Landwehr-Infanterie-Regimeat Nr^ !2V
Koch, Karl, Altburg, l. verw.
Infanterie-Regiment Nr. 121, Ludwigsburg.
Gauß, Jakob, Oberweiler, l. verw.
Reserve-Infanterie-Regiment Nr. IIS.
Schönhardt, Georg, Breitenberg, l. verw., b. Tr.
Infanterie-Regiment Nr. 126, Slultgart.
Dongus, Jakob, Deckenpfronu, l. verw.
Infanterie-Regiment Nr. 180, Tübingen-Gmünd.
Reutlinger, Eugen, Calw, l. verw.
Berichtigungen.
Infankerie-Regimeut Nr. 12l, Ludwigsbnrg.
Zu Verlustliste Nr. 254: Süsser, Christian, Altheng- stetl, btsh. schw. verw., gest.
Landesversammlung des Vereins der Freundinnen junger Mädchen.
ep. Der Verein der Freundinnen junger Mädchen hielt am 20. Oktober in Backnang seine Herbstversammlung ab unter zahlreicher Beteiligung aus dem ganzen Lande. Die Vorsitzende Frau Cleß gab einen Bericht über die Vereinsarbeit im verflossenen Sommer, woraus besonders die Teilnahme an den Aufgaben der Berufsberatung und die Einrichtung von Lehrstellen für Diensttöchter hervorznheben ist. Nach Begrüßungsworten von Stadtpfarrer Wild-Backnang sprach Frl. Ernst- Stuttgart über „Unsere Jugendpflege und die Stellenvermittlungsfrage". Eie wrtzs auf die prinzipiellen Unterschiede in der Vermittlung der städtischen Arbeitsnachweise und der Stellenvermittlung des Vereins der Freundinnen junger Mädchen hin und betonte die Wichtigkeit der Zusammenarbeit dieser beiden Einrichtungen, damit der jugendpflegerische Gedanke zur Geltung komme. Das zweite Referat von Frau Dekan Wnn- derlich-Althengstett über „Unsere Kriegstätigkeit unter besonderer Berücksichtigung der Ernährungsfrage", griff tief in das praktische Leben unserer Mitglieder auf dem Lande ein. Die Verschiedenheit zwischen Stadt und Land und die Unmöglichkeit, städtische Erfahrungen ohne Weiteres aufs Land übertragen zu wollen, trat deutlich hervor. Wo auf dem Lande die Anfklärungs- und Sammelarbeit verständnisvoll geleitet wird, sind große Opfer gebracht worden. Die Aufgabe des kommenden Winters wird es vor allem sein, Ausbildungsgelegenheiten in Hauswirtschaft und Kinderpflege einzurichten und dadurch die Landjugend vom Abzug in die Großstadt fernzuhalten.
Die Nationalliberalen und die Lebensmitlelfrage.
Wie wir hören, soll die Gesamtheit der Lebensnnt- telfragen in kurzem von der nat.-lib. Reichstagsfraktion einer eingehenden Besprechung unterzogen werden. Zu diesem Zweck ist eine Zusammenkunft der Franktions- mitglieder in Eisenach für Samstag 6. Nov. angesetzt worden. Für die Beratungen sind drei Tage in Aussicht genommen. — Die nat.-lib. Landtagsabgeordneten von Leipzig und Umgebung haben in einer Eingabe an das stellvertretende Generalkommando des 19. Armeekorps auf die große Gefahr hingewiesen, die die Gestaltung der Lebensmittelpretse für unser Volk hervorgerufen hat. Die Abgeordneten bitten, mit möglichster Beschleunigung erträgliche Höchstpreise für die notwendigen Lebensmittel einzuführen, sowie Beschlagnahmezwang für sie anszusprechen.
Bestrafte Preistreiberei.
Von der neuen Art der Bestrafung von Preistreibern durch öffentlich Bekanntgabe im „Reichsanzeiger" hat soeben erstmals das Stellv. Generalkommando des 1. bayr. Armeekorps Gebrauch gemacht, das folgende Bekanntmachung erließ: „Die Firma Richard Widemann, Ledergroßhandlung in München, Mazaristr. 1 (Inhaber Siegfried Sternglanz) hat am 27. Sept. ds. Js. dem Kriegsbekleidungsamte des 3. Armeekorps in Spandau Bergnägel angeboten und dabei für das Tausend 25 verlangt, während diese Nägel nach sachverständigem Gutachten um 6—9 -K geliefert werden können. Durch diese Preistreiberei ist die Unzuverlässigkeit der Firma in bezug auf den Handel mit Bergnägeln dargetan. Es wird ihr daher auf Grund der Bundesratsbekanntmachung zur Fernhaltung unzuverlässiger Personen vom Handel der Handel mit Bergnägeln untersagt."
Ausnahmen vom Baumwollspinnverbot.
Die Heeresverwaltung beabsichtigt zur Herstellung des Inlandsbedarfs an Rähfaden aus Baumwolle Aus, nahmen von dem Spinnverbot ll. 25 ^ 8/7. 15. ff. ft. X. zu gewähren. Die Bedingungen hierfür werden rm Reichsanzeiger veröffentlicht.
STB. «arrweiler O.A. Nagold. 23. Oktober. Das Hofgut des Joh. Neid ist mit 54 Morgen Wald und 30 Morgen Acker zum Preise von 87000 Mk. i« deu Besitz der Gemeinde übergauge«.
SCV. Talheim OA. Heilbronn, 23. Oktober. Bei der Weiuversteigeruug im hiesigen Schloß wurden folgend« Preise erzielt: Rotwein 130 Mk.. Weißrirßling Auslese 180 Mk. und Sylvan« 120 Mk. je p» Hektoliter.
Druck u. Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckerei, Talw. Für die Schrift!, verantwortl. Otto Seltmann, Tal«.