Amts- und Anzeigeblatt für den Obcramtsbczirk Calw.

Rr. 849.

90. Jahrgang.

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Montag, den 287 Oktober ISIS.

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Die Lage aus den Kriegsschauplätzen.

Die militärische und politische Lage.

Unter allerdings heftigem Widerstand des Feindes geht der Vormarsch in Serbien seinen Weg weiter. Längs der ganzen Donaufront wird der in vorzüglich vorbereiteten, auch durch die Geländeart geschützten Stellungen sich mit dem Mut der Verzweiflung weh­rende Gegner Stück um Stück zurückgeworfen. Im Nord­zipfel Serbiens streben die verbündeten Truppen mit Erfolg den von Negotin her vormarschierenden Bul­garen entgegen, und es handelt sich wohl nur noch um wenige Tage, dann wird die so sehrgefürchtete" Ber­einigung der beiden Heere stattgefunden haben, und da­mit die Vorbedingungen für den unmittelbaren wirt­schaftlichen Verkehr Bulgariens und der Türkei mit den Zentralmächten geschaffen sein. Zn Serbisch-Mazedonien dringen die Bulgaren unaufhaltsam vor. Nach der heute gemeldeten Einnahme von Uesküb ist nun schon der Ober- und Mittellauf der strategisch wichtigen Wardar- linic in bulgarischem Besitz, sodatz fast nur noch das griechische Gebiet dieser Fluß- und Bahnlinie in den Händen der Serben und der zur Unterstützung eingetrof­fenen Alliierten sich befindet. In der Gegend von Stru- mitza, etwa 30 Kilometer nördlich von Eewgheli, von wo die Hilfstruppen Herkommen, haben sich die Bul­garen auch den Alliierten gestellt, und werden wohl hier am Flußlauf der Strumitza abwarten, welche Absichten die Alliierten verfolgen. Diesen scheint vorerst an einer durchgreifenden militärischen Hilfe nichts zu liegen, oder sagen wir vielmehr, sie sind dazu im Augenblick nicht in der Lage; es besteht unter ihnen eben immer noch die grundsätzliche Meinungsverschiedenheit, wer die Unter­stützung Serbiens übernehmen soll. Frankreich, das bis­her doch wahrlich genügend blutige Opfer für das Ziel der Entente oder besser gesagt Englands und Rußlands gebracht hat, hat auch hier wieder mit gutem Beispiel vorangehen müssen, die Vorwürfe der französischen Presse gegen die übrigen Bundesgenossen haben bisher nichts gefruchtet, und so sind vorerst einmal nur große Teile der Dardanellenexpedition nach Saloniki geschafft wor­den, da sie dort jetztentbehrlich" geworden sind, d. h. in übertragenem Sinne, das Dardanellenabenteuer der Entente hat den Gang genommen, den meistens alle Abenteuer nehmen. Wenn nicht zur Zeit die Egteirte- presse mit der Erörterung noch weit mißlicherer Erschei­nungen auf dem Kriegstheater beschäftigt wäre, so hät­ten die Regierungen wegen dieses Streiches manches zu hören bekommen, so aber sind die Blätter über ein miß­fälliges Brummen nicht hinausgekommen. In England ist man allerdings über die Dardanellenopfer heftig er­regt. Es ist auch kein Wunder; die Expedition hat allein die Engländer nicht nur verschiedene wertvolle Kriegs­schiffe gekostet, sondern auch blutige Opfer in Höhe von über 100000 Mann, wovon etwa Tote, die farbigen Hilfsvölker gar nicht gerechnet. Also bezüglich der mi­litärischen Hilfe, die man dem serbischen Bundesgenossen angedeihen lassen will, konnte bis jetzt noch keine Ueber- einstimmung erzielt werden. Delcassö ist gegangen, weil er die Ansicht vertreten hat, daß Frankreich nicht in der Lage sei, Truppen fürfremde" Interessen abzugeben, da es jeden verfügbaren Mann zur Verteidigung seiner eigenen Front brauche, Italien hat, wie wir besonders in den letzten Tagen gesehen haben, seine Heere ebenso notwendig, um die italienisch sprechende Bevölkerung mit samt dem italienischen und deutschen Sprachgebiet aus der Knechtschaft derBarbaren" zu befreien, Ruß­land ist zur Zeit ebenso an seiner eigenen Front bsschäf- tigt und in England unterhält man sich vorerst noch im Kabinett, Parlament und Volk, ob angesichts der mili­tärischen Lage die allgemeine Wehrpflicht eingeführt

Aesküb besetzt.

werden solle oder nicht. Man sagt, der Draufgänger Carson sei deswegen aus dem Ministerium ausgetreten, weil er mit seiner Ansicht, daß England 300 000 Mann nach dem Balkan senden und deshalb sofort die Wehr­pflicht einführen müsse, nicht durchgedrungen sei. Die Erfüllung dieser Forderung hätte vielleicht noch vor einem Vierteljahr Eindruck auf dem Balkan gemacht, heute aber, wo ein neu auszubildendes englisches Hilfs­heer die stetig näher rückende Entscheidung nicht mehr aufhalten kann, würde auch diese englische Maßnahme die Haltung der noch neutralen Balkanstaaten, um deren Hilfe jetzt der Vierverband bettelt, nicht mehr beein­flussen. Die Entente hat ihre militärische Ohnmacht so­wohl bei der Dardanellenexpedition, als auch auf sämt­lichen Hauptkriegsschauplätzen, in krassester Form aber durch das völlige Versagen gegenüber der neuen Ini­tiative der Zentralmächte auf dem serbischen Kriegs­schauplatz, vor aller Welt zugeben müssen, daß es eigent­lich von vornherein ein tollkühnes Unterfangen war, nun auch mit den üblichen schmutzigen Mitteln die Hilfe der kleinen Balkanstaaten zu erwirken. Wenn in den Hand­lungen des Vierverbandes nur ein Funken männlichen Charakters und ethischer Anschauung wäre, so könnten seine Diplomaten von den Rumänen und Griechen nicht verlangen, daß sie sich, selbst wenn es ihrem eigenen In­teresse entsprechen würde, auf gut Glück den siegreichen Heeren der verbündeten Zentralmächte und Bulgariens entgegenwerfen, ohne vom Vierverband entsprechende Hilfe erwarten zu können. Die Regierungen dieser bei­den Staaten haben es deshalb den Herren auch unum­wunden zu verstehen gegeben, daß sie nicht im Sinn hätten, ihre Truppen für Phantome zu opfern. Griechen­land ließ wissen, daß es niemals wagen könne, seine Heere gegen Bulgarien zu führen, wenn nicht minde­stens 3400 000 Mann Ententetruppen auf dem Bal­kan erscheinen. Bratianu meinte, Rumänien könne erst losschlagen, wenn die Engländer und Franzosen in Bul­garien und Serbien stehen. Die Alliierten haben nun die Wahl, diese Antworten als Ironie oder aber als Ausfluß des auch von ihnen verfolgten Grundsatzes des heiligen Egoismus" zu betrachten. Jedenfalls aber müssen sie sich vorläufig darauf einrichten, daß sie ent­weder selbst den Serben Hilfe zu bringen haben, oder aber diese ihrem Schicksal überlassen. Eigentlich ist ja die Sucht der Alliierten, die beiden Staaten in den Strudel mitzureißen, in ihrer jetzigen Lage nur zu ver­ständlich. Wenn sich das Schicksal an Serbien vollzieht, so liegt eben dieGefahr" nahe, daß diese Staaten sich doch noch besinnen, und ihrerseits Forderungen stellen, die der Entente unbequem werden könnten. Man ge­winnt seit einger Zeit überhaupt den Eindruck, als meh­ren sich im griechischen und rumänischen Volk die Stim­men, die die andauernden Einmischungsversuche und die Behinderung des Verkehrs dieser Länder durch die völ­kerrechtswidrigen Maßregeln abgewiesen wissen wollen. Die Nachricht, wonach den Landungen englischer Trup­pen auf griechischem Gebiet Widerstand entgegengesetzt worden ist, und von der bevorstehenden Umbildung des rumänischen Kabinetts in deutschfreundlichem Sinn sind nach dieser Richtung von weittragender Bedeutung.

Die deutschen amtlichen Meldungen.

sWTB.) Großes Hauptquartier, 23. Okt. (Amtlich.) Westli cher Kriegsschauplatz. Nichts Neues.

OrstlicherKriegsschauplatz. Heeresgruppe des Eeneralfeldmarschalls o. Hiudenburg: An der Nordküste von Kurland erschienen russische Schiffe, be­schossen Petragge, DomesnScs und Eipken und landeten schwache Kräfte bei Domesn^es. Wiederholte mit starken

Kräften unternommene russische Angriffe in Gegend süd­lich von Sadewe hatten auch gestern keinen Erfolg. Sie führten bei Duki zu heftigen Nahkämpfen.

Heeresgruppe des Eeneralfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern: Südlich des Wygonowskoje- sees wurden in Verbindung mit der Heeresgruppe des Generals v. Linstngen feindliche Angriffe gegen unsere Stellungen am Oginskikanal abgewiesen. Westlich Czar- torysk ist unser Angriff im weiteren Fortschreiten. Kukli ist genommen, über KVO Gefangene find eingebracht.

Balkankriegsschauplatz: Bei Bisegrad wurde der llebergang über die Drina erzwungen und der Feind von den Höhen südlich des Orts vertrieben. Die Armee des Generals v. Koeoeß hat die feindlichen Stel­lungen zwischen der Lukavica und dem Kosmajberg ge­stürmt. Die Armee des Generals v. Gollwitz hat den Gegner östlich von Palanka über die Zasenica und öst­lich der Morava aus seinen Stellungen in Linie Alec« sandrovacOrljevo geworfen. Ueber 600 Serben wur­den gefangen genommen. Dem Druck von beiden Seiten nachgebend wichen die Serben auch aus ihren Stellungen in der Linie KosuticaBerg Slatinahöhe (281). Die bulgarischen Truppen setzten sich in den Besitz von Re- gotin und Rogljevo. Sie stehen östlich und südöstlich von Knjazevac im fortschreitenden Angriff und wiesen süd­östlich von Pirot serbische Vorstöße blutig ab.

(WTB.) Großes Hauptquartier, 24. Okt. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Nordöstlich von Souchez wurden feindliche Vorstöße zurückgewiesen: in unsere Stellung eneingedrungene Abteilungen wurden sofort wieder hinausgeworfen. Feindliche Flieger war­fen erfolglos Bomben auf Ostende und Bahnhof Noyon. Ein englischer Doppeldecker wurde im Luftkampf westlich von St. Quentin zum Absturz gebracht. Führer und Be­obachter (Offiziere) sind tot. Deutsche Flieger griffen mit anscheinend gutem Erfolge das englische Truppen­lager Abböville an und belegten Verdun mit Bomben; es wurden Treffer beobachtet.

Oestlicher Kriegsschauplatz. Heeresgruppe des Eeneralfeldmarschalls v. Hindenburg: Die bei Domesnöes gelandeten russischen Kräfte gingen vor dem Anmarsch deutscher Truppen wieder auf die Schiffe. Nordwestlich von Dünaburg warfen unsere Truppen den Gegner unter großen Verlusten für ihn aus seinen Stel­lungen bei Schloßberg und erstürmten Zlluxt. Die Rus­sen ließen 18 Offiziere, 2940 Mann. 10 Maschinenge- whre, einen Minenwerfer in unserer Hand.

Heeresgruppen des Eeneralfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern: Nichts Neues.

Heeresgruppe des Generals v. Linsingen: Wiederholte Angriffe gegen unsere Kanalstellung süd­lich des Wyognowskoje-Sees wurden abgewiesen. Im Gegenstoß wurden 2 Offiziere, über 300 Mann gefangen genommen. Westlich von Czartorysk find feindliche Stel­lungen bei Komarow genommen, vielfache russische Ge­genangriffe wurden abgeschlagen, 458 Mann find in un­serer Hand geblieben.

Balkaukriegsschauplatz. Von der Heeres­gruppe des Eeneralfeldmarschalls v. Mackensen warf die Armee des Generals v. Koevcß östlich der Lucavica die Serben weiter in südlicher Richtung zurück. Die Armee des Generals v. Gallwitz hat bei Palanka das Südufer der Zasenica gewonnen, weiter östlich die Linie Rapi- nac, nördlich PetrovacRanovac gegen teilweise sehr hartnäckigen Widerstand der Serben erreicht. Die große Zahl der von unseren Truppen beerdigten Serben läßt auf die Schwere der Verluste des Feindes schließen. Bei Orsova ist die Donau überschritten, die Höhe der Slava Bozija gewonnen. 3 Offiziere, 70 Mann wurden ge­fangen. Die Armee des Generals Bojadjeff hat in Pra- hovo (an der Donau nordöstlich von Negotin) ein «ns»