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Nr. 243. Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 90. Jahrgang.

Erscheinungsweise: Sinai wöchentlich. Anzeigenpreis: JniObcramt«- deztrk Lalw für di« einspaltige BorgiSzeile 10 Psg., außerhalb desselben 12 Pfg-, Reklamen 2S Pfg. Schluß für Jnseratannahmc 10 Uhr vormittag«. Telefon g.

Montag, den 18. Oktober ISIS.

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Griechenland und Rumänien bleiben neutral.

Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Die militärische und politische Lage.

Daß es im Westen diesmal wirklich der entschei­dende Schlag sein sollte, das ging ja ganz deutlich aus den kürzlich von der deutschen Heeresleitung veröffent­lichten Tagesbefehlen Ioffres und des Divisionärs der englischen Eardedivision hervor. Der Versuch, diese Do­kumente abzuleugnen, mißlang und so brauchen wir wohl auch heute nicht an der Richtigkeit des soeben vom deutschen Generalstab veröffentlichten Geheim­befehls zweifeln. Drei Viertel der französischen Streit­kräfte haben also an dem großen Durchbruchsversuch teil­genommen, und der Erfolg war ein geringfügiger Ge­ländegewinn, von dem unsere Truppen nun schon wieder verschiedenes abgebröckelt haben. Von der Bedeutung dieser annähernd dreiwöchigen Kämpfe erhält man aber erst so recht ein Bild, wenn man diese Zahlen liest, und Bewunderung und Ehrfurcht vor dem Heldenmut un­serer braven Feldgrauen ergreift uns, wenn wir uns vorstellen, was es für sie geheißen hat, einem solchen An­sturm standzuhalten. Dasselbe Bild stürmischen Drauf- gehens und unerschütterlicher Ausdauer können wir auch bei unseren Heeren im Osten verfolgen. Um Dünaburg zu halten, haben die Russen dort wieder große Massen ins Gefecht geworfen; die Kämpfe ziehen sich entlang der Sumpflinie bis Smorgon hin. Bisher sind die feindlichen Vorstöße stets an der deutschen Mauer zer­schell!. E: wird auch hier, wie immer gegenüber der zahlenmäßigen russischen Uebermachr oer Grunosatz ver­folgt, die Russen solange anrennen zu lasten, bis sich das Verhältnis so weit nivelliert hat, daß die Ueberzahl nicht mehr den Ausschlag zu geben vermag. So hat mans bei den russischen Vorstößen in Ostpreußen. Polen, Ga­lizien und jetzt wieder im Bereich des wolhynischeu Fe­stungsdreiecks und am Sereth gehalten. Hier, im Eüd- osten ist die russische Offensive nun zusammengebrschen, sodaß sogar der russische Generalstabsbericht von starken Angriffen der Verbündeten westlich von Tarnopol zu melden weiß.

Während aber die großen Operationen im Westen und Osten bis zu gewissem Grade in den Hintergrund unsres Interesses getreten sind, nicht etwa, weil sie an militärischem Umfang verloren hätten, sondern weil mit Eröffnung des neuen serbischen Kriegsschauplatzes auch die politische Lage an erneuter Spannung gewon­nen hat. Der Eintritt Bulgariens in den Krieg an der Seite der Zentralmächte hatte auf dem Balkan einen Zustand geschaffen, der demjenigen eines Pulverfasses, an das eine Lunte gelegt wird, verflixt ähnlich sah. Es unterlag keinem Zweifel, daß der Vierverband, der ge­nügend Explosionsstoff in den noch neutralen Balkan­staaten angehäuft hatte, und der nun zusehen mußte, wie die eine der Lunten nach derfalschen" Seite los­ging, gar zu gern gesehen hätte, wenn sich nun auch die andern Kammern des Pulverfasses entzündet hätten, aber, o Wunder, die Wände zeigten sich hier genügend explosionssicher, die Wirkung der Sprengmittel des Vier­verbands war auch da, wie schon verschiedenenorts, nur in der Theorie kraftvoll. Griechenland, wenn auch nicht Venizielos, auf den man alle Hoffnung gesetzt hatte, blieb neutral, und es hat in nicht mißzuverstehendem Ton dem Vierverband erneut amtlich mitzuteilen sich erdreistet, daß es neutral bleibe, da die griechische Re­gierung den vom Vierverband angenommenen Bündnis- sall mit Serbien in diesem besonderen Falle nicht für gegeben erachte. Und auch Rumänien hat den Regie­rungen der Ententestaaten erklärt, daß es nicht beab­sichtige, sich am Kriege zu beteiligen. Das ist natürlich schmerzlich für den Vierverband, da er die Mitwirkung dieser beiden Staaten schon sicher in der Tasche zu haben

glaubte, sonst wäre es wohl selbst einem Ssassanow nicht eingefallen, Bulgarien zur Entscheidung zu zwingen. Das bemerkenswerteste an der ganzen Sache ist aber, daß, obwohl Viviani und Erey in großen Tönen an­kündigten, daß der Vierverband selbstverständlich dem armen Serbien zu Hilfe eilen werde, bis heute noch nichts geschehen ist, was darauf deuten könnte, daß die Herren ihre Worte auch in die Tat umsetzen würden, mit Aus­nahme von dem Theater in Saloniki. Umsomehr aber ist die feindliche Presse daran, den Balkankrieg in Szene zu setzen, sodaß an dem endgültigen Erfolg der Entente­unternehmung schon heute nicht mehr gezweifelt werden darf. Allerdings gehen die Ansichten über das Wie et­was auseinander, das ist aber bei der Entente immer so, und schadet derEintracht" nicht im geringsten. Der Kriegsplan ist also folgender: Vorausgeschickt muß wer­den, daß sämtliche Nachrichten von gutinformierter Quelle kommen. Die Aufgabe der Dardanellenexpedi­tion ist bereits beschlossene Sache. Die Dardanellentrup­pen kommen alle nach Saloniki, da sie doch nicht ihr Leben lang an der Küste der Halbinsel Galipoli kleben können. Daß man den Marsch nach Konstantinopel auf­geben müsse, das sei für Rußland ja überaus schmerzlich, aber die Alliierten werden die Eroberung Konstanti­nopels über den Balkan sicherer und weniger verlust­reich vollbringen können. Nun hat die Balkanexpedition für den Vierverband noch einen besonderen Haken. Vi­viani wie Grey hat von dem englisch-französischen Expe­ditionskorps und der russischen Hilfe gesprochen, über IK.licc,s Teilnahme a.a Krieg baben sich aber alle beide total ausgeschwiegen. Was hinter dieser Haltung Ita­liens steckt, das doch auch in erster Linie mit Balkan­interessen hat, ist nicht recht zu erkennen. Oder ob es gerade diese Interessen sind? Ob der Vierverband be­fürchtet, das Eingreifen Italiens auf dem Balkan werde Griechenland auf den Plan rufen, besten Ansprüche in Albanien und dessen sonstige Interestengegensätze gegen­über Italien auf jener Seite wohl nicht in Vergessen­heit geraten sind? Und Serbien selbst könnte womöglich auch ausrufen: Oh Herr, behüte mich vor meinen Freun­den. Ein Wegbleiben Italiens aus irgend welchen an­dern Gründen ist eigentlich nicht ersichtlich. Die italien­ische Hetzpreste ist natürlich für eine Beteiligung, und fragt sich, warum die italienische Regierung keine An­stalten zu einer Mitwirkung über Montenegro oder Al­banien trifft. Demgegenüber stellt nun die offiziöse Agenzia Stefani" fest, daß keinerlei (?) politische Mo­mente für die Zurückhaltung Italiens maßgebend seien, es sei lediglich eine Frage der militärischen Zweckmäßig­keit. Der Druck an der italienischen Front dürfe nicht vermindert werden, um das Abschieben österreichischer Kräfte nach Mazedonien zu verhindern. Es sei übrigens nicht ausgeschlossen, daß Italien bei dem Balkanunter­nehmen später noch Mitwirken werde, aber in anderer Form als durch Entsendung von Truppen nach Maze­donien. Das klingt nicht gar verheißungsvoll für die Serben, denen die Vernichtung droht. Aber schließlich hat der Vierverband nun die Balkansuppe, die er sich selbst eingcbrockt hat, allein auszuesten. Wer sich bei dem Schmause beteiligt, ist uns vorerst gleich. Die Hauptsache ist und bleibt, daß die Operationen der Ver­bündeten flott voranschreiten, und daher die Gewähr bieten, daß sie auch bier von Erfolg begleitet seiir werden.

Zum Schluß unserer politischen Erörterungen ver­lohnt es sich noch, auf einen von derMünchener Zei­tung" veröffentlichten Artikel über einen Brief des ehemaligen österreich-ungarischen Botschafters Dr. Dum- ba an den Staatssekretär Lanfing, der infolge der ame­rikanisch-neutralen Forderung der Washingtoner Regie­rung seinen Posten verlassen mußte, einzugehen. Der Botschafter stellt in diesem Brief in herzerfrischender

Deutlichkeit die heuchlerische Auffassung der amerikani­schen Neutralität durch die derzeitige Regierung blos, daß man seine Freude daran haben muß Dr. Dumba stellte fest, daß sich der österreichisch-ungarische Botschaf­ter in Washington seit Monaten in der phänomenalen Lage befunden habe, überhaupt nicht mit seiner Regie­rung privatim verkehren zu können, während unsere Feinde jetzt wie immer die Erlaubnis haben, alle Kabel ohne Zensur für ihre geheimen Chiffredepeschen zu be­nützen. Es sei dem Botschafter nicht einmal erlaubt worden, seiner Regierung mitzuteilen, daß er durchaus nicht zugebe, daß er gegen die Gesetze des Landes ver­stoßen habe; diese Depesche sei vom Zensor nicht zuge­lassen worden. Dagegen aber sei sonderbarerweise eine vertrauliche Depesche des Botschafters an seine Regie­rung der amerikanischen Presse mitgeteilt und von ihr veröffentlicht worden. Das Verbrechen, das Dr. Dumba angeblich gegen die strenge amerikanische Neutralität be­gangen haben soll, bestand darin, daß er seine Lands­leute auf den Paragraphen des Militärstrafgesetzes auf­merksam gemacht hatte, wonach die Beteiligung an Mu­nitionsherstellung für feindliche Länder mit schweren Strafen geahndet werde. Dr. Dumba behauptet, daß in dem bei Archibald gefundenen Briefe nichts stehe, was so ausgelegt werden könne, als ob er gesetzwidrige Ab­sichten gehabt hätte. Der Botschafter hatte für die Zwecke, für die aus den Munitionsfabriken austreten- den Landsleute neue Beschäftigungen zu schaffen, 60 000 Mark zur Verfügung.Diese Summe", so schrieb Dr. Dumba an den verehrlichen Mister Lanfing,zeigt, was cs mit de: ganz Rm-rilo '""fastenden Verschwörung auf sich hat, deren Eure Exzellenz micki bei meiner Regie­rung zu beschuldigen für gut fanden." Den Vorwurf, daß Dr. Dumba den Brief an seine Regierung durch einen neutralen" Amerikaner habe bestellen lasten wollen, entkräftete der Botschafter mit dem Hinweis auf die traurigen Zustände, unter denen Vertreter der Län­der. die mit den Alliierten im Kriege sind, infolge der Handlungsweise der amerikanischen Regierung sich be­finden. Ihre einzige Verbindung müsse durch offene, unchiffrierte drahtlose Depeschen geschehen, die einer rigorosen Zensur unterworfen seien. Der amerikanische Zensor habe sogar eine Depesche Dr. Dumbas zurückge­wiesen. worin er eine Anfrage betreffend die Bitte der amerikanischen Regierung um Abberufung beantworten wollte, da dadurch die amerikanische Neutralität ver­letzt werde. Und dabei handelte es sich um den Inhalt der Papiere, die bei Archibald beschlagnahmt worden waren, und deren Inhalt in allen amerikanischen Zei- Zeitungen veröffentlicht worden ist. Amerika aber ist neutral!

Die deutschen amtlichen Meldungen.

(WTB.f Großes Hauptquartier, 1«. Okt. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Ein feindlicher Angriff gegen die Stellungen nordöstlich von Vermelles wurde abgeschlagen. Zn der Champagne blieben bei der Säuberung des Fvanzosennestes östlich Auberive nach erfolglosem feindlichen Gegenangriff im ganzen 11 Of­fiziere, 600 Mann und 3 Maschinengewehre, 1 Minen­werfer in den Händen der Sachsen. Kleine Teilangriffe gegen unsere Stellungen nordwestlich von Souain und nördlich von Le Mcsnil, wobei der Feind ausgiebigen Gebrauch von Gasgranaten machte, scheiterten. Ein Versuch der Franzosen, die ihnen am 8. Oktober ent­rissenen Stellungen südlich von Lcintrcy zurückzunehmen, deren Wiedereroberung sie am 10. Oktober t Uhr nach­mittags schon amtlich meldeten, mißglückte gänzlich. Mit erheblichen Verlusten, darunter 3 Offiziere, 70

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