Der Fall Singapurs
„Ein wahres Unglück" für unsere Feinde
Freude und Begeisterung bei den verbündeten Nationen Rom 12 Febr. Der Fall Singapurs hat in, italienischen Volk Leaeist'erung und Genugtuung ausgelöst. Die italienische Presse sibt dieser Stimmung der Bcnölkerung Ausdruck, indem sie mit Stolz den glänzenden Sieg des verbündeten Japan begrüsst und ' den japanischen Streitkrästcn die Bewunderung Italiens über diese hervorragende Wassentat ausspricht. England yat mit -ingapur den Schlüssel Ostasiens verloren., schreibt ..Popolo di ' Koma" Wiederum sind die Voraussagen der britischen Lr^q- Miung über einen sicheren Erfolg oer englischen Waffen schmäh.
> M sehlgeschlagen. Mit Singapur ist der drille Eckpfeiler d> s Logischen Dreiecks Hongkong-Manila-Singapur >n japani- I»ei Hand, schreibt ..Messagero". Das Drama von Singapur, so Wrt „Lorriere della Sera" aus, nähert sich mit einer Echnelllg» leit seinem Ende, die selbst für den unerwartet kommt, der sich rmei! Begriff von den hervorragenden Vorbereitungen der Japaner machen konnte.
Madrid. Die Meldungen über den Fall von Singapur be- Huschen auch in Spanien das Bild der Presse. ..Pueblo" tchrnbt. tah England auf dem besten Wege sei, sich in eine x-beliebig« Kolonie der USA. zu verwandeln. Mit oer Einnahme von i Singapur schwebe das Damoclessch.vert nun über Rangun. Madrid" weist aus den Ausspruch Churchills hin. wcnach "Singapur als Herz des britischen Imperiums bis aufs Messer, j. h bis an die Grenze des Menschenmöglichen verteidigt werde". Diejenigen, die die japanische Lustioasfe ..als minderweriigen H-rolt" bezeichnet hätten, müßten heute Zusehen, wie die Japaner >j, .uneinnehmbare" Festung Singapur mit einem Schneid liknüen, der den Ausgang dieses Krieges und das Schicksal Englands entscheidend beeinflussen werde „Jnsormaciones" be« zeichnet den Fall von Singapur als Todesstoß für Niederländisch« Indien.
Bukarest. Der Fall von Singapur beherrscht den politischen und Mtärischen Nachrichtenteil der Bukarester Morgenpcesse. Di« Zeitungen heben jedoch bereits hervor, daß der Schwung des spanischen Angriffes,52 Stunden gebraucht habe, um gerade am Tage der Gründung des japanischen Kaiserreiches diesen weit- geschichtlichen Erfolg zu erzielen. Mit dem Fall von Singapur sü einer der wichtigsten Pfeiler des britischen Weltreiches zu« pnimengebrochen.
Paris. Mit ganzseitigen Balkenüberschriften feiern die Pariser Hiihblätter die Einnahme der Stadt Singapur durch die Japr- aer. „Moralisch." so schreibt der ..Petit Parisien" u. a. ..bedeutet der 11 Februar für das stolze britische Weltreich, in dem i die Lonne nicht unterging, den Ruin. Es hat in seiner ganzen Eeschichte noch keine Katastrophe dieses Ausmaßes gekannt. Militätisch haben die Japaner das Scharnier gesprengt, das >it Mafien die militärischen Kräfte Englands und der USA. verband. Ein Zeitalter geht heute zu Ende, so schließt das Blatt, und die Blindheit hat dieses Ende beschleunigt." Das ..Oeuvre" stellt sch: „Gestern hat sich das Angesicht der Welt oeränd-ri" Buenos Aires. Presse und öffentliche Meinung Argentiniens stehen völlig unter dem Eindruck des von Tokio gemeldete» Falls von Singapur. Trotz der hochsommerlichen Hitze drängen sich Hunderte von Neugierigen vor d"n Anschlaglaseln der Zeitungen,
' und jede neue Meldung wird mit allen Anzeichen größten Interesses ausgenommen. Die ..Nolicias Graficas" betonten oaß de« Fall der Festung die Lage für die Alliierten in Ostasien nahezu unhaltbar mache. Starke japanische Streitkräsle könnten nunmehr anderweitig eingesetzt werden.
^ 8n London: Mut und Entrüstung
Stockholm, 12. Febr. Das amtliche London hat angesichts der desonderen Schwere des Berlustes bis Donnerstag mittag iinmei »och nicht den Mut gefunden, den Fall von Singapur gegenüber der englischen Oessentlichkeit cinzugestehen Eine ähnliche Hal- >l»ig nimmt der größte Teil der englischen Presse ein. die aller- tings wenigsten» versucht, ihre Leser auf die unausbleiblich«
Lrauervolschast schonend norzubereitcn. So erklärt die „Times" u. a, es gehe bei diesem Kampf um Zeitgewinn. Eine Gegenoffensive in Singapur würde jedoch eine nutzlose Vergeudung von Menschenleben sein, wen» sie keinen anderen Zweck als dev der Verzögerung hülle. Die ..Daily Mail" wird schon deutliche, wenn sie u. a. schreibt: „Wir müssen uns wiederum aus ein« »Lue DünkirchemEvakuierung vorbereiien". Nach einem Hinweis daraus, daß es etwas derartiges wie eine uneinnehmbare Fettung nicht mehr gebe, schreibt das Blatt abschließend: „Lujlmacht, Lustmacht und immer wieder Lustmacht! Das muß o>e Lehr« sein, die aus dem Todeskampf von Singapur zu ziehen ist."
Die einzige Londoner Zeitung, die bereits die volle Wahrheit eingesteht und ihren Gefühlen ungehemmt freien Lauf lägt, ist der „Daily Expreß", der in seinem Leitartikel in tiesster Niedergeschlagenheit u a. schreib«: „Mi, schwerem Herzen lese das britische Volk die Nachricht vom Fall Singapurs Man seh« jetzt ein, daß man es m,t einem ebenso mächtigen und starke« Gegner zu tun habe wie Deutschland Die Streitkrüfte, die Japan aus dem. Lande und zur Luft eingesetzt habe, seien ebenso gut ausgebildet und tapser wie die besten Truppen, Uber die Hiilet verfüge. Sie verständen sich ausgezeichnet aus den Tanktrieg und die Etraßenkämpse, alio aus Methoden der Kriegführung, die die britischen Armeen immer noch nicht richtig gel-rnt hätten. Der Todeskamps Singapurs erwecke im englischen Volk Gefühle von Todestrauer. Wut und Entrüstung. Man müsse weiter mit harten Schlägen rechnen, die Japan und Deutschland austeilen würden, sowie mit neuen Gebiets- und Prestigeverlusten
Wie die Briten Singapur ausvauten und was sie von seinem Fall befürchteten
Berlin, 12. Febr Singapur, Großbritanniens stärkste Zwingbürg für den gesamlen ostanatischen Raum' Es war der wichtigste Eckpfeiler in dem niiglo-amerikaniiche» Festungsüreieck: Hongkong - Manila — Singapur! Nach 95 Kriegslagen sind diese drei Bastionen für immer ausgelöscht. In 90 Tagen glaubten großspurige Ameritaner und Engländer, Japan niederwerfen zu tonnen. — aber der Krieg verlies anders, als man es sich in London und Washington erträumte. In «.wer Monaten hat Ji^pan die stärksten Stellungen seiner Feinde rrr Besitz nehmen können.
Singapur ist nicht allein Japans bisher größter Kriezss-solg, sondern er ist zugleich ein Alarmzeicye» für die ganze Welt, daß nicht einmal die Festung, die von Großbritannien als die stärkste bezeichnet wurde, dem Anstrum seiner Gegner standzuhalten vermochte. Mit dem Name» Singapur vertnüpst sich die britische Weltmacht schlechthin, denn Singapur übertra; in Anlage und Umfang alle Stützpunkte des britischen Empire.
Nach dem Weltkriege aber begann England den Hafen Singapur zu einer „uneinnehmbaren" Fejtun g' auszubanen. Mit kurzen Unterbrechungen wurde von 1922 bis 1919 ein System von Befestigungen angelegt, das Singapur zur stärksten Festung der Welt machen sollte. Mein als 299 Millionen Mark haben diese insbesondere in den beiden Jahren 1998 und 1999 noch beschleunigten und gesteigerten Baute,r verschlungen. Am >1. Februar 1999 eröfs»e>en die Engländer -- lordöstückien Ts-l der Insel den „größten Krieashasen der Welt", der -n der Lage war, die gesamte britische Flotte auizunehmen.
Singapur bestand aus unzähligenForls, darunter zahlreichen stärksten Ihre schwerste Bestückung betrug 15 Zenii- meler, und ihre NeichweUe wurde mit 59 Kilometer angeg:ben. Ueber die gesamte Insel waren Bunker und ME.-Nester verteil«. Ftakhailerien standen aus fast sämtlichen Höhen, um Singapur gegen Lustangriffe zu schützen. Bier Flugplätze der Marine, :,wei des Heeres und ein Verkehrsslughast,, machten die Insel gleichzeitig zu dem wichtigsten Flugstützpunkt. Unterirdische Oeltanks, riesige Wasserreservoirs und umfangreiche Lebensmitteld pols sollten dazu dienen, die Insel auch nn ungünstigsten Fall er- leidigen zu können Singapur war dazu bestimmt, der Ha ipt- stutzpunkt englischer Macht zu sein - wie der Sender- Boston im Oktober vorigen Jahres erklärte. Und die .Times" schrieb noch am 1?. Dezember 1911. daß „vom Suez- dis ^um Panama-Kanal ke-n Stützpunkt von größerer strategischer Bedeutung lei als Singapur".
Auf dieses Singapur bauten sich die Prahlereien der Engländer und Amerikane, auf. mit denen Japan gedroht werden sollte. Vor dem 8. Dezember >911 gab es leine« Engländer, der nicht von der Uneinnehmbarkeit Singapur fest überzeugt gewesen wäre. Das Vernichtungswerk von Pearl Harbour hat aber auch den Engländern den ersten Schrecke» eingejagt. Und schon tauchten die ersten Stimmen aus mit Andeutungen. daß der Verlust Singapurs für die Sache der Alliierten „ein wahres Unglück" bedeuten würde (Radio Lonwn). Oder: „Wenn es den Japanern gelänge. Singapur zu nehmen, so könnten sie unbelästigt in den Indischen Ozean fahren" (Nadio Daventryj Aber immer noch setzte man seine ganzen Hoffnunzr» auf den „sicheren und ausgebauten Stützpunkt", von dem au» der JndWnminister Amery iogar „früher oder später wieder mit seinem Angriff gegen Japan beginnen wollte". Die Stimmi-ngs» kurve in England und Amerika verlief mit dem Fortgang der japanischen Operationen dann jäh abwärts, „Singapur ^arf nicht fallen — also wird es nicht fallen", erklärte der Gouverneur Sir Shenton Thomas. .Singapur muß gehalten werden. Di« Gefahr für Singapur ist tödlich, erbarmungslos und im Wachsen". Tatsächlich wuchs diele Gefahr den Engländern über den Kopf — und als man die Lage erkannte, legte das britische Jnsormalions- ministerium seine alte, schon so abgespielte Platte auf: Singapur wurde ganz plötzlich „bedeutungslos". Das ist das merkwürdig« Schicksal aller von den Engländern verlorenen Stützpunkte gewesen, Bedeutung hatten sie nur für Großbritannien — nie aber für den Feind, wenn er sie erobert hatte.
Singapur verloren! Das ist das jüngste Ergebnis der Kriegspolitik des Kriegsverbrechers Winston Churchill, aber e» ist nicht der letzte Posten, den Churchill dem englischen Volk «a diesem Kriege präsentieren muß Geht man einmal die lang« Liste verlorener englischer Bckstionen herunter, so ergibt sich dieses: Polen, Norwegen. Frankreich Belgien, Holland, Jugoslawien, Griechenland in Europa — und in Ostasien: HonglonL Borneo. Malaya und Singapur! Das cillo ist das Ergebnis, La» Churchill heute vorweisen kann. Dieser Churchill war der D-aht» zieher des Krieges gegen Deutschland im September 1999, er war es. der als größter Schreier jegliche Verständigung ln der für Deutschland lebenswichtigen, aber für England völlig gleichgültigen Danzig-Frage verhinderte. Weil Danzig nicht deutsch werden sollte, hat das England Churchills den Krieg begonnen. Und heute nacb zweieinhalb Jahren hat England seine sämtlichen Stellungen in Europa eingebüßt und die wichtigsten i« Ostasien. Der Verlust von Singapur ist ein weiteres Zeichen dafür daß der Untergang des britischen Empire durch nichts a»f- geyalten werden kann.
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35 000 Briten und 3vder eivgefchloffen
Singapur, 12 Fbr (Sonderbericht des OAD.) Die erste» japanischen Truppen, die ain Mittwoch morgen in Singapur eindrangen, gehörten der sogenannten Tagah-Eruppe an, die vom Flughafen Tengah aus in direkt östl.cher und südöstlicher Richtung vorgedrungcn waren. Gegen Mittag stürmten die Kranji- und Mandai-Eruppe. die östlich über die beherrschende Höhe vo» Bukit Timah vorgestoßen waren, den nordwestlichen Teil Singapurs und drangen von dort in das Zentrum der Stadt ein.
Wir wir erfahren, sind nach der Einnahme der Stadt otwa 35 999 Briten und Inder von den Japanern eingeschlosse» worden. Große Verstärkungen für die britischen Vcrteidigungs- truppen wurden zwar aus Indien und Australien erwartet. Diese sind jedoch nicht mcyr nach Singapur herangekommen.
Die gesamt Stärke der britischen Empiretruppcn in Singapur und Malaya soll etwa 199 999 Mann betragen haben, von denen drei Viertel in den Kümpscn aus der Halbinsel Malaya gefangen genommen worden sind.
Die Begeisterung der nacki Singapur einmarschierenden Truppen aller japanischen Waffen ist unbeschreiblich.
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Aufräumungsoffensive auf Singapur im Gange
Tokio, 12. Febr. (Oad.) Das Kaiserliche Hauptqualtier meldete am Donnerstag mittag japanischer Zeit: Starke japan"che Armeesormationen erössnelen mit Unterstützung der Lustwas-« am Donnerstag bei Tagcsanbiuch eine machinolle Ausräumungs«
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«»»kekii-eccxrtrcxurr ouscx vroo-c. o»«»» «eisie».
<37. Fortsetzung.»
»Ich habe nämlich Angst," gesteht sie, während er den Migenbogen fester spannt und erschrickt jäh, denn Heinz M überraschend hinter ihr. Sie lächclr abwesend, hebt Marine und legt sie um seinen Hals. „Sechs Wvchen
Togo, der nicht zuschanen will, wie sie um seinen Kuh Mrbt, setzt den Bogen an und beginnt zu spielen. Er hört Es „rch spielt lauter als gewöhnlich.
»Warum hast du Angst?" fragt Heinz.
«>e schweigt.
. »Pormir?"
Eie schweigt und schant ihn an.
, »vich will es missen!" Ihr Gesicht liegt jetzt wehrlos an Lchnlter, und der Mund beginnt zu zittern. „Ich j/'» es auch so." sagt er und lässt die Lippen leicht über '»re Llirne hinstrcicheln. „Ich könnte dir ja n»u den „Mchlag machen, dein Wort znriickznnch,neu. Aber ich "'«nicht. Du mutzt bei mir bleiben. Es hilft dir nichts! — nutz der Kreuzhof! In euch beide habe ich mich ver-
'Ich will eher verderben, als eines davon ans- gcbcy/-
, f^pha regt sich nicht. Das Lächeln um ihren Mund in/ebensogut dem Adagio gelten, das Dago gerade bltz wie seinen Worten.
^as reizl Heinz. „Sag etwas!" droht er. spricht nichts. Nur ihr Lächeln bleibt, böse ""eh in sechs Wochen noch lachen?" fragt er
^ tranm^Dag^"""^ " Spiel mir den „Sommernachts-
Bestürzt gibt Heinz sie frei, lacht dann und begibt sich " Wolsrnm. die ihm znwinkt. Er fühlt, datz die ' »u« "ch ihn wirbt. Sie macht gar kein Hehl dar
be.» Er 'hrem Sohne, seinem Barer, zu ähnlich. Er Di- d'b Art, die dieser in der Jugend einst zeigte. Z --Erinnerung ist so mächtig, datz sie „Benno" zu ihm
sagt. Er ist nicht der Enkel für sie. Er ist der Sohn! Ihr , Sohn! „Wenn ich erst noch Gertrud kenne," sagt sie und streift ihm behutsam ein blondes Haar vom Rockkragen, „dann unternehme ich einen letzten Bcrsöhnniigsvcrsnch ^ bei eurem Bater. Ich kann das gar nicht begreifen, wie man so lange eine Feindseligkeit anfrechtznerhalten vermag. Eine Mutter könnte das nicht."
„Ich glaube, ich könnte cs ancb," meint Heinz nnd blickt sie verlegen an: denn sic hat Tränen in den Angen.
„Ja, du! Es ist eigentümlich, datz du ihm auch darin ähnlich bist, wie in allem anderen. Was wird einmal aus Stcpha werden, wenn du nicht verzeihen kannst?"
„Ich hoffe, datz es nicht nötig sein wird!"
„Ach!" sagt'sic und legt flüchtig ihr Gesicht gegen seine Schulter. „Irgend etwas haben wir immer zu verzeihen."
Er zerbeitzt sich die Lippen nnd horcht auf Dagos Stimme, die ans dem Mnsikzimmer kommt. Stepha scheint viel auf den Bruder zu geben. Ei wird sicher einmal ein guter Arzt werden, w:c er auch ein guter Mensch ist. Biel besser als er. Und Dago kann gewitz auch verzeihen. Nur er kann es nicht. „Ich möchte wissen, von wem ich das liabc." sagt er und sucht dabei in Frau Wolf- rnms geröteten Angen. i „Was, mein Junge?"
„Diese endaültiae Entschiedenheit! — War Grohvater
! sgm
> „Mein Mann?" wundert sie sich. „O nein! Er brachte j cs nicht einmal fertig, nach einem Wortwechsel einzn- schlasen. — Vi'rker kann dir bestätigen, datz er nie etwas l Nachtrag. Auch dem Gesinde nicht. Dafür verlangte er aber auch, datz man kam und sich entschuldigte, wenn man im Unrecht war."
„Tann weif; ich nicht —" seufzt Heinz. „Ich glaube nicht, datz Stcpha das erlebt, datz ich einmal zu ihr Verzeihung l zu erbitten komme. Sie mutz eher mich in die Arme nehmen und mich trösten, wenn ich gefehlt habe. Tenn niemand kann dann einen Menschen mehr verachten, als ich mich selbst, wenn ich mich schuldig weitz."
Stepha hat das Gespräch zur Hälfte gehört und blickt Dago an. „Ich werde ihn nie bis ins Letzte verstehen lernen! Wenn ich glaube, jetzt wPtz ich restlos über ihn Bescheid, springt plötzlich wieder eine Tür ans und läßt ! mich in eine Kammer sehen, die völlig im Dunkel für mich liegt. Wenn ich da oben ganz allein mit ihm Zusammenleben mutz, werde ich Fehler über Fehler begehen. Ich ! möchte ihm das gern ersparen, denn ich habe ihn zu lieb." j
Dago meint, redlich erschrocken, datz man sich eben erst zusammengewöhnen müsse. Das wäre in jeder Ehe so. Datz Stepha ihn zu ihrem Vertrauten macht, freut nnd beängstigt ihn zugleich. Er kühlt sich dadurch mitverantwortlich. Es ist ihm eine förmliche Erleichterung, als Heinz eben ans sie zukommt. den Arm nach Stepha ans- streckt und sie an sich zieht.
Er ist sehr zärtlich und legt die Stirne gegen ihren Scheitel: „Hör mal, wenn es dir später einmal ans dem Krenzhof zu einsam wird, bekommst, du Eheurlaub!"
„Nnd du?-"
„Mir wird es nie zu einsam sein!"
„Tann m»tz ich ewig droben bleiben," sagt sie ergeben, „denn ein Urlaub ohne dich wäre eher eine Strafe für mich. — Hast du Frau Wolsrnm geärgert?" fragt sie, sich von ihm freimachend. „Sich nur, wie betrübt sie ist "
In der Tat ist Frau Wolsrnms Gesicht im Augenblick matt und zergnält. Sie denkt an den Brief, den Peter nach Hanse geschickt hat und in dem davon die Ncdc ist. das; er sich verliebt hat: in ein Mädchen von neunzehn Jahren: und das; er diesem Mädchen vorläufig nichts weiter über sich gesagt habe, als datz er für eine Firma reise. Im März oder April würde er dann kommen und ihnen die Tochter znfüiircn. Er sei überzeugt, datz sic sehr zufrieden mit seiner Wahl sein würden Was ihr daran nicht gefiel, war diese Heimlichtuerei von seiten Peters. Warum sagte er dem Mädchen nicht, wie cs sich mit ihm in Wirklichkeit verhielt? Er brauchte sich seiner Herkunft dock; nickit zu schämen, im Gegenteil.
„Was ist denn?" fragt Stepha, den Arm NM ihre Schnl, tcr leaend. „Sie haben eben io grotzmntterlich besorgt ansgeschen Aber bei soviel Kindern nnd Kindeskindcrn haben Sie stcberlicb leickit Grund genug dazu."
Das gibt Frau Wolsrnm den Gleichmut wieder zurück. Sie lächelt verzeihend, streicht Heinz, der neben Stepha getreten ist nnd stbwere Falten auf der Stirn sitzen hat. güt'g über das Gesicht nnd sagt, datz eS doch das schönste sei. sich um jemand sorgen zn können.
„Wirklich?" lächetr Stepha und drückt dabei die Hand ihres Verlobten. „Tann werde ich Heinz soviel Sorgen als möglich bereit-'" "
„Das tust dn ohnedies," sagt er, verschlietzt ihr den Mnnd, als sie sprechen will, nnd läßt sich willig die Arme um den Hals legen.
(Fortsetzung solgtz i