Die russische „Großzügigkeit".
Bukarest, 15. Juli. Die Petersburger „Nowoje Wremja" hat bekanntlich vor einigen Tagen gemeldet, daß die Russen bei ihrem Rückzug alles hinter sich vernichten. Wie nun nach der „Voss. Ztg." ein Londoner Telegramm bestätigt, werden alle Vorräte und Einrichtungsstücke in Russisch-Polen von den russischen Truppen, die den Rückzug der Hauptarmee decken, vernichtet. Aus den Dörfern werden die Einwohner in das Innere Rußlands abgeschoben. die Häuser werden angezündet oder zerstört, auf den Feldern oder in den Magazinen wird das Getreide in Brand gesteckt.
Wien, 15. Juli. Dem „Nolksblatt" zufolge beträgt der in Galizien und in der Bukowina durch die Russeninvasion angerichtete Schaden nach einer vorläufigen Schätzung über eine Milliarde Kronen.
Die 18jährigen in Frankreich.
Genf, 15. Juli. Die geringe Kampffähigkeit der Franzosen jüngster Jahrgänge hat sich nach den hier eingetroffenen Pariser Berichten in der Schlacht bei Arras in erschreckender Deutlichkeit gezeigt. Es kam, wie die „Nat.-Ztg." hierher gelangten Meldungen entnimmt, während des Kampfes zu einer wahren Panik, weil die 18jährigen Rekruten in den Schützengräben beim Anhören des ersten Feuers teilweise in Ohnmacht fielen und Nervenkrämpfe bekamen, so daß sie aus der Kampflinie hinter die Front geschleppt werden mußten. In den Lazaretten von Dijon und Besam on liegen Hunderte von jungen Leuten, von denen nicht einer eine Verwundung aufzuweisen hat und die lediglich unter den seelischen Anstrengungen des Krieges zusammengebrochen sind.
Zur Beschießung von Arras.
Rotterdam, 15. Juli, lieber die Beschießung von Arras durch schwere deutsche Artillerie veröffentlicht, wie der „Deutsch. Tagesztg." von hier berichtet wird, der Kriegsberichterstatter des „Maasboode" auf französisch-englischer Seite einige bemerkenswerte Einzelheiten. Er erzählt, daß er eine Feuerpause benutzte, um der Stadt einen kurzen Besuch abzustatten. Sie sei in Gefahr, zerstört zu werden. Auf der einen Seite der äußeren Stadt, heißt es weiter, liegen mehr als 80 Häuser, meist Dillen, in Trümmern. Ganze Stadtviertel brennen. Arg ist auch die innere Stadt durch die Beschießung verwüstet worden. Bon der Bevölkerung sind nur wenige Menschen zruückgeblieben, und auch diese haben soeben von der Militärkommandantur den Befehl erhalten, die Stadt zu verlaßen, so daß nur noch Militär zu ihrer Verteidigung zuriickbleiben wird, als einer der letzten Zivilisten verließ der Bischof von Arras die Stadt. Seinen Palast stellte er dem Roten Kreuz zur Verfügung.
Die österreichische Wacht in Südtirol.
(WTB.) Basel. 16. Juli. Oberst Müller schreibt in der „Neuen Zür. Zeitung" aus den südtiroler Bergen u. a.: Die österreichischen Stellungen auf den Hochflächen von Folgaria und Lavarone werden immer mehr ausgebaut, so daß man mit Fug und Recht sagen kann, daß das ganze Gebirge zwischen dem Etschtal und dem Suganatal an der Südlinie eine einzige zusammenhängende Festung bildet, deren Einnahme einer überlegenen Führung und todesmutiger Truppen bedarf. Alle Mittel der Technik werden angewandt, um diesen Riesenigel, der seine Stacheln nach allen Seiten zur Verteidigung ausstreckt, zu verstärken. Was aber das wichtigste ist: diese ausgedehnte, natürliche, durch alle Mittel der technischen Kunst zu einer starken Sperrbefestigung ausgebaute Hindernislinie ist bewehrt von zielsicheren, todesmutigen, kaltblütigen Schützen, die auf den Augenblick brennen, wo sie den anlaufenden Feind mit ihrem Feuer empfangen können oder wo es ihnen vergönnt ist, selbst zum Angriff überzugehen.
Eine Seeschlacht bei Gotland?
Wisbq, 15. Juli. (Ritzaus Bureau.) Von Lju- garn auf Ostgotland wird an die Zeitung „Eotlan- dingen" telephoniert, daß gestern von Anbruch der Dunkelheit an bis 2 Uhr nachts ei« mächtiges Feuer« «eer gesehen worden sei. Fischer, die sich nachts ans dem Meer aufhielten, berichten von einer hrf« tige« Kanonade.
Der Seekrieg.
(WTB.) Berlin ,15. Juli. Wie die „Voss. Zeitung" aus Stockholm erfährt, wurde in dem Kreuzergefecht bei Gotland der russische Panzerkreuzer „Nu- rik" erheblich beschädigt. Er wird zurzeit in Kronstadt ausgebessert. — Am 5. Juli hat das französische Marineministerium amtlich bekannt gegeben,
Amtliche Bekanntmachungen.
Einführung von Spitzenheimarbeit für Kriegerwitwen, Frauen und Mädchen.
Seit 2 Jahren besteht ein Frauenbund zur Förderung der deutschen Spitzenindustrie im Königreich Württemberg mit dem Zweck, die Fertigung von Handarbeitsspitzen (Klöppel und Filet) als Heimarbeit in Württemberg einzufllhren. Die Ortsgruppe Stuttgart dieses Frauenbunds hat seither an 8 Orten Unterrichtskurse abgehalten und sucht nun ein weiteres Feld ihrer Betätigung.
Für den 2monatlichen Lehrkurs wird in Städten im allgemeinen ein Lehrgeld von 15 erhoben, wobei das Material vom Verein geliefert wird und die Klöppel und das sonstige Material im Besitze der Schülerinnen bleiben. In ländlichen Orten wird kein Lehrgeld, sondern nur 6 -N Ersatz für das gelieferte Lehrmaterial erhoben. In beiden Fällen ist für mittellose Schülerinnen Kostennachlaß möglich.
Nach gehöriger Einarbeitung kann eine Heimarbeiterin bis zu 1 -N 50 ^ im Tag verdienen. Die Arbeit kann auch zur Erzielung eines Nebenverdienstes, oder nur im Winter, betrieben werden.
Diejenigen Frauenspersonen, welche sich für Erlernung gedachter Hausindustrie interessieren, mögen dies binnen 14 Tagen dem Unterzeichneten Mitteilen, damit entsprechende Lehrkurse in die Wege geleitet werden können.
An die Herren Ortsgeistlichen und Ortsvorsteher richte ich das Ersuchen, die in Betracht kommenden Frauenspersonen auf die obenerwähnte Arbeitsgelegenheit aufmerksam zu machen und das Zustandekommen der erforderlichen Lehrkurse zu fördern.
Calw, den 13. Juli 1915.
K. Oberamt: Binder.
daß am 4. Juli im Aermelkanal 2 deutsche H-Boote durch Fahrzeuge des französischen leichten Geschwaders beschossen worden seien und daß dabei eines der H- Boote von mehreren Granaten getroffen worden sei. Wie wir von zuständiger Seite erfahren, kommen deutsche H-Boote nicht in Frage. Es kann sich daher nur um französische oder englische H-Boote handeln, die von den französischen Streitkräften irrtümlicherweise beschossen worden sind.
Rotterdam, 15. Juli. Die Londoner Blätter fahren, wie der „Deutsch. Tagesztg." von hier berichtet wird, fort, ihre Aufmerksamkeit den deutschen Unterseebooten im Mittelländischen Meere zu schenken, deren angebliche Stützpunkte sie bald hier, bald dort vermuten. Nach den „Daily News" sollen im Aegäischen Meere sieben neue große deutsche Unterseeboote erschienen sein.
(WTB.) Kopenhagen, 15. Juli. Der dänische Dampfer „Kronprinz Frederik" wurde südlich des Sund von deutschen Kriegsschiffen angehalten und nach Swinemünde gebracht. Der Dampfer war mit einer Holzladung von Sundswall nach England unterwegs.
(WTB.) Lyon, 15. Juli. Der „Nouvelliste" meldet aus Cherbourg, daß nach Berichten, die dort eingetroffen sind, auf der Höhe von Calais ein französischer Fischdampfer, dessen Geschütze so aufgestellt gewesen seien, daß sie nicht hätten gesehen werden können, von einem deutschen Unterseeboot aufgefordert worden sei. anzuhaten. Der Fischdampfer habe gehorcht. Als aber das Unterseeboot heranqekommen sei, habe der Fischdampfer das Feuer eröffnet.
Kopenhagen. 15. Juli. Die englische Admiralität gibt laut „Lokalanzeiger" bekannt, daß in der Woche, die am 7. Juli abschloß, in englischen Häfen im ganzen 1369 Schiffe ankamen und abfuhren. Davon wurden 1v Schiffe mit einem Gesamtgehalt von 31V68 Tonnen von Unterseebooten versenkt. Fischdampfer sind in dem genannten Zeitpunkt nicht versenkt worden.
Die Dardanellenangriffe.
(WTB.) Athen, 15. Juli. Aus Mythilene wird vom 15. Juli gemeldet: Die Angriffe der Alliierten wurden trotz der letzten Niederlagen heute mit verzweifelten Anstrengungen gegen Atschi Baba und Krithi wieder ausgenommen. Kriegsschiffe bombardieren aus weiter Entfernung die Dardanellenforts.
Die Neutralen.
Die Entente unterdrückt den neutralen Handel.
Konstantinopel, 15. Juli. Die Nervosität der Engländer im Aegäischen Meere nimmt täglich bestimmtere Formen an. Ueberall herrscht Besorgnis vor deutschen Unterseebooten. Die englischen Belästigungen der griechischen Schiffahrt in deren eigenen
Territorialgewässern spitzt sich zur regelrechten Blok- kade gegen Griechenland zu. Dasselbe gilt für Bulgarien. Der einzige bulgarische Hafen im Aegäischen Meere, Dedeagatsch, unterliegt seit dem 10. Juli einer vollständigen englischen Blockierung. Sie ist allerdings nicht effektiv, da vor Dedeagatsch keinerlei Kriegsschiffe in Sicht sind. Aber seit vier Tagen lassen die Engländer keinen Dampfer nach Dedsa- gatsch einlaufen. Bis dahin verkehrten nach dem dortigen Hafen täglich einige dreißig Frachtdampfer. Sogar der Dampfer „Maine" der amerikanischen Archipelagos-Linie wurde vor Dedeagatsch zur Umkehr gezwungen. Seinen Passagieren wurde nur gestattet. auf einem englischen Torpedoboot nach Dedeagatsch zu fahren.
Athen, 13 .Juli. Trotz der vom englischen Minister des Aeußern abgegebenen Versprechungen einer milderen Handhabung der Schiffsuntersüch- ungen in den griechischen Gewässern wird vom englischen Admiral der Dardanellenflotte die angedrohte strenge Kontrolle der griechischen Schiffe fortgesetzt. In Reeder- und Handelskreisen macht sich große Mißstimmung bemerkbar.
Budapest, 14. Juli. Der Bukarester „Sera" wird aus Konstanza gemeldet: Der Handelsdampfer „Anton "verließ vorgestern nachts unter rumänischer Flagge auf der Reife nach Konstantinopel den Hafen Konstanza. Das Schiff führte 1140 Fässer Oel und 61 Tonnen Petroleum. In der Nähe des Leuchtturms von Tuzla bemerkte der Kapitän ein russisches Geschwader, das den Dampfer durch Flaggensignale zum Stillstehen aufforderte. Der Dampfer „Anton" machte jedoch Kehrt und es gelang ihm, von den russischen Schiffen verfolgt, den Hafen von Konstanza unbeschädigt zu erreichen.
WTB. Athen, 15. Juli. (Von unserem Privatkorrespondenten.) Die Beschwerde der Regierung bei der hiesigen britischen Gesandtschaft wegen Unter« schlagung griechischer Handelstelegramme von und nach Amerika erweckt die größte Zufriedenheit. Man hofft, daß der unerträgliche Zustand endlich aufhören wird.
Schwedische Kriegsschiffe an der Westküste Schwedens.
Berlin, 16. Juli. Nach einer Kopenhagens Meldung des „Berliner Lokalanzeigers" passierte vorgestern Abend ein schwedisches Geschwader» bestehend aus 3 Panzerkreuzern und 4 großen Torpedobooten, den Oeresund in nördlicher Fahrt. Das Erscheinen so bedeutender Marinestreitkräfte an der Westküste Schwedens wird mit den fast täglichen Verletzungen der norwegischen Neutralität durch englische Kriegsschiffe in Verbindung gebracht.
Rumänien.
Budapest, 15. Juli. Nach einer Meldung der Bukarester „Dimineata" wird der Führer der konservativen Partei Alexander Marghiloman, dessen Ansichten über die von Rumänien notwendige Politik mit denen des Ministerpräsidenten Bratianu übereinstimmen, demnächst in das Kabinett eintreten. In der Wohnung des Ministerpräsidenten hat am Montag in Anwesenheit aller Minister, von Delegierten der auswärtigen rumänischen Vertretungen und der Präsidenten der Kammer und des Senats eine Beratung stattgefunden, vor welcher der Minister des Aeußern Porumbaru mehrere Stunden mit dem König konferierte. — Marghiloman ist ein Anhänger Deutschlands.
Don unseren Feinden.
Ein Attentat aus Caillaux
Breda, 15. Juli. Die „Jndependance Belge" meldet, laut „Lok.-Anz.", aus Paris vom 13. Juli: Die französische Zensur unterdrückt Berichte über ein Attentat auf Caillaux und seine Frau. Als das Ehepaar Caillaux am Montag früh in Passy eine Spazierfahrt machte, wurde sein Kraftwagen angehalten. Mehrere Personen stürzten sich auf die Insassen und hieben mit Schlagringen so brutal auf beide ein, daß die Opfer blutüberströmt zusammenbrachen. In schwerverletztem Zustand wurden Caillaux und Frau unter Schmährufen der Menge in die Klinik Doyen gebracht. Das Blatt bemerkt hierzu, daß einigen Pariser Politikern durch Zuschriften angedroht wurde, man würde sie lynchen, wenn sie ihre Friedenswünsche nicht aufgeben sollten. — (Caillaux ist bekanntlich der Führer jener Franzosen, die schon lange vor dem Kriege auf eine Verständigung mit Deutschland hinarbeiteten. Es ist bekannt, daß er zur Zeit der Mavokkokrise dem englischen Botschafter, als dieser nach englischer Art einfach über Frankreichs Anschauung gebieten zu können glaubte, geantwortet habe: „Frankreich kann auch andere Bun-