Die russischeTaktik".

(WTB.) Berlin, 7. Juli. DemBerl. Tage­blatt" wird aus Rotterdam berichtet: Der Peters­burger Korrespondent derTimes" meldet: Die rus­sische Taktik des Abwartens hat sich als gut erwiesen. Es handelt sich für die Russen namentlich jetzt da­rum, eine Entscheidungsschlacht zu vermeiden bis sie Brest-Litowsk und Jwangorod als Stützpunkt ihrer Flügel benützen können. Indessen würden sich auch die Verbindungslinien der Zentralmächte verlängert haben. Es sei aber noch nicht ausgeschlossen, daß die Russen schon vorher zu einer Entscheidungsschlacht ge­zwungen würden.

Russische Befürchtungen wegen Riga.

(WTB.) Kopenhagen, 6. Juli. Die Unsicher­heit der russischen Behörden über das Schicksal der Stadt Riga beweist die Mitteilung der Rigaischen Zeitungen, daß in den letzten Tagen sämtliche Ge­fängnisse geräumt wurden. Aus den temporären Ge­fängnissen für Zwangssträflinge sind 223 Sträflinge nach Pskow befördert worden. Eine Abteilung von 65 Verbrechern wurde aus dem Zentralgefängnis nach Petersburg und weitere 150 Häftlinge wurden nach Rybinsk geschickt. Geräumt sind auch das Gouverne- mentsgefängnis in der Zitadelle und das Gouvevne- mentsgefängnis der Kalugaschen Straße. Die mei­sten dieser Sträflinge werden nach dem Innern transportiert. Die Rigaischen Zeitungen berichten ferner, daß die Kontrolle der Passagiere, die in Riga ankommen, gestern auch auf dem Hauptbahnhof be­gonnen hat. Die mit den Zügen in Riga eintroffen- den Passagiere werden in den unteren Räumen des Bahnhofes auf ihre Legitimationen und Doku­mente hin kontrolliert. Die Prüfung wird von der Gendarmerie vorgenommen. Die Bahnhöfe Thorens­berg und Sassenhof sind eingezäunt, so daß die Pas­sagiere, die in Riga eintreffen und auf diesen Bahn­höfen aussteigen, zum Zweck ihrer Kontrolle nur die Ausgänge durch die Schranken benützen können. Zur Ausfahrt von Riga erhält das Publikum Be­scheinigungen ohne Stempelgebühr in der Gouverne­mentskanzlei. Die englischen Dampfer, die sich seit Ausbruch des Krieges im Rigaischen Hafen aufhal­ten, verlassen demnächst Riga und begeben sich nach Petersburg. Vier Rigaische Hafenkutter werden von Riga nach Archangelsk abgesandt.

Befürchtungen Ln Paris.

Genf, 5. Juli. Der Kritiker desTemps", General Lacroix widmet den bisherigen Ergebnissen und ihren nächsten Zielen der Tätigkeit der Armee des Deutschen Kronprinzen eine ausführliche Be­sprechung und lenkt die Aufmerksamkeit der fran­zösischen Heeresleitung auf die Mannigfaltigkeit der von den Deutschen angewandten Mittel, die Heer­straße Bienne le Chateau-Barennes zu gewinnen. Das deutsche Hauptziel bleibt lt.Lok.-Anz." trotz überaus großer Schwierigkeiten die Dnrchschneidnng der Bahnlinie VerdunChalons in der Gegend von Jslettes und St. Menehould. Der Kritiker findet, daß das bei den Anfangs Juli in Tag- und Nachtkämpfen sich kundgebende genaue Zusammenwirken vieler deutscher Elemente von Nieuport bis zur Aisne eine ernste Mahnung zu noch festerem Zusammen­schluß für die Kräfte der Verbündeten sei.

Die feindlichen Riesenverluste an den Dardanellen.

Wien, 6. Juli. DasNeue 8 Uhr-Blatt" mel­det derNat.-Ztg." aus Lugano: Die GenferTri­büne" will aus guter Quelle erfahren haben, daß die Verluste der englisch-französischen Truppen auf Galli- poli 85Ü0V Mann betragen, das entspreche der Stärke der beiden ersten Landungskorps. Auch in der italienischen Presse macht sich die Ueberzeugung geltend, daß jeder neue Truppentranspott nach den Dardanellen eine unerhörte Massenopferung dar­stellt, denn der türkische Widerstand sei dank vorbild­licher Organisation nicht mehr zu brechen.

Unsere Zeppeline gegen englische Kriegsschiffe.

(WTB.) Amsterdam, 6. Juli. Ein hiesiges Blatt meldet aus Terschelling: Ein Beobachter, der sich an Bord eines neutralen Schiffes am Sonntag auf der Höhe von Terschelling befand, sah, wie un­gefähr um i/42 Uhr mittags sechs britische Kriegs­schiffe, darunter vier Torpedoboote und zwei größere Fahrzeuge in einer Reihe heranfuhren. NH Stun­den später erschienen plötzlich vier Zeppelinluftschiffe, die einen nordöstlichen Kurs nahmen. Sie fuhren auf die britischen Schiffe zu, die sofort anfingen, im Zickzack zu fahren. Dann verschwaden die Zeppeline, unter ihnen!> 10", um nach 2 Stunden wiederzu­kehren. Sie kreuzten neuerdings über den britischen Fahrzeugen, die 544 Kilometer von dem Schiffe des

Amtliche Bekanntmachungen.

K. Oberamt Tal«.

Auf dt« imStaatsanzeiger" Nr. 154 (Beilage) er- schienen« Bekanntmachung des K. Ministeriums des Kirchen- und Schulwesens vom 12. vor. Mt».

betreffend die Abhaltung besonderer Prüfungen für de« Einjährig.Ireiwilligen-Dienst werden die beteiligten Kreise hlemit hingewiesen.

DerStaatsanzriger" kann bei den Herren Ortsvor- stehern eingesehen werden.

Den 6. Juli 1915.

Regierungsrat: Binder.

Beobachters entfernt waren. Zwei Luftschiffe ver­schwanden, nachdem Schütze gefallen waren, zwei andere blieben über dem Geschwader, das sich schnell verteilte. Es ließ sich nicht feststellen, ob die Zeppe­linluftschiffe beschädigt und ob Bomben abgeworfen wurden. Berichte von Fischern aus Pmuiden be­sagen, daß am Sonntag früh nördlich von Terschel­ling eine Anzahl von britischen und deutschen Zer­störern und Torpedoboote gesehen wurden. Ein Fi­scher zählte 14 deutsche Torpedoboote. Ob ein Gefecht stattfand, konnte nicht beobachtet werden, doch hörte man schießen. Andere Fischer geben ähnliche Schil­derungen.

Deutsche V-Boote im ägäischen Meere.

Athen, 6. Juli. Nachrichten über das Erscheinen von 7 deutschen Unterseebooten großen Typs im ägäischen Meere rufen lt.Deutscher Tageszeitung" die größte Bestürzung in den Kreisen der dorthin, entsandten Marinestreitkräfte hervor, da es sich im Laufe der Unternehmungen gezeigt hat, daß die ein­zige wirkungsvolle Schutzmaßnahme gegen die Unter­seeboote die Zurückziehung aller großen Schiffsejn- heiten war. Eine öftere Wiederholung dieser Taktik vor den Dardanellen würde aber nach den Ansichten von Fachleuten für die verbündete Landarmee auf Gallipoli ein katastrophales Ende bedeuten.

Unsere ll-Boote.

Paris, 6 Juli. Eine Mitteilung des Marine Ministeriums besagt: Der französische Postdampfer Carthage ist am Sonntag am Kap Helles von einem Unterseeboot torpediert und versenkt worden.! 66 Mann wurden gerrettet, 6 werden vermißt. >

WTB. Marseille. 6. Juli. Die Nachricht der! Agence Havas über die Torpedierung derCharthage", durch ein deutsches Unterseeboot hat am Montag abend große Erregung hervorgerufen. Das Schiff gehörte der Mittelmeerflotte der Tompagnie Trans- j atlantiqe an und war vom Staate für die Fort­schaffung von Truppen und Material für das Expe­ditionskorps im Osten requiriert worden. Der Post-, dampfer hatte am 24. Juli Marseille mit einer hedeutenden Ladung verlassen. Die Besatzung be­stand aus 96 Mann.

Bon unseren Feinden.

Die englischeMunitionsnot."

(WTB.) London, 5. Juli. Lord Cnrzon bean­tragte im Unterhaus eine zweite Lesung der Muni­tionsbill und sagte: Wir befinden uns im 12. Mo­nat des fürchterlichsten Krieges, der je geführt wor­den ist. Wir sehen nirgends ein Ende. Es ist uns nicht gelungen, den Feind aus den von ihm besetzten' Gebieten der Alliierten hinauszuwerfen. Größere Anstrengungen und Opfer sind erforderlich und es ist zwecklos, sich zu verhehlen, daß die Lage zu ernster Besorgnis Anlaß gibt. Man darf ruhig sagen, daß sich das Land in schwerer Gefahr befindet. Die Ueber- legenheit des Feindes beruht auf seiner langen ge­duldigen Vorbereitung nicht nur auf einen Krieg im allgemeinen, sondern auf diesen besonderen Krieg, ferner auf seiner außerordentlich wirksamen Organi­sation, die es ihm ermöglicht, alle materiellen, wis­senschaftlichen und intellektuellen Kräfte der Nation zur Erfindung und Vervollständigiung der Kriegs­munition auszunutzen und aus seiner beherrschenden Ueberlegenheit sowohl im Westen als im Osten in schweren Geschützen. Maschinengewehren. Gewehren und Munition. Dagegen sind die Truppen der Alli­ierten Mann für Mann dem einzelnen Gegner über­legen. (!) lieber die Frage, wann die Regierung eine merkliche Besserung in der Munitionserzeugung er­warten würde, könne man sich nur sehr vorsichtig äußern. In gewisser Hinsicht könnten sehr baldige be­merkenswerte Fortschritte erzielt werden. Im gan­zen dürfe man noch für dieses Jahr einen Zeitpunkt erwarten, an dem eine Produttionsmenge erreicht werde, die die eigenen Bedürfnisse befriedigen und die in gewisser Hinsicht die noch schreiendere Not einiger Verbündeter lindern würde. Lord Lore- burn forderte eine offenere Aufklärung der Nation

durch die Regierung. Der Feind wisse ein gut Teil mehr über England als die Engländer selbst.

Lord Weardale beklagte das große Unglück, das aus dem Mangel an Munition entstanden sei. und daß er die frühere Regierung kritisieren müsse. Asquith habe die Verantwortung für sie zu tragen. Das Volk müsse die sichere Gewähr dafür haben, daß, obwohl Asquith Premierminister geblieben sei, ein neuer Geist in die Regierung eingezogen sei. Er wolle keine persönlichen Angriffe auf Asquith richten, aber er müsse doch betonen, daß auf ihn die Verantwortung für die ersten 11 Kriegsmonate falle.

Die Registrierungsbill.

London» 6. Juli. Die Zahl der registrierte« Munitionsarbeiter beträgt bis jetzt 70000. Die Freiwilligenanwerbung soll bis Freitag fortgesetzt werden.

(WTB.) London. 6. Juli. Die Liberalen und die Arbeiterpartei haben zu der Registrierungsbill 14 Anträge eingebracht. Der für die Bill verant­wortliche Minister Long hat, nach derMorning Post", gesagt, es sei sicherlich keine gleichgiltige Sache, daß soviele Liberale den Gesetzentwurf zum Schei­tern bringen wollten, der nach der ausdrücklichen Aufklärung der Regierung notwendig sei, um die große feierliche Verpflichtung, die ihr obliege, zu er­füllen.

Eine sehr sorgenvolle Zeit".

London» 6. Juli. Am Samstag fand die dritte Sitzung des Kabinetts in dieser Woche statt. Sie dauerte 2'/» Stunden. Alle Mitglieder des Kabi­netts außer Grey waren anwesend. Der Parla­mentskorrespondent derTimes" meint hierzu, das Kabinett habe eine sehr sorgenvolle Zeit.

Die englischen Drahtseilkünstler.

Rotterdam, 6. Juli. DerNieuwe Rotterdcnnsche Courant" meldet aus London: Eine Deputation von Südslawen, die alle serbischen Provinzen Oesterreich- Ungarns vertraten, wurde unter Führung des früheren Bürgermeisters von Spalato von dem Leiter des Aus­wärtigen Amtes, Lord Crewe, in Audienz empfangen. Die Mission will in London einen besseren Begriff über die Bestrebungen und die Wünsche der Südslawen ver­breiten und vor allem gegen die Gefahren kämpfen, die den Südslawen von einer italienischen Machterweite­rung drohen. Lord Crewe richtete an die Deputation, wie er es selbst nannte, warnende Worte und sagte: So­weit das Studium der Geschichte mich lehrt, hat noch keine Nation ihre Expanfionsbegierden und Träume von Gebietserweiterungen weder als Folge eines herz­haft aufgenommenen Krieges noch unter Mithilfe mäch­tiger Bündnisse ganz erfüllt gesehen. Was immer kom­men möge, so können Sie versichert sein, daß der sla­wische Geist Gelegenheit zu breiter Entfaltung erhalten wird. Dem Slawentum winkt eine Zukunft unwider­legbarer Größe und Wohlfahrt auf neuen, ausgedehnten Gebieten.

Russische Verstimmung über die Ententegenoffen.

Wien, 6. Juli. DieNeue Freie Presse" meldet lautD. T." aus Konstantinopel: Die Anzeichen einer Verstimmung zwischen Rußland und seinen Bundesgenossen treten immer deutlicher zutage. Der Zar hat seinen Flügeladjutanten Sandansky nach Paris geschickt, um die Franzosen zu einer energischen Aktion auf der Westfront zu veranlaßen. Schwer enttäuscht ist man in Petersburg über den Eindruck, den das Auftreten Italiens auf dem Balkan hervor- gerusen hat.

Die Plünderungen in Moskau.

(WTB.) Paris, 6. Juli. Der Petersburger Be­richterstatter desTemps" berichtet, daß die Unruhen in Moskau am 9., 10. und 11. Juni keinen revolutio­nären Charakter (?) getragen hätten, sondern auf den Hatz der moskowitischen Arbeiterschaft gegen die Deut­schen (!) zurückzuführen sei. Anfangs seien nur deutsche Häuser und Fabriken verwüstet worden. Bald jedoch habe sich die Volkswut gegen die Unternehmungen ge­richtet, die irgendwie deutschklingende Namen hatten. Schließlich habe die Menge ohne Ansehen der Nationali­tät geplündert. Kein Stadtviertel sei verschont geblie­ben. Die Stadt habe einen chaotischen Eindruck geboten. An zahlreichen Stellen flackerten Brände auf. In den Straßen lagen Haufen von Möbeln, Stoffen, Klavieren und Vorräten herum. Was nicht weggeschafft werden konnte, wurde angezündet. In der Umgebung von Mos­kau wurden Landhäuser, darunter zahlreiche russische, in Brand gesteckt und geplündert. Die Polizei konnte erst am Nachmittag des 11. Juni die Ruhe wieder Her­stellen. Der amtlichen Statistik zufolge wurden 475 kaufmännische Unternehmungen und 207 Privathäuser verwüstet und zerstört, darunter 113, die deutschen, 90 russischen und 479, die Angehörigen der verbündeten Na­tionen gehören Der bisher angemeldete Schaden erreicht die Summe von 39 Millionen Rubel.

Kohlennot in Rußland.

(WTB.) Petersburg, 6. Juli. Ein Erlaß des Stadtkommandanten gibt bekannt, daß wegen Koh-