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Nr. 134. Amts- und Anzeiaeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 90. Jahrgang.

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Srlnungswrisr: -mal wöchentlich. Lnzeigenpreis: Zm VLeramK« « L!atw für die einspaltige BorgtSzeile 10 Pfg., außerhalb derselben 12 Pfg., »v,n SL Pfg. Schluß für Inserarannahme 10 Uhr vormittags. Telefon S-

Samstag, de» 12. Juni 1818.

Bezugspreis: In der Stadt mit TrSgerlohn Mk. I.2S vierteljährlich, Pb bezugSyreiS für den Orts- und Nachbarortsverkehr Mk, 1.20, im Fernoerke Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 42 P

Me BergeltnugslNtzregeln gegen Frankreich. - Mutmaßliches öker die amerikanische Rate

DerLusi1ania"-Fall

^ Die nächsten Stunden schon werden uns wohl Aufklärung über die amerikanische Note an Deutschland wegen desLusitania"-Falles geben, und damit dürfte dann auch der geheimnisvolle Schleier gelüftet werden, Len Reuter über dieses diplomatische Schriftstück in un­verkennbarer Absicht der Verwirrung der öffentlichen Meinung Deutschlands gebreitet hatte. Nach allem, was man bisher, allerdings nur aus englischer Quelle weih, soll die Note also doch eine sehrernste" Sprache reden ,und es soll auch zutressen, dah Bryan, ganz im Gegensatz zu der allgemeinen Anschauung, die man sich in Deutschland über seine Persönlichkeit gebildet hatte, der mäßigende Faktor in der amerikanischen Regierung gewesen sein soll bei der Behandlung der deutsch-ameri­kanischen Streitfälle über die Seekriegführung. Wir können von hier aus nicht darüber urteilen, ob tatsäch­lich die Verhältnisse so liegen, wie sie Bryan angeblich in einem öffentlichen Aufruf und in politischen Ver­sammlungen geschildert hat, dah nämlich die Note einem umschriebenen langfristigen Ultimatum verzweifelt ähnlich sehen werde, dah er sie als Vorbote des Krieges betrachte und dah er deshalb zurückgetreten sei, weil er die Verantwortung für einen solchen Schritt nicht übernehmen wolle. Dah die Note formell etwas dringender" gehalten ist ,ist anzunehmen, denn beim Untergang derLusitania" ist auch ein amerikanischer Milliardär umgekommen, das sieht der amerikanische Finanz- und Jndustrietrust, dessen Männer uns aus sehr nahe liegenden Gründen überhaupt nicht sehr grün sind, als direkte Brüskierung des Dollarkönigtums an, und wer die amerikanischen Verhältnisse kennt, weih dann auch, dah die Regierung in Washington durchaus der­selben Meinung zu sein hat. In Amerika verfügt der Dollar über die Autorität, Disziplin und die Verwal­tung des Staates, nicht aber andere traditionelle Fak­toren ,wie das in der Alten Welt noch teilweise der Fall ist.

Es wird vielleicht gut sein, wenn wir im letzten Augenblick vor Bekanntwerden des Inhalts der Note uns noch einmal darüber klar werden, was Wilson eigentlich von Deutschland will. Er will nicht mehr und nicht weniger, als dah jeder feindliche Dampfer, ehe er von unfern O-Booten torpediert wird, darauf unter­sucht wird, ob nicht etwa ein Amerikaner darauf ist, der sich den Spatz leistet, in dem von Deutschland, mit demselben Recht wie England dies gemacht hat, gekenn­zeichneten Kriegsgebiet auf feindlichen Fahrzeugen Vergnügungsreisen zu machen. Dah diese feindlichen Schiffe, wie bewiesen ist, Kanonen an Bord haben, und die deutschen U-Boote zu rammen versuchen, ändert an der Anschauung des Herrn Wilson anscheinend nichts, denn ein Amerikaner ist natürlich weit mehr wert, als die ganze deutsche U-Vootmannschaft samt ihrem Füh­rer. Eine andere Argumentation über diese Frage ist gar nicht möglich, denn sonst hätte sich die amerikanische Antwortnote aus die klaren deutschen Ausführungen zumLusitania"-Fall vollständig erübrigt. DieLusi­tania" ist sogar ein englischer Hilfskreuzer, hatte nach­weislich Munition an Bord, wodurch sie, o Ironie des Schicksals, auch noch gegen das amerikanische Gesetz, wonach Passagierfchiffe keinen Sprengstoff füh­ren dürfen, sich vergangen hatte. Und da sollte nun der deutsche Michel so loyal sein, wegen ein paar dreister Amerikaner die Munition ruhig nach England schaffen zu lassen, damit sie dann seinen Söhnen das Gefühl für amerikanische Neutralität beibringen kann, wodurch letzten Endes erreicht würde, dah die Herren Engländer sich eine ganze Masse mit guten amerikanischen Bürger­papieren versehene Amerikaner kaufen könnten. Es wäre dann erstens erreicht, dah die Munitionsliefe­rungen nach England gesichert mären und dann, was ein sehr wesentlicher Faktor in der Beurteilung der ame­rikanischen Antwortnote sein dürfte, dah die Amerikaner ihre Kriegslieferüngen ohne das bisherige Risiko mit gutem Profit machen könnten.

Die deutsche Regierung wird wohl nicht verfehlen,

das Weihe Haus und Wallstreet auf den Zwiespalt der Natur in der Beurteilung englischer und deutscher Seekriegführung gebührend hinzuweisen, mag nun die amerikanische Note gefaßt sein, wie sie will.

*

Mutmaßliches.

Berlin, 1l. Juni. DieDeutsche Tageszeitung" schreibt: Die Beantwortung der amerikanischen Note wird längere Zeit in Anspruch nehmen; sicher ist, dah sie nicht vor 14 Tagen fertig sein kann, da zunächst die Ankunft des Herrn Meyer-Gerhard abgewartet werden muh, den Botschafter Graf Vernstorff mit persönlicher Instruktion an die deutsche Regierung und einem Jm- mediatoortrag an den Kaiser betraut hat. Herr Meyer- Gerhard hat aber erst am 3. Juni Newyork verlassen und braucht 14 Tage bis zu seinem Eintreffen über Nor­wegen in Berlin. Erst nach Anhörung seiner Mittei­lungen kann die Abfassung der Antwort an die ameri­kanische Regierung erfolgen .

Haag, 11. Juni. Bryan richtet ,wie demL.-A." berichtet wird, einen Aufruf an das amerikanische Volk, worin er anläßlich der bevorstehenden Veröffentlichung der amerikanischen Note an Deutschland erklärte, datz die Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm Und Wil­son nicht persönlicher Art seien. Sie seien zurückzu- sühren auf zwei verschiedene Systeme, das alte, das sich auf die Gewalt, und das neue, das sich auf reine Ueber- legung stütze. Das neue System habe seit 19 Jahrhun­derten sich als allzulangsam erwiesen, Oesterreich habe ein Beispiel des neuen Systems geliefert. Bryan apel- liert an das amerikanische Volk, es sollen die Völker aus der schwarzen Kriegsnacht an das Tageslicht hin­übergeführt werden, wo die Schwerter zu Pflugmessern umgeschmiedet werden. Bryan wird heute weitere Auf­rufe an das amerikanische Volk richten. Demnach scheint es, als ob Bryan, der mächtigste Volksredner der Ver­einigten Staaten, in der Tat zugunsten des Friedens eine Bewegung einlciten wolle.

Rotterdam ,11. Juni. DieLondoner News" lassen sich aus Newyork kabeln: Trotz der Zuspitzung der Dif­ferenzen mit Deutschland und der scharfen Sprache der amerikanischen Note ist kein Abbruch der diplomatischen Beziehungen Nordamerikas mit Deutschland zu erwar­ten. In Washington rechnet bisher niemand mit einem solchen Ausgang derLusitania"-Angelegenheit. Auch ein großer Teil der englischen Presse in der Union, vor­an dieSun", ist gegen jede kriegerische Aktion wider Deutschland.

Ein Reuterbericht.

(WTB). Newyork, 11. Juni. (Reuter.) Die Fe­deral Grand Jury hat nach Zeugenaussage des deut­schen Reservisten Gustav Stahl dessen Verhaftung we­gen Verdachts des Meineids angeordnet, weil er er­klärt hatte, datz er auf der Lusitania Kanonen gesehen habe.

Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Die deutsche amtliche Meldung.

(WTB.) Großes Hauptquartier. 11. Juni. (Amt­lich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Feind­liche Vorstöße nordöstlich der Lorettohöhe sowie wie­derholte Angriffe gegen unsere Stellungen nördlich und südlich von Nieuville scheiterten. Der Nahkamps in der Gegend nördlich von Ecurie dauert noch an. Südöstlich von Hebuterne und Veaumont wurden feindliche Angriffe gestern und heute nacht abge­wiesen. Nur am Wege SerreMailly erzielten die Franzosen einen unbedeutenden Fortschritt. Die in der Champagne am 9. Juni eroberten Gräben ver­suchten die Franzosen uns gestern abend wieder zu entreißen. Mit starken Kräften und in breiter Front griffen sie nördlich von Le Mesnil bis nördlich von Beausöjour Ferme an. Der Angriff brach unter

schwersten Verlusten für den Feind gänzlich zusam­men. Erneute nächtliche Angriffsversuche wurden bereits im Keime erstickt.

Oestlicher Kriegsschauplatz. An der unteren Dubissa nordwestlich Eiragola wurden meh­rere russische Angriffe abgewiesen. Der Feind verlor hierbei an uns 388 Gefangene.

Süd östlicher Kriegsschauplatz. Die Lage bei den in Galizien kämpfenden deutschen Trup­pen ist unverändert.

Oberste Heeresleitung.

Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.

(WTB.) Wien, 11. Juni. Amtliche Mitteilung vom 11. Juni, mittags: Russischer Kriegsschau­platz. In Südostgalizien und in der Bukowina setzten die verbündeten Armeen den Angriff gegen die noch südlich des Dnjestr stehenden russischen Kräfte erfolg­reich fort. Truppen der Armee Pflanzer haben den Geg­ner aus seinen Stellungen nördlich Ottynia, bei Der» tyn und Horodenka zurückgeworfen und sind im Vor­dringen an den Dnjestr, dessen südliches Ufer die Russen noch zu halte» versuchen. Knapp östlich Czernowitz, an der einzigen Stelle, an der die Russen noch am Pruth stehen .wiesen unsere Truppen einen Angriff des Fein­des nach kurzem Kampfe ab. Im übrigen ist die Lage im Norden unverändert.

Italienischer Kriegsschauplatz. Vor­gestern und gestern wurden sämtliche Angriffe der Ita­liener an allen Fronten abgewiesen. Ein neuerlicher, gegen einen Teil des ELrzer Brückenkopfes gerichteter Vorstoß brach im Feuer dalmatinischer Landwehr zu­sammen. Ebenso erfolglos blieb ein Angriff des Feindes nördlich Ronchi. Der Artilleriekampf an der Jsonzo» front hielt an. An der Kärntner Grenze wurden gestern nachmittag ein starker gegnerischer Angriff auf den Freikofel, ein schwächerer beim Wolayer See abgeschla­gen. In Tirol scheiterte ein Vorstoß einer bei Cortina d'Ampezzio eingebrochenen italienischen Brigade an unseren Stellungen bei Peutelstein. Neuerliche Angriffe in dieser Gegend und nächtliche Kämpfe bei Landro endigten gleichfalls mit dem Zurückgehen des Feindes. Im übrigen Tiroler Grenzgebiet finden ununterbrochen Eeschützkämpfc und für unsere Waffen erfolgreiche Schar­mützel statt. Der Stellvertreter des Chefs des General, stabs: von Höfer, Feldmarschalleutnant.

EinrussischerTorpedobootszerstörervernichtet.

(WTB.) Konstantinopel, 11. Juni. Bei einem Ge­fecht in der letzten Nacht im Schwarzen Meer versenkte der türkische KreuzerMidilli" einen großen russischen Torpedobootszerstörer und kehrte unbeschädigt hierher zurück .

Ein italienisches D-Boot vernichtet.

(WTB.) Wien, 11. Juni. Amtlich wird mitge­teilt: Das italienische UnterseebootMedusa" wurde durch eines unserer Unterseeboote in der Nord-Adria torpediert und versenkt. Der zweite Offizier und 4 Mann wurden gerettet und gefangen. Flottenkom­mando.

Bor der Räumung Bessarabiens.

Bukarest, 11. Juni.Universul" erhielt laut Be­richt an dieD. T." aus Kischinew zuverlässige Mit­teilungen, dah die russischen Behörden die Bevölkerung aufmerksam machten, sich auf alle Fälle bereit zu hal­ten, um gegebenenfalls Bessarabien zu räumen. Die wohlhabenden Kreise treffen in aller Eile Vorberei­tungen zur Abreise.

Die Grenzscharmützel auf dem italienischen Kriegsschauplatz.

(WTB.) Wien, 11. Juni. Der Kriegsberichterstat­ter der Neuen Fr. Presse meldet vom Tiroler Kriegs,