Seite 2

Schwarzwälder Tageszeitung

Nr. 141

Reiches zum Ziele haben. Mit Chauvinismus habe das nicht das Geringste zu tun.

Deutschland denke nicht daran, die Leistungen und Tugenden anderer Völker irgendwie anzutasten. Nur müßte das aus Gegenseitigkeit beruhen. Es werde in Zukunft nicht mehr mög­lich sein, so erklärte der Minister unter langanhaltendem stür­mischem Beifall, die Gegensätze und Disferenzen der anderen Welt aus dem Rücken Deutschlands auszutragen. Das deutsche Volk selbst wisse sehr genau, worum es gehe.

Der Minister kam in diesem Zusammenhang auch auf die verbrecherischen Anschläge rotspanischer Flugzeuge auf die deut­schen Seestreitkräfte in den spanischen Gewässern zu sprechen und hob auch hier wieder mit allem Nachdruck hervor, daß sich Deutschland derartige Provokationen unter gar keinen Umstän­den gesallen lassen werde und könne.

Es scheine, als hätte die rote Unterwelt die vor einiger Zeit anläßlich des Bombenüberfalls auf dieDeutschland" erteilte eindeutige Warnung immer noch nicht verstanden.

Wir haben uns selbst angesichts der Schießübungen roter U-Doote auf den KreuzerLeipzig" in der Abwehr dieser Provo­kationen streng an den legalen Weg gehalten:

Wir haben an den Nichteinmischungsausschuß appelliert. Wir erwarten nun auch", mit stürmischer Zustimmung nehmen die Massen diese Worte aufdaß der Nichteinmischungsaus- schuß sich nicht etwa darauf beschränkt, einen Unternichtein­mischungsausschuß einzusetzen, der dann nach den Methoden des Völkerbundes eine Kommission einberust, die untersuchen soll, ob überhaupt etwas geschehen ist. Man muß die roten Provo­kateure abwehrenl Das pazifistische Deutschland der Systemzeit, mit dem die Welt so leicht fertig wurde, lebt nicht mehr! Das Deutschland von heute ist eine Weltmacht und will auch als solche behandelt werden. Es wünscht nichts sehnlicher als den Frie­den, und den Frieden erhält man am besten dadurch, daß man die Friedensbrecher zur Ordnung ruft."

Den Massen im Stadion sich zuwendend, erinnerte der Mini­ster an die schweren Jahre des Kampfes um die Macht und gab seiner stolzen Freude über den Wandel Ausdruck, der sich inzwi­schen vollzogen habe. Mit tiefer Genugtuung könnten wir fest­stellen, daß der Führer gehandelt und die Macht genutzt habe. Allzeit das große Symbol unsere Einigkeit und Freiheit habe er auch in den schwersten Krisen ganz allein die Verantwortung auf seine Schultern genommen.

Unter seiner historischen Führung", so sagte der Minister, während Stürme des Beifalls ihm aus dem weiten Rund des Stadions entgegenbrausten,ist in den letzten viereinhalb Jah­ren in Deutschland wieder Geschichte gemacht worden! Glückhast »nd siegreich hat sich die Nation neu aufgerichtet."

Wie ein Mann erhoben sich die 130 000 im weiten Stadion, die als die treuen Gefolgsleute des Führers gekommen waren, ein Bekenntnis zur deutschen Vergangenheit, aber damit auch zur deutschen Zukunft abzulegen, um mit Dr. Goebbels begeistert und ergriffen im Angesicht des lodernden Sonnenwendfeuers in den Ruf einzustimmen: Das Reich und das Volk, die Bewegung und der Führer Sieg-Heil!

ReWlagmig dir RvrdWrn GrWKast

Dr. Dorpmüller über Berkehrsfragen der Ostsee

Lübeck, 21. Juni. Auf der Tagsatzung der Nordischen Gesell­schaft am Montag sprach zunächst Dr. Alf Vjerke-Norwegen über das ThemaDer nordische Mensch als Entdecker". Dann nahm der Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen, Dr. Fritz Todt, das Wort zu seinem VortragDer nordische Mensch und der Verkehr".

UeberGemeinsame Verkehrsfragen der Ostsee" sprach darauf der Reichsverkehrsminister Dr. Dorp müller. Er führte u. a. aus: Die Ostsee ist kein Binnensee. Sie ist eine Meeresbucht 70 v. H. des Schiffsverkehrs der Ostsee gehören dem Verkehr mir llebersse. Darin wirkt sich ihr Charakter als Meeresbucht aus. Dieser Verkehr ist gegenüber der Vorkriegszeit im Wachsen und zwar ist er heute um etwa 20 bis 25 v. H. größer als 1913. Un­sere Ostsee ist wirtschaftlich eines der lebendigsten Gebiete der Weltwirtschaft, bei dem die Schiffahrt im Vordergründe stehr. Im Auslandsoerkehr der Ostseehäfen haben sich in den letzten Jahren zwischen 50 und 60 Millionen Nettoregistertonnen Schiffsraum bewegt. Sie haben zwischen 60 und 70 Millionen Cütertonnen befördert. Dreiviertel dieser Güter gingen zwischen der Ostsee einerseits, der Nordsee und llebersee andererseits hin und her. Der Durchgangsverkehr durch den Nordostseekanal hat sich 1936 gegenüber dem Vlütejahr 1913 verdoppelt. Der Anteil der nordländischen Flotten hieran beträgt etwa 20 v. H. Die Ausfuhr der Ostseegemeinschaft durch den Nordostseekanal und um Skagen nach Osten ist gegen die Vorkriegszeit von 25 auf über 30 Millionen Tonnen gewachsen. Die Einfuhr ist dagegen in gleichem Maße zurückgegangen. In diesem Rückgang spiegelt sich vor allem die Verdrängung der englischen Kohlen durch Sie polnischen.

Ein lebhafter Fortschritt beherrscht die Ostseeflotte. Neben dem Wachstum der Durchschnittsgröße aller Schiffe schreitet die Motorisierung auch in der Schiffahrt unaufhaltsam vorwärts. Es besteht eine echte Verkehrsgemeinschaft. Vor allem der völ­kerverbindende Personenverkehr entwickelte sich lebhaft aufwärts, aber auch der Güterverkehr auf den Fähren ist gewachsen. Bei Saßnitz hat er sich sogar verdoppelt. Dies ist aber fast die ein­zige Form staatlicher Güterschiffahrt in der Ostsee. Im übrigen bleibt der Güterverkehr zu Wasser den freien Reedereien über­lasten. Eine Ausnahme macht hier nur die sowjetrussische Schiff­fahrt.

Zum Schluß sprach Dr. Dorpmüller über den Luftverkehr. Deutsche Flugzeuge, so betonte er, haben im letzten Jahr im Verkehr mit den Ostseestaaten 1 Million Kilometer zurückgelegt. Die Beförderungsleistungen deutscher Flugzeuge konnten gegen­über dem Jahre 1925 auf das Siebenfache gesteigert werden. Kraftverkehr, Schiffahrt, Spedition und Reisebüros, so schloß der Minister, werden sich auf dieser Tagung ausgiebig über zahl­reiche Einzelfragen künftiger Zusammenarbeit näher aussvrechen.

Sie smd stets auf dem Laufende»

wenn Sie die Schwarzwälder TagezeitunzAns de» Tannen" lesen, die in schneller und übersichtlicher Weise über alles Wissenswerte berichtet.

Die ReWumItouilgsorrmriig

Berlin, 21. Juni. Im Reichsgesctzblatt wird die Reichsumle­gungsordnung vom 16. Juni 1937 verkündet, die der Neichsmi- nifter für Ernährung und Landwirtschaft R. Walter Darre auf Grund der ihm vom Reichskabinett gegebenen gesetzlichen Er­mächtigung erlassen hat. Die Reichsumlegungsordnung tritt an die Stelle von mehr als 15 einzelnen veralteten Landesgesetzen, zum Teil aus dem Anfang des vorigen Jahrhunderts Die Reichsumlegungsordnung ermöglicht, dieZ usam menlegung zersplitterten ländlichen Grundbesitzes und des­sen Bewirtschaftung oder sonst eins Förderung der allgemeinen Landeskultur herbeizuführen. Auch unwirtschaftlich zu schmal oder zu lang gestreckter spitzwinkliger Grundbesitz gilt in diesem Sinne als zersplittert.

Noch fast sechs Millionen zersplitterte Grundstücke, hauptsäch­lich im Westen und Süden Deutschlands, bedürfen der Umle­gung, um voll leistungsfähig im Sinne des Vierjahresplanes zu sein. Eine energische Zusammenlegung gleicht fast der Neuge­winnung von Kulturland, so stark ist die Steigerung der Er­träge, die sie zur Folge hat. Außerdem dient die Umlegung dazu, die bei der Anlegung von Neichsautobcchnen, Staubecken u a. m. entstehenden Schäden für die Landeskultur zu beseitigen oder zu vermeiden. Die Umlegung wird von Umlegungsbehörden durch­geführt, die oberen llmlegungsbehördenn unterstehen. Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft ist oberste Umlegungsbehörde.

Einleitung und Durchführung der Umlegung werden auf eine neue Grundlage gestellt. Die früheren Abstimmungen der be­teiligten Bauern nach parlamentarischen Mehrheiten über die Einleitung fallen fort. Die Interessen der Bauern werden vom Landesbauernführer gegenüber den Umlegungsbehürdeu vertre­ten. Stimmt er der Umlegung zu, so wird sie eingeleitet. Die Durchführung ist ein reines, straff geführtes Verwaltungsver­fahren, in dem die Beteiligten ihre Wünsche äußern können.

Ueber die allgemeinen Grundsätze für die Durchführung der Umlegung besagt Paragraph 42 Folgendes:

1. Das Umlegungsgesetz ist neu zu gestalten, wie es die Grundsätze des nationalsozialistischen Staates und das ge­meine Wohl, insbesondere die nationalsozialistische Boden- und Raumordnung verlangen. Die Neugestaltung hat dem Ziele zu dienen, die Ernährungs- und Selbstvcrsorgungsgrundlage des deutschen Volkes zu verbessern. Die Feldmark ist neu ein- zuteilen und zersplitterter Grundbesitz wirtschaftlich zusam­menzulegen; Wege, Gräben, Vorflut-, Entwästerungs- und Bewässerungsanlagen sind zu schaffen, Bodenverbesserungen vorzunehmen und alle Maßnahmen, wie Auflockerung der Ortslage, zu treffen, durch welche die Grundlage der Wirt­schaftsbetriebe verbessert werden, der Arbeitsaufwand vermin­dert und die Bewirtschaftung erleichtert wird.

2. Die llmlegungsbehörde hat dabei die rechtlichen Verhält­nisse neu zu ordnen, dis öffentlichen Interessen, vor allem die Interessen der allgemeinen Landeskultur, zu wahren und den Erfordernissen der Reichs- und Landesplanung, des Natur­schutzes sowie der Neubildung deutschen Bauerntums und der Kleinsiedlung Rechnung zu tragen."

Jeder Teilnehmer erhält für sein Grundstück Land von glei­chem Wert nach Vornahme der für Gemeinschastshilfe und an­dere öffentliche Anlagen, gegebenenfalls auch zur Kostendeckung erforderlichen Abzüge zurück. Die Ergebnisse des ganzen Verfah­rens werden in einem Umlegungsplan zusammengefaßt, der vom Erundbuchamt in die Grundbücher übernommen wird.

Irr Ekkualmerb im Kloster Raria-Tann

Wie lange noch Klosterschulen?

Villingen, 21. Juni. (Vom Sonderberichterstatter des DNV.) Die tausendjährige Stadt Villingen auf den Höhen des badischen Schwarzwaldes ist plötzlich aufgeschreckt worden durch ein Ver­brechen, wie man es grauenvoller und scheußlicher sich kaum vorzustellen vermag. Ganz in der Nähe von Villingen liegt das Kloster Maria-Tann, geleitet von Laienbrüdern des Ordens Johannes von Lasalle. Der Name dieser Brüderschaft ist bereits dadurch bekannt geworden, daß der Leiter der Meersburger Niederlassung wegen Homosexualität verurteilt wurde. Auch ein Bruder von Maria-Tann ist wegen des gleichen Vergehens in Koblenz abgeurteilt worden. Diese Tatsache ist festzuhalten, weil sie für die Atmosphäre, in der das ungeheuerliche Verbrechen geschehen ist, sehr aufschlußreich sein kann.

In einem auf klösterlicher Grundlage aufgebauten Realgym­nasium werden etwa 80 Jungen für tun Erzicherberuf vorberei­tet. Einige hundert Meter von diesem Kloster entfernt wurde am , Donnerstag, den 16. Juni, früh um 6 Uhr die Leiche des 13 Jahre alten Zöglings Otto Mittermeyer aufgefunden, und als sein Mörder wurde kurz darauf der 17 ^ Jahre alte Untersekun­daner aus der gleichen Anstalt Peter Vogelgesang festgenommen. Die staatsanwaltschaftliche Untersuchung ist noch im Gange. Der Mörder befindet sich im Gefängn-s, und das Verfahren nimmt seinen Lauf. Ueber die strafrechtliche Sühne hinaus verlangt die Bevölkerung mit Recht die Aujklärung der merkwürdigen Hin­tergründe dieses Mordes

Die Umstände dieses scheußlichen Verbrechens sind so entsetz­lich, daß sie nur einem vergifteten Gehirn entsprungen sein kön­nen. Daß diesem Mord letzten Endes religiöse Hysterie zugrunde liegt, ist nicht mehr zu bezweifeln. Die Untersuchung der Staats­anwaltschaft wird sich daher auch auf seinen geistigen Zustand und die strafrechtliche Verantwortung erstrecken müssen.

Unbeschadet des Ausganges dieser Untersuchungen wird den HintergründendesVerbrechens, wie der Umwelt des Täters besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden sein. Wir haben an Ort und Stelle und durch Aussprache mit allen in Betracht kommenden Instanzen immer wieder feststellen müssen, daß die mönchisch-asketislche Atmosphäre, in der der Mörder und sein Opfer lebten, bei diesem Verbrechen eine große Rolle spielte. Die seltsamen Umstände des Mordes können ihre letzte Erklärung nur in der jugendlichen Mentalität völlig widersprechenden Ver­hältnissen eines konfessionellen Internats finden.

Der Mörder lebte seit zweieinhalb Jahren in dieser Anstalt. Er hat nach seinem eigenen Geständnis seit zwei Jahren per­verse Handlungen mit den jüngeren Schülern vorgenommen. Diese Dinge haben sich meist nachts in dem sog. Fechtsaal abgespielt.

Es muß auffallen, daß es überhaupt möglich war, daß die Jungen nachts ihren Schlafsaal verließen, ohne daß dies von

den Erziehern und dem Aufsichtsperson«! bemerkt wurde. Am 26. Mai hat Vogelgesang während der Schulstunde einen Wutan- sall bekommen. Er ist auf Lehrer und Schüler eingedrungen und gewalttätig geworden. Wie er jetzt zugibt, hat er daraufhin ei­nen Anfall fingiert. Er kam daraufhin in das städtische Kran­kenhaus nach Villingen, wo die Aerzte nichts Auffälliges an ihm bemerkten und ihn wieder der Anstalt zuführen wollten. Diese lehnte aber ab. Inzwischen waren nämlich die unsittlichen Vorkommnisse endlich auch der Anstaltsleitung bekannt geworden und diese fürchtete mit Recht, daß ihr daraus Schwierigkeiten entstehen könnten. In der Nacht zum 16. Juni hat sich nun Vo­gelgesang heimlich aus dem Krankenhaus entfernt. Festgestellt ist, daß er in den Tagen vorher mit anderen Insassen des Kran­kenhauses viele Gespräche über religiöse Fragen geführt hat. In diesem Zusammenhang muß auch erwähnt werden, daß wenige Tage zuvor, nämlich am 6. Juni, der Freiburger Erzbischof Groeber im Münster in Villingen eine stark polemische Rede gehalten hat, in der er von dem Märtyrertum der katholischen Geistlichen sprach. Vogelgesang hat dann einen nächtlichen Fuß­marsch von zwei Stunden Dauer zum Kloster Maria-Tann ge­macht, ist dort durch ein Kellersenster eingedrungen, nachdem er die elektrischen Sicherungen herausgeschraubt, sodaß er vor Ueberraschungen gesichert war, und ist in den Schlafsaal gegan­gen, in dem sich 25 Jungen befanden. Er hat dann unter Dro­hungen mit Erstechen den Mittermeyer dazu veranlaßt, aufzuste­hen und mit ihm fortzugehen. Hier tauchen wieder eine ganze Reihe rätselhafter Umstände auf: ein Fenster führte vom Schlaf­raum zu dem Zimmer eines Klosterbruders, dem die Ueberwa- chung der Jungen anvertraut war. Er hat aber angeblich nichts wahrgenommen. Die 24 Jungen, die mit dem Getöteten zusam­men im Saale schliefen, behaupten ebenfalls, nichts bemerkt zu haben. Mittermeyer ist, statt sich zu wehren, und auch nur zu schreien, mit seinem Mörder mitgegangen. Zum mindesten also ist hier ein Hörigkeitsverhältnis unter den Jungen sehr wahrscheinlich.

Vogelgesang ist dann mit seinem Opfer, das nur mit einem Nachthemd, einer Badehose und Sandalen bekleidet war. in der verhältnismäßig sehr kalten Nacht 600 Meter weit in den Wald gegangen. Zum Teil hat er den jüngeren Knaben getragen oder mit sich gezerrt. Im Walde hat er ihn dann an einen Baum gebunden und mit Hosenträgern und Tannen­zweigen gegeißelt. Von diesem Ort aus schleppte er dann den Jungen, dem er einen Knebel in den Mund gesteckt hatte, zu der Täfelestanne. Diese Tanne, nach der das Kloster seinen Namen hat, trägt einen Bildstock der Mutter Maria und dar­über eine Darstellung der Kreuzigung Christi. Unmittelbar vor dieser Tanne lagen drei große Baumstämme. Der Mörder fes­selte sein Opfer an zwei Baumstämmen fest, genau in der Sie l- lung des Gekreuzigten und auch ausgerechnet im Ange­sicht dieses Bildes. Dann stach er mit einem Taschenmesser auf den Jungen ein und brachte ihm 27Wunden bei. In auffal­lender Uebereinstimmung mit den Wundmalen Christi sind die Stichwunden an den Händen, an beiden Füßen und unterhalb des Herzens. Während die übrigen Wunden nur leicht geritzt sind, sind sie gerade an manchen Stellen besonders ausgebildet: man möchte sagen nach dem Vorbild geschnitzt. Trotz der Verletzungen hat der bedauernswerte Junge sich schließlich noch einmal losgerissen und ist dann schließlich von Vogelgesang erwürgt worden. Die ganze Szene im Walde hat drei volle Stunden gedauert. Der Täter ist dann in der klaren Erkenntnis, daß eine Flucht zwecklos wäre, zum Kloster gegangen und hat dort, wie er selbst zugibt, wreder einen Anfall simu­liert.

Zum Verständnis der Zusammenhänge ist es nötig, diese grauenvollen Einzelheiten ausführlich wiederzugeben. Die Frage, wie weit die Leitung des Klosters und die Erzieher ihre Aufsichtspflicht versäumt haben, bedarf dringend der Klärung. In der Bevölkerung, obgleich sie zu 95 v. H. katholisch ist, gibt es nur noch den einen Wunsch : fortmit der Kloster- schule! In einer Konferenz der Lehrerschaft des städtischen Realgymnasiums kam die gleiche Auffassung zum Ausdruck. Da­bei wurde besonders der Umstand betont, daß die Erziehung der jungen Menschen in einer gewissen Askese in Maria-Tann durften die Jungen beispielsweise eine halbe Stunde lang über­haupt nicht miteinander sprechen; sie mußten ihr Essen stehend einnehmen und andere Beschränkungen beachten innere see­lische Konflikte mit sich bringt und dies besonders in der Ent­wicklungszeit. Auch die Beschäftigung mit den Fragen des Zöli­bats und der Keuschheit, wie sie in solchen Anstalten üblich istz muß in diesen jungen Menschen naturgemäß Unruhe auslösen. Als weiterer schwerwiegender Umstand wird die Tatsache ange­sehen, daß die Jungen in den gleichen Klassen Altersunterschiede bis zu neun Jahren aufweisen. Von allen maßgebenden Stellen wird dem Milieu der Anstalt, der asketischen klösterlichen Erzie­hung ein großer Teil Verantwortung an dieser furchtbaren Tat zugeschoben. Auch die gesamte Lehrerschaft der Volksschulen in Villingen ist in einer Besprechung ebenfalls zu der Auffassung gelangt, daß die Klosterschule gescklossen werden mutz. Die katho­lischen Eltern, die man wegen dieser Dinge befragt, erklären einmütig: nie mehr werden wir unsere Kinder in eine solche Anstalt geben; denn die ungesunde Atmosphäre der Klosterschule ist der beste Nährboden sür anormale verbre­cherische Triebe.

Amerikanisches EMchlslWgtschtvadtt in Kiel

Kiel, 21. Juni. Das unter Führung des Konteradmirals Brown stehende 2. amerikanische Uebungsgsschwader mit den Li­nienschiffenArkansas",Neuyork" undWyoming" traf am Sonntag zum Besuch derKieler Woche" im Reichskriegshafen Kiel ein. Die drei Schlachtschiffe, die eine Besatzung von fast insgesamt 4000 Mann haben, unter denen sich etwa 1000 Kadet­ten befinden, machten nacheinander an den großen Bojen der Kriegsmarine mitten im Kieler Hafen fest.

Im Laufe des Montag fanden Landbesuche des Führers des amerikanischen ll-Bootsgeschwaders, Konteradmiral W. Brown, und der Kommandanten der drei amerikanischen Schlachtschiffe in Begleitung des amerikanischen Marineattaches in Berlin. Kapitän zur See Smith, beim Kommandierenden Admiral der Marinestation der Ostsee, Admiral Albrecht, beim Flottenchef Admiral Carls auf PanzerschiffAdmiral Graf Spee", beim Kommandierenden General und Befehlshaber im Luftkreis 6, General der Flieger Zander, im Luftkreiskommandogebäude, beim Oberpräsidenten der Provinz Schleswig-Holstein, Staats- rat Lohse, im Kieler Schloß und beim Oberbürgermeister der Kriegsmarinestadt Kiel, Behrens, im Kieler Rathaus statt.