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Nummer 15K
Altensteig, Samstag, den 8. Zuli 1933
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Reichskanzler Wer über Staat und Wirtschaft
Non -er Revolution zur Evolution
Reichskanzler Adolf Hitler über Staat und Wirtschaft
Berlin. 7. Juli. Aus der Konferenz der Reichsstatthalter am 6. Juli machte Reichskanzler Adolf Hitler grundlegende Ausführungen über die Einstellung der nationalsozialistischen Staatspolitik zur Wirtschaft. Der Reichskanzler ging davon aus, daß die politischen Parteien jetzt endgültig beseitigt seien. Dies sei ein geschichtlicher Vorgang, dessen Bedeutung und Tragweite man sich noch gar nicht bewußt geworden wäre. Wir müssen jetzt die letzten Ueberreste der Demokratie beseitigen, insbesondere auch die Methoden der Abstimmung und der Mehrheitsbeschlüsse, wie sie heute noch vielfach bei den Kommunen, in wirtschaftlichen Organisationen und Arbeitsausschüssen Vorkommen und die Verantwortung der Einzelpersönlichkeit überall zur Geltung bringen.
Der Erringung der äußeren Macht muß die innere Erziehung der Menschen folgen. Man müsse sich davor hüten, rein formale Entscheidungen von heute auf morgen zu fällen und davon eine endgültige Lösung erwarten. Die Menschen vermögen leicht die äußere Form in ihre eigene geistige Ausprägung umzubiegen. Man dürfe erst umschalten, wenn man die geeigneten Personen für die llmschaltung hat. Es sind mehr Revolutionen im ersten Ansturm gelungen, als gelungene aufgefangen und zum Stehen gebracht worden. Die Revolution ist kein permanenter Zustand, sie darf sich nicht zum Dauerzustand ausbilden. Man mutz den frergewordenen Strom der Revolution in das sichere Bett der Evolution hinüberleiten. Die Erziehung der Menschen ist dabei das wichtigste. Der heutige Zustand muß verbessert und die Menschen, die ihn verkörpern, müssen zur nationalsozialistischen Staatsauffassung erzogen werden. Man darf daher nicht einen Wirtschaftler absetzen, wenn er ein guter Wirtschaftler, aber noch kein Nationalsozialist ist: zumal dann nicht, wenn der Nationalsozialist, den man an seine Stelle setzt, von der Wirtschaft nichts versteht! In der Wirtschaft darf nur das Können ausschlaggebeud sein.
Die Ausgabe des Nationalsozialismus ist die Sicherstellung der Entwicklung unseres Volkes. Man soll aber nicht herumjuchen, ob noch etwas zu revolutionieren ist, sondern wir haben die Ausgabe, Position um Position zu sichern, um sie zu halten und allmählich mustergültig zu besetzen. Wir müssen dabei unser Handeln auf viele Jahre einstellen und in ganz großen Zeiträumen rechnen. Durch theoretische Gleichschaltungen schaffen wir keinem Arbeiter Brot. Die Geschichte aber wird ihr Urteil über uns nicht darnach abgeben. ob wir möglichst viele Wirtschaftler abgesetzt und eingejperrt baben, sondern darnach, ob wir es verstanden
haben. Arbeit zu schaffen. Wir haben heute absolut die Macht, uns überall durchzusetzen. Aber wir müssen die ab- gesetzten Menschen auch durch bessere ersetzen können. Der Wirtschaftler muß in erster Reihe nach seinen wirtschaftlichen Fähigkeiten beurteilt werden und wir müssen selbstverständlich die wirtschaftliche Apparatur in Ordnung halten. Mit Wirtschaftskommissionen, Organisationen. Konstruktionen und Theorien werden wir die Arbeitslosigkeit nicht beseitigen. Es kommt jetzt nicht auf Programme und Ideen, sondern auf das tägliche Brot für 5 Millionen Menschen an.
Die Wirtschaft ist ein lebendiger Organismus, den mau nicht mit einem Schlage verwandeln kann. Die Wirtschaft baut nach primitiven Gesetzen auf, die in der menschlichen Natur verankert sind. Die geistigen Bazillenträger, die jetzt in die Wirtschaft einzudringen juchen, bringen Staat und Volk in Gefahr. Man darf nicht die praktische Erfahrung ablehnen, weil sie gegen eine bestimmte Idee ist. Wenn wir mit Reformen vor die Nation hintreten, müssen wir auch beweisen, daß wir die Dinge verstehen und sie meistern können. Unsere Aufgabe heißt
Arbeit. Arbeit und nochmals Arbeit!
Aus dem Gelingen der Arbeitsbeschaffung werden wir die stärkste Autorität erhalten.
Unser Programm ist nicht geschaffen, um schöne Gesten zu machen, sondern um dem deutschen Volke das Leben zu erhalten. Die Ideen des Programmes verpflichten «ns nicht, wie Narren zu handeln, und alles umzustürzen, sondern klug und vorsichtig unsere Gedankengänge zu verwirklichen. Auf die Dauer wird die machtpolitische Sicherheit umso größer sein, je mehr es «ns gelingt, sie wirtschaftlich zu untermauern.
Die Reichs st atthalter hätten dafür zu sorgen und seien dem Reichskanzler dafür verantwortlich, daß nicht irgendwelche Organisationen oder Parieistellen sich Regie- rungsbefugnisse anmatzten, Personen abletzten und Armier besetzten, wofür allein die Reichsregierung, also in Bezug auf die Wirtschaft allein der Reichswirtschaftsministe» zuständig wäre. Die Partei ist jetzt der Staat geworden. Alle Macht liegt bei der Reichsgewalt. Es mutz verhindert werden, daß das Schwergewicht des deutschen Lebens wieder in einzelne Gebiete oder gar Organisationen verlagert wird. Es gibt keine Autorität mehr aus einem Teilgebiet des Reiches, sondern nur aus dem deutschen Volksbegriff.
tet würden. Bei uns habe man das Parlament beseitigt und einen ständischen Aufbau an seine Stelle gesetzt; in Oesterreich wolle man an die Stelle des Parlamentes einen Länderrat und einen Ständerat setzen, die keine Volksvertretung darstellten.
Die Uneinigkeit in der Regierung Dollfuß habe nun den Versuch gezeitigt, Uneinigkeit in die NSDAP, hineinzutragen. Man habe geglaubt, mit der Ausweisung Habichts einen Kampf unter den Führern um die Nachfolge entfesseln zu können. Diese Spaltungshoffnung sei aber eine große Enttäuschung gewesen.
Dollfuß habe dann Auslandshilfe gesucht. Er habe sich bemüht, eine Intervention zugunsten Oesterreichs herbeizuführen. Auch das sei mißlungen. Das Regime Dollfuß breche immer mehr zusammen, und es sei überflüssig, noch etwas für diesen Zusammenbruch zu tun.
Die Erhaltung und der Gewinn dieses urdeutschen Landes, so sagte Habicht, wird das Ziel des deutschen Menschen sein. Ein Separatismus eines Bundeskanzlers Dollfuß, der dem rheinischen Separatismus, der auch mit der Erfindung eines rheinischen Menschen begann, verblüffend ähnlich sei, werde diese Entwicklung nicht aufhalten können. Eine Einbeziehung Oesterreichs in das Reich ist heute leider unmöglich. Wir brauchen diese Einbeziehung auch nicht. Es genügt dem deutschen und dem deutsch-österreichischen Volksgenoffen, wenn die innere Ilebereinstimmung zwischen den beiden das deutsche Volk bildenden Staaten herbeigeführt ist. Denn dann ist der formelle Abschluß bedeutungslos.
Meder 121««» Arbeitslose weniger
Berlin, 7. Zuli. Nach dem Bericht der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 17.—30. Juni 1933 hat die seit Mitte Februar anhaltende Besserung Fortschritte gemacht. Von Mitte bis Ende Juni ist die Zahl der bei den Arbeitsämtern gemeldeten Arbeitslosen erneut um 121000 auf 4 856 000 gesunken. Zu berücksichtigen ist dabei, daß unter den Arbeitslosen auch alle Personen mitgezählt werden, die im Arbeitsdienst, bei der Hilfspolizei und bei Pflichtarbeiten tätig sind, somit im eigentlichen Sinne nicht Arbeitslose sind, sich aber weiter beim Arbeitsamt um einen ständigen Arbeitsplatz bemühen.
Die Besserungserscheinungen, die sich in sämtlichen Arbeitsamtsbezirken deutlich zeigen und zweifellos über das saisonmäßige Maß hinausgehen, sind nicht nur bedingt durch die Vergebung öffentlicher Aufträge und beeinflußt durch steuerliche Maßnahmen, sondern auch gefördert durch das wachsende Vertrauen der Industrie in die politische und wirtschaftliche Entwicklung. Während im Juni des Vorjahres die Minderung der Arbeitslosigkeit in den überwiegend industriellen Bezirken nur rund 0,1 bis 2,7 v. H. betrug, hat sie sich im Juni dieses Jahres fast überall verdoppelt. (1,7 bis 5,7 v. H.).
In der zweiten Junihälfte nahm die Zahl der Hauptunterstützungsempfänger in der Arbeitslosenversicherung um 19 000 auf 416 000, in der Krisenfürsorge um 15 000 auf 1310 000 ab. Auch die Zahl der anerkannten Wohl- fahrtsunterstlltzungsempfänger hat sich im Laufe des Juni um 119 000 auf 2 042 000 vermindert.
Eine merkliche Entlastung erfuhr im Zusammenhang mit den Regierungsmaßnahmen trotz der Reisezeit der Arbeitsmarkt der Hausgehilfinnen in fast allen Bezirken.
Irr Kanzler zur KirAeafrage
Unterredung des Reichskanzlers mit dem Dekan von Chichester
London, 7. Juli. Das lebhafte Interesse, das in England deir Schwierigkeiten gewidmet wird, die in Deutschland zwischen Kirche und Staat aufgetreten sind, hat den Dekan von Chichester veranlaßt, in einem Brief an die Times über Zeinen Berliner Besuch zu berichten. Er sagt darin: Der Reichskanzler Hitler habe ihm nachdrücklichst versichert, daß es nicht seine Absicht sei, in die innere Tätigkeit der Kirche einzugreisen. Er habe gesagt: Ich bin Katholik, mein Platz ist nicht in der evangelischen Kirche. Er wünsche die moralischen Kräfte zu stärken. Er wünsche eine einzige Reichskirche und hoffe, daß diese möglichst bald in die Erscheinung trete und einen Reichsbischof wählen werde. Er sei gezwungen gewesen, einzugreifen, weil er einen Notstand oor- gefunden habe. Er hoffe, daß die Schwierigkeiten jetzt überwunden werden könnten und daß die neue, von den Kirchenführern ausgearbeitete Verfassung zu einer Vereinheitlichung der Kirche führen werde. Bei Verhandlungen mit der römisch- katholischen Kirche habe er es mit einer einzigen Institution zu tun, er wolle bei der evangelisäjen Kirche in derselben Lage sein. Die Kirchen dürften sich nicht in die Politik einmischen, m religiösen Dingen würden sie völlig Freiheit haben.
DK ElNwMmlg in Slikmi»
Ste Lage -er Regierung Sollfuß unhaltbar
Berlin» 7. Juli. Die Reichspressestelle ber NSDAP, bat heute den österreichischen Landesinspekteur der NSDAP. Abg. Habicht, sie über die weitere Entwicklung der Lage in Oesterreich zu unterrichten. Einleitend erklärte der Pressechef der NSDAP. Dr. Otto Dietrich, eine Einigung mit der österreichischen Regierung und ihren Organen sei restlos unmöglich.
Jedes Friedensangebot an Oesterreich werde deshalb von der NSDAP, als ein Dolchstoß betrachtet.
Reichstagsabgeordneter Habicht schilderte zunächst das politische und wirtschaftliche Werden der Republik Oesterreich und die Anschlußbestrebungen. Der Rest der Habsburger Monarchie, den Oesterreich heute darstelle, sei restlos lebensunfähig, denn die Grenzziehung, die man im Frieden von St. Eermain vorgenommen habe, sei militärisch und wirtschaftlich unmöglich, und die heutige Republik Oesterreich habe keine politischen Funktionen mehr in Europa.
Habicht arbeitete dann die drei Phasen in der Entwicklung des österreichischen Staates heraus: 1919—1922 Währungszusammenbruch, Genfer Vertrag, Völkerbundsanleihe, die zweite Phase von 1922—1932, vom Genfer Vertrag bis zum Lausanne! Patt, die dritte Phase vom
Juli 1932 an, dem Tage des Inkrafttretens des Lausanne! Vertrages. Heute habe das Kabinett alle die Bindungen, die der Lausanne! Pakt ihm auferlegte, restlos durchgeführt, von der Anleihe aber noch keinen Pfennig gesehen. Habicht ging dann noch einmal ausführlich auf die Besprechungen mit dem Bundeskanzler Dollfuß ein, schilderte dann die rücksichtslose Unterdrllckungspolitik gegenüber den Nationalsozialisten und gab ein Bild von der Wirtschaftslage Oesterreichs, die sich von Tag zu Tag verschlechtere. Der Fremdenverkehr liege lahm, 90 Prozent der Hotels in den Kurorten sind geschlossen. Die Grenzsperre und die von der Regierung angezettelten Attentate hätten in der Hauptsache dazu beigetragen, ebenso die von der Regierung angezettelte riesige Ereuelpropaganda, die natürlich jeden von der Reise nach Oesterreich abhalten müsse. Trotz aller dieser Maßnahmen habe die Regierung die Lausanne! Anleihe auch heute noch nicht.
Die weiteren Maßnahmen der Regierung Dollfuß seien Plagiate entweder der Maßnahmen der Regierung Brüning oder der jetzigen Reichsregierung, mit dem Wesensunterschied, daß man im Reich alle antinationalen und den Staat negierenden Elemente ausgeschaltet habe, während drüben gerade die den Staat rettenden Kräfte ausgeschal-