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Der Gütsch-Tunnel befindet fich in unmittelbarer Nähe ves vnzerner Bahobofs an der Westausfahrt. Er durchquert den jo- ».nannten Sütsch Berg. Im Tunnel selbst, durch deu die Gleise für die Strecke nach Ber« und Basel laufen, zweigt die Linie «ach Zürich ab.
BsrlresprechmU zwischen Kanzler und Reichsrat
Berlin, 13. Dez. Wie das Nachrichtenbüro des Dd3. hört, em» »fing Reichskanzler von Schleicher den geschäftsführenden Ausschuh des Reichsrates zu einer ersten Fühlungnahme zwischen der neuen Reichsregierung und dem Reichsrat. Der gejchäftsfübrende Ausschuh des Reichsrates ist ein kleines Gremium, das gewissermaßen die Dorstandsgeschäfte des Reichsrates erfüllt und dem je ein Vertreter Preußen, Bayerns. Württembergs, sowie der kleineren Länder, zur Zeit Exzellenz Boden, angeboren. Bei de.. Empfang bandelte es fich um eine übliche erste Vorstellung bei Ler neuen Reichsregierung. Namens des Reichsrates brachte dabei der Stimmführer Preußens, Ministerialdirektor Dr. Brecht die Wünsche und Ansichten des Reichsrates zum Ausdruck, insbesondere, soweit es fich um grundsätzliche Fragen des Verhältnisses von Reichsregierung zu Reichsrat bzro. Ländern handelt.
BerVallungsralsMung -er Deutschen Reichspost
Einführung eiuer verbilligte» »Kleingutsendung"
Berlin, 13. Dez. Der Vcrwaltungsrat der Deutschen Reichspost beschäftigte fich mit laufenden Angelegenheiten. Der Reichspostminister konnte feststellen, daß vom September ab in den meisten Dienstzweigen eine über die Saisoneinflüsse hinausreichendo konjunkturelle Berkehrsbelebuug bemerkbar sei. Der Verwaltungsrat wurde dann über den Stand des Arbeitsbeschaffungs- Programms unterrichtet. Da die Anleibefrage noch nicht getost ist, bat die Deutsche Reichspost bekanntlich aus dem Eesamtvro- «ramm von KV Millionen RM. einstweilen Zusatzarmräge in Höbe von 34 Millionen RM. herausgegeben. Der Reichsvostmi- nister kündigte ferner an daß die Post für den Massenoaketver- kebr zwischen groben Orten eine gegenüber dem Postpaket etwas verbilligte Kleinzutseuduug bis rum Höchstgewicht von 7 Kil" gramm einiiibren wolle, die die Bezeichnung „Postgur" erhärten soll. Der verbilligte Tarif wird fich etwa auf gleicher Höhe wie die allgemein im Sammelverkebr bestehenden Vergütungssätze Hallen. Eine Unterbietung anderer Verkehrsunternehmungen ist nicht beabsichtigt. Der Tarif ist als frei Haus-Tarif gedacht; Zustellgebühren werden nicht erhoben. Die neue Versendungsart soll zunächst versuchsweise eingeführt werden, sobald di« Vorbereitungen beendigt find.
Rems vom NW
Der Vorfall i« Doorn — Der Verhaftete «ach Deutschland abgsschvde«
Doorn, 13. Dez. Wie zu dem Zwischenfall in Doorn noch ergänzend berichtet wird, bat der Verhaftete beute bei seiner eingebenden Vernehmung durch die holländische Landrägerei die ausdrückliche Erklärung abgegeben, daß er keineswegs die Absicht gehabt habe, einen Anschlag auf den ehemaligen Kaiser zu verüben. Er habe dem Kaiser lediglich persönlich einen Brief ^erreichen «ollen. Die bei ihm Vorgefundene Waffe sollte dazu dienen, fich der Wachhunde zu erwehren und fich nötigenfalls den Zugang zum Kaiser für den Fall zu erzwingen, falls die Dienerschaft ihn an seinem Vorhaben hindern sollte. Nach der Protokollierung dieser Aussage wurde der Verhaftete, der auch auf die holländischen Behörden den Eindruck eines nicht ganz Zurechnungsfähige» machte, bei der an der Eisenbahnlinie Arnheim- Wesel liegenden Grenzstation Zevenaar über die bolländisch- dentsche Grenze gesetzt.
Der Zwischenfall in Door« — Die Personalien des Eindringlings sestgestellt
Berlin, 13. Dezember, lieber den Zwischenfall im Hause
i Doorn erfahren wir, daß die Persönlichkeit des Eindring- ! lings jetzt festgestellt werden konnte. Es handelt sich um einen gewissen Heinrich Fuecker, der in Neust a. Rh. wohnt. ! Die Polizei hält Fuecker für geisteskrank.
! Dir Einberufung der Stillhaltekonferenz "MM-
Ncunori. 13. Dcz. Albert H. Wiggin. der Vorsitzende des i Ausschusses sür das deutsche Kreditabkommen von 1332, kün- ! digt nunmehr offiziell die Einberufung der in diesem Ab- ! kommen vorgesehenen Konferenz zur Revision des zu Ende Februar 1933 ablaufenden Kreditabkommens auf den 30. ! Januar 1933 nach Berlin an. r Empfang von Gewerkschaftsvertretern
t beim Reichsarbeitsminister
r Berlin» 13. Dez. In Auswirkung des kürzlich bei dem Herrn Reichspräsidenten ersolgten Besuches empfing heute der Reichsarbeitsminister Vertreter der christlichen Gewerkschaften In den Besprechungen wurden alle schwebenden sozialpolitischen Fragen eingehend erörtert.
Entscheidung über den Aufgabenkreis des Arbeitsbeschaffungskommissars
Berlin, 13. Dez. Zn ver Presse find verschiedentlich Erörterungen über die Abgrenzung ver Befugnisse des Reichskommissars für Arbeitsbeschaffung. Dr. Gereke, enthalten, in denen zum Teil behauptet wird, dag die Auffassung Dr. Eerekes über sein Amt von der ver Regierung abweiche. Wie wir von unterrichteter Seite erfahren, ist eine grundsätzliche Regelung der Befugnisse des Arbeitebeschafsungskommissars bereits erfolgt. Diese Regelung wird in der Kabinettssitzung am Mittwoch endgültig verabschiedet und dann im Rahmen einer besonderen Verordnung der Oeffentlichkeit übergeben.
Geldschrankknacker in der Teupitzer Stadtkasse
Berlin, 13. Dez.s Mehrere Geldschrankknacker versuchten in der Nacht zum Dienstag, im Gebäude der Stadtkasse in Teupitz einen Eeldschrank aufzuknacken. Als sie von zwei Beamten der Eeme'nvepollzei überrascht wurden, erösfneten sie sofort ein Schnellfeuer auf dre Beamten, die das Feuer erwiderten. Einer der Beamten erhielt einen Schulterschutz Die Einbrecher entkamen unter Zurücklassung ibres Werkzeuges in einem Auto in Richtung Berlin.
Der Mörder von Romeyken in Litauen verhaftet
Tilsit. 13 Dez. Wie berichtet, wurde am Sonntag früh auf ! ein alleinstehendes Gehöft bei Romeyken in der Nähe von Eydt- r kühnen ein Rcubübersall verübt, bei dem das greise Ehepaar i Küch und die 50 Jahre alte Tochter Berta erschossen wurden Am ! Dienstag vormittag wurde als Mörder der in Russland geborene I Melker Karl Wsitat in Tauroggen (Litauen! verhaftet. Es find ! Verhandlungen eingeleitet, damit er nach Deutschland ausgeliefert wird. Das Ehepaar Kummetat hat eingestanden, dah es in
- der Nacht vor der Bluttat die Einzelheiten des Mordplanes mit Wistat genau besprochen hat. Es bestreitet aber, an der Tat selbst beteiligt gewesen zu sein
Nächste Sitzung des Abrüstungsbüros Ende Januar
» ^ ^z. Das Büro der Abrüstungskonferenz, an
dessen Sitzung zum ersten Mal seit Juli wieder ein deutscher hat heute beschlossen, dem Hauptaus- -chust eine Entschließung vorzuschlagen, in der das Ergebnis -er Funf-Mächte-Besprechungen begrüßt und die Vereit- i 'chaft zu einer wirksamen Durchführung der Konserenzarbei- j isn ausgesprochen werden soll.
! .»Ae nächste Sitzung des Büros soll dann am 23 Januar
- "3. die nächste Sitzung des Hauptausschusses am 31. Ja- ^ mar startsinden.
^ Rücktritt der belgischen Regierung
' Brüssel, 13. Dez. Ministerpräsident de Brocqueville teilte ( im Muusterrat mit, daß er dem König seine Demission iiver- j reichen wird. Damit ist das Kabinett zurückgetreten. Seine
- letzte Amtshandlung war die Entscheidung über die Schul-
- denzahlung an die Vereinigten Staaten. Sie wird heute f abend bekanntgegeben.
Alls Stadt llvd Laad
! Altensteig, den 14. Dezember 1932.
) Amtliches. Uebertragen wurde je eine Lehrstelle j an der evang. Volksschule in Durrweiler O.A. Freu- ! denstadt dem Lehrer Eotthils Maulbetsch in Kornwest-
> heim O.A. Ludwigsburg; Heilbronn dem Hauptlehrer j Vöhringer in Meimsheim O.A. Brackenheim; Wild-
- bad O.A. Neuenbürg dem Hauptlehrer Trippner in Holzgerlingen O.A. Böblingen; Zaisersweiher O.A. Maul-
- bronn dem Lehrer Hans Herd eg in Freudenstadt.
Uebertragen wurde die Pfarrei Kl oster reichend ach, Dek. Freudenstadt, dem Pfarrer Böckheler in Erpfingen, Dek. Reutlingen.
D i e n st e r led i g u n g. Die Bewerber um die Försterstelle Groß er lach, Forstbezirks Sittenhardt, haben sich innerhalb 14 Tagen aus dem Dienstwege bei der Forstdirektion zu melden.
> Der Schlittschuhsee weist schon eine recht dicke Eisschicht ! auf und zeigt auch erfreulicherweise eine unberührte spiegel- s blanke Oberfläche. Wir weisen darauf hin, daß der See vor j Freigabe durch die Polizeibehörde nicht betreten werden l darf. Die Freigabe für den Eissport wird bei anhaltender i kalter Witterung voraussichtlich Ende dieser Woche erfolgen.
z — Neichsbaudarlehen nur m dringenden Fällen. In einer j Vekanmmacyunp der Württ. Landeskreditanstalt über die Gewährung von Reichsbauüarlshen wird erneut darauf hingewiesen, j Latz der Württemberg zur Verfügung gestellte Betrag nur zu ! einem oerhältmsmähig kleinen Bauprogramm ausreicht. Rechnet s man als Reichsbaudarlehen den Betrag von 1500 RM. für ein , Einfamilienhaus und von 2500 RM. für ein Zweifamilienhaus.
! so können, wenn je hälftig Einfamilien- und Zweifamilienhäuser i erstellt werden, im ganzen Land Darlehen zu höchstens 250 Ligen-
- beimen gewährt werden. Die Gemeindebehörden werden daher ! ersucht, zur Vermeidung einer unnötigen gegenseitigen Geschäfts» i belastung die bei ihnen eingehenden Anträge sorgfältig zu prüfen ! und nur die dringendsten Anträge oorzulegen. Äuherdem müssen i in den Anträgen alle in den Reichs- und Lanvesbestimmungen ! enthaltenen Voraussetzungen erfüllt sein. Insbesondere scheiden j oon vornherein Anträge aus. bei denen mit Bauen bereits
- begonnen ist oder ber denen vorauszusehen ist. daß mit der Erstellung der Gebäude nicht vor dem 1. April 1933 begonnen
! werden tann.
i Eaugenwald, 13. Dezember. (Im Zeitalter der modernen s Autopostverbindung.) Es wurde neuerdings in den Zeitungen / s aus Oberndorf berichtet, wie unsinnig die LanÄpostverkrastung,
- sein kann. Und leider hat dieselbe auch bei uns das gleiche ! Getriebe. Es bleibt unumstritten, datz sie für den Fernverkehr < nützlich war, solange sie täglich zweimal verkehrte, aber durch i ihre weitverzweigte, komplizierte Zusammensetzung war sie da- ; mals schon für unfern Nahverkehr kein Fortschritt, im Gegen teir, j die Postsachen in unsere Nächstliegenden Ortschaften brauchten c ohne weiteres vielfach zwei Tage. Nun aber kam diesen Herbst j für die umwegigen Ortschaften die zweimalige Postverbindung j in Wegfall, und so haben wir nur einmal im Tag und zwar erst , 4 Uhr abends Postverbindung. Von der Hauptstrecke, die noch r zweimal befahren wird, sind wir fünf Minuten entfernt und es ! ist unbegreiflich, datz so ein „Umweg" im Zeitalter des modernen
- Verkehrs nicht gemacht werden kann. Unser Ort ist ohnedies mit > dieser Post in ein besonders schlechtes Licht gestellt. Ueberall ist t es bekannt, datz wir zum Oberamt Nagold zählen und dorthin
fast unseren ganzen Verkehr haben und so kommt es immer wie- j der vor, datz wir statt zu „Calw-Land" zu „Nagold Land" gerech- c net werden. Scheinbar weiß man es auch auf der Post noch nicht j überall. So geschah es, datz es ein Paket, das dringend zur Hilfe
für ein Schwerkrankes angefordert wurde, letzten Samstag- j Vormittag 11—12 Uhr in Nagold abgestempelt wurde und dann j am Montag-Abend um 4 Uhr längst verspätet hier ankam. i Als unser Postbote noch nach Ebhausen gelaufen ist, hatten wir i keine so unliebsamen Zustände!
? Schwann, 13. Dezember. (Brand durch Heizkissen.) Als j die Familie P. Z. aus Schwann am Sonntagabend nach
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2. Fortsetzung
,Hab mal 'n königliches Bewußtsein, wenn du Essen aus Pump holen lassen mutzt," bemerkte Ebba bitter.
„Ach — ja: das Essen! Was soll die Vossen holen?"
„Na: Drei Portionen vom Hoppecmannjchen vürgerncyen D^tagstisch," sagte Ebba.
„Wenn wir wenigstens Sekt und Trüffelpüree auf Pump holten! Das wäre noch genial. Aber Kohl und Wurst! Du sollst sehen, es gibt Kohl? Ich kann ihn nicht riechen. Alles, was aufdringlich riecht, ist mir ein Greuel!
Gleich darauf sah man die Vossen denn auch unten über die Straße geben, sie hatte vor ihr graues Lüsterkleid ein« saubere weiße Schürze gebunden. Am Arme trug sie einen Satz, weißer Schüsseln, die von einem schwarzem Lederriemen zu- iammengehalten wurden. Die jungen Mädchen sahen ihr nach.
„Wir wollen mal ernsthast mit Papa sprechen, irgend eine Form muß gefunden werden. . ,"
„Du kannst mit Onkel ernsthast über die Gesetzessammlung des Manu sprechen, aber doch nicht über unsere Wäschei Er weiß mit der Kultur vor dreitausend Jahren bei den Indern besser Bescheid als mit dem, was modernen Mädchen not tut." -
„Tue mir die Liebe und laß mich nachher allein reden." i
„Aber mit Wonne! Du weißt, ich bin immer mehr füLs l Zugucken als für's Handeln."
Eine Viertelstunde später saßen sie um den Tisch. Es gab > heute wirklich keinen Kohl, aber gebratene Schwemskoteletts j und dazu Linsen und Pflaumen, gegen welche Zusammen- : itellung Helene einen unüberwindlichen Widerwillen zu haben ; erklärte. Sie aß fast nichts. Ebba machte ihr Vorwürfe.
„Ich trinke nachher ein Glas Milch," versprach Helene. i
Ebba ließ ihren Vater in Ruhe essen. Er hatte sich fast ge- i waltsam herunterholen lassen und war noch in Gedanken ; verbohrt. Die Mädchen kannten das. Er erwachte erst all- i mählich: im Maße, wie sich sein Magen füllte, wurde lein ! Geist träger, und'man konnte ihm dann ein wenig Teilnahme > an alltäglichen Dinaen abaewinnen.
Der Professor sasi auf dem Sofa, Ebba rechts am runden Tisch im vollen Licht, das mit lachender Sonne hereinkam, Helene links mit dem Rücken gegen das Fenster. So hatte ihre ganze dunkle Silhouette einen kleinen schimmernden Glanzrand um sich.
„Papa," begann Ebba, als Frau Voß die Speisereste, die ihr zufielen hma: ^getragen hatte, „Papa, ich muß ernsthaft mit dir reden!"
Helene faltete sogleich ihre langen, dünnen, weißen Finger auf dem Tischtuch und nahm die Haltung eines Zuschauers an, der eine spannende Komödie kritisch verfolgen will.
„Wegen des Geldes? Ich gehe gleich eine Aktie verkaufen," sagte der Professor, sich unruhig bewegend. Wenn die Kinder ernsthaft etwas sprechen wollten, lief es stets auf eine störende Unbequemlichkeit hinaus, und ändern ließ sich doch nichts.
„Es kommt jetzt alle Vierteljahre einmal vor, daß du ein Papier verkaufst. Auf diese Weise zehren wir vom Kapital, und es wird eines Tages alle sein."
„O — lange nicht. Bis dahin ist mein Buch fertig . . . oder wenn nicht ... ich nehme eine Professur an . . ." sprach der alte Herr mit der Miene eines schmollenden Kindes.
Ebba und Helene wechselten einen Blick. Woher sollte dem alten Manne eine Professur kommen? Welche Universität ihn berufen? Ihn, der ganz außer allen akademischen Bezieh ungen stand! Selbst sein Professortitel war eins Auszeichn' ng, die ihm honoris causa verliehen wurde; wofür, warum? das war der gegenwärtigen Generation entschwunden. Es h eß, Herlingen habe einmal ein bemerkenswertes Buch über die Entwicklungsunfähigkeit der Moralphilosophie geschrieben und bei dieser Gelegenheit bekam Herlingen, der als Privatgelehrter in einer kleinen Universitätstadt lebte, einen Titel. Gleich nach dem Tode seiner Frau zog er nach Lünh dt, weil er eine Verwandte hier wußle, von der er hasste, sie würde sich seiner Mädchen annehmen. Nun war sein Dasein völlig wie begraben, denn hier galt nur Handel und Industrie. Und vielleicht war seine Tätigkeit auch ganz unfruchtbar. Ebba und Helene hatten darüber kein festes Urteil, aber sie besprachen es oft miteinander, ob der alte Herr wohl wirklich ein schöpferischer Geist sei und ob er nicht vielmehr nur eine Art unfruchtbare Gier nach Wissen habe.
Aber schonend sagte Ebba: „Nein, Papa, eine Professur annehmen — das wäre ein Opfer, welches wir nicht dulden dürfen. Du sollst deinem Buch leben. Ich bin aber iuna und
kann arbeiten, auch Helene kann versuchen, sich lohnend zu beschäftigen."
„Ihr — ach Gott — ihr Kinder!" rief der alte Herr beinahe überwältigend.
„Wir sind keine Kinder. Helene ist dreiundzwanzig, ich bin ein Jahr jünger. Noch sin paar Jahre, und wir sind alte Jungfern."
„Alte Jungfern? alte Jungfern?" wiederholte er staunend. Dann durchblitzte ihn ein Gedanke: „O, es wäre gut, ihr heiratet."
„Wer sollte uns heiraten, Papa? Wir lernen niem^ V kennen, außer den paar Herren, die wir Mittwochs bei Tante Herlingen sehen. Es ist das einzige Haus, wohin wir eingeladen werden. Unsere Schulkameradinnen, davon ja zwei, drei hier verheiratet sind, laden uns nie mehr ein, teils weil wir nie etwas geben, teils weil Helene alle von sich weggegrault hat. . " '
„Sehr richtig, mein Kind," sagte der Professor, zu Helene gewendet, „man muß zurückhaltend sein und nicht mit allen ! Geistern in Kameradschaft bleiben, die der Zufall uns in der ^ Jugend gesellte."
„Ich habe einen festen Plan." sprach Ebba weiter, die sich um keinen Preis ablenken lassen wollte, „du verkaufst vielleicht für fünftausend Mark von deinen Aktien. Dann verwenden wir einige hundert Mark, um neue Wäsche für den Hausstand, für dich und uns zu kaufen und einige kleine, ganz notwendige Anschaffungen zu machen. Du nimmst die Vossen, welche eine ordentliche, ehrliche Person ist, ganz zu dir. Zwei Zimmer können an möblierte Herren vermietet werden. Dann wohnst du billiger. Du allein kommst dann sicher mit den Zinsen aus. Viertausend Mark aber gibst du Helene und mir in die Hand, und wir gehen nach Berlin. Wir können bei Mamas Schwester leben — du weißt, sie bat schon oft darum. Ich mache zunächst mein Abiturium, und nachher kann ich vielleicht nach Zürich gehen. Helene lernt kunstgewerbliches Zeichnen und Malen."
Der Professor starrte seine Tochter an. Er sah es wohl: da sprach ein reifes, bewußtes Menschenkind zu ihm, das zu wissen schien, was es wollte. Aber das, was es wollte, war so umwälzend für sein Leben, so ganz gegen seine festen Ueber- zsuaunaen. daß er zunächst sprachlos blieb.
(Fortsetzung folgt.)