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Merkblatt über Arbeitslosenhilfe. Das Lanüesarbeitsamt Südwestdeutschland hat ein Merkblatt über die Arbeitslosenhilfe im W>nter 1932/33 herausgegeben. Das Merkblatt soll die wei­testen Kreise für die Mitarbeit bei der Arbeitslosenhilfe im kom­menden Winter gewinnen und die Zusammenarbeit aller be­teiligten Behörden, Organisationen, Verbände usw mit den Arbeitsämtern sicherstellen. Das Landesarbeitsamt wird in die­sem Winter in weitgehendem Matze eigene Veranstaltungen tref­fen. um die Not unter den Arbeitslosen zu lindern; es stellt darüber hinaus sich und seine Einrichtungen in den Dienst der Wirtschaft, der Winterhilfe und der ergänzenden Betreuung der Arbeitslosen. Was möglich und beabsichtigt ist. zeigt das Merk­blatt.

Frendenstadt, 7. Dezember. (Aus dem Eemeinderat.) Der Gemeinderat befaßte sich in seiner gestrigen Sitzung mit der Eingabe des Kausm. Vereins, der dahin geht, bei der Reichsbahndireltion vorstellig zu werden, daß die verbillig­te» Reichsbahn-Sonderzüge Freudenstadt Stuttgart und zurück im allgemeinen und der für den 14. Dezember angekündigte im besonderen nicht mehr geführt werden. Der Antrag wurde von allen Parteien einschließlich des Stadtvorstandes in dieser Form abgelehnt. In der Hauptsache beriefen sich die Sprecher darauf, daß es einseitig sei, wenn man nur gegen die Abwanderung der Käufer nach Stutt­gart durch die Sonderzüge vorgehe; noch gefährlicher seien doch die Omnibusfahrten, die viel häufiger und verführerischer statt­finden ; und sie seien ja auch am Ende der Grund dafür, daß die Reichsbahn die verbilligten Sonderzüge eingeführt habe. Im übrigen wurde noch hauptsächlich daraus abgehoben, daß es nicht angehe, daß in der Saison Freudenstadt bloß Wünsche an die Reichsbahn wegen allerlei Verkehrsverbesserungen und Sonder­zügen zugunsten von Freudenstadt vorbringe und dann, wenn diese nach einer neuen Einnahmequelle suche, dagegen protestiere. Schließlich herrschte Einmütigkeit darüber, daß der Umfang der von den Benutzern der Sonderzüge in Stuttgart getätigten Ein­käufe bedeutend überschätzt werde.

Calw, 7. Dezember. Unter dem Vorsitz von Fabri­kant Karl Schmid fand gestern abend imBadischen Hof" eine sehr zahlreich besuchte Elternversammlung der höheren Schulen statt. Studiendirektor Dr. Eräter hielt dabei einen Vortrag über die gegenwärtige Lage des Schulwesens insbesondere der Calwer Schulverhältnisse. Der Abbau in den Schulen wurde als verhängnisvoller Fehler geschildert, den die Jugend später empfindlich spüren müsse. Ein gut Teil der Nöte sei allerdings unvermeidlich, aber eine weit ausschauende Schulpolitik werde Mittel und Wege finden, um den Kindern eine ungeschmälerte Ausbil­dung für die Zukunft teil werden zu lassen. Ein Abbau der 7. Klasse an den Schulen bedeute einen großen Rückschritt. In der Aussprache wurden verschiedene weitere Schulfragen behandelt. Für die auswärtigen Schüler, deren Zahl 100 beträgt, wurden bessere Zugsverhältnisse gewünscht, unter allen Umständen dürfe der Nachmittagsunterricht nicht mehr zurückkehren. Die Höhe des Schulgelds und der Frage­bogen zur Zuteilung einer Freistelle wurden scharf be­mängelt.

Schwann, 7. Dezember. (Keine Vergiftung der Frau. Vater und Sohn als Leichen gefunden.) Die Leiche der am Montagnachmittag tot in ihrem Bett aufgefundenen Frau Martha Wildenmann wurde, wie bereits berich­tet, im Laufe des gestrigen Vormittags im Bezirkskranken- haus geöffnet, um die Todesursache feststellen zu können. Dabei ergab sich, daß die Annahme eines Verbrechens der Vergiftung nicht aufrecht erhalten werden konnte, sondern daß die Frau andenFolgen einesunerlaubten Eingriffes plötzlich verschieden i st. Aus Ver­zweiflung hierüber hat sich vermutlich der Ehegatte mit Freitodabsichten von zu Hause entfernt. Vater und Sohn wurden heute vormittag nach langem Suchen als Leichen zwischen Schwann und Dennach an der Förster­wiese in den Schluchten erhängt aufgefunden.

Alle drei Leichen, Mutter, Vater und Sohn, werden voraussichtlich am Freitagnachmittag hier beerdigt.

Herrenalb, 5. Dezember. Bürgermeister GrLb veröffentlicht eine Aufstellung über die Zahl der Kurfremden des Jahres 1932. Die Gesamtzahlen waren 9802 (im Vorjahr 9449), Deutsche 9052 (8065), Ausländer 736 (763). Von den deutschen Kurgästen kommen wie stets die meisten aus der Rheinprovinz, nämlich 1546, ausschließlich des Saargebiets mit 274, aus Würt­temberg 655, neben 490 Stuttgartern und 77 Heilbronnern; aus Baden 398, neben 626 Karlsruhern, 662 Mannheimern, 192 Hei­delbergern und 75 Pforzheimern. Am schwächsten vertreten ist Hohenzollern und Schaumburg-Lippe mit 1. Unter den Auslän­dern stehen wieder obenan die Holländer mit 390; ihnen folgen Frankreich mit 107, die Schweiz mit 62 usw.

Pfäffingen, 6. Dezember. (Milchverwertung.) In einer Versammlung der hiesigen Milchlieferungsgenossenschaft wurde der Beschluß gefaßt, das von der Firma Kuhn, Molkereiprodukte, Rottenburg, gemachte Angebot anzuneh­men. Es kann nun künftig sämtliche anfallende Milch ab­geliefert werden, was einer Mehrlieferung von 60 000 Ltr. pro Jahr entspricht. Me Milch wird mittels einer elek­trischen Zentrifuge entrahmt, die anfallende Magermilch kann dann gleich wieder um billiges Geld abgeholt werden. Die Molkerei Kuhn, die in Rottenburg ihren Betrieb in einem früheren Fabrikgebäude eingerichtet hat, holt den hier und in den angeschlossenen Ortschaften anfallenden Äahm mittels Auto ab. Um eine einheitliche Qualitäts­ware zu erzeugen, wird eine einheitliche Fütterung durch- gesührt.

Tübingen, 6. Dezember. (Leichenfund.) Unterhalb des Stegs beim städtischen Freibad wurde im Neckar eine männliche Leiche gefunden und geborgen, die schon mehrere Wochen im Wasser zu liegen schien. Nach den Vorgefundenen Papieren handelt es sich um den Leich­nam des am 31. März 1870 in Steinheim an der Murr geborenen Friedrich Viermann, der in der letzten Zeit auf Wanderschaft war und sich offenbar selbst das Leben genommen hat.

Zettenburg, O.A. Tübingen, 6. Dezember. (Vom Auto überfahren.) Am Montagvormittag durchfuhr ein Böt- tinger Geschäftsmann mit seinem Personenwagen unseren Ort. Kurz vor der Kurve bemerkte er einige Knaben auf der Straße, worauf er Signal gab. Die Knaben sprangen sofort auseinander, doch wurde der sechsjährige Sohn Karl des Hirschwirts Temmler von dem linken Kotflügel des Wagens erfaßt und unter die Räder geworfen. Obwohl der Führer sofort anhielt, erlitt das Kind eine Gehirn- er.schütterüng und einen Schädelbruch.

Schwenningen, 3. Dezember. (Unterschlagungen bei der Firma Mauthe?) Ein Lohnbuchhalter der Fa. Mauthe namens Wllrthner hat, wie dieSüddeutsche Arbeiter- Zeitung" berichtet, im Verlauf der letzten Jahre hohe Sum­men veruntreut man spricht von 3070 000 Mark. Er hat die Löhne verrechnet für Arbeiter, die schon Jahre lang nicht mehr bei der Firma beschäftigt waren, ebenso hat er bei Jungarbeitern und Jungarbeiterinnen höhere Löhne verrechnet, als ihnen in Wirklichkeit ausbezahlt wurden. Entdeckt wurde der Betrug dadurch, daß ein bei der Firma nicht mehr beschäftigter Arbeiter eine vom Steueramt ver­langte Steuerzahlung verweigerte mit der Begründung, daß er arbeitslos sei; da aber von der Firma Mauthe für diesen Arbeiter immer noch Steuern an das Finanzamt ab­geführt werden, zog das Finanzamt bei der Firma nähere Erkundigungen ein, wodurch der Betrug entdeckt wurde.

Schwenningen a. N., 7. Dezember. Der alte, gut ein- gefllhrte NameHote l Vetter" und damit die Erinne­rung an den seinerzeit in weitesten Kreisen und aufs beste bekannten und hochgeachteten Hotelier Vetter verschwindet. Der Sohn von Vetter hat durch Gerichtsbeschluß dem jetzi­gen Besitzer des Hotels, Braun aus Reutlingen (früher dort auf derHarmonie"), die Weiterführung des bisheri­gen Namens verboten. Das Hotel wird jetztHotel Braun" genannt.

Stuttgart, 6. Dezember. Am Sonntagabend ertönte im KaffeeHindenburgbau" das von M. Bruch vertonteKol s Nidre", bekanntlich ein Kultgesang zum hohen jüdischen j Feiertag Jom Kippur am zehnten Tag des jüdischen Mo- ! nats Tischri. Nach Schluß der Darbietung mischten sich in s das mäßige Klatschen schrille Pfiffe und wiederholte Rufe nach deutscher Musik. i

Stuttgart, 7. Dez. (Große Betrügereien bei Daimler-Benz.) Dieser Tage wurde im Hauptgeschäft ! der Daimler-Benz-Werke in Untertürkheim durch Zufall ! festgestellt, daß ein schon seit Jahren bei der Firma beschäf­tigter Kaufmann sich Verfehlungen zuschulden kommen ließ, die bis zum Jahre 1925 zurückreichen. Der im Lager beschäf­tigte Kaufmann hatte ankommende Frachtgüter in Empfang zu nehmen. Die Rollgebühren erhielt er jeweils gegen Vor­lage der Frachtbriefe an der Kasse. Der ungetreue Ange­stellte verstand es nun seit Jahren, den Kassier durch Vor­legen falscher Frachtbriefe zu täuschen und sich jeweils we­sentlich höhere Preise ausfolgen zu lassen. Als seine Verfeh­lungen aufkamen, vergiftete er sich mit Zyankali. Nach den bisherigen Ermittlungen beträgt der Schaden etwa 60 bis 70 000 RM.

Straßenbahnunglück. Am Mittwoch ereignete sich in der Böblingerstraße in Südheim ein schwerer Straßen­bahnunfall. Ein Anhängewagen raste die Böblingerstraße abwärts, noch ehe er auf das stadteinwärts fahrende Gleis übergesetzt war. Der Schaffner des Anhängewagens ver­suchte wohl, den Wagen abzubremsen, was ihm aber nicht gelang. Der Anhängewagen fuhr mit großer Geschwindig­keit auf dem stadtauswärts führenden Gleis in die Böblin­gerstraße abwärts und stieß beim Ochscnplatz auf einen ent­gegenkommenden Straßenbahnzug der Linie 1 auf. Dabei wurde der Perron des Anhängewagens vollständig einge­drückt. Der Schaffner des Anhängewagens und der Führer des Motorwagens wurden bei dem Zusammenstoß verletzt.

Rommelsbach, OA. Tübingen, 7. Dez. (Unfall.) Ein Mann von Gniebel führte vom Reutlinger Weihnachts­markt ein Rind nach Hause. Da scheute das Tier und schleu­derte den Mann unter das Hinterrad eines Lastkraftwagens.

Er wurde von diesem erfaßt und sehr schwer verletzt. Nach kurzer Zeit trat der Tod ein. Der Verunglückte äußerte noch s selbst, daß niemand schuldig sei. Bei dem Verunglückten Han- ? delt es sich um den 58 Jahre alten Landwirt und Schneider s Karl Gaiser aus Gniebel.

Mögglingen, OA. Gmünd, 7. Dez. (Brand.) Abends l orach in dem Wohn- und Oekonomiegebäude des 2oh. Hu- l delmaier (Steffenbauer) ein Brand aus, dem das ganze j Gebäude zum Opfer fiel. Vieh und Fahrnis, sowie ein Teil j des Mobiliars konnten gerettet werden. Der Schaden wird auf 10 000 NM. geschätzt. Man vermutet Kurzschluß. ?

Schelklingen, OA. Blaubeuren, 7. Dez. (100 Jahre s Streichholz.) Im Jahre 1832 kamen die ersten brauch­baren Phosphor-Zündhölzer in den Handel. Einige Zeit darauf wurde auch in Schelklingen eine Zündholzfabrik er- - richtet. Hier wurden dieSchwebele" hergestellt, die bis zum ' Verbot im Jahre 1907 in Verwendung blieben. Die jetzt s allgemein gebräuchlichen Sicherheitszündhölzer wurde,, von ' Professor Böttger in Frankfurt a. M. erfunden. Sie fanden s aber in deutschen Verbraucherkreisen keinen Anklang, man ! begegnete der ErfinduM mit grostrm Mßtrauen. Auch i

Ganz gleich, woraus Sie Ihren Kaffee kochen ob aus öohnenkaffee, Kornkaffee ober Malzkaffes immer «irö bas Getränk voller, herzhafter und trotzdem billiger durch einen Zusatz Ser Kaffeewürze

ist das Wort wahr geworden:Der Prophet gilt nichts in seinem Land." Böttger wandte sich nach Schweden, wo man sofort den großen Wert der deutschen Erfindung erkannte. So wurden diese Streichhölzer dann in Schweden fabriziertz woher auch der NameSchweden" für Streichhölzer stammt

Jllertissen, 7. Dez. (Starrkrampf.) Der in der Wä­scheklammerfabrik Pfister vorm. Moog beschäftigte Arbeiter Viktor Rahn trat mit dem mit Schuhwerk bekleideten Fuß in einen Nagel. Die anfänglich harmlos aussehende Wund« verschlimmerte sich, Starrkrampf trat hinzu, und so erlag der erst 32 Jahre alte, tüchtige Arbeiter der Verletzung.

Von der Alb, 7. Dez. (Winter.) Die paar letzten Tag« und besonders die Nächte gaben zu bedeuten, daß man im Dezember ist. und daß es stark Weihnachten zugeht. Vom Sonntag zum Montag ging der Regen in Schnee über, der auf der Albhöhe an vielen Stellen liegen blieb und auch vorerst liegen bleiben wird, da allem Anschein nach die Kälte sich steigert. Das Erdreich ist gefroren und die Wäl­der sind stark mit Duft behängen.

Dittelbrunn, (Amts Donaueschingen), 7. Dezember. (Ein Holzmacherstreik.) In den Fürstlich Fürstenbergifchen Waldungen sind die Holzhauer wegen Lohndifferenzen in de« Streik getreten. Es ist dies der erste Streik, der jemals in den fürstlichen Waldungen ausgebrochen ist. Er war auch nur von kurzer Dauer, denn er konnte bereits wieder beigelegt werden.

Das Handwerk im Monat November . Die Handwerkskammer Reutlingen schreibt hierüber:

! Bis jetzt nur vereinzelt leichte Anzeichen der Besse­rung. Der Geschäftsverkehr im Handwerk trägt bis jetzt noch immer alle Merkmale schwerer wirtschaftlicher Lähmungen an sich, wie sie Ausdruck der Krisis in ihrem schlimmsten Stadium sind. Wenn wirklich geringe Anzeichen einer schüchtern sich ein- setzenden Belebung festgestelli werden können, so hat man von einer fühlbaren günstigen Auswirkung davon auf das Handwerk vorerst nur ganz wenig gemerkt. Eine geringe Anzahl von Be­trieben konnte wohl einen etwas größeren Arbeitsanfall als bis­her verzeichnen, aber gemessen am Handwerk im ganzen fiel dies kaum ins Gewicht. Solange die Umsätze, wie sie im letzten Monat erzielt wurden, so niedrig sind und die Leistungsfähigkeit der Handwerksbetriebe in ihrer Mehrzahl nicht einmal zur Hälfte ausgenützt werden kann, wäre es der Zeit zu weit vorausgegrif­fen, aus solchen La und dort sich bemerkbar machenden Besse- rungserscheinunaen zu schließen, daß es bald wieder besser werde und die ärgste Not Überstunden sei. Nach den aus dem Hand­werk eingegangenen Berichten hielt sich der Beschäftigungsgrad im allgemeinen auf der bisherigen Linie, mit zeitweise leichten Erhöhungen anfangs und Ende November.

SSB. bereitet den Skiwinter vor

Für die Vundesschule in Erobbolzleute und di« DSV.-Ekb- lehrerprüfung im Walsertal vom 26. bis 31. Dezember lieg«« bereits zahlreiche Anmeldungen vor. Für Lehrer, Lehrerinnen und Jugenderzieber werden bei günstiger Schneelage ebensalb» vom 26. bis 31. Dezember Skikurie in Urach, auf dem Kniebis, in Jsny und (als Kurs für Fortgeschrittene) in Mittelberg-Walser- tal durchgeführt. Der am 6. Januar vom Skiklub Waldstetten auf dem Kalren Feld durchzufübrende Jugendskitag dürfte bei der günstigen Lage des Austragungsortes, mehr Wettkämpfe al» j« -am Start sehen. Im Schwarzwald und aus der Alb, sowie a» /Schwarzen Grat sind für den Skiläufer neue Abfahrtsweü« ge­baut worden. Die Meisterschaftssvrungschanzen in Freudenstadt, Baiersbronn und Mitteltal sind fertiggestellt. Oesterreich und Italien haben bereits die Entsendung von Teilnehmern an der Deutschen Skimeisterschaft zugesagt. Mit den Skimeisterschaften i» Freudenstadt-Baiersbronn (17. bis 20. Februar) ist zwar keine deutsche Heeresmeisterschaft verbunden, trotzdem wird sich aber die deutsche Reichswehr beteiligen- ,'

Eine Kundgebung der jüdischen Frontsoldaten

Stuttgart, 7. Dez. Der Reichsbund jüdischer Frontsoldaten, Landesverband Württemberg, veranstaltete am Dienstag im vollbesetzten Festsaal der Liederhalle einen Vortragsabend, auf dem Dr. Ludwig Freund- Berlin überVaterland und deut­sches Judentum" sprach. Dem Vortrag wohnten zahlreiche Gäste, darunter Oberbürgermeister Dr. Lautenschlager. Stadtkomman­dant Oberst Ritter von Molo und Polizeipräsident Klaiber mit mehreren Offizieren, zahlreiche frühere Offiziere der alten Armee, darunter die Generäle von Teichmann, von Ziegesar, Klotz, ferner Vertreter der Krieger- und Kriegsteilnehmerverbände bei. Nach Begüßungsworten des Landesverbandsvorsttzenden, Rechtsanwalt Dr. Strauß-Stuttgart, und des Ortsgruppenoorsitzenden, Dr. Merzbacher-Stuttgart, führte Dr. Freund aus, daß die deutschen Juden der Ansicht sind, daß ihre Blutopfer im Kriege nicht kleiner waren als die anderer Volkskreise. Von 550 006 deut­schen Juden standen 96 VVV unter den Waffen und 12 000 davon haben ihre Liebe zum Vaterland mit dem Tode besiegelt. Von 165 jüdischen Fliegern sind 35 gefallen, darunter der Pour le Merite-Kampfflieger Oberleutnant Franke. Der jüngste Kriegs­freiwillige war der 13jährige Jude Zibill. Von den zwei ge­fallenen Reichstagsabgeordneten war einer Jude, nämlich Frank. Nach dem Kriege hat man andere Bluttheorien aufgestellt. Da- ^ bei vergaß man. daß es bei keinem Kulturvolk der Erde eine ! einheitliche Blutzusammensetzung gibt. Die Vlutstheorie wurde ! vielmehr auf dem Schlachtfeld entschieden und sie besagt, daß einer, der für sein Vaterland gekämpft und geblutet hat, nicht willkürlich aus diesem Volke ausgeschlossen werden kann. Wenn der deutsche Jude rein äußerlich nicht so in seine Umgebung hineingewachsen ist wie beispielsweise der englische oder italie­nische in Italien gibt es jüdische Faschistenführer so hat das senen Grund in den blonderen Schicksalen, die über den deut­schen Juden walteten. Und Menschen, die man jahrhundertelang zurückgesetzt hat, nehmen äußerlich andere Lebensformen an als solche, die sich frei entwickeln konnten. Nicht die überzeugungs- treuen. sondern die entwurzelten Juden, die ihr Judentum ver­leugnen, sind die Schädlinge. Wenn viele Juden den Linkspar­teien zuneigen, so hat dies seinen Grund darin, daß der Jude vornehmlich dem Ausschwuna der liberalen Idee in Europa seine Befreiung verdankt. Der Redner schloß mit der Bitte, den «ironlgeyi wieöer zu Nnven uno wie ehedem zusammenzustehen ohne Haß und ohne Vorurteil in guten und bösen Tagen. Der Vortrag fand bei den Anwesenden größte Aufmerksamkeit. Vor dem Vortrag ließ der Reichsbund jüdischer Frontsoldaten der württembergischen Regierung, den obersten Kommandostellen der Reichswehr, der Schutzpolizei usw. das von ihm heraus­gegebene EedenkbuchDie jüdischen Gefallenen des deutschen Heeres, der Marine und der Schutztruppe 19141918" Lbe'-- reichen.