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Schwarzwälder Tageszeitung „Aus de« Tannen"
Nr. A3
Am DkiitWmids SichMU
Ein Artikel -es ReichswehrmiMett
Unter der Ueberschrift „Um Deutschlands Sicherheit" besagt sich Reichswehrminister von Schleicher im „Heimatdienst" mit dem Ergebnis des ersten Abschnittes der Abrüstungskonferenz. Herriot habe, so führt der Minister u. a aus, mit seiner Erklärung vom 23. Juli 1932, daß Frankreich Sicherheit nicht für sich allein, sondern für alle Nationen fordere, das Ziel der Abrüstungskonferenz klar umrissen. Wenn die französische Politik dieses Ziel aber auf dem Umwege völkerrechtlicher Vereinbarungen über Schiedsgerichtsbarkeit und internationale Hilfeleistung erreichen wolle, so verberge sich dahinter nicht nur Frankreichs Anspruch auf erneute Anerkennung der 1919 geschaffenen Hegemonie, sondern diese Forderungen stünden auch im Widerspruch zu dem Grundgedanken der Konferenz, die eindeutig den Namen trage „Konferenz zur Herabsetzung und Beschränkung der Rüstungen". Einen anderen Weg, dieses Ziel zu erreichen, als Verwirklichung gleicher nationaler Sicherheit für alle Völker durch Abrüstung der hochgerüsteten Staaten, als Beseitigung des unwürdigen Zustandes einer Trennung der Mächte in bevorrechtigte und entmündigte Staaten gebe es nicht.
Zwei Matzstäbe ermöglichen eine gerechte Würdigung des Ergebnisses der Genfer Verhandlungen: einmal die Frage, was in diesem halben Jahr für die Abrüstung erreicht wurde, sodann der Gesichtspunkt, ob und inwieweit das Ergebnis dem Grundsatz der Gleichberechtigung Rechnung trägt. Entkleide man den ersten Teil der Entschließung vom 23. Juli 1932 aller schmückenden Beiworte, so bleibe das Wunschbild übrig, datz „eine wesentliche Herabsetzung der Land-, See- und Luftrüstungen durchgeführt werden wird", und „datz ein wesentliches Ziel die Verminderung der Angriffsmittel ist". Bedurfte es, fragt Minister von Schleicher, des Aufgebots aller Staatsmänner und eines Heeres von Sachverständigen, um in sechs Monaten diese Grundsätze zu finden? Waren 13 Jahre nötig, um als „Ziel" die Verminderung der Angriffsmittel zu setzen, nachdem die Abrüstungsspezialisten der Siegermächte in den Friedensverträgen von 1919 eine lückenlose Liste der Angriffswaffen aufstellten und ihre Abschaffung bei den ehemaligen Mittelmächten erzwangen? Ein Blick auf die konkreten Abrüstungsvorschläge der Entschließung verstärke die Zweifel, die die einleitenden Sätze erwecken. Die Entschließung begnüge sich damit, einVerbotvonLuftangriffs- waffen gegen die Zivilbevölkerung in Aussicht zu stellen. Die vollständige Abschaffung des Bombenabwurfes aus der Luft werde von den Voraussetzungen einer Einigung über die zahlenmäßige Begrenzung der Militärluftfahrt und einer „Jnternationalisierung" der Zivilluftfahrt abhängig gemacht. Die Verwirklichung der Abrüstungsvorschläge vom 23. Juli würde die tödliche Luftbedrohung Deutschlands in keiner Weise mindern, vielmehr das friedliche Verkehrsmittel der deutschen Zivilluftfahrt in neue Fesseln schlagen.
Auf dem Gebiete der Landrüstungen sehe die Entschließung die zahlenmäßige Begrenzung derschwerenAr- tillerie, die Festsetzung von Höchstkalibergrenzen und eine Höchstgrenze von Kampfwagen vor. Bei den Sachverständigenberatungen in Genf seien als Höchstkaliber für Geschütze und als Höchstgewicht für Tanks Zahlen genannt worden, die die heute üblichen Höchstgrenzen überschreiten. Die Herabsetzung der Heeresstär- ken bleibe der Zukunft überlassen. Die Frage der Wehrsysteme, der ausgebildeten Reserven, des lagernden Kriegsmaterials, der militärischen Jugendausbildung würden in der Entschließung überhaupt nicht erwähnt. Hinsichtlich der Seerü st ungen finde sich kein Wort über die Abschaffung der U-Boote, der Flugzeugträger, die Ausdehnung der für die deutsche Marine vorgeschriebenen Größen und Kaliberbeschränkungen auf die anderen Seemächte.
Als greifbare Ergebnisse der Entschließung, heißt es in dem Artikel weiter, bleiben lediglich zwei Punkte, auch diese von mehr als fragwürdigem Wert. Das Verbot des
- Der bisherige Genfer Mißerfolg
chemischen und bakteriologischen Krieges bedeute nur die erneute Anerkennung eines schon seit 1925 von 34 Staaten, darunter allen europäischen Großmächten, ratifizerten Abkommens. Und die Verlängerung des Rüstungsstillstandes um vier Monate vom 1. November 1932 ab läuft praktisch auf eine Verlängerung des Zustandes hinaus, dessen Beseitigung sich die Konferenz zum Ziele gesetzt hat. Erwähne man noch die Tatsache, datz die Entschließung nichts Positives sage über die deutsche Eleichberechtigungsfor- d erung, so sei die Grundlage für das abschließende Urteil gegeben: Der erste Abschnitt der Abrüstungskonferenz hat leinen merklichen Fortschritt in der Richtung einer allgemeinen Abrüstung gebracht. Die Entschließung vom 23. Juli läßt nicht nur die Gleichberechtigung außer acht, sie zielt vielmehr auf die Fortdauer entwürdigender Sonderbehandlung einzelner Staaten ab. Die nationale Sicherheit Deutschlands bleibt weiterhin in unerträglicher Weise gefährdet. Das Urteil, das der Delegiert« einer fremden Macht über die Verhandlungen der Vorbereitenden Abrüstungskommisston fällte, gilt auch für den erste» Konferenzabschnitt: Man hat wieder eine feierliche Pontifikalmesfe für die Abrüstung gelesen mit dem Vorsatz, in allen sieben Todsünden des Wettrüstens zu verharren.
Die deutsche Regierung habe aus dieser Entwicklung die einzig mögliche Folgerung gezogen, indem sie die Entschließung vom 23. Juli ablehnte und ihre weitere Mitarbeit von der vorherigen Anerkennung des Grundsatzes der Gleichberechtigung abhängig machte. Sie sei damit den Weg nationaler Ehre und internationaler Gerechtigkeit gegangen.
Zum Schluß kommt der Minister auf seine Ankündigung zu sprechen, daß ein Umbau der deutschen Wehrmacht notwendig werde, falls die Siegermächte die Einlösung ihres Abrüstungsversprechens weiterhin verweigerten. Jene Ankündigung sei an alle gerichtet gewesen, die Ohren haben, zu hören. Ich brauche hier, fährt Minister von Schleicher u. a. wörtlich fort, den unbeirrbaren Friedenswillen Deutschlands nicht zu bekräftigen. Der beste Garant eines dauerhaften Friedens aber ist ein Deutsches Reich, dessen Souveränität nicht durch entwürdigende Sonderbestimmungen beeinträchtigt ist und das seine ursprünglichste Funktion, für die Sicherheit seiner Bewohner zu sorgen, auch wirklich erfüllen kann. Hier gilt das Wort des Präsidenten Hoover in seiner Rede vom 11. August 1932 über die „vergifteten Quellen der politischen Unstabilität, die in den Verträgen liegen, die den Krieg abschlossen".
Das Ausmaß einer Umorganisation der Reichswehr hänge in erster Linie vom Grade des Abrüstungswillens der höchstgerüsteten Staaten ab. Deutschland beanspruche für seine Sicherheit nicht mehr und nicht weniger als die anderen Mächte für sich fordern. Es sei bereit, auch in Zukunft an einer wirklichen Abrüstung mitzuarbeiten, aber man dürfe sie Geduld des deutschen Volkes nicht länger mißbrauchen. Artikel 5 der Völkerbundsstatuten setze für die regelmäßige Nachprüfung und Berichtigung der Abrüstungspläne ein Höchstmaß von zehn Jahren. Deshalb habe Deutschland seine Gleichberechtigungsforderung jetzt nachdrücklich angemeldet als Prüfstein für den guten Willen seiner Vertragspartner. Sie beziehe sich ebenso auf die grundsätzliche Frage der Wehrverfassung wie auf die sogenannten Angriffswaffen, die bei den Sachverständigenberatungen in Genf sich plötzlich in Verteidigungsmittel verwandelten. Deutschland wolle keine Teilnahme am Wettrüsten, aber es fordere das Recht, seine beschränkten Geldmittel so anzulegen, daß sie einen günstigen Nutzeffekt für die Landesverteidigung bringen. Der Artikel schließt: „Die Lösung dieser Frage wird und muß in der nächsten Zukunft gefunden werden. Denn sie ist nicht nur eine Frage der Ehre und Würde des deutschen Volkes, sondern auch eine Lebensnotwendigkeit für die Welt, deren Frieden nur auf der Grundlage des Vertrauens, des Rechtes und der Freiheit gedeihen kann."
Der Präsident beruft dann vier weitere Schriftführer zur Unterstützung der weiteren Wahlhandlung, Er bittet um Vorschläge für den ersten Mzevräsidenten. Abg, Dr, Frick (NS.) schlägt den Abg, Esser (Z.) vor, Abg, Torgler (Kom.) ruft: „Das sind die ersten Früchte der neuen Koalitoin." Von den Sozialdemokraten wird Abg. Lobe (S.) und von den Kommunisten Abg. Torgler vorqeschlagen.
Bei der Wahl des ersten Vizepräsidenten erhielt von 568 abgegebenen gültigen Stimmen der Abgeordnete Esser (Z.) 278 Stimmen, der Abgeordnete Lobe (Soz.) 214 Stimmen, der Abgeordnete Torgler erhielt 77 Stimmen und die Abg. Zetkin (Kom.) 1 Stimme. Da keiner der Abgeordneten die absolute Mehrheit von 284 Stimmen erhielt, mutz Stichwahl zwischen dem Abgeordneten Esser und Löbe stattsinden.
Die Stichwahl ergibt die Wahl des Abgeordneter Esser (Z.) mit 367 Stimmen gegen 138 Stimmen, die für den Abgeordneten Löbe (Soz.) abgegeben worden sind. Die 78 kommunistischen Stimmen für den Abg. Torgler waren bei der Stichwahl ungültig. Abg, Esser nimmt die Wahl an. Als zweiter Vizepräsident wird von den Nationalsozialisten der Abg, Gräs-Thü- ringen (Dntl) vorgeschlaqen.
Zum zweiten Vizepräsidenten wird gewählt: Graf (Dntl.) mit 335 Stimmen, Es erhielten weiter Löbe (Soz.) 139, Torgler (Kom.) 78 Stimmen. Eräf ist mit Mehrheit gewählt, er nimmt die Wahl an.
Für den Posten des dritten Vizepräsidenten werden vorgeschlagen Rauch lB.Vp ). Löbe und Torgler.
Gewählt wird als dritter Vizepräsident Rauch-München (B - Vp.) mit 356 Stimmen, während Löbe 124 Stimmen, Torgler 76 Stimmen, Dmgeldey 1 Stimme erhielten. Darauf folgten die Wahlen der Schriftführer.
Erklärung des Präsidenten und Vertagung
Reichstagspräsident Görmg erklärt, datz sämtliche Ausschüsse sich morgen konstituieren und bat um die Ermächtigung, dem Reichspräsidenten die Bitteauszusprechen, das Präsidium de» Reichstags unverzüglich zum Bortrag zu empfangen. Es würden sich die Nachrichten häufen, datz eine Ausschaltung des Reichstages beabsichtigt sei. Das deutsche Volk weise solche Gerücht« zurück. Der Reichspräsident werde versassungsgemiih Handel», die Wahl des Präsidiums habe erwiesen, datz der neue Reichstag über eine große nationale Mehrheit verfüge und datz kein staats- reustlicher Notstand gegeben sei zur Ausschaltung des Parlament». Der Präsident >ei überzeugt, datz der neue Reichstag die große» Nationale» Ausgaben erfüllen werde, denn er verfüge zum erstenmal über eine nationale Mehrheit.
Ein komunijtijcher Antrag auf eins Sitzung am Mittwoch wurde abgelehnt und dem Präsidenten uberlassen, die nächste Sitzung einzuberufen.
Die Deutschnationalen fordern Entfernung einer schwarz- rot-goldenen Fahne im Reichstag
Berlin, 30. August. Der Vorsitzende der deutschnationalen Reichstagsfraktion Dr. Oberfohren hat, wie die deutschnationale Pressestelle mitteilt, an den Reichstagspräsidenten Eoertng den folgenden Brief geschrieben:
„Zm Namen der deutschnationalen Reichstagsfraktion bitte ich, die in der Wandelhalle des Reichstages hinter dem Standbild seiner Majestät Kaiser Wilhelms I. auf Anordnung des früheren Herrn Präsidenten des Reichstags angebrachte schwarz-rot-goldene Fahne entfernen zu lassen."
Demonstrationen in der Nähe des Reichstagsgebäudes
Berlin, 30. August. Kurz nach der Eröffnung des Reichstags kam es in der Nähe des Reichstagsgebäudes, das im weiten Umkreise abgesperrt war, zu größeren Demonstrationen, die ein Eingreifen der Polizei und die Räumung der umliegenden Alleen des Tiergartens notwendig machten.
Am Platz der Republik hatten sich hinter den polizeilichen Absperrungen zahlreiche Nationalsozialisten eingefunden, die die Anfahrt ihrer Abgeordneten erwarteten. Plötzlich ertönten aus der Menge die Rufe: „Deutschland erwache! Juda verrecke!", sowie Schmährufe auf die Regierung Papen. Die Polizei schritt gegen die Demonstranten ein und drängte sie ab.
Rems vom Tags
„Graf Zeppelin" am Mittwoch in Pernambuco
Reuqork, 30. Aug. Die Radio-Marine-Company erhält eine» Funkspruch vom „Graf Zeppelin", wonach dieser am Mittwoch in Pernambuco landen wird. Das Luftschiff befand sich um 23 Uhr (Neuyorker Zeit) über dem Atlantischen Ozean westlich der Ma- eokkoküste auf dem 32,8 nördlichen Breitengrad und dem 16,30 westlichen Längengrad.
Aufsehenerregende Erklärung Mschidas
Tokio, 36. Aug. Auf eine Anfrage im Unterhaus über das Mandschureiproblem erklärte Utschida, er hoffe, datz sich die Frag« in einem für Japan günstigen Sinne entwickeln werde. Andernfalls, so betonte er, wäre die Regierugn entschlossen, z« de» Sichersten Mittel zu greifen. Man glaubt, aus diesen Worten herauslesen zu können, datz Japan nötigenfalls entschlossen ist. dem Völkerbund den Rücken zu kehren.
Ernste Lage in Quito
Guayaquil, 36. Aug (Reuter.) In Quito ist ein vollkommenes Durcheinander In den Straßen, in denen die Leiche» «mherlregen, wird »nunterbrochen geschossen. Die Aufständischen, die unter dem Kommando von Mosines stehen, feuern von den Kirchen herab, in die sie sich geflüchtet haben. Angesichts de» wachsenden Widerstandes der Rebellen hat der Kriegsminister telegraphisch alle verfügbaren Truppen zum Einsatz aus Quito angefordert
Aus Stadt und Land
Altenfteig, den 31. August 1932.
Amtliches. Der Herr Staatspräsident hat die Lehrstelle an der evangelischen Volksschule in Herzogsweiler O.Amt Freudenstadt dem Lehrer Willy Baurin Stuttgart-Hedel- fingen übertragen.
Durch Entschließung des Herrn Kirchenpräsidenten ist Pfarrer Combe in Mötzingen, Dek. Herrenberg, seinem Ansuchen gemäß in den Ruhestand versetzt worden.
Der September
Der September ist der letzt« Monat der Sommerszeit. Wenn auch der Herbst offiziell erst am 21. seinen Anfang nimmt, so mutet uns doch die Natur im September meist schon ganz herbstlich an. Die Felder find kahl. Langsam verfärbt sich des scheidenden Sommers grünes Gewand. Wohin das Auge blickt, sieht es kahle Stoppelböden auf abgeernteten Getreidefeldern und nur zwischendurch reifen die später angebauten Herbstgewächse. Die Herde blüht. In den Hopfengärten ist Hochsaison im Zupfen, eine Arbeit, die rasch gemacht werden mutz, damit die Güte der Dolden nicht durch Ueberreife leidet. Die Hauptarbeit im September ist aber die Obsternte. Pflaumen, Zwetschgen, Herbstbirne'c und Herbstäpfel haben, beschleunigt durch die warmen Tage im August, ihre Reife erreicht. Häufiger werden dann die Nebelschleier. merklich kommt der Herbst herangeschlichen. In dem
Gesang der buntgefiederten Vögel, unserer Heimatkinder in oen Lüften, kommen Lücken. Ls sind die Tage gekommen, wo nach wochenlangen Probeflügen die Vogelwelt sich in größeren Scharen zusammenfindel, um die alljährliche Wanderung in die wärmeren Gegenden weit über dem Meere anzutreten. „An Mariä Geburt (8. September) fliegen die Schwalben furt", heißt es in einem alten Bauernspruch.
Da bei den alten Römern der März als erster Monat des Jahres galt, war der September der siebente. Von dieser alten Iahresrechnung ist ihm auch der Name geblieben. Der September heißt auch Herbst- und Obstmonat, in einzelnen Gegenden wird er Scheiding genannt, weil er die Scheidung zwischen Sommer und Herbst bringt, die kalendermäßig auf den 23. September fällt. Es herrscht an diesem Tage die sog. Tag- und Nachtgleiche. Die Länge des Tages wird am Ende des Septembers wiederum um eine Stunde und 43 Minuten abgenommen haben, lieber die Planetenerscheinungen heißt es: Am Morgenhimmel stehen Merkur (am 3. September besonders günstig für die Beobachtung) und Jupiter im Osten, Venus und Mars im Südosten. Saturn geht gleich nach Mitternacht unter. An volkstümlichen Tagen sind im September Mariä Geburt (8. September), Matthäus (21. September) und Michaeli (29. September) zu verzeichnen.
Das Landvolk hat sich für den September als aufmerksamer Beobachter der Natur eine Reihe von Wetterregeln zurecht gemacht. Die bekanntesten von ihnen lauten: „Jst's an Aegidi