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Nr. 2i
Ve«erke»swerter Amstieg des Do. X Lissabon, 29. Jan. Bei den Probeflügen des Do. X in Lissabon, die jetzt nach der Wiederherstellung des Flugschiffes ausgefiibrt werden, wurde gestern eine bemerkenswerte Leistung erzielt, indem das Flugschiff mit 55 Tonnen Gesamtgewicht in glänzender Weise startete und damit die vom Erbauer gebegten Erwartungen weit übertraf. Die Flugeigenschaften waren bei diesem hoben Abflugsgewicht noch unverändert gut.
Altensteig» den 30. Januar 1931.
Amtliches. Der Herr Staatspräsident hat je eine Lehrstelle an der evangelischen Volksschule in Conweiler Oberamt Neuenbürg dem Lehrer Karl Koch in Miinsingen und dem Lehrer Walter Drechsel in Teinach O.A. Calw, Leonberg dem Hauptlehrer Halb in Rutesheim O.A. Leonberg, (früher in Ueberberg) übertragen.
Die Auszahlung der Invaliden- und Unfallrente für den Monat Februar erfolgt am Samstag, den 31. Januar, von 9 Uhr ab durch die Postamtskaffe.
Beginn der Skikurse. Die vom Turnverein gemeinsam mit dem Schwarzwaldverein zur Durchführung kommenden Skikurse für Schüler, Anfänger und Fortgeschrittene beginnen bei günstigen Schneeverhältniffen nun am kommenden Samstag und zwar für Schüler nachmittags 2.30 Uhr beim Kriegerdenkmal. Für die Schulentlassenen abends 8 Uhr in der Turnhalle theoretische Vorbereitung. Weitere Bekanntgabe folgt morgen. Die Uebungen erfolgen auf eigene Gefahr. Eine Unfallversicherung besteht nur für die Mitglieder des Turnvereins.
Sorgt für den Hofhund. Vom Württ. Tierschutzverein wird uns geschrieben: Wenn man an kalten Winterabenden durch ein Dorf geht oder an einzelnen Eehöftern vorüber kommt, hört man da und dort angekettete Hunde winseln und bellen. Es heißt dann vielfach, der Hund bellt die Sterne an! O nein, das arme angekettete Tier friert, es bellt, weil es vor Kälte fast vergeht, in die Nacht hinaus. Der Besitzer solch armer Geschöpfe sitzt aber am warmen Ofen oder liegt im weichen Federbett und wird womöglich noch recht böse, wenn sein Hund heult und winselt. Daher ihr Hundebesitzer, habt ein Herz für euren treuen Kameraden und laßt den armen Kerl wenigstens die kalten Nächte im Stall oder sonstigem warmen Raum zubringen, oder aber verschafft dem Hunde in seiner Hütte ein trockenes, warmes Lager. Er wird euch diese Wohltat danken.
Nagold, 29. Januar. (Brandfall.) Gestern abend um 6 Uhr stand das Koks- und Holzlager der Tuchfabrik Kapp in der Herrenbergerstraße plötzlich in Flammen und entwickelte sofort einen derartigen Rauch, daß die Bewohner und Arbeiter der Fabrik, die des Feuers mit Minimax Herr zu werden versuchten, dem Qualm weichen mußten^ Die sofort alarmierte Weckerlinie drang nun mit Rauchmasken in den unter depr Fabriksaal gelegenen Raum ein und löschte nach verhältnismäßig kurzen Bemühungen das Feuer. Außer dem vernichteten Vrandmaterial, einigen angesengten Kisten mit Garnspulen, wurde kein weiterer Schaden angerichtet.
Pfalzgrafenweiler, 29. Januar. (Todesfall.) Gestern abend starb der Tierheilkundige Christian Dieterle im 52. Lebensjahr. Der Verstorbene, der in landwirtschaftlichen Kreisen sehr geschätzt war und seine Praxis in weitem Umkreis ausübte, war schon längere Zeit leidend
Gedenket der hungernde» Vögel!
und eine Operation vermochte den beliebten, hilfsbereiten Mann nicht mehr zu retten.
Wildbad» 27. Januar. (Aus dem Eemeinderat.) Nach einem vom Oberamtstierarzt aufgestellten Prüfungsbericht über das städtische Schlachthaus wären bei der Ausführung sämtlicher Anstände etwa 5—38V00 Mark erforderlich; darunter sie Erneuerung einer Kühlmaschinenanlage mit allein etwa 25 000 Mark. In Anbetracht der finanziellen Lage der Stadt ist daran jedoch nicht zu denken und soll zunächst im Hinblick auf die in diesem Jahr hier stattfindende Metzgermeistertagung nur das Nowtendigste, die Erneuerung der Fußböden, Wandbelag usw. gemacht werden. Durch die notwendigen Reparaturen erscheint eine Erhöhung der ohnedies niederen Schlachthaus- gcbühren einschließlich Fleischbeschau für 1 Stück Großvieh bis 400 Kg. 8.50 Mark, über 400 Kg. 10.50 Mark, für ein Schwein einschließlich Trichinenschau 3.70 Mark, für Kälber 2.80 Mark, für eingeführtes Fleisch pro Kg. 5 Pfg. Die Mehreinnahmen aus diesen Sätzen werden pro Jahr mit 4000 Mark errechnet. — Das Gesuch um Wirtschaftserlaubnis für das alte Postamt stand wiederholt zur Beratung. Obwohl die Postverwaltung eine Genehmigung dadurch schmackhaft zu machen versuchte, daß sie als Gegenleistung mehrere Bauten erstellen wolle, um das darniederliegende Baugewerbe zu beleben, stieß sie nach wie vor auf scharfen Widerstand des ebenfalls um seine Existenz ringenden Hotel- und Wirtschaftsgewerbes. Der Gemeinderat lehnte auch diesesmal das Gesuch mit 8 gegen 4 St. bei 2 Enthaltungen ab. — Bürgermeister Bätzner gab bekannt, daß ab 1. Februar die Bezüge der städtischen Beamten und Unterbeamten, sowie die Taggelder, Diäten usw. die gesetzliche Kürzung von 6 Prozent erfahren. Die Ersparnisse für die Stadtkaffe ergeben ohne Berücksichtigung des Anteils an den Lehrergehältern bei der Stadtverwaltung 7004.70 Mark, bei der Bergbahn 1795 Mark, zusammen 8799.70 Mark. — Zwecks Fällung der in letzter Sitzung zum Verkauf genehmigten 2500 Festmeter Langholz wurden mit den Holzhauern neue Akkordlöhne vereinbart. Mit Ausnahme des für 1. Klaffe Langholz angesetzten Betrages von 1.40 Mark pro Festmeter wurden alle übrigen vereinbarten Sätze anerkannt. Für diese wurden nur 1.20 Mark pro Festmeter bewilligt.
Virkenfeld, 28. Januar. Der Eemeinderat hat in seiner gestrigen Sitzung über die Art der für die Notstandsarheit vorgesehenen Straßen beraten und beschlossen, die Eoethestraße mit einer Fahrbahnbreite von 6,5 Meter und je 2,25 Meter breitem Gehweg durchzuführen. Die Eartenstraße soll mit 5 Meter Fahrbahnbreite und je 1,5 Meter breitem Gehweg durchgeführt werden, wobei dann an der südlichen Seite noch 3 Meter zwischen Gehweg und Baulinie für einen Vorgarten übrig bleiben. — In nichtöffentlicher Sitzung wurde über die Art und Weise der Durchführung der geplanten Speiseküche und über die Berechtigung zur Teilnahme der hierzu angemeldeten Personen beraten. Nach der Anmeldungsliste haben sich 215 Personen angemeldet. Vom Eemeinderat wurden davon 87 Personen als teilnahmeberechtigt anerkannt. Diese 87 haben der Gemeinde, wenn sie von der Einrichtung Gebrauch machen wollen, als Gegenleistung ihre Arbeitskraft in geringem Maße zur Verfügung zu stellen, und zwar hat eine ledige Person für 6 Mittagessen einen Tag, eine verheiratete Person für 12 Mittagessen einen Tag kostenlose Arbeit zu leisten.
Alpirsbach, 29. Januar. Die Einbruchsfäkle in hiesiger Gemeinde wie im Nachbarort mehren sich zusehends. Doch zum Glück fielen den Spitzbuben noch keine nennenswerten Güter in die Hände. Allem Anschein nach handelt es sich in allen Fällen um die gleichen Täter und besteht begründeter Verdacht. Man ist den beiden Unholden auf der Spur und die Angelegenheit dürfte sich bald aufklären.
Herrenberg, 28. Januar. (Gegen die Aufhebung des Oberamts und Amtsgerichts.) In feinem Jahresbericht erklärte der Stadtvorstand zum Gutachten des Reichssparkommissars über die Neueinteilung der Landesverwaltung Württembergs, das auch die Aufhebung des Oberamts und Amtsgerichts Herrenberg vorsteht, daß wir die Argumente des Sparkommiffars, mit denen er feine Vorschläge begründet, in wesentlichen Punkten nicht als stichhaltig anerkennen. Die Ausführung dieser Vorschläge wäre für unser Land ein teures und höchst wahrscheinlich unglückliches Experiment, dessen Kosten nur das Landvolk und die Landstädte zu zahlen hätten. Ohne Aufgabenabbau gibt es schlechterdings keine Vereinfachung und Verbilligung der Verwaltung.
funkgebiihren unter gewissen Voraussetzungen jedesmal für «inen Monat erlasse« können. Die Antragsteller müssen zur Zeit der Stellung des Antrags mindestens ein halbes Jahr lang ununterbrochen Rundfunkteilnehmer gewesen sein und seiner müssen sie dem Postamt monatlich ihre Stempelkarte zur Einsicht vorlegen.
Einnahmen und Ausgaben der Reichsanstalt für Arbeitsort mittlung und Arbeitslosenversicherung
Berlin, 29. Jan. Der Verwaltungsrat der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung bat den Haushalt für das am 1. April beginnende neue Geschäftsjahr verabschiedet. Im Haushalt sind die wichtigsten Punkte die Beitragseinnahmen und die Unterstützungsausgaben. Da das Reich im neuen Haushaltsjahr weder Darlehen noch Zuschüsse geben will find diese beiden Zahlen in Beziehung zueinander gebracht worden. Bei 6,5 Prozent Beitrag werden die Einnahmen daraus unter Berücksichtigung des Rückganges bei Versicherungspflichtigen und des Lohnabbaus auf 1K80 Millionen geschätzt 1478 Millionen werden allein für Arbeitslosenunterstützung bereftgestellt. Der durchschnittliche monatliche Aufwand auf den Kopf des Arbeitslosen wird mit 70.50 Mark geschätzt (gegenüber 80 Mar! vor den Leistungsabstrichen durch die Reform), sodah 1,75 Millionen im Jahresdurchschnitt unterstützt werden können. Für Kopfarbeiter sind 45 Millionen (gegenüber 40 Millionen im Vorjahre) angesetzt. Für Maßnahmen zur Unterstützung und Beendigung der Arbeitslosigkeit 6,2 Millionen, darunter Schulungs- maßnabmen. Arbeitsausrüstungen, Reisekosten usw., für Grund- forderung bei der wertschaffenden Arbeftslosenfürsorge 40 Mil- lionen, wie im Vorjahre.
Hilfsaktion für die eingeschloffenen Alpinis
Paris. 29. Jan. Der „Matin" berichtet aus Lyon, der Rest der Kompognie italienischer Alpinis sei dem Vernehmen »ach «3 Mann, noch immer im Schnee eingeschloffen. Militär-, Zollbeamte und Zivilisten versuchten, den Soldaten Hilfe zu bringen, und sie sollen gestern eine, wenn auch nur unsichere, Verbindung mit ihnen hergestellt haben Infolge des starken Schneefalles fei es gegenwärtig für die Soldaten nicht möglich, den schwierigen Abstieg zu unternehmen, weil dann die Gefahr bestehe, daß sie wieder von einer Lawine erfaßt werden würden. Die italienischen Militärbehörden sollen nun beabsichtigen, den Ein- geschloflenen durch einen unterirdischen Wafferzufuhrtunnel Hilfe zu bringen, damit der Abstieg über die gefährlichen Stellen vermieden werden kann.
Bergwerksunglück in Indiana
Linton, 29. Jan. Bei einer Explosion in einem hiesigen Bergwerk am Mittwoch abend kamen 5 Bergleute ums Leben. Ungefähr 29 Bergleute sind von der Außenwelt ab- geschniiten. In den frühen Morgenstunden am Donnerstag wurden über 3ü Tote als Opfer der Bergwerksexplosion gemeldet Als Ursache wurde anfänglich eine Pulverexplosion angenommen, später eine Easentzündung. Die Geretteten vermochten nur ungenügende Auskunft zu geben. Die meisten Zugänge ins Innere des Bergwerks sind derartig mit Trümmern versperrt, daß die Rettungsarbeiten nur langsam voranscheiten.
Schweres Erdbeben in Ostalbauken
Tirana, 29. Jan Gestern vormittag trat in der Stadt Gortscha (Koritza) ein heftiges Erdbeben auf, dessen Epizentrum in der Stadt war und dem drei leichte Erdstöße folgten. Das Erdbeben verursachte an einigen Häusern Schaden. 899 Häuser wurden »«bewohnbar. Das Internat des Seminars für Mädchen lowie das Lyzeum wurden ernstlich beschädigt. Dick neue rumänische Pfarrkirche wurde vollständig zerstört. Bis jetzt wurden 3 Tote und 3 Verletzte gemeldet. Die Telephonverbindungen sind unterbrochen. Die elektrische Beleuchtung funktionierte nicht. Die Regierung hat sofort Maßnahmen ergriffen, um die Verbindungen wieder herzustellen und die Obdachlosen unterzubringen Am Nachmittag traten neue Erdstöße auf. Fast alle Häuser der Stadt wurden mehr oder weniger schwer beschädigt. Unter der Bevölkerung herrscht ein panischer Schrecken. Alle Hilfsmaßnahmen sind getroffen.
Alart^rsr äsr ILsds
Roman von I. Schneider - Förstl Nachdruckoer boten.
16. Fortsetzung
Kein Wort fiel.'Nur eine Hand klatschte auf. — Dann ein zweites Mal.
Fräulein Gerhard rief gellend um Hilfe.
„Werden Sie schweigen?" zischte Nella dicht vor ihrem Gesichte. Blitzschnell griff ihre Rechte nach dem mit Schildpatt eingelegten Revolver auf dem Tische nebenan.
„Mord," rief das Mädchen entsetzt. „Morden würden Sie auch! Sie — Sie —"
„Man erweist der Menschheit nur einen Gefallen, wenn man sie von Individuen Ihres Schlages befreit!" kam Nel- las Stimme, farblos.
Wieder zeigten ihre Hände nach der Tür.
Mit dem Rücken nach dem Ausgang trat das Fräulein den Rückmarsch an. Nella hielt den Revolver mit der Mündung nach dort gerichtet. Erst als die Klinke ins Schloß fiel, ließ sie ihn mit einem Gefühl des Ekels sinken.
„Die ist noch schlechter als ich," sagte sie und hielt ihre Hände weit von sich ab, daß sie nicht ihr Kleid streiften. Dann ging sie zu dem großen, in die Wand eingefügten Marmorbecken, ließ erst warmes, dann kaltes Wasser in raschem Wechsel über ihre Finger rieseln, und frottierte sie kräftig mit einem gerauhten Handtuch. Während sie noch einmal in aller Ruhe ihr Spiegelbild betrachtete, drückte sie mechanisch aus einen der Knöpfe, welche kaum sichtbar dem Tapetenmuster eingefügt waren.
Eine Seitentür öffnete sich geräuschlos. „Gnädige Frau befehlen?"
„Ich wünsche auf der Terrasse zu frühstücken!"
„Es ist bereits gedeckt, anädige Frau!"
Ein lässiges Nicken bedeutete, daß das Mädchen entlassen war.
Wenige Minuten später faß Nella in einem der bequemen Korbstühle unter dem großen Sonnenschützer der Terrasse, Aß sich von dem Diener servieren und blätterte, während
ihre weißen, schönen Zähne ein Gebäck zermalmten, in dem Stoß von Modeheften, die neben ihrem Gedeck lagen.
Mann, Kind und Erzieherin waren vergessen.
Renkell eilte inzwischen über die Brücke dem Hochwald zu. Annemarie konnte nicht schwer zu finden sein. — Armer Hascher!
Er formte beide Hände zu einer Höhlung an den Mund.
„Annemarie!"
„Anne-mariee!" lachte das Echo zurück.
Er stieg eine Weile bergauf und wandte sich dann seitwärts, von woher das Geläut der Herdenglocken kam. Der sonnverbrannte Junge, welcher die Geißen und Kühe samt den mächtig behornten Ochsen betreute, hatte nichts von dem kleinen Hüttensräulein gesehen. Möglich, daß sie im Forsthause die kleinen Rehe ansehen hat wollen, meinte er un- verschüchtert treuherzig.
Renkell schenkte ihm einen Geldschein und fuhr freundlich über des Jungen wildes, weißblondes Haar. Das war noch mehr wert wie Geld. Das hatte der Hüttenkönig sicher noch keinem anderen getan.
Im Forsthause traf Renkell versperrte Türen. Annemarie hatte also auch keinen Einlaß bekommen.
Er kam sich mit einem Male fast lächerlich klein vor in seiner Sorge um sie. Annemarie, sein großes kluges Kind, war wohl schon längst wieder zu Hause und wartete in irgendeinem Winkel im Haus oder Park, bis sie seine Stimme hörte, welche sie aller Furcht vor etwaiger Strafe überhob.
Kleine, süße Annemarie!
Er setzte in großen Sprüngen den Waldrücken herab. Steine und Erdreich polterten ihm nach. Als er jedoch ganz atemlos die Terrasse betrat, sagte ihm der Diener, daß die Kleine noch nicht zurückgekehrt sei. Nellas Sorge war gleich Null. Sie schalt nur ärgerlich über die dummen Streiche der Tochter. Wahrscheinlich kam sie wieder mit zerrissenen Sachen und einem Kleid voll von Heideibeer- und Harzflecken.
„Wenn du sie nicht so maßlos verwöhntest, käme derlei nicht vor!" sagte sie mit rücksichtslosem Borwurf.
Renkell biß nervös die Zähne in die Lippen. Zank war ihm etwas Verhaßtes. Aber er konnte sich nicht völlig beherrschen.
„Eine zärtliche Mutter bist du gerade nicht!" sagte er kühl und griff, ohne das zweite Gedeck neben Nellas Platz zu beachten, nach seinem Hut, um nach der Fabrik zu gehen.
„Gott, ich kann es nur eben nicht so zeigen! Im Grunde genommen wäre das Gefiihlsverschwendunq, wenn ich mich sorgte! Was sollte ihr denn fehlen? — Wölfe gibt es keine! Ertrinken kann sie auch nicht, denn der Fluß ist so seicht, daß ein Dreijähriges darin baden kann! Was ereiferst du dich also?"
„Ich möchte dich trotzdem bitten, mir Nachricht ins Bureau zu schicken, wenn sie innerhalb einer Stunde nicht zu- rückkommt."
Sie nickte zerstreut und machte in einem der Hefts breite Eckränder.
„Dies Schneiderkleid aus blauem Tuch könntest du mir schenken." sagte sie, ganz in den Anblick des Farbenbildeg versunken.
„Du denkst an dein Schneiderkleid und ich an — dein Kind!" gab er gereizt zurück.
„Gut, daß es nicht das deine ist," warf sie dawider und sah einen Augenblick mit einem spottenden Lächeln zu ihm auf. „Du wärst fähig, mich zu schlagen, wenn ich es nicht fräße vor Liebe und Zärtlichkeit. Uebrigens." sie blätterte gelangweilt ein weiteres Heft durch, „möchte ich dir sagen, daß ich es an der Zeit finde, Annemarie in eine Pension zu geben. Hier verbauert sie. Ich weiß nichts anzufanaon mit Kindern." Sie gähnte. „Ich langweile mich schrecklich in ihrer Gesellschaft."
„Annemarie ist keines von den Kindern, das langweilt."
„Sie macht mich nervös mit ihren vielen Fragen. Ich weiß oft mit dem besten Willen nichts darauf zu antworten."
„Jedes, auch das geistig minderwertiaste Weib aus dem Volk weiß seinem Kinde etwas zu sagen!"
„Ich verbitte mir den Schulmeisterton!" fuhr sie auf. „Annemarie ist meine Tochter — die meine!"
„Und die meine! — unterbrich mich nicht, bitte. Ich habe sie adoptiert. Also habe ich Baterrechte und ich werde sie ausüben. Daraus kannst du dich verlassen! Kaufe dir meinetwegen zehn Schneiderkleider, in Grün. Blau und Modefarben. Wie du willst. Aber das Kind bleibt hier! Guten Morgen!"
Die Türe schlug krachend ins Schloß. (Forts, folgt.)