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Attensteig. Donnerstag den LO. März 1K30

53. Jahrgang

ReiWimmmillifttt Stvrring und Sk. Nw

Einstellung aller Ueberrveisungen ans Fondmitteln des Reiches an Thüringen und des Reichsznschusses sür thüringische Polizeizwecke Anzeige gegen Frick beim Oberreichsanwalt

Berlin, 19. März. Laut Meldung eines Berliner Mit­lagsblattes ist bei dem Oberreichsanwalt in Leipzig im Laufe des heutigen Vormittags eine Anzeige wegen hoch­verräterischer Unternehmungen des nationalsozialistischen thüringischen Ministers Frick eingegangen. In dieser An­zeige wird der Oberreichsanwalt aufgefordert, gegen Dr. Frick und den Oberbürgermeister von Eisenach, Dr. Jan- son, einzuschreiten, '

weil diese innerhalb der thüringischen Polizei Zer- ^

setzungsarbeiten betreiben. l

Der Anzeige liegt eine Auslassung eines thüringischen Polizeibeamten zugrunde, der angegeben hatte, daß OVM. Dr. Janson ihn in einer Unterredung aufgefordert hätte, als Beweis für seine nationale Gesinnung Zeugen aus nationalsozialistischen oder Stahlhelmkreisen zu finden, die sür ihn bürgen und sich insbesondere bei Minister Frick persönlich für ihn verwenden könnten. Hierzu hat Dr. Jan- fon bereits eine Gegenerklärung erlassen, in der gesagt wird, daß die Unterredung mit dem Polizeibeamten zwar ! stattgefunden hätte, sich aber ganz anders abgespielt habe, ! als der Polizeibeamte es darstelle. ^

In diesem Zusammenhang ist ein Brief des Reichs­innenministers Severing an das thüringische Staatsmini­sterium sehr interessant, der folgenden Wortlaut hat: s

Auf mein Schreiben vom 17. Februar habe ich bis heute eine Antwort nicht erhalten, dagegen hat nach bisher unwidersprochenen Zeitungsmeldungen, das Mitglied des thüringischen Staatsministeriums, Herr Minister Frick, in einer öffentlichen Versammlung erklärt, daß ich auf eine Antwort lauge warten könne. Diese Haltung des Herrn

Staatsministers Frick hat mich veranlaßt, für den Amts­bereich meines Ministeriums Anordnungen dahin zu er­lassen, daß Anfragen und Schreiben des thüringischen Staatsministeriums nicht früher beantwortet werden, bis eine Antwort auf mein Schreiben^ auf die ich übrigens keineswegswarte", eingegangen rst. Gleichzeitig sind die zuständigen Stellen meines Ministeriums angewiesen wor­den, alle Ueberweisungen aus Fondmitteln des Reiches an die thüringische Regierung einzustellen.

Schließlich mache ich darauf aufmerksam, daß mir Nach­richten zugegangen sind, die begründeten Zweifel darüber verursachen, ob die Voraussetzungen für die Gewährung eines Reichszuschusses für Polizeizwecke von seiten des thü­ringischen Staatsministeriums noch erfüllt sind. Ich bin daher nicht in der Lage, weitere Zuschußbeträge anzuwei­sen» wenn nicht vom thüringischen Staatsministerium der bündige Beweis dafür erbracht werden kann, daß von ihm die Grundsätze für die Gewährung der Reichszuschüsse in vollem Umfange beachtet werden."

Nach Auskunft von zuständigen Stellen soll die Gewäh­rung von Mitteln für Polizeizwecke durch Reichsgesetz an gewisse Voraussetzungen geknüpft sein. Diese Mittel wer­den über das Innenministerium geleitet, um dort die Vor­aussetzungen prüfen zu können. Wie weit das Reichs­innenministerium hier völlig im Recht ist, ist noch nicht zu übersehen. Jedenfalls ist die Kriegserklärung zwischen Reich und Thüringen erfolgt, und das dumpfe Grollen, das aus dem Reichsinnenministerium kommt, läßt beinahe erwarten, daß mit einer Reichsexekution gegen ein deutsches Land gespielt wird.

Ela Brrsuch?

Das Ende des deutsch-polnische« Zollkrieges Die llnter- schreibung des Handelsvertrages

In dem Augenblick, wo das deutsch-polnische Liquidations­abkommen durch den Reichspräsidenten noch nicht unter­schrieben war, fand in Warschau die llnterschreibung des deutsch-polnischen Handelsabkommens statt. Sollte nun die­ses Handelsabkommen vom Reichstag angenommen werden, so wird dies das Ende des langjährigen Zollkrieges zwischen Deutschland und Polen bedeuten. Hiermit wird man wohl von einer neuen Aera in der Geschichte der deutsch-polnischen Handelsbeziehungen sprechen können.

Die Handelsoertragsverhandlungen zwischen Deutschland und Polen haben mehrere Jahre in Anspruch genommen. Oft haben sie eine Unterbrechung erfahren, die auf Schwie­rigkeiten hinwies, mit denen die Verhandlungspartner zu kämpfen hatten. Diese Schwierigkeiten waren so entschiede­ner Art, - der Führer der deutschen Delegation, der Reichsminister a. D. Dr. Hermes, sich zum Rücktritt ge- ! zwungen sah. Es war der deutsche Gesandte in Polen, Rau- j scher, der mit der Fortführung der Verhandlungen betraut wurde. Er ist es auch, der im Namen des Deutschen Reiches seine Unterschrift unter das Vertragsdokument gesetzt hat.

Es wird im Reichstag wohl noch einen erbitterten Kampf um den deutsch-polnischen Handelsvertrag geben, a er­scheint es insbesondere interessant, zu erfahren, was Polen vom Vertrag denkt und welche Vorteile man sich in War­schau davon verspricht. In einer der maßgebendsten pol­nischen Zeitungen, imCzas", konnte man noch vor einem Jahre folgende Zeilen lesen:

Den Handelsvertrag mit Deutschland müssen wir aus den verschiedensten Gründen baldmöglichst abschließen und werden ihn höchstwahrscheinlich auch abschließen. Umso mehr müssen aber Regierung und landwirtschaftliche Or­ganisationen ihre ganze Energie anspannen, damit wir nicht unvorbereitet sind und der Woge des gesteigerten Imports deutscher Jndustrieerzeugnisse sofort mit einer i entsprechend gesteigerten Ausfuhr polnischer landwirt­schaftlicher Erzeugnisse begegnen können."

! Diese Zeilen enthalten ein ganzes Programm, dessen Be- > solgung man sich in Warschau zur Aufgabe machen wird. Nicht umsonst war es die deutsche Landwirtschaft, die den «erlauf der deutsch-polnischen Handelsvertragsverhandlun- gen mit besonderer Sorge verfolgte und die an dem Vertrag am meisten auszusetzen hat Da ist es äußerst bezeichnend.

welche Beurteilung die Lage der deutschen Landwirtschaft in der polnischen Presse findet. DerselbeCzas" schrieb da­rüber folgendes:

Trotz der Anstrengung der deutschen Landwirtschaft uiü> trotz der Bestrebungen der gesamten deutschen Wirt­schaft zur Ernährungsjelbstversorgung, erfolgt die Ent­wicklung der Wirtschaftsstruktur Deutschlands dauernd in der Richtung eines immer größeren Ueberwiegens der Industrie über die Landwirtschaft, die trotz der außer­gewöhnlichen Unterstützung seitens der Negierung und riesiger Kredite nicht einmal imstande ist, ihre Vorkriegs­ergiebigkeit wieder zu erlangen. Diese Entwicklung wird weder durch die Anstrengungen der Landwirte noch durch die Bemühungen und Subventionen der Regierung auf­gehalten und der deutsche Markt ohne Zweifel mit jedem Jahre für die Einfuhr landwirtschaftlicher Produkte auf­nahmefähiger werden."

Dem ist nichts hinzuzufügen. Es läßt sich leicht denken, welche Folgerungen Polen aus einer solchen Analyse der deutschen landwirtschaftlichen Situation zu ziehen geneigt ist. Andererseits aber liegen viele Zweige der polnischen Industrie brach. Der polnische Außenhandel ist stark passiv. Der Einfuhr von 3,3 Milliarden Zloty im Jahre 1928 stehen nur 2,6 Milliarden Ausfuhr gegenüber. Das Deutsche Reich steht im polnischen Handelsverkehr weitaus an erster Stelle. So konnte Deutschland im vorbezeichneten Jahre Waren für die Summe von 903 095 006 Zloty nach Polen aus­führen, während die Einfuhr von Polen nach Deutschland 858 761 000 Zloty betrug. Dies bedeutet, daß die Einfuhr aus Deutschland 26,9 v. H. der gesamten Einfuhr nach Polen betrug, während die Ausfuhr nach Deutschland 34,3 v. H. der polnischen Gesamtausfuhr ausmachte. Wie groß die Stellung Deutschlands im polnischen Handelsverkehr ist, beweist am deutlichsten der Umstand, daß Amerika, das die zweite Stelle in der Einfuhr nach Polen einnimmt, um 60 Prozent hinter Deutschland zurückbleibt. Noch krasser sind die Verhältnisse in der polnischen Ausfuhr, wo das hin­ter Deutschland kommende Oesterreich und die Tschechoslowa­kei nur je ein Drittel dessen aufnehmen, was Polen in Deutschland absetzt.

Aus dieien Tatsachen allein ergibt sich ohne weiteres, wie begrüßenswert an sich die Verständigung in Handels­fragen zwischen Deutschland und Polen ist, vorausgesetzt allerdings, daß diese Verständigung nicht auf Kosten der Lebensinteressen Deutschlands geschieht. Inwieweit dies bei dem neu Unterzeichneten deutsch-polnischen Handelsver­trag der Fall ist, wird in vollem Umfange die Reichstags­debatte zeigen.

Reichsfiimzmimster Dr. Molden­hauer iiber seine Finanz-laue

Berlin» 19. März. Im Reichstag brachte am Mittwoch Reichsfinanzminister Dr. Moldenhauer seine Pläne zur Finanzreform ein. Der Minister erklärte, er wolle heute nur auf die vom Vorredner aufgeworfene grundsätzliche Frage eingehen, wie sich die jetzigen Vorlagen mit den Ver­sprechungen aus dem vorigen Jahr vereinbaren ließen. Ich habe, so erklärt der Minister, in voller Offenheit die finan­zielle Lage dargestellt und keine unerfüllbaren Versprechun­gen gemacht. (Zwischenrufe der Deutschnationalen). Wenn Sie (nach rechts) sich einmal ein paar Stunden die Druck­sachen durchsehen würden, dann könnten Sie an meiner Erklärung nicht zweifeln. Ich habe gleich die erste Gelegen­heit benutzt, um auf die Veränderungen in der Kassenlage hinzuweisen darauf, daß die Ausgaben, besonders in der Arbeitslosenversicherung, weit über die ursprünglichen Schätzungen hinausgingen. Wenn Dr. Rademacher oder ein anderer Deutschnationaler an meiner Stelle stände und einen nicht ausbalancierten Etat und eine höchst ungün­stige Kassenlage vorfände, wenn er vor der unerträglichen Situation stände, daß das Deutsche Reich pumpen muß, um nur den Ultimo zu überwinden, dann würden doch auch Sie in erster Linie Nachdenken, wie vor allen Dingen die Kasse saniert werden kann.

Das ist viel wichtiger als der Streit darüber, welche frühere Regierung vielleicht an der Entstehung der Schwie­rigkeiten mitschuldig ist. Ich habe nach der Möglichkeit von Ersparnissen zu suchen und habe habe mich dabei gegen Ausgabeforderungen aller Parteien zu wehren. Man kann natürlich nicht einseitig auf die Arbeitslosenversiche­rung verweisen, denn keiner wird es für möglich halten, die Leistungen dieser Versicherung mit einem Schlage um 300 oder 400 Millionen ru senken. Der andere denkbare Weg wäre eine entsprechende Senkung der Beamtengehälter, ein Vorschlag, gegen den ich mich mit größter Entschiedenheit aus staatspolitischen Gründen wende. Erreichen können wir nur etwas, wenn wir systematisch auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens die Ausgaben senken und in der Verwaltung sparen durch zweckmäßige Gestaltung und durch den Abbau von Aufgaben. Wir arbeiten bereits daran. Ich arbeite nun gemeinsam mit dem Reichssparkommissar an einem Ausgabensenkungsgesetz für Reich, Länder und Gemeinden. Ich hoffe, daß später nicht jeder Vorschlag auf Zusammenziehung von Finanzämtern im Reichstag mit dem Protestruf beantwortet wird. Das ist für meine Stadt unerträglich. In dieser Beziehung sind die Abgeordneten nicht weniger Sünder als die Männer in der Regierung. Der Reichsrat wird morgen das Gesetz über den Finanz­ausgleich verabschieden und noch in dieser Woche das Ge­setz über die Einkommensteuersenkung. Sie sehen daraus, daß es uns durchaus ernst ist mit der Absicht, über die Sa­nierung der Kasse zu der Entlastung der Wirtschaft zu kommen. Wie wenig wir die Notlage der Landwirtschaft verkennen, haben wir bewiesen durch das Hilfswerk, das gerade in diesen Stunden vereinbart worden ist. Wir täu­schen uns nicht über den Ernst der Lage, aber wir halten es auf der anderen Seite auch nicht für richtig, alles schwarz in schwarz zu malen und der Öffentlichkeit zu sagen: Es wird immer schlechter und schlimmer! Wir haben den dringenden Wunsch, daß das Eesamtwerk der Finanz­reform, Kassensanierung und Entlastung der Wirtschaft, möglichst schnell verabschiedet wird und zur Wiederaufrich- tung der Wirtschaft führt.

Neues vom Tage

Keine Hochverratsanzeige gegen Minister Dr. Frick

Leipzig, 19. März. Der Oberreichsanwalt teilt auf Anfrage mit, daß gegen den thüringischen Staatsminister Dr. Frick keine Anzeige wegen Vorbereitung eines hochverräterischen Unter­nehmens, wie eine Berliner Mittagszeitung gemeldet hatte, er­stattet worden ist.

Die Liberalen unterstützen Macdonald

London, 19. März. Die liberale Parlamentspartei hat einstimmig beschlossen, bei der Unterhausdebatte über dis konservativen Abänderungsvorschläge zu dem Gesetzentwurf über den Kohlenbergbau am 20. März nicht gegen die Re­gierung zu stimmen. Sie begründen diesen Entschluß mit der gegenwärtigen Lage der Flottenkonferenz und der Er­wägung, daß es nicht im nationalen Interesse liegen würde, im Augenblick eine kritische Lage im Parlament hervor­zurufen.

Lord Balfonr gestorben

London, 19. März. Der ehemalige Premierminister un- konservative Führer, Lord Balfour, ist im Alter von 82 Jah­ren gestorben.