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Schwa rzwäldrr Tageszeitung „Au» de» Tannr«^
>agr, sas, angevttch eines der Hauptziele unserer Gegner im Weltkrieg war. In der heutigen Zeit des AeLergangs kann ich als ein besonders charakteristisches Merkmal den Mangel an Tradition feststellen. Gewiß muhte die Menschheit auf viele« Gebieten nach dem Ende des Weltkrieges wieder von vorn besinnen. Das wurde zur Ursache einer gewissen Traditionslofig- keit. Diese birgt aber auch grobe Gefahren in sich. Wirkliche Werte der Vergangenheit brauchen» auf keinem Gebiete achtlos beiseite geworfen zu werden. Andererseits hatte es gewih sein Gutes, dah wir nach dem Kriegsende und der Staatsumwälzung gezwungen waren, auf vielen Gebieten vollkommen neu zu schaffen. Möge es unserem Volke beschieden sein, den richtigen Mittelweg zu finden. Auf den alten Fundamenten gilt es, soweit sie noch brauchbar sind, aufzubauen und auszubauen entsprechend den Bedürfnissen und Erfordernissen einer neuen Zeit!
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Bor einem Jahr großer Entscheidungen
Reichsautzenminister Dr. Stresemann hat der „Telegrcynm- zeitung" in München die folgende Aeugerung gegeben: „Nicht nur Deutschland, sondern Europa macht eine Vertrauenskrise der Politik durch, die zu einer entscheidenden Klärung führen muh. Deutschland hat den besten Willen gezeigt, an der Befriedung Europas und der Beseitigung aller Hindernisse auf dem Wege zur Verständigung mitzuarbeiten. Wir glauben an die kulturelle und wirtschaftliche Schicksalsverbundenheit der Nationen und haben diesem Glauben im abgelaufenen Jahre mehr als einmal durch die Tat Ausdruck verliehen. Wer den Frieden der Welt aufrichtig will, darf nicht von einer Seite und einem Volk immer wieder Opfer und dauerndes Tragen ungeheurer Lasten fordern. Diese Erkenntnis muß im kommenden Jahre Gemeingut internationalen Denkens werden, soll die Vertrauenskrise der Weltpolitik nicht bedenkliche Formen annehmen. Das deutsche Volk geht jedenfalls einem Jahre großer Entscheidungen entgegen, die die Zusammenfassung aller seiner Kräfte und Energien zum mindesten in außenpolitischen Fragen notwendig machen. In der Außenpolitik sollte es keine Unterscheidung nach parteipolitischen Gesichtspunkten geben Tatsächlich ist ja weder eine „Rechtsautzenpolitik" noch eine „Linksaußenpolitik" denkbar, sondern nur eine allgemeine deutsche, in der Regierung, Mehrheit und Opposition in gleicher Weise, jeder im Sinne seiner besonderen Aufgaben mitzuwirken berufen sind."
Stresemann au die Jugend
Die Nationalliberale Korrespondenz verbreitet einen Neujahrswunsch des Reichsautzenministers Dr. Stresemann, worin es u. a. heißt'
„Eine der erfreulichsten Erscheinungen des politischen Lebens ist das immer stärkere, ja stürmische Hervortreten jüngerer Kräfte, denn es beweist, daß eine neue Generation sich mündig fühlt, dem Staate nicht nur die Hände, sondern auch eine neue Ideenwelt anzubieten. Kann der Staat, können die Parteien darauf verzichten? Unmöglich. Heran mit allem, was sich jung fühlt, an den Staat hinein damit in die Partei! Das wird zu neuen Kämpfen, aber auch zur Klärung führen. Es wird hier und da vielleicht sogar zu heftigen Zusammenstößen kommen, weil der Aufbau der Altersstufen und die Verbindung ihrer geistigen Welt durch den Krieg gestört und zerrissen ist, weil einzelne Kriegsgenerationen völlig dahingerafft sind und gewaltige Lücken bestehen, die nun mit einem Male übersprungen werden müssen. Je eher, je besser!
Mit ihrem harten Urteil, aber auch mit ihrem untrüglichen Instinkt wird die Jugend in den kommenden Jahren entscheiden, ob die Deutsche Volkspartei aus dem erngeschlagenen Wege fortgeschritten ist. Sie wird aber auch mit ihren besten schöpferischen Kräften die Parteien unterstützen, die sich als wahre deutsche Lolksparteien erweisen. Diese Erwartung ist die Hoffnung aller, ne von der Notwendigkeit einer aufbauenden, die willigen Kräfte usammensassenden Staatspolitik unabänderlich durchdrungen lnd. Die schöpferische Jugend, die allerdings nicht an die Kalenderjahre gebunden ist — es gibt politische Jünglinge mit vethem Haar und politische Greise ohne Glatze — wird dem Ltaat ewig neu aus der Welt der Ideen schaffen, und zwar immer als nationaler Volksstaat, nicht als Klassen- und Partei- taat und nicht als L,m. b-H. zur Wabruna bestimmter In
teressen. Der Republik werden ihre Kräfte in dem Maße Zuwachsen, wie sie sich zu einem nationalen Bolksstaat entwickelt.
NeMrrerlatz im die WehrmA
Berlin, 31. Dez. Der Reichspräsident von Hindenburg hat folgenden Gruß an die Wehrmacht gerichtet:
„Der deutschen Wehrmacht entbiete ich zum neuen Jahre meine herzlichsten Grüße und Wünsche! Es war mir eine Freude, im abgelaufenen Jahr Heer und Marine bei ihrer ernsten und verantwortungsvollen Arbeit sehen und ihre guten Leistungen anerkennen zu können. Ich habe die feste Zuversicht, daß die Reichswehr auch im neuen Jahre ihre Schuldigkeit tun wird!"
Der Reichswehrminister Gröner grüßt die Reichswehr folgendermaßen:
„Allen Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften, allen Beamten, Angestellten und Arbeitern der Reichswehr meine herzlichsten Neujahrsgrüße! Der Wille läßt sich nicht in Fesseln schlagen. Geist ist unabhängig von Starrheit der äußeren Form. Willen und Geist zu schulen, ist unser bester Dienst am deutschen Volk."
Der Chef der Heeresleitung, General Heye, gibt folgenden Reujahrsbefehl heraus:
„Allen Angehörigen des Reichsheeres meine besten Glückwünsche zum neuen Jahre. Wir wollen weiter unsere Pflicht tun."
WSrtt. Minister zum Jahreswechsel '
Staatsvräsident Dr. Bolz schreibt im Deutschen Volksblatt mm Jahreswechsel: Das Schwere des Erlebten drückt der Zeitrechnung des deutschen Volkes als Stempel die Kriegs- und Nachkriegszeit aus. Zehn volle Jahre der Nachkriegszeit liegen ainter ' Mehr durch die soziale und wirtschaftliche als durch die politische Umwälzung ist das Vild unseres Volkes verändert worden. Vor Riesenaufgaben war unser Volk gestellt. Fehler find gemacht worden,- über Leichen gings hinweg. Viele haben nicht die Kraft und den Willen zur Aussühnung. Trotzdem müssen wir gestehen, daß unser Volk ehrlich und fleißig ein gutes Stück Arbeit geleistet bat. Es ist besser geworden! Aber immer noch stehen wir am Anfang des Werks. Die grobe, immer wiederkehrende Arbeitslosigkeit, die Verhandlungen über vie Reparationsfrage, die Fortdauer der Besetzung sind Beweis genug. Trotzdem wollen wir mit gutem Mut und Entschlossenheit das zweite Jahrzehnt der Nachkriegszeit antreten. — Justizminister Dr. Beyerle äußert sich: Das neue Jahr stellt der deutschen Politik Aufgaben wichtigster und schwierigster Art. Außenpolitisch drängt das Revarationsproblem und die Be- setzungsfrase nach erleichternder Klärung. Innenpolitisch gilt es, Staatsbedarf und Wirtschaftskraft in Einklang zu bringen, die Arbeitslosigkeit zu überwinden, die Lage der Landwirtschaft zu bessern. Neben diesen Sorgen um das materielle Leben des deutschen Volkes erhebt sich von Jahr zu Jahr stärker die Notwendigkeit, den geistigen und sittlichen Verfallerscheinungen ent- segensuwirken, von denen die innere Lebenskraft der Nation bedroht ist.
Neues vom Tage.
Die Grippe iu Berlin
Berlin, 1. Januar. Wenn man auch zum Glück bisher nicht, wie vor zwei Jahren, von einer eigentlichen Grippeepidemie sprechen kann — denn sämtliche bis jetzt bekannt gewordenen Fälle sind nicht lebensgefährlich —, so bat doch die Zahl der unter dem Sammelbegriff „Erivpe" austretenden Erkältungserkrankungen in beängstigender Weise in den letzten Tagen zugenommen. Die städtischen Krankenhäuser und zahlreiche Privat- anstalte« sind überfüllt, und in vielen Fällen mußten sogar Räumlichkeiten, die nur in den dringendsten Fällen zur Verfügung gestellt werden, für die Aufnahme der Erkrankten freigegeben werden. Die Anforderungen, die an die städtischen Krankenhäuser gestellt werden, dürften sich wahrscheinlich in den nächsten Tagen noch erhöhen, und die zuständigen Stellen baüen bereits die entsprechenden Vorkehrungen getroffen.
I« den Rcichseisenbahnrat berufen
Berlin, 1. Jan. Durch Beschluß der badischen Staatsregierung ist Oberrealschuldirektor Professor Dr. Kuntzenmiiller-Freibuig in den Landeseisenbahnrat berufen worden.
Eine Note Rußlands an Polen
Warschau, 1. Jan. Die Sowjetregierung hat durch die Vermittlung der polnischen Eesandschaft in Moskau eine vom stellvertretenden Kommissar für Auswärtiges Litwinoff Unterzeichnete Note an die polnische Regierung gerichtet. In dieser Note schlägt die Sowietreülerung mit Berufung aus den Beitritt der beiden Staaten zum Kelloggpakt vor, unabhängig von der Ratifizierung des Kelloggpaktes durch die anderen Staaten ein besonderes Protokoll über die sofortige Inkraftsetzung der Bestimmungen des Kelloggpaktes in bezug auf die polnisch-russischen Beziehungen zu unterzeichnen.
Die vertagte Krise
Paris, 31. Dez. Die Regierungskrise ist durch einen abermaligen Stellungswechsel Poincares verschoben worden. Es steht fest, daß er zum Rücktritt entschlossen war, aber der Präsident der Republik hat mehrere Male mit großem Nachdruck ihn von dieser Absicht zurückzuhalten versucht, zuletzt mit Erfolg. Dou- mergues Versuche wurden durch einen Druck verschiedener Minister unterstützt. Poincare scheint auch ourch die günstige Aufnahme, die seine Vorlage über die Unvereinbarkeit eines Parlamentssitzes mit bezahlten Stellungen in der Industrie und Finanz in der Kammer gefunden hat, beruhigt und wieder zum Nachgeben gestimmt zu sein. Die neue Lage kommt den Linksparteien nicht ungelegen. Sie haben an einem sofortigen Rücktritt Poincares kein Interesse Im Falle eines Rücktritts hätten st» die Macht übernehmen müssen, und dies gerade in einem Augenblick, wo die schwierige Schuldenregelung und die Sachverständigenberatung zu erledigen sind. Sie möchten diese Arbeit lieber Poincare überlassen, zumal sie voraussehen, daß die Beratungen der Sachverständigen wahrscheinlich eine Herabsetzung der deutschen Zahlungen bringen werden. Würden sie an der Macht sein, so würde die Annahme derartiger Vorschläge von den Rechtsparteien zu einer neuen Propaganda mit dem Vorwurf der Preisgabe französischer Interessen benützt werden. Poincare und seine Getreuen sollen daher selbst die Entscheidung fällen. Poincare fühlt sich aber noch nicht allzu sicher und hat deshalb di« Beantwortung sozialistischer Anfrage» über die Gesamtpolitik dei Regierung sofort zugesagt. Die große Aussprache wird am 10. Januar in der Kammer stattfinden. Der Entschluß Poincares. den Sozialisten und Sozialradikalen sofort nach dem Wiederzusammentritt der Kammer zu antworten, bezweckt, sich über die Mehrheitsverhältnisse in der Kammer klar zu werden. Fällt die Regierungsmehrheit befriedigend usd genügend groß aus, so wird die Krise für die nächsten Monate Poincare wollt« zurücktreten
Paris, 31. Dez. Der Kabinettsrat hat die politische Lage besprochen. Der Ministerpräsident Poincare hat seinen Kollegen erklärt, daß er bei der Konstituierung des Ministeriums vom 11. November die Absicht gehabt hatte, die notwendige Aussvrach« über die Politik der Regierung nicht durch eine Diskussion aus. zuhalten und die Annahme des Budgets zu verzögern. Jetzt, nachdem zum dritten Mae das Budget zur rechten Zeit obn« provisorische Monatskredite sei, und nachdem die Stabilisierung ihre erste Probe bestanden habe, halte er seine Aufgabe« siir er. füllt. Er habe die Absicht, dem Präsident der Republik seine Demission auzubieten. Bei dem Meinungsaustausch, der diese» Erklärungen folgte, waren alle Minister einmütig der Ansichtz das ungeachtet der erreichten wichtigen Ergebnisse «och viel« Aufgaben für die internationale Politik zu lösen bleiben, von deren Erfüllung die Zukunft bestimmt werde. Poincare müsse Leiter der Regierung bleibe«, bis die von ihm erreichten Ergebnisse vollkommen gesichert seien. Der Ministerpräsident bat sich den von allen seinen Kollogen geäußerten Gründen fügen müssen. Er bleibt weiter Chef der Regierung, bis die Debatte über die allgemeine Politik zeigen wird, ob die Kammer dem Leitgedanken und den Plänen des von Poincare geleiteten Kabinetts rustimmt."
Ob nach dem Verlaus des parlamentarischen Waffenstillstandes auch die Kammer dieses Vertrauensvotum mitte Januar bestätigen wird, hängt von der Entwicklung der Ereignisse ab, über wellbe die Reaieruna keine Maibt bat.
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(41. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) i
„Newyork: Der Geiger Elemer Radanyi, der seit ' sieben Monaten unseren Erdteil bereist, ist der Typus ! des rassigen Vollblutmusikers. Schärfste Energie, ; j großzügiges, geistiges Erfassen verbindet sich mit einem > heißen Empfinden und einem leidenschaftlichen Temperament zu einem Zusammenklang edelster Art. Man glaubt in dem mit berauschendem Wohlklang gesättigten Ton den Herzschlag des Künstlers zu hören. Seine Geige erscheint eine mit Eigenleben begabte Vermittlerin seiner Gedanken und Gefühle zu sein. Technische Schwierigkeiten gibt es für diesen glänzenden Vir- ^ tuosen überhaupt nicht. Nimmt man dann noch das Gesamtbild seiner Erscheinung, so ist es begreiflich, daß er gefeiert und umworben ist, wie nie noch ein Künstler vor ihm. In Newyork heißt er kurzweg der „Eeigerkönig". Und er trägt diesen Titel zu recht. Unbegreiflich aber ist, wie Europa diesen Virtuosen nicht mit allen Mitteln an sich zu fesseln suchte, denn er wird sehr wahrscheinlich nicht mehr dorthin zurückkehren. Man betrachtet ihn hier mit unbedingter Sicherheit als den zukünftigen Schwiegersohn des Großindustriellen Pier van der Veldt. Da er selbst auch Riesensummen mit seinen Kozertreisen verdient, wird er in Bälde einer der reichsten Menschen unseres Erdteils sein!"
Das Blatt glitt raschelnd zu Boden. Eva Marias Hände lagen übereinandergelegt in ihrem Schoß. Sie schloß die Augen. Klar, ohne jedes Verwischtsein' stand sein Bild vor ihr, seine Worte klangen auf, als würde jedes eben erst gesprochen.
„Ich komme, Eve Mi! So wahr der Himmel über der Pußta steht, kannst du auf mich rechnen. Glaubst du mir?"
Und sie hatte ihm geglaubt. Aber alles, was er gesagt hatte, war Lüge gewesen. Sie hatte ihren Schwur umsonst gegeben.
„Elemer! — So kannst du an mir handeln?" §
Wenn er sie nicht mehr liebte, wenn er frei sein wollte, k dann hatte er doch zum mindesten die Verpflichtung, ihr i zu schreiben: Mein Fühlen und Wollen von damals hat - sich geändert. Ich war im Irrtum, als ich Dir sagte, mein i Herz und meine Seele sei nur Dir zu eigen. Ich weiß es l jetzt, was Liebe ist. Gib mir mein Wort zurück. !
Aber er fand den Mut nicht hierzu und hüllte sich in s jämmerlich feiges Schweigen. j
Ellen von der Veldt, das war die Kleine, die er damals j einen entzückend süßen Kobold nannt und von der Ballin - sagte, daß sie alles zuwege brächte, wenn sie nur wollte. ! Vielleicht hatte sie schon auf der Ueberfahrt all ihre Künste , spielen lassen, Elemer für sich zu gewinnen. Und dann war er ihr nach und nach ganz verfallen. Es war wohl ! das schlechte Gewissen, das ihn in Hallers Briefen immer ! wieder nach ihr fragen ließ. s
Müde, wie nach einer schweren körperlichen Arbeit sank . sie im Arbeitszimmer des Vaters in einen der Stühle. ! Warren frug nicht. Und Eva Maria sprach kein Wort. ; Nur ab und zu sahen sie sich an und jedes wußte, was das ! andere dachte. Ihre Hände legten sich für einen Augen- ; blick über einen Aktenbogen, der auf dem Schreibtisch lag. i Sie fühlte, wie etwas Hartes sich darunter wölbte. Ohne i es eigentlich zu wollen, schob sie das Blatt zur Seite. !
Ihr Arm fiel jäh herab. Mit weitgeöffneten Augen § starrte sie den Vater an. ,
Warrens Lippen verschoben sich. Langsam, schleppend kamen die Worte aus seinem Munde: „Ich habe alles versucht. Es bleibt mir nur noch dieses eine, Eva Maria! Gerstorff hat sich vor einer Viertelstunde vergiftet."
„Und ohne mich wärst du gegangen! — Auch so über mich hinweg, wie — wie der andere —!"
„Nein, Eve Mi! — Ich hätte dich rufen lassen oder dich selber geholt, wenn du nicht gekommen wärst! Ich habe ja versprochen, es dir zu sagen, wenn es Zeit ist. Nun kannst du wählen, ob du bleiben oder mit mir gehen willst."
»Ich gehe selbstverständlich mit dir. — Was sollte ich sonst noch?" !
„Leben!" !
Warren hatte es herausgestotzen und griff mit beiden j
Händen nach denen der Tochter. j
„Du tust mir weh, Vater!" sagte sie und suchte sich frei zu machen.
Er spannte seine Muskeln nur zu noch festerem Griffe. „Das ist ja gar nichts gegen das andere, Kind. Wenn ich dich nicht sicher treffe. Und — ich werd' es nicht — sieh, meine Hände zittern so."
Die ihren lagen nun ganz ruhig und willenlos.
„Ich werde mich vollständig still verhalten, Vater. Du trifft doch auch das Wild im Sprung. Und ich bin dir doch so nah. Du brauchst nur hier an meinen Schläfen anzusetzen."
Mühelos hatte sie ihr Gelenk aus seinen Fingern befreit und strich ohne jedes Beben das blonde Haar zurück. „Sieh her — die Stelle liegt ganz frei! Du brauchst nur abzudrücken!"
„Nur abzudrücken . . ." murmelte er nach. „Und dann, Eve Mi?-"
„Dann kommst du an die Reihe!" wollte sie sagen. Aber sie brachte es nicht fertig. Sie sah ihn an, wie er so vor ihr saß, ganz gebrochen und zusammengesunken, wie ein gebrochener Greis und war noch nicht einmal sechzig. Vor einem Jahre noch hatte sie die weißen Fäden an seinem Barte zählen können und heute war kaum mehr ein schwarzes darunter. Sein Rücken, der immer so straff und gerade die breiten Schultern getragen hatte, bog sich nach vorne. Von der Nase zu den Mundwinkeln liefen zwei tiefe, dunkle Falten, die dem ganzen Gesichte etwas Altes, Sorgengequältes gaben. Jbre Gedanken eilten in die Kindertage zurück. Sie hatte nichts als Liebe von ihm genossen. Nicht ein rauhes Wort von ihm, das ihr erinnerlich gewesen wäre.
Er war ihr Vater und der Ursprung ihres Lebens lag in dem seinen. Und sie konnte ihm dies erhalten, wenn sie Gellerns Frau wurde.
„Vater!"
Warren hob kaum merklich den Kops. „Ich kann nicht» Eve Mi. — Es ist schwerer, als ich geglaubt habe!"
„Laß nur, es ist nicht mehr nötig!" Sie strich über sein spärlich gewordenes Haar. „Ich will an Geller» schreiben, daß er kommen kann. Ich bin bereit, Vater."
„Eve Mi!"
(Fortsetzung fol,