Gabe von 60 die am Schluß für Bettigeri im Sammel­teller lag. Nachdem Vortrag hatte die Versammlung noch die Freude, den neuen Sekretär des württ. Jungfrauen­bundes, Pfarrer Löffler von der Evang. Gesellschaft in Stuttgart kennen zu lernen, der in gewinnender Ansprache im Anschluß an 1. Kor. 15, 58 den jungen Mädchen und ihren Vereinen viel Gutes und Beherzigenswertes zu sagen hatte. Der Liebenzeller Verein durchflocht mit mehrstimmigen Ge­sängen und mit Deklamationen die Veranstaltung und wußte durch eine hübsche Aufführung er ist im Besitz einer eigenen liebenswürdigen Hausdtchterin in heiterer Weise den Jungfrauenvereinen denMissionsneger" zu empfehlen. Man darf Herrn Stadtpfarrer Sandberger dank­bar sein, daß er eine so erfreuliche Veranstaltung ermöglicht hat. Jung und Alt ist der Anregung und Befriedigung voll nach Hause gezogen.

(:) Bad Liebenzell, 23. Febr. Kurz vor 12 Uhr geriet heute ein Auto der KraftwagengesellschastBad Liebenzell- Schömberg-Höfen" vor dem Benzinlager in der Nähe des hiesigen Bahnhofs auf bis jetzt unaufgeklärte Weise in Brand »nd wurde vollständig vernichtet.

)!( Oberkollbaels, 23. Febr. Auf einer zwischen hier und Unterkollbach liegenden Talwiese sind schönblühende Cro- cus zu sehen.

Freudenstadt, 23. Febr. Auf dem hiesigen Rathaus wurde des längeren darüber verhandelt, ob nach Recht und Billigkeit nicht auch die vier städtischen Forstwarte, die bisher ausgeschlossen waren, an dem Königs-Geburtstagsessen der städtischen Unterbeamten teilnehmen dürfen. Das sollte diesen mit Einstimmigkeit zugestanden werden. Dann aber erhob sich ein Gewoge der Meinungen darüber, wie die Grenzen für die Teilnahme am Essen gezogen werden sollen. Da wurde vorgeschlagen, auch den Totengräber teilnehmen zu lassen. Als aber die Forderung vertreten wurde, daß auch die Hebammen zum Essen geladen werden sollen, wurde von dem Gemeinderat mit großer Mehrheit beschlossen, daß das Kö­nigsgeburtstagsessen der städtischen Unterbeamten überhaupt wegfallen soll. Es bekommen jetzt alle gleichviel und die Stadt spart 60 Mark.

Württemberg.

Die Kirche."

In unfern Tagen des Streits um die Kirche trifft es sich günstig, daß für die Wintervorträge der Freunde der christlichen Welt in Stuttgart diesmal mit einberufen von der freien volkskirchlichen Vereinigung als Thema gewählt wurde:Die Kirche". Für die fünf Abende, die in Aussicht genommen sind, ließ sich dankenswerter Weise Professor Dr. D. S ch e e l - Tübingen gewinnen. Im 2. religionswissen­schaftlichen Vortrag, den Professor D. Scheel-Tübingen über Die Kirche im Katholizismus" hielt, charakteri­sierte er den äußerlich fast unmerklichen, innerlich aber so be­deutungsvollen Uebergang vom paulinischen zum katholischen Kirchenbegriff, wie er in seinen bezeichnenden Merkmalen be­reits im Jahre 95 im 1. Clemensbrief vorliegt. Paulus hatte die Kirche noch als einen rein geistlichen Organismus verstanden, den er am liebsten mit dem Bilde des menschlichen Körpers veranschaulichte. Für ihn waren alleFunktionäre der Kirche" mit ihren zwar verschiedenartigen, aber durchweg vom Geiste Gottes gewirkten Gaben notwendige Glieder des einen Leibes; darum sind sie untereinander grundsätzlich gleichgeordnet; jeder Christ ist mündig und keiner überragt den andern mit einem besonderen Rechtsanspruch. Wenn einer sich vor dem andern beugt, so tut er es nur, weil er den Ge­wissens-Eindruck hat: hier ist Gottes Wort; er beugt sich also nicht vor dem Menschen, sondern vor der an ihm spürbaren Gottcskrast. Das wird im Frühkatholizismus anders. Die apostolischen Väter" 80160 halten zwar den Zusammen­hang mit dem Urchristentum in formeller Hinsicht fest; aber damit, daß der römische Clemens die kirchliche Ordnung an­statt mit dem Bilde des Leibes mit demjenigen der militä­rischen Rangstufen veranschaulicht, zieht eine andere Tempe­ratur in das christliche Schrifttum ein. Die Soldaten haben dem Offizier unbedingten Gehorsam zu leisten, nicht bloß dann, wenn sie gewiffensmäßig von seinem Recht überzeugt sind, sondern einfach, weil er das formale Recht hat. Ob­gleich so bei Clemens die Kirche etwas ganz anderes als im Urchristentum geworden ist, hält er doch an dem urchristlichen Anspruch fest, daß sie eine göttliche Größe, die sichtbare Darstellung Gottes sei. Daraus folgt das ihm und der ganzen nachfolgenden katholischen Ent­wicklung eigentümliche Urteil: jede Verfehlung gegen die Kirche sei nicht nur ein gleichgültige Versehen, sondern eine Versündigung gegen Gottes Ordnung. Durch eine ganz leise Verschiebung ist also aus dem urchristlichen der katholische Kirchenbegriff geworden, nämlich dadurch, daß Clemens die Autorität des übernatürlichen Gottesgeistes für die Kirche un­ter der Form des Rechts in Anspruch nahm.

Eine ähnliche Entwicklung wies der Redner im 2. Teil des Vortrags für die grundlegende Stellung zurRechtser - tigungslehre nach. Clemens hält zwar an dem pau­linischen Gedanken fest, daß der Mensch, durch den Glauben gerecht werde (wie der ganze Katholizismus entgegen dem populärsten protestantischen Urteil diesen Grundsatz keines­wegs verleugnen will,) aber er fährt dann fort: endgültig an­genommen wird er erst durch die innerhalb der Kirche voll­brachten heiligen Werke. Damit sei die jüdische Vergeltungs­lehre in den christlichen Rechtfertigungsglauben hineinge­tragen; der Christ lebe nicht mehr von der Rechtfertigung, sondern vom Recht, und Luther habe ganz recht, wenn er diese katholische Auffassung als konservierten Judaismus beurteile. Bon da aus werden auch die dem protestantischen Empfinden

so fremdartigen Sätze des Katholizismus verständlich: daß die Kirche alle Lebensäußerungen ihrer Glieder maßgebend be­stimme, daß der Gehorsam gegen den Papst Voraussetzung der Seligkeit und Auflehnung gegen das Kirchenrecht Auflehnung gegen Gott sei. An die mit lebhaftem Beifall aufgenom­menen,, feinabwägenden Ausführungen des Redners schloß sich eine kurze Erörterung, an der sich Prof. Dr. Faut und Stadtpfarrer Lic. Esenwein beteiligten.

Massenerkvankung.

Ludwigsburg, 23. Febr. Am Samstag nachmittag sind einige 40 Mann des Trainbataillons Nr. 13, dar­unter auch einige Unteroffiziere, plötzlich erkrankt. Es handelt sich ausschließlich um Mannschaften der 1. und 2. Kompagnie. Die meisten erholten sich bald wieder. Eine Anzahl befindet sich aber heute noch in ärztlicher Behandlung. Man vermutet, daß die Erkrankungs­ursache in dem Genuß von Wurst zu suchen sei, die Un­tersuchung ist aber noch nicht abgeschlossen.

Föhnsturm.

Friedrichshafen, 23. Febr. Am gestrigen Sonntag tobte auf dem Bodensee ein orkanartiger Seesturm, der in den Vormittagsstunden besonders heftig war. Die Schiffahrt wurde dadurch sehr erschwert und Verspätun­gen blieben unvermeidlich. Der bayrische Damp­ferLindau", der den Frühkurs LindauFriedrichs­hafenKonstanz auszuführcn hatte, konnte wegen des heftigen Wellengangs bis Friedrichshafen an keiner Zwischenstation anlegen. Zur Einhaltung des Kurses mußte das Schiff von Lindau aus bis gegen Rorschach fahren und konnte erst von dort aus nach Friedrichshafen beisteuern. Dabei schlugen die Wellen so heftig an den Schiffskörper, daß er in allen Fugen zitterte. Die Mann­schaften erklärten, sie hätten eine so überaus schwierige Fahrt seit Jahren nicht mehr erlebt. Dem württem- bergischen SchiffKönig Wilhelm" hatten die Wellen bei Ausführung des Kurses 185, Friedrichshafen- Rorschach, die am Heck befindliche Rettungsgondel weg­gespült, das Boot wurde heute wieder aufgefischt. Nach­mittags hatte sich der Sturm auf dem Obersee gelegt, während er hier unvermindert anhielt. Während des ganzen gestrigen Tages war ein herrliches Eebirgs - Panorama zu bewundern; die ganze Alpenkette schimmerte in blauem Dunst und zeichnete sich in scharfen greifbaren Konturen ab. Heute hat sich das Wetter wieder gebessert.

Stuttgart, 23. Febr. Morgen mittag 12.16 Uhr trifft die Königin über Ulm von ihrer italienischen Reise wieder hier ein. Der König wird wenige Stunden später um 2.03 Uhr über Jmmendingen von seinem siebenwöchigen Erholungsaufenthalt an der Riviera hierher zurückkehren.

Oberndorf, 23. Febr. Auf den Höhen westlich von Oberndorf a. N. wurde am Samstag abend ein wunder­bar schönes Naturschauspie beobachtet. Die ganze Kette der Südwestalb vom Roßberg bis zum Lupfen erstrahlte in ihren Felsabhängen und Steilabfällen in herrlicher roter Bestrahlung des Abends. Besonders schön machte sich die Beleuchtung des Hohenzollern. Die Wirkung der Naturerscheinung wurde dadurch erhöht, daß sie sich in schwächerem Abglanz wiederholte.

Heilbronn, 23. Febr. Ein Gegenstück zu dem Gans- Veteranen in Denkendorf erzählt man sich in Heilbronn. An einem schönen Wintersonntag war ein biederer Bür­ger nach dem romantischen Lauffen a. N. gewandert und hatte unter einer stattlichen Eänseschar ein besonders schönes Exemplar entdeckt, das Gelüste nach Gänsebraten in seinem Gaumen erweckte. Er wurde mit dem Be­sitzer der Gans bald handelseinig, denn sie wurde ihm um den Spottpreis von 3 -4t überlassen, und stolz auf seinen Kauf zog abends der neue Eänsebesitzer mit der Bahn heimwärts. Zu Hause erregte sein Kauf auch Befrie­digung, die allerdings einen ziemlichen Stoß erlitt, als das Eänsetier anderntags bei einem mißglückten Flucht­versuch einem Nachbarn ins Fenster flog und einen Scha­den anrichtete, der mit 5 -K angesehen und bezahlt wurde. Um nun dem teuren Vogel derartige Witze aus­zutreiben, hieß es: Kopf ab und marsch in die Pfanne! Allein trotz allen Siedens und Bratens wurde das Gäns­lein weder gar noch weich. Man machte am Sonntag einen Eßversuch, doch erschien Sohlleder fast wie Kalb­fleisch dagegen und so gab man, nachdem am Montag das Untier noch einmal den Tisch geziert hatte, alle- versuche auf und überantwortete den billigen Vogel dem Schnauze!, der denn auch mit Ach und Krach des Viehes Herr und Meister wurde. Nun tat der Käufer, was er vor dem Kauf hätte tun sollen: er erkundigte sich bei seinem nächsten Sonntagsausflug nach dem Alter des Gänsleins. Es wurde ihm zur Antwort:Die Gans ist im gleichen Jahr geboren, wie meine Tochter." Und wie alt ist die Tochter? Sie wird gerufen und siehe da, aus der Tür tritt ein Töchterlein in dem heiratsfähigen Alter von 21 Jahren!

Geriehtssaal.

Gefängnis für Milchpantscher.

Schnaitheim a. Br.. 23. Febr. Die Bauernehefrau Sara Buck hier wurde wegen Milchfälschung zu 5 Tagen Gefängnis, zu 40 -4t Geldstrafe und zur Tragung der Kosten des Verfahrens verurteilt. Geldstrafen hatten bisher nicht den beabsichtigten Erfolg.

»«- rv.u »«» -ttt.

Eine deutsch« Militärmisfiou für Paraguay.

Dem Beispiel Argentiniens und Boliviens, ihre Armeen durch deutsche Instrukteure reorganisieren zu lassen, ist jetzt, wie die Vossische Zeitung erfährt, auch die Republik Paraguay gefolgt. In aller Stille haben diplo­matische Verhandlungen zwischen dem deutschen Aus­wärtigen Amt und der Republik stattgefunden. Diese Verhandlungen sind jetzt zum Abschluß gelangt und sie­ben deutsche Offiziere haben sich bereit erklärt, die Mis­sion in Paraguay zu übernehmen. Es sind dies fol­gende Herren: Hauptmann Frhr. v. Schleinitz vom In­fanterie-Regiment 87 als Missionsführer, Hauptmann Fürbringer vom Feldartillerie-Regiment 62, Oberleut­nant Krempel vom Feldartillerie-Regiment 65, Ober­leutnant v. der Decken vom sächsischen Grenadier-Regi­ment 101, Oberleutnant Jrmer vom Dragoner-Regi­ment 22, Oberleutnant Bever von der zweiten Festungs­inspektion in Kiel und Oberleutnant Bergold von der Maschinengewehrabteilung 3. Es soll ferner noch ein Kavallerist hinzutreten, der aber noch nicht bestimmt ist. Die Mission tritt heute in Berlin zusammen. Die Offi- zire haben ihren Abschied aus dem deutschen Heere er­halten und sind vom heutigen Tage an im Dienste der Republik Paraguay. Die Ausreise der Militärmission wird bereits am 4. März an Bord eines Lloyddampfers von Bremerhaven aus stattfinden.

Der Schulfreund Rosegger.

Durch den großen Erfolg seiner früheren Stiftungen und Sammlungen für Wohlfahrtszwecke ermutigt, hat Peter Rosegger vor wenigen Monaten im Heimgarten die Errichtung eines Erholungsheimes für unbemittelte Schullehrer in den Steirischen Bergen angeregt. Um diesen Gedanken in die Tat umzusetzen, wendet sich jetzt ein vielköpfiger Ausschuß, dem Peter Rosegger als Ehrenobmann vorsteht, in einem Aufruf an die Oeffent- lichkeit, an der Schaffung des Erholungsheimes tatkräf­tig mitzuarbeiten. Nach dem Vorbild der Sammlung für den deutschen Schulverein soll die Summe durch Zeich­nung von 1000 Bausteinen zu je 200 Kronen aufgebrachr werden. Mit der Durchführung der Sammlung ist der Deutschösterreichische Lehrerbund betraut worden.

Ein neuer Riesentunnel.

Die italienische Staaisbahnverwaltung plagt den Bau eines Riesentunnels von 19 Kilometer Länge, der den Apen­nin nördlich von Genua durchbrechen und eine günstigere Eisenbahnverbindung zwischen dieser Stadt und der Po-Ebene schaffen soll, so daß sich die Fahrtdauer der Schnellzüge Genua-Mailand von 3 auf 2 Stunden verkürzt. Um die Schwierigkeiten zu vermeiden, mit denen man beim Bau der älteren von Genua nach Norden führenden Strecken, der bei­den Giovi-Linien, infolge des tonigen Gebirges zu kämpfen hatte, wird der neue Tunnel ein gekrümmtes Tracs erhalten, so daß er der ganzen Länge nach durch gutes Gestein führt. Die Bauzeit wird auf 810 Jahre geschätzt.

Amtliche Zahlen über die serbischen Verluste.

Der Kriegsminister teilte in der Skuptschina (Volks­vertretung) folgende Zahlen über die Verluste der serbi­schen Armee in den letzten beiden Kriegen mit: Im serbisch-türkischen Kriege hatte die serbische Armee 5000 Tote und 18 000 Verwundete, im serbisch-bulgarischen Kriege 7 bis 8000 Tote und 30 000 Verwundete. 2500 Leute starben an den Folgen ihrer Verletzungen, 12 000 an Krankheiten und 4300 an der Cholera. Von den letzteren entfallen 4000 auf den serbisch-bulgarischen Krieg.

Schlechter Scherz und seine Folgen.

Unter den Schaustellungen bei der augenblicklich statfindenden Messe in Brüssel bfindet sich auch eine Menagerie, deren Besitzer täglich die Elefanten dersel­ben in feierlichem Umzuge durch die Stadt führen läßt. Ms vorgestern Kinder die Tiere fütterten, leistete sich ein junger Mann den üblen Scherz, einem Elefanten seine brennende Zigarre unter den Rüssel zu halten. Das erschreckte Tier stieß einen markdurchdringenden Schrei aus und versetzte dem Unvorsichtigen einen der­art heftigen Schlag mit dem Rüssel, daß er etwa 10 Meter weit geschleudert wurde, wo er besinnungslos liegen blieb. Der Zustad des jungen Menschen ist be­sorgniserregend, da er innere Verletzungen erlitten hat.

Der mexikanische Hexenkessel.

Eine Gewalttat reiht sich an die andere. Noch hat sich die Aufregung über die Erschießung eines engli­schen Farmers durch die Rebellen nicht gelegt, und schon bringt der Telegraph neue Kunde über ein schreckliches Verbrechen, das die Rebellen zum Urheber hat: Am Sonnabend wurde ein Militärzug, auf dem sich eine nach Jalapa bestimmte Jnfanteriekompagnie befand, von Rebellen in der Nähe der Station Lima der Inter­ozeanischen Eisenbahnlinie in die Luft gesprengt. Die Explosion war fürchterlich. Der ganze Zug wurde auseinandergerissen. 55 Offiziere und Solda­ten und ein englischer Lokomotivführer wurden getötet. Ein nachfolgender Personenzug, auf den die Rebellen feuerten, entkam, indem er schleunigst zurückfuhr.

Beracruz, 23. Febr. Zur Verstärkung der für die deutschen Reichsangehörigen in der Hauptstadt getroffe­nen Sicherheitsmaßnahmen sind auf Requisition des Ge-