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.Aus den Tannen"
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AtlenNei«. yonuerslag de« 3 März
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Politische Streiflichter i
Di« schon seit langer Zeit angekündigten Einigungsver- s Handlungen zwischen Zentrum und Bayerischer Volkspartei haben nunmehr ihren Anfang genommen und werden zwei- - selsohne mit großer Aussicht auf Erfolg geführt werden. ^ Diese Tatsache ist allein wert, innerpolitisch entscheidende i Bedeutung zu erhalten. Mit der Einigung des deutschen j Katholizismus auf politischem Gebiet in einer großen Zen- - tvumspartei, die nahezu 100 Mitglieder in das Reichsparla- ' ment entsenden wird, tritt eine Verschiebung der Kräfte ein, - die im republikanischen Staatswesen eine gewisse Beachtung i erfordert. Nachdem die Deutsch-nationalen ihre Unterschrift : unter die Verfassung von Weimar gesetzt haben, nachdem s auch sie sich mit den bestehenden Tatsachen abfinden, brau- s chen die Rechtskreise der Bayerischen Bolkspartei, die selbst s stets eine Mittelpartei sein wollte, nicht zu fürchten, sich von s den Deutschnationalen Wähler abspenstig machen zn lasten, i Hierin liegt gleichzeitig ein Moment der fortschreitenden j innenpolitischen Konsolidierung begründet. Jeder, dem es § mit der Festigung der republikanischen Staatsform, mit dem !- Borwärtsdringen des demokratischen Gedankens in Deutsch- x land ernst ist, muß die Verhandlungen, die jetzt Mischen § Zentrum und Bayerischer Volkspartei geführt werden, aus I allgemein staatspolitischen Gründen billigen. r
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Das Problem der Arbeitszeit ist im Reichstag auch in > kommender Woche die einzige Frage von einigem politischen i Gewicht. Sie wird darum auch umso heißer umstritten. Me ! Reichsregierung hat zwar durch Ueberweisung ihrer Vor- s läge an den Reichsrat schon eine vollendete Tatsache in ge- ^ wistem Siune geschaffen. Allerdings glauben wir nicht, daß i sie -damit etwa der endgültigen Stellungnahme der Regie- ! rungsparteien hat vorgreifen wollen. Wenn überhaupt, so > hat sie wohl damit lediglich einen gewissen Druck auf die Arbeiten des Interfraktionellen Ausschusses insofern aus- Sben wollen, als sie bei der Dringlichkeit der gangen Angelegenheit an einer Beschleunigung der Arbeiten des Ausschußes interessiert ist. Nach der Regierungsvorlage soll der ominöse Paragraph 11, Abs. 3 der bestehenden Arbeitszeitverordnung gestrichen werden, der die Bestimmungen über die freiwillige Mehrarbeit enthält. Die Regierungsparteien werden voraussichtlich diese Streichung trotz anfänglicher Opposition hiuuehmen. Schwierigkeiten bereitet nur noch die ! Frage der Entlohnung übertariflicher Arbeitszeit, weil sie z auch in allerdings begrenztem Umfange die neue Fassung ! des Arbeitszeitgesetzes zulassen will. Bei der außerordentlich j weittragenden sozial- und allgemeinpolitischen Bedeutung i des ganzen Problems glauben wir aber, daß auch in diesem ! Punkte ein Kompromiß zwischen den Regierungsparteien ! gefunden werden wird, das einen billigen Ausgleich zwischen i den zunächst sehr widerstrebenden Wünschen darstellt. !
Das reichsdeutfche Eigentum in Siidtirol ist nunmehr j durch Dekret der italienischen Regierung zu ungefähr 80 ! Prozent seines Wertes freigegsben worden. Die Regelung ! entspricht den Abmachungen, die seinerzeit zwischen der ita- ! lienischen Regierung auf der einen und den Vertretern der deutschen Geschädigten auf der anderen Seite getroffen worden sind. Darnach werden Mobiliarstücke den früheren Besitzern gegen eine Zahlung von 20 Prozent des Wertes bezw. gegen Rückerstattung der Jnstandhaltungskosten z-urückgsge- ben. Immobilien werden ebenfalls gegen eine Zahlung, deren Hohe sich nicht unter 20 Prozent belaufen soll, an die früheren Besitzer zurückerstattet, soweit sie noch nicht ver- äußert worden sind. Hat die italienische Regierung aber derartige Grundstücke usw. schon verkauft, dann erhalten die Liguidationsgeschädigten eine Barvergütung in Höhe von 85 Prozent des Lignidationserlöses bezw. des geschätzten Wertes. Diese letzte Bestimmung ist besonders deshalb wichtig, weil, wie die Erfahrungen in anderen Ländern gezeigt haben, die Veräußerung von beschlagnahmten Grundstücken sehr oft weit unter dem tatsächlichen Wert erfolgt ist und nur durch diese Bestimmung eine gewisse Sicherheit dafür j gegeben wird, daß der tatsächliche Wert einigermaßen wieder r hergestellt wird. Die Regelung entspricht zwar nicht in allen > Einzelheiten dem Rechtsempfinden, sie stellt aber nach Lage - der Dinge das Maximum dessen dar, was überhaupt erreicht ! werden konnte, und da die Geschädigten selbst das Abkom- > Men geschlossen haben, übrigens unter gleichzeitigem Ver- s sicht auf ihre Rechtsansprüche an die Reichsregierung, wird s man sich auch in der deutschen Oeffentlichkeit damit einver- ! standen erklären können. r
England hat sich während der letzten Monate in steigendem Maße der polnischen Politik angenähert. Es ist ja bekannt, daß El" nrberlain schon seit jeher für Polen starke persönliche Sympathien genährt hat. Zu der Herzlichkeit, die jetzt zwischen dem Foreign Office und dem Warschauer i Außenministerium besteht, konnten sich diese Beziehungen aber erst verdichten, wenn im Osten ein Kvnfliktsftoff auftauchte, der es den verantwortlichen Leitern der englischen Außenpolitik nahelegen mußte, sich einen Bundesgenossen zu ! suchen. Und Polen ist im Kampf gegen Sowjetrutzland zweifellos der geeignete Teilhaber. Welche Rückwirkungen hat nun diese Entwicklung der britischen Politik auf Deutschland ? Es ist ja schon mehrfach darauf hingewiesen worden, daß Polen sich in -dem deutsch-polnischen Wirtschaftskonflikt wahrscheinlich weniger unnachgiebig gezeigt hätte, wenn nicht der englische Gesandte in Warschau mit allen Mitteln bemüht gewesen wäre, den Polen den Rücken zu stärken. Zur Begründung dieser Deutschland gegenüber nicht gerade loyalen Haltung hat man in London die Behauptung erfunden und sie sich durch die Korrespondenten -britischer Zeitungen au-- Berlin bestätigen lasten, daß die deutsche Oeffentlichkeit Mer die Schwierigkeiten, denen England in Ehina begegnet, f unverhohlene Schadenfreude zeige. Daß die Behauptung ! völlig ans der Luft gegriffen ist, braucht man dem deutschen ? Leier kaum mehr zu beweisen. Es hat den Anschein, daß j man in London versucht, Deutschland durch einen mehr oder * weniger sanften Druck zu einem Verzicht auf seine russische ! Politik zu bewegen, wie sie in dem bekannten Berliner ! Vertrag vom Jahre 1926 festgelegt worden ist. Deutschland : hat dazu keine Veranlassung. Die Politik des Reiches wirkt ? bestimmt durch das Vertragswert von Locarno nach de: >, sinen und durch den Berliner Vertrag nach der anderen i Seite hin, wobei Deutschland stets bemüht bleiben wird, sich - loyal an alle seine Abmachungen zu halten. !
Frankreich rüstet. Seine maßgebenden Männer haben in ! der Presse die Grunde für die Rüstung und die Ausführung der Plane entwickelt. Der französische Marineminister Ley -- j zues machte dem Vertreter des „Jntransigeant" Mittel- ! langen über die Entwicklung der französischen Marine, wo- ! bei er u. a. ausführte, daß die französische Regierung vor- i läufig nicht plane, neue Erotzkampfschiffe zu bauen oder oie ; veralteten Schiffe zu ersetzen. Die ganze Anstrengung richte j sich auf den Bau von kleinen Kreuzern, Torpedobooten und i U-Booten. Die Neubauten ständen in keiner Weise den modernsten englischen Schiffen nach. Auch die Luftschiffahrt solle jetzt wesentlich verstärkt werden. Nach Durchführung des neuen Flottenbauprogramms werde Frankreich allerdings noch nicht die Kriegsmarine haben, auf die es ein Recht besitze. Gleichzeitig veröffentlicht der „Petit Parisien" eine Unterredung mit dem Kriegsminister Painleve über die von Frankreich beabsichtigten neuen Verteidigungs- banten an seiner Ostgrenge. Die Vorkriegsfestungen, so sagte er, genügten nicht mehr und seien meist zu weit von der Grenze entfernt. Die in Elsaß-Lothringen seien im Hinblick auf einen Angreifer aus dem Westen gebaut. Der Plan sei endgültig ausgearbeitet, und der Oberste Kriegsrat habe ihn einstimmig gutgeheißen. Zwei Lehren seien vereinigt worden. Die ein« fordere eine unterbrochene betonierte Schützen- gvabenlinie von Dünkirchen bis Belsort, die andere die Schaffung starker, befestigter Plätze. Der endgültige Plan stelle eine Verbindung dieser beiden Lehren dar. Die Arbeiten würden schon im Juli d. Js. ausgenommen, und würden ohne Unterbrechung fortgesetzt werden. Ihre Dauer dürfte sich über mehrere Jahre erstrecken. Die Kosten werden mit 10 Milliarden Franken angegeben. — Und da soll man noch an eine Abrüstung glauben?
SriedenMMebW in Pari;
Paris, 2. März Bei einer Kundgebung der französischen Vereinigungen für den Frieden, die in Anwesenheit zahlreicher Par- ! lamentarier der linksstehenden und der Mittelvarteien stattfand ! und die das Werk von Locarno und dadurch auch den Eintritt ! Deutschlands in den Völkerbund feierte, sprach der Vorsitzende der ^ Vereinigungen, Paul Boncour, selbst über die Rolle des Völ- ' kcrbundes und erklärte, die Märztagung der vorbereitenden ! Lntwaffnungskommission werde über das Schicksal der Entwaff- i nongskonferenz entscheiden. Jede Nation müsse Opfer bringen, i Frankreich sei dazu bereit, aber die anderen mutzten das Gleiche ! tun. Wenn das Schicksal der Konferenz das Schicksal der Pro- s tckolle erleben sollte, dann werde Frankreich keine Verantwor- : tung tragen; wenn aber die Konferenz, wie er hafte, zu einem , Ergebnis gelangen werde, dann werde die Entwafsnungsirage ' aus dem nationalen Rahmen herausgehoben in den internatio- nocken. Groben Eindruck machte die Rede des Vertreters des bri- *
tischen Nationalraies zur Verhinderung von Kriegen, des Mitglieds des Unterhauses, Benni Smith, der zum Ausdruck brachte, welche ungebeure Bedeutung die Politik von Locarno, vor allem aber der Eintritt Deutschlands in den Völkerbund, für die Pazifizierung Europas habe. Es sprachen auherdem Professor Richet der der serbische Gesandte in Paris, Soalaikowitsch und im Namen der anwesenden Parlamentarier der Abgeordnete de Morro Biafferi, der in einer überaus leidenschaftlichen Friedensrede für die Schäftung eines europäischen Parlaments eintrat, das das Werk von Locarno krönen könne, endlich der portugiesische Gesandte in Paris, Alvbonso Costa, der sich in seiner Rede mit der jetzigen portugiesischen Regierung beschäftigte und einen feierlichen Protest erhob gegen die Absicht der Regierung, ohne die verfassungsmäßigen Rechte des Volkes zu wahren, eine Anleihe von 12 Millionen Pfund Sterling in England aufzu- nebmen, um dafür Kriegsmaterial zu kaufen.
Die englischen GrnbenNMrivhen
Das Unglück in Wales
London, 1. März. Der britische Handelsminister gab im Unterbaust nähere Ausführungen über die beiden Erubenkatastrooben. Von dem Unglück in Wales sind zwei Stollen einer Grube getroffen worden. In einem von diesen sind 35 Bergleute tot, in dem anderen etwa noch 28 Arbeiter eiugeschlossen. Für ihre Rettung bestehe nur geringe Hoffnung, da zurzeit Rauch und Gase nicht zu den Eingeschlossenen Vordringen lasten.
Weiter wird berichtet: Von der 135 Mann starken Belegschaft des Unglücksschachtes in Wales konnten bis jetzt 85 Mann lebend an die Oberfläche gebracht werden. Viele von ihnen haben Gas, Vergiftungen oder Verletzungen durch fallendes Gestein davon» getragen. Die Grube war durch die Explosion so schwer vergast, dab mehrere Leute der Rettungsmannschaften ebenfalls schwere Gasvergiftungen erlitten, obwohl sie mit Gasmasken und anderen Sicherbeitsvorrichtungen hinreichend versehen waren. Die Anglücksstelle im Schacht bietet ein furchtbares Bild. Die Gänge waren durch verbogene Eisenteile und zusammengeknickte Grubenhölzer völlig versperrt und streckenweise durch die Wucht der Explosion verschüttet. Regierungsbeamte haben den llnglücks- schächt in den Nachmittagsstunden besichtigt und die vorläufig« Wiederaufnahme der Rettungsarbeit wegen der Gefahr für die Rettungsmannschaften untersagt. Abends wurden die Arbeiten wieder ausgenommen. Am Schachteingang spielten sich erschütternde Szenen ab. Frauen, Männer und Bräute waren nur notdürftig gekleidet zur Unglücksstelle geeilt. Sie warteten in der Nacht und den ganzen Tag über auf eine Nachricht von den ibrigen. Starke Rettungstrupps find auch am Mittwoch unablässig bemüht gewesen, die Felsmasten zu durchbrechen, um zn »en eingeschlossenen Bergarbeitern zu gelangen, deren Zahl zu« r«yt »ft 48 angegeben wurde. Die Sperrwand ist von außerordentlicher Stärke. Man bat die Hoffnung aufgegeben, den Unglücklichen noch rechtzeitig Hilfe bringen zu können. ^ ,
Das Unglück in Rottingbamshire
Bei der Abteufung eines neuen Schachtes in Bilstborve in Not» tinghamshire in England brach ein Wasserrohr, sodab der Schacht überschwemmt wurde. Die von dem Wasser mit nach unten gerissenen Erdmasten verschütteten 17 Mann, die sich im Schacht b»- fanden. Ein Mann ist lebend geborgen worden. Man befürcht^ dab die anderen ertrunken find.
Neues vom Tage
Volksbegehren für Aufwertung?
Berlin, 2. März. De Reichsarbeitsgemeinschaft ver Auf- wertungsgoschädigten- und Mieterorganisationen hat dem Reichsinnenminister den Entwurf eines „Gesetzes zur Wiederherstellung des Volksvermögens" eingereicht und den Antrag gestellt, ihn znm Gegenstand eines Volksbegehrens zu machen. Die Unterschriftensammlung für den Antrag, die bekanntlich im November vorigen Jahres begonnen hat, hat weit mehr Unterschriften als die erforderliche Zahl ergeben.
Die Beziehungen zwischen Deutschland und Rumänien Berlin, 2. März. Wie den Blättern von zuständiger Stelle mitgeteilt wird, haben zwecks Bereinigung der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Rumänien ernsthafte Vorverhandlungen zwischen zwei Vertrauenspersonen stattgefunden, in denen die alten Streitpunkte und besondere Wünsche Rumäniens erörtert wurde«. Die Ergebniste dieser Vorverhandlungen liegen den beiden Regierungen zur Zustimmung noch vor.
Frankreich zahlt 1V Millionen Dollar Paris» 2. März. Das Finanzministerium teilt mit, daß di« Verhandlungen mit der amerikanischen Regierung zum Abschluß gekommen sind und zur Unterzeichnung einer Vereinbarung geführt haben, in der sich die französische Regierung verpflichtet, den Vereinigten Staaten über den Betrag von 20 Millionen Dollar hinaus, den sie als Verzinsung des Kaufpreises für die amerikanischen Kriegsvorräte Lu ent,.'-