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Schwarzwälder Tazeszeitnns „Aus de« Tannen"
Nr. 17
Die Kundgebung der Zentrumsfraktion
auf die sich dieser Beschluß bezieht, hat folgenden Wortlaut: Mit wachsendem Befremden sind weite Kreise des deutschen Volkes der politischen und parlamentarischen Entwickelung der letzten Wochen gefolgt. Die öffentliche Meinung im Lande vermag in dem Zank und Streit der Parteien keinen Sinn mehr zn erkennen. (Ganz richtig! Aber das Zentrum gehört auch zu diesen Parteien. D. Schrift!.) Sie will in dem politischen Wirrwar einen klaren Weg und zuversichtliche Führung sehen. — Beides ist nur zu gewinnen, wenn wir unserem politischen Tun Richtung auf ein hohes Ziel geben und das politisch Notwendige entschlossen aussprechen. Die Zentrumspartei hat seit den Tagen des politischen Zusammenbruchs ihre politische Sendung wohl erkannt und ist ihr in den schweren verantwortungsvollen Jahren stets treu geblieben. Ihre ganze Arbeit war Rettungsarbeit am deutschen Volk und Aufbauarbeit am deutschen Staat. Die Fundamente des neuen deutschen Staates sind in Weimar gelegt worden. Im Weimarer Verfassungswerk ist jener neue politische Wille durchgebrochen, der nach außen hin die nationale Geltung auf dem Wege der Verständigung mit den anderen Rationen und nach innen die Erzielung eines vertieften Volksbewußtseins durch eine umfassende soziale Erneuerung des nationalen Lebens erstrebt. Es gibt für uns keine andere staatliche Wirklichkeit als die der deutschen Republik mit ihren Symbolen. Sie hat dem deutschen Volk seine Einheit in verzweifelter Lage gerettet. Auch für die fernere Zukunft ist sie der allein hoffnungsvolle Weg. Die deutsche Zentrumsfraktion hat diese Verfassung mitgeschaffen. Wir stehen zu ihr, indem wir ihren Sinn hüten, entwickeln und pflegen und uns ständig bemühen, diese Verfassung in organischer Verbindung mit dem Volksganzen und seinen lebendigen Kräften zu halten. Die deutsche Republik soll uns nach außen hin frei machen und nach innen die Kraft auslösen, die den deutschen Staat zum echten Volksstaat machen. Aus dem Wurzelboden unseres deutschen Volksgeistes muß die Kraft der Wissenschaft, der Kunst, der Volkserziehung, der Familie und der übrigen Gemeinschaften aufstreben und einströmen in die höhere Einheit des Staates, in dem sich der Dienst an unserem Volk vollzieht. Der Geist deutschen Volkstums aber muß sich immer wieder erneuern aus dem christlichen Glauben. Auf ihm muß sich die sittliche Entwicklung unseres Volkes, insbesondere die Erziehung unserer Jugend, aufbauen. Bei der Gestaltung des Schulwesens gilt es, die Gewissensfreiheit und das Elternrecht zu wahren. — Als Machtinstrument unseres Staates ist uns nur d i e Reichswehr verblieben. Sie ist eine Staatsnotwendigkeit. Sie ist ein Bestandteil der deutschen Republik. Es gibt keine politische Hoheit des Staates ohne Macht. Daraus erwächst dem deutschen Volksheer seine innere Begründung und seine Ausgabe. Heute gilt es, gewisse Befürchtungen wegzuräumen, als ob die Reichswehr nur bestimmten politischen Gruppen dienstbar wäre. Unsere Reichswehr darf weder einer Partei, noch einer Klasse, noch irgendwelchen sonstigen Machtgruppen dienen. Sie gehört dem in der deutschen Republik geeinten Volk. Die Rekrutierungsfrage muß in einer Form gelöst werden, die den wahrhaft verfassungstreuen Söhnen unseres Volkes den Zugang zu diesem Waffendienst ermöglicht. Gewaltig und tiefgreifend sind die sozialen Umschichtungen in unserem Volk seit dem Weltkriege gewesen. Sie haben die Zahl der unselbständigen und besitzlosen Massen in unserem Volke vermehrt, und die Notwendigkeit, auf den inneren Zusammenhalt in unserem Volk bedacht zu sein, erst recht fühlbar gemacht. Die deutsche Zukunft erfordert, daß West und Oft, Süd und Nord, Stadt und Land, Unternehmer und Arbeiter sich in dem gemeinsamen Werk wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Entfaltung besser verstehen und in gegenseitiger Achtung würdigere Formen des Austrags von Interessengegensätzen finden. Es stehen große Gesetzesvorlagen vor uns, die das Eesamtwerk der deutschen Sozialpolitik fortfiihren und vollenden sollen. Unsere staatliche Sozialpolitik mutz sich zur sozialen Staatspolitik ausweiten. Ader nicht Gesetze allein, sondern wahrhast soziale Erneuerung im Geist und im Willen tut not, wenn die bedrückten und verzweifelten Massen neue Hoffnung und neues Vertrauen gewinnen sollen.
Alle Aufbauarbeit im Innern und alle soziale Reformarbeit wird nur dann Erfolg haben können, wenn es gelingt, das deutsche Volk als Ganzes wieder in eine europäische zwischenstaatliche Rechtsordnung einzufügen. Auch die Außenpolitik und die Beziehungen Deutschlands zu den Völkern der Welt müssen, wie wir das immer erstrebt haben, in einem neuen Geist der Vertragstreue, des Verständigungswillens, der loyalen Mitarbeit an den Einrichtungen der Völkersolidarität sich vollziehen. Deutschland ist Mitglied des Völkerbunds. Und nun haben wir unsere Politik so einzurichten, daß sie der Gemeinschaft der Nationen angemessen ist. In der Einordnung in die gegebene Solidarität der Völker darf und soll das Wesen unserer eigenen Nation nicht verdunkelt werden. Unser Sehnen geht nach Freiheit und selbständiger Schicksalsbestimmung. Kein gesittetes Volk kann ohne gesittete Grenzen leben, kann es ertragen, daß sein Gebiet von fremder Macht besetzt bleibt. Jede deutsche Politik wird deshalb in zäher Ausdauer mit den Methoden der neuen Politik und ohne nationale Lebensinteressen auf eine möglichst baldige endgültige Räumung des Rheinlandes hinarbeiten müssen. Deutschland ist in London und Genf internationale Verpflichtungen eingegangen. Wir stehen zu diesen Verpflichtungen und sehen in der Rechtsgültigkeit der Verträge von Locarno die wesentliche Voraussetzung jeder erfolgverheißenden Außenpolitik. Früchte dieser Politik, die wir in langen, schicksalsschweren Jahren täglich vertreten haben, sind herangereift. Niemand, der ernsthaft zu verantwortende Schwierigkeiten nicht will, darf diese politische Grundlinie übersehen. Die nächste Aufgabe einer weiteren Verständigung zwischen Deutschland und Frankreich, die wir uns besonders angelegen sein lassen, kann nur gelingen, wenn beide Teile jederzeit im Geiste europäischer Solidarität arbeiten und den bloßen Machtgedanken zurückstellen. Wir erneuern dieses Bekenntnis zu einer friedlichen Entwicklung gerade jetzt, wo Befürchtungen, die in unberechtigterweise aufkommen, zurückgedrängt werden müssen. In diesem geistigen Rahmen sieht die Zentrumspartei die nationale und soziale Politik. Sie ist von dem Wunsche beseelt, möglichst rasch die Kräfte zu einer Regierung zu sammeln, die die bestmöglichste Bürgschaft zu einer Befestigung des inneren Zusammenhaltens unseres Volkes in staatspolitischem und gesellschaftlichem Sinn in sich schließt.
Im Anschluß an die Kundgebung des Zentrums veröffentlicht das Zentrum sein sozialpolitisches Programm:
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Zu dem Zentrumsmanifest.
Berlin, 22. Jan. Das Zentrumsprogramm wird von den deutschnationalen Zeitungen als eine geeignete Grundlage für Verhandlungen mit der Deutschnationalen Volkspartei angesehen. Seine politische Bedeutung, so schreibt die „Kreuzzeitung", beruht darin, daß damit endlich die Stagnation dank der Initiative des Herrn Reichspräsidenten überwunden ist. Bei gegenseitigem guten Willen sehen wir keine unübersteiglichen Hindernisse, um eine Plattform zu finden, die eine dem Wunsche des Reichspräsidenten entsprechende Mehrheitsregierung zu tragen imstande ist. Die „Deutsche Tageszeitung" schreibt: Wenn in der Erklärung des Zentrums einleitend gesagt wird, datz sie den Zugang zu Verhandlung für Dr. Marx eröffnen solle, so können grundlegende Bedenken, wie in diesem Sinne
aufzufassen, kaum geltend gemacht werden. Die „Deutsche Allg. Zeitung" hofft, daß die jetzt beginnenden Verhandlungen allseits in einer Art geführt werden, daß sie das deutsche Volk die Vorgänge der letzten Krisenwochen vergessen machen. In der „Täglichen Rundschau" heißt es: Das gesamte sozialpolitische Programm dürste zwischen dem Zentrum und den Deutschnationalen zu großen Auseinandersetzungen kaum Anlaß geben. Auch die Kundgebung enthält in ihrem politischen Teil keine Formulierung, die auf Seiten der Deutschnationalen einem Nein begegnen wird. Die „Germania" hat in freimütiger Kritik gewisser Vorkommnisse der letzten Tage nicht zurückgehalten. Am so unbedenklicher werden wir es anerkennen, wenn die Entwicklung. die die Dinge im weiteren Verlaufe nehmen werden, dennoch zu einem annehmbaren Auswege aus der Sackgasse führt, in der die deutsche Politik festsitzt. Die „Germania" dementiert eine Zeitungsmeldung, wonach Nuntius Pacelli auf die Stellungnahme des Zentrums in den letzten Tagen Einfluß genommen haben soll. Die „Vossische Zeitung" bemerkt: Bei den Verhandlungen mit den Deutschnationalen wird es darauf ankommen, von welchem politischen Willen sie geleitet werden. Der „Vorwärts" führt aus: Von den Verhandlungen wird es abhängen, ob der lange Monolog des Zentrums endet mit einer dramatischen Katastrophe oder mit einem undramatischen Hinsinken des Zentrums von der Mitte nach der Rechten, wo es Seite an Seite mit den „bürgerlichen Parteien" den politischen und sozialen Kamps gegen die Arbeiterschaft, gegen seine eigenen Arbeiter, führen müßte.
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Neues vom Tage.
Abschluß der Verhandlungen über die Ausfuhr von Riistungsfabrikaten
Berlin, 21. Jan. Die in Berlin geführten Verhandlungen zur Regelung der Frage der Ausfuhr von Erzeugnissen der Rüstungsindustrie, die bekanntlich bei den Verhandlungen im vergangenen Dezember neben der Frage der Ostfestungen offen geblieben war, sind, wie die „Vossische Zeitung" zu berichten weiß, heute zum Abschluß gelangt. Die getroffenen Vereinbarungen über den Export von Rüstungsmaterial sosten morgen in Berlin unterzeichnet werden. Die Grundlage für die Verhandlungen bilden, wie das Blatt weiter erfährt, ein Gesetzentwurf, der genaue Bestimmungen darüber enthält, was in Zukunft ausgeführt werden darf und was auszuführen verboten sein soll. Dieser Gesetzentwurf, der alsbald dem Reichstag zur Verabschiedung vorgelegt werden dürfte, ist so gestaltet, daß sich sowohl die deutschen Unterhändler, wie auch die Militärkontrollkommission damit einverstanden erklärt haben. Das Blatt drückt in diesem Zusammenhang die Hoffnung aus, daß die positive Regelung der einen der beiden Restfragen auf die Pariser Verhandlungen über die Ostfestungen nicht ohne Einfluß bleiben wird.
Beginn der Haager Verhandlungen über die Auslegung des Dawesplanes
Haag, 21. Jan. Die erste Sitzung des Auslegungsschiedsgerichts über die Bestimmungen des Dawesplanes in dem gemeldeten Streitfall zwischen der Reparationskommission und der deutschen Regierung wurde heute im kleinen Rechtssaal des Friedenspalastes eröffnet. Der Eröffnung wohnten zahlreiche Angehörige des diplomatischen Korps bei.
Der französische Gesetzentwurf über die „Nation in Waffen"
Paris, 21. Jan. Vor dem Heeresausschuß der Kammer hat der Sozialist Paul Boncour über den Gesetzentwurf betreffend die allgemeine Organisation der Nation für Kriegszeit Bericht erstattet. Als hauptsächlichste Grundsätze, die bei diesem Gesetzentwurf bestimmend waren, gab Boncour folgende an: 1. Man kann nicht verkennen, daß trotz der Entwickelung der internationalen Solidarität und trotz der entschlossenen Friedensbemühungen Frankreichs ein Krieg möglich ist. Die Vorbereitungen der nationalen Mobilisierung werden auf alle Formen der Tätigkeit des Landes sich beziehen müssen. 2. Die Organisierung für Kriegszeit mutz der politischen, verwaltungspolitischen und wirtschaftspolitischen Organisierung in Friedenszeiten angepaßt werden. Im allgemeinen führte Boncour noch aus, daß der Gesetzentwurf den Grundsatz aufstelle, daß die Pflicht, an der nationalen Verteidigung teilzunehmen, sich auf alle Franzosen beiderlei Geschlechts und auf alle Vereinigungen beziehe. Außerdem soll in dem Entwurf der Regierung das Requisitionsrecht eingeräumt werden, das bisher nur Militärbehörden und Marinebehörden zustand. Außerdem soll die Regierung die Möglichkeit haben, sich das Eigentum an den die nationale Verteidigung interessierenden Erfindungen zu sichern.
Militärischer Zwischenfall in Lettland
Riga, 21. Jan. In Wolmar, einem Provinzstädtchen Livlands, ließ heute morgen 3 Uhr ein Leutnant eine Kompagnie des achten Infanterieregiments unter dem Vorwand der Abhaltung von Nachtübungen in die Stadt
einrücken, entwaffnete die wachthabenden Polizisten und besetzte das Post- und Telegraphenbüro und die Station der Schmalspurbahn. Der Zwischenfall wurde sofort durch den Wolmarer Earnisonchef beigelegt. Der schuldige Leutnant und andere Mitschuldige wurden verhaftet und dem Kriegsgericht übergeben. Im ganzen Lande herrscht vollständige Ruhe und Ordnung. Der Zwischenfall hat keine politischen Nachwirkungen.
Die Festsetzung des Zwischenzinses Berlin, 21. Jan. Von zuständiger Stelle wird mitgeteilt: Der Zinsfuß für die Berechnung des Zwischenzinses, der bet vorzeitiger Rückzahlung aufgewerteter Hypotheken und Jn- dustrieobligationen in Abzug gebracht wird, ist zuletzt und zwar für die Zeit vom 1. Aril 1926 ab auf 8 v. H. festgesetzt worden. Seitdem hat die Flüssigkeit am kurzfristige« Geldmarkt weiter zugenommen und sich auch auf die längerfristigen übertragen und damit günstig auf das Zinsnivean auch langfristiger Geldanlagen gewirkt. Dies zeigt sich an den Zinsbedingungen der inzwischen ausgegebenen langfristigen Anleihen, sowie an der Kursentwicklung der Pfandbriefe. Nachdem diese Entwicklung gezeigt hat, daß es sich voraussichtlich nicht um eine vorübergehende Erscheinung handelt, worauf übrigens auch die neuerliche Herabsetzung des Reichsbankdiskontsatzes auf 5 v. H. hindeutet, hat die Reichsregierung nunmehr hinsichtlich der Festsetzung des Zwischenzinses die Folgerungen gezogen und durch die Durchführungsverordnung den Zinsfuß auf 7 Prozent herabgesetzt. Der neue Zinsfuß gilt in allen Fällen, in denen der Rückzahlungstermin nach dem 23. Januar 1927 liegt.
Deutschenausweisung aus Polen Kattowitz, 21. Jan. Dieser Tage erhielten die beiden Vorstandsmitglieder Dr. Sonneck und Erottian und die beiden leitenden Angestellten, Regierungsbaumeister Dreyzehner und Dr. Jessen von der Schlesischen Kleinbahngesellschaft in Kattowitz ohne Angabe von Gründen die Aufforderung, bis zum 31. Januar bezw. 15. Februar das polnische Gebiet z« verlassen. Die vier Beamten befinden sich seit vier Jahren in Polnisch-Oberschlesien.
Von neuen Deutschenausweisungen?
Berlin, 22. Jan. Nach Mitteilung eines Krakauer Blattes sollen außer den 4 leitenden Beamten der Schlesischen Kleinbahn noch andere Deutsche, die der polnischen Sprache nicht mächtig sind, aus Ostoberschlesien ausgewiesen werden.
Mexiko für ein Schiedsgericht Mexiko» 21. Jan. Das mexikanische Außenministerium teilt zu der in der nordamerikanischen Presse erörterten Frage der Stellung Mexikos gegenüber einer schiedsgerichtlichen Beilegung des Konfliktes mit den Vereinigten Staaten mit, daß die mexikanische Regierung im Prinzip bereit sei, die Beilegung der Schwierigkeiten einem internationalen Schiedsgericht zu übertragen.
Zur Lage in China
Peking, 21. Jan. Wie die Agentur Jndo-Pacifique aus Honkong berichtet, sind 10 Missionare und 18 katholische Schwestern, darunter 6 Französinnen, gestern aus Futschau kommend in Hongkong eingetroffen. Das Missionshaus und das Waisenhaus von Futschau sind geplündert und 300 Waise fortgeführt worden. Sie sollen auf der Straße für je drei Dollar verkauft oder an Bordelle abgegeben worden sein.
Deutscher Reichstag
Berlin, 21. Januar.
Auf der Tagest ung am Freitag stand die zweite Lesung des Gesetzentwurfes ? Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. Wer an einer Geschl Krankheit leidet, hat nach der Vorlage die Pflicht, sich von einem Arzt untersuchen und erforderlichenfalls solange behandeln zu lassen, bis nach dem ärztlichen Urteil eine Ansteckungsgefahr nicht mehr besteht. Minderbemittelte sollen auf Kosten der Länder unentgeltlich behandelt werden. Die Behandlung von Geschlechtskrankheiten ist nur den für das Deutsche Reich approbierten Aerzten gestattet. Fernbehandlung ist verboten, ebenso sind Ratschläge für die Selbstbehandlung in Vorträgen, Schriften, Abbildungen usw. untersagt. Wer für die Heilung von Geschlechtskrankheiten Mittel oder Verfahren anpreist, wird mit Gefängnis bestraft.
Abg. Dr. Moses (Soz.) erklärt, daß seine Fraktion keine einheitliche Stellung zu der Vorlage einnebme. Das gelte besonders für den Kurpfuscherparagraphen. Der Redner schildert dann den Einfluß der Wohnungsnot auf die Verbreitung der Geschlechtskrankheiten.
Abg. Spuler (Dntl.) bezeichnet die Aufhebung der Kasernierung der Prostitution als einen Schritt ins Dunkle. Der Redner bedauert, daß den Kurpfuschern nur die Behandlung der ansteckenden Geschlechtskrankheiten verboten werden solle.
Abg. Bickes (D. V.) erklärt, man müsse dankbar anerkennen, was die deutsche Aerzteschaft in treuer Pflichterfüllung und Aufopferung für unser Volk geleistet habe. Es sei nicht zu verkennen, daß es sich bei dem Gesetz um einen Eingrift in die persönliche Freiheit des Einzelnen handle. Man verkenne auch nicht die Möglichkeiten, die sich einem gewissenlosen Denunzianten- und Ervressertum bieten. Aber diese Bedenken müßten zurllcktreten gegenüber der Notwendigkeit, einem furchtbaren llebel, das am Mark unseres Volkes zehre, energisch entgegenzutreten.
Abg. Frau Arendsee (Komm.) betont, daß die elenden Wohnungsverbältnisse an der Verbreitung der Geschlechtskrankheiten die Hauptschuld tragen.
Abg. Petzold (Wirtsch. Vereinig.) betont den großen Wert des Gesetzes für die Förderung der Volksgesundheit.
Abg. Dr. Bayersdörfer (Bayer. Volksv.) begrüßt, daß dieses Gesetz endlich einmal unter Dach und Fach gebracht werde.
Abg. v. Ramin (Völk.) fordert Gewährleistung der Behandlungsfreiheit.
Samstag 12 Uhr: Weiterberatung.