Seite 2
Schwarzwälder Tageszeitung „Aus den Taunen"
Senkungen vorgekommen sind. Das Einkommen der Lohn- und .Gehaltsempfänger erfolge durch freie Vereinbarung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Die Schlichter seien unabhängig und an keine Weisungen gebunden. Eine Erhöhung der Beamtengehälter komme mit Rücksicht auf die schlechte Finanzlage nicht in Frage, ebensowenig eine Erhöhung der Bezüge der Klein-, Sozial- und Kriegsrentner. Zu der von dem Abg. Eengler (Ztr.) begründeten Anfrage betr. das Arbeitsbeschaf« sungsprogramm zur Behebung der Erwerbslosigkeit stellte Staatsrat Rau fest, daß in Württemberg die Zahl der Hauvt- unterstützungsempfänger am 15. Oktober 39 988 betrug, das ist 18—19 Prozent weniger als am 1. März ds. Js. Das Verhältnis der Erwerbslosen zur Bevölkerung betrug im Lande am 15. Okt. 15,5, im Reich am 15. September 23,7 auf 1000 Einwohner. Württemberg hat gegenwärtig eine monatliche Ausgabe von 800 000 Mk. für die Erwerbslosen. Am 15. Oktober waren es in Württemberg 5042 Erwerbslose, davon 12,1 Pr^ent bei Notstandsarbeiten beschäftigt, während der Reichsdurchschnitt nur 7 Prozent beträgt. Entsprechend den Verhältnissen des Landes wurden in Württemberg in der Hauptsache Notstandsarbeiten kleineren Umfangs gefördert, vorgesehen ist als gröbere Notstandsarbeit die Vollendung des Bahnbaues von Leinfelden nach Waldenbuch mit Staatsmitteln, indem lt. Vertrag Württemberg der Reichsbabngesellschaft die Mittel als Darlehen gibt. Sollten diese Mittel nicht in Anspruch genommen werden, da die Stadt Stuttgart eine Straßenbahnverbindung nach Waldenbuch plant, so kommen sie zur Finanzierung der Staustufe bei Horkheim in Betracht. Für landwirtschaftliche Meliorationen wurden 700 000 Mk. ausgegeben. Bei aller Bereitwilligkeit der Regierung, die Notstandsarbeiten zu fördern, wird es doch niemals Möglich sein, die Not der Erwerbslosen ganz zu lindern. Auf die von dem Abg. Pflüger (Soz.) begründete Anfrage betr. Baudarkehen erklärte Minister des Innern Bolz, daß im Jahr 1926 für 10 615 Wohnungen Bescheide der Wohnungskreditanstalt mit einem Aufwand von 45 093 000 Mk. ergangen sind. Etwa 2000 Gesuche sind noch unbeschieden, darunter 500 dringende Fälle. An Mitteln für den Wohnungsbau stehen zur Verfügung 11,2 Millionen aus der Gebäudeentschuldungssteuer, von denen aber nur 3,11 Millionen eingegangen sind, 20 Millionen aus einer Anleihe, 5,5 Millionen vom Reich. Für den Rest von 13,8 Millionen ist eine weitere Anleihe vorgesehen. Für 1927 ist die Geldbeschaffung besonders schwierig. Man sollte alle neuen Bescheide aufs Jahr 1927 verrechnen. Beim Reich wurde ohne Erfolg versucht, die Zinssätze von 8,5 Prozent herabzudrücken. Sobald Geld vorhanden ist, wird mit den Bescheiden fortgefahren. Donnerstag erfolgt die Besprechung der Groben Anfragen.
Die Auseinandersetzung mit dem herzoglichen Haus Auf die Kleine Anfrage des Abg. Scheef (Dem.) betr. Auseinandersetzung mit dem herzoglichen Haus Württemberg wurde von der Regierung geantwortet, daß die Verhandlungen mit dem Haus Württemberg wieder ausgenommen worden sind. Auf welcher Grundlage eine Verständigung möglich ist, läßt sich heute noch nicht bestimmt sagen, doch wird vermutlich in Bälde ein Vergleichsvorschlag unterbreitet werden können.
Gemeindebeiträge zu den Polizeilasten Antwort auf die Kleine Anfrage des Abg. Winker (Soz.): Sobald das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes veröffentlicht war, hat das Ministerium des Innern die erforderlichen Neuberechnungen angestellt. In einer Besprechung, an der auch ein Vertreter des Finanzministeriums teilgenommen hat, sind den Dom Polizeibeirat benanten Eemeindevertretern die Berechnungsunterlagen vorgelegt worden. Hiebei ist eine vorläufige Einigung über den Betrag erzielt worden, der für die beiden Planjahre 1924 und 1925 den Gemeinden erstattet werden soll. Diese Vereinbarung bedarf jedoch der Zustimmung der übrigen Mitglieder des Polizeibeirates; eine Sitzung ist auf 9. November einberufen worden. Für das Planjahr 1926 will das Ministerium des Innern die Beiträge neu regeln auf der Grundlage fester Kopfsätze, die mit Rückwirkung vom 1. April 1926 an in Kraft gesetzt werden sollen. Ein Gesetzentwurf wird dem Landtag nach Anhörung des Polizeibeirates zugehen.
j Aus Stadt und Land.
s Altensteig, den 28. Oktober 1926.
E Amtliches. Der Obersekretär auf gehobener Stelle s Oechslin von Calw, Notariatshilfsarbeiter in Hei- » denheim, wurde seinem Ansuchen gemäß aus dem Staats- ( dienst entlassen. — Obersekretär a. g. St. Knauß in j Hirsau wurde zur Vauabteilung des Finanzministeriums s seinem Einverständnis entsprechend versetzt, s Der Postneubau in Altensteig. Die Oberpostdirektion ^ hat sich nun endgültig entschlossen, den Postneubau am ? Kronenplatz aufzuführen.
l Gastspiel der Liliputaner. Die in Württemberg so be- x liebten Liliputaner, die kleinsten Bühnenkünstler der Welt, i geben auch bei uns am Samstag, dem 30. Oktober d. I., im « Saale zum Sternen zwei Vorstellungen. Abends 8 Uhr f kommt das dreiaktige Lustspiel „Wenn zwei sich lieben", ^ und nachmittags 4 Uhr das romantische Märchen mit Ee- I sang „Der kleine Prinz" zur Aufführung, womit die kleine 8 Künstlerschar überall in Württemberg große Erfolge er- f zielte. Also wer seine Alltagssorgen mal auf einige Stun- s den vergessen, und mal recht herzlich lachen will, der geht s am Samstag, dem 30. Oktober, zu den Liliputanern in r den „Sternen" und wird sicher auf seine Rechnung kommen, l Alles Nähere siehe Anzeige und Plakate, k Nagold. Der vor einem Jahr gegründete Arbeiterge- ? sangverein „Frohsinn" gab unter Leitung von Lehrer k Közle in Schönbronn sein erstes Konzert unter Mitwir-
- kung des Gesangvereins Frohsinn Tübingen unter Leitung
( von Reallehrer Treß und unter Mitwirkung von Frau Dr. j Schacht, Tübingen (Sopran) und Fräulein Zenne, Nagold, j am Flügel. Es wurde von beiden Vereinen wirklich Eu- ^ tes geboten, sowohl in den Einzelvorträgen, als in den ; gemeinsam gesungenen Chören. T.
z 'Calw, 27. Okt. Das Zollamt, das seither mitten in der ( Stadt in der Lederstraße untergebracht war, ist nun in das s ehemalige Bezirkskommando auf dem Schloßberg verlegt ( worden. In der Geschäftswelt wurde die neue Unterbring- s ung nicht gerne gesehen, da das Bezirkskommando in entgs- z gengesetzter Richtung vom Bahnhof und am Ende der x Vorstadt gelegen ist; auch ist der Zugang im Winter be- ^ schwerlich. — Zm Ob st verkehr herrscht kein rechtes s Leben. Das Geld ist zu rar, weshalb die Kauflust nicht ) groß ist. Für gemischtes Mostobst wird 6 Mark, für Aepsel s 6,50 Mark für den Zentner bezahlt. Brechobst kostet 12 Mk., i Birnen 12—15 Mark der Zentner, t Freudenstadt» 27. Okt. (Vom Rathaus — Der frühe ! Winter.) Der Gemeinderat Freudenstaht hat gestern ein- k stimmig die Erstellung der H o'ch d r uckw a s s s r- ^ leitung vom Kienbergreservoir über den Marktplatz ! bis Stadtbahnhof und Bahnübergang in der Hirschkopf- ! straße sowie die Vergrößerung des Nieder- ! druckreservoirs auf dem Kienberg von 300 auf 1000 s Kbm. beschlossen. Die Arbeiten sollen als Notstandsar-
- beiten ausgesührt werden, sobald die Witterungsverhält- ; nifse es erlauben. Der Kostenaufwand für die Hochdrucklei- ' tung beträgt 31000 Mark, für die Vergrößerung des Kisn- ! bergreservoirs 35 000 RM. — Die Gebühren für die Ueber- f bauung städtischer Nutznießungsplätze wurden endgültig ! festgelegt. Dabei wurde der wichtige Beschluß gefaßt, daß, ; wo keine Viehhaltung mehr vorhanden ist, die bestehenden
- Dunglegen bis 1. Mai nächsten Jahres entfernt werden ' müssen. Bei wirtschaftlich Schwachen soll eine Entschüdi- , gung für etwa entstehende Kosten gewährt werden. —
Den ganzen gestrigen Tag setzte sich bei nordwestlicher ^ Windrichtung das Schneetreiben fort und es kam ! nicht wenig Schnee vom Himmel herab. Doch fand der i Schnee auf dem nassen Boden noch wenig festen Anhalt. — ; Gestern vormittag kam ein schwerbeladener Langholzwa-
- gen in der Stuttgarterstraße infolge des sulzigen Schnss-
Sein erster Erfolg
Kriminal-Roman von Waller Kabel 32 (Nachdruck verboten.)
Werres schritt den Korridor entlang. Ein eigenartiges Gefühl überkam ihn, als er in diesem stillen Gebäude über den jeden Schall dämpfenden Läufer ging. Die Ruhe in dem großen Hause wirkte auf seine Nerven aufreizender als draußen der Straßenlärm. Er dachte zurück an jenen Vormittag, als er zum erstenmal diese Räume betreten, Lachte daran, wie er sie nach wenigen Stunden verlassen hatte. Den Kopf voll wirrer, widerstreitender Gedanken, voll Wünsche und Pläne. Und jetzt? Wie war er heute wiedergekommen — als Sieger! —
Als er an der ihm bezeichneten Tür im ersten Stock angeklopft hatte, ertönte ein lautes „Herein".
Der Prokurist empfing ihn sehr höflich, wenn man ihm auch das leichte Erstaunen über diesen Besuch etwas anmerkte. Er bot Werres einen der bequemen, lederüberzogenen Sessel an und drehte dann das elektrische Licht über dem großen Mitteltische auf, da es im Zimmer schon stark dunkelte. Werres hatte schnell den Raum mit seiner einfachen aber gediegenen Einrichtung überschaut und wandte sich nun an den Prokuristen, der sich ihm gegenübergesetzt hatte.
„Herr Weftfal, ich komme mit einer Bitte zu Ihnen. Die Untersuchung in der Sache Friedrichs will absolut nicht vorwärtsgehen. Ueberall wird man ungeduldig, weil sich so gar nichts Herausstellen will. Der Staatsanwalt wünscht eine nochmalige genaue Untersuchung an Ort und Stelle. Ich weiß nicht, ob man sich davon etwas versprechen darf, aber ich möchte damit eine Lokalbesichtigung verbinden, und ich bitte Sie daher, uns das Privatkontor Ihres ermordeten Chefs zu dieser Besichtigung zur Verfügung zu stellen. Mir ist immer, als müßte ich gerade dort noch Beweise finden. Wollen Sie also so liebenswürdig sein und die beiden Herren Kassierer verständigen, sowie den Portier und den Laufburschen, daß sie alle sich morgen um 11 Uhr bereit zu
.. ...
halten haben. Aber bitte pünktlich!"
Der Prokurist lächelte zwar etwas ungläubig, aber er sagte doch in höflich kühlem Ton: „Gewiß, Herr Doktor, ich werde dafür sorgen."
„Besten Dank, und verzeihen Sie die Störung!" Die beiden Herren trennten sich mit leichter Verbeugung. Werres atmete auf. Alles ging glatt, so wie er es sich zurechtgelegt hatte. Als er zu Hause anlangte, fand er auf seinem Schreibtisch einen Brief, der die Aufschrift „Eilbrief" trug. Derselbe war an ihn adressiert, doch nicht nach seiner Wohnung, sondern nach dem Polizeipräsidium, und der Poststempel zeigte „Scherwinden". Werres wog den Brief in der Hand. Er fühlte etwas Hares darin. — Das von ihm erbetene Bild des Barons v. Berg, wie er richtig vermutete. Dann rief er seine Wirtin. „Wer hat den Brief gebracht?"
„Einer der Herren von der Polizei, der schon öfters hier war, der kleine Schwarze." — Das war Müller. „War sonst noch jemand da? —"
„Nein, Herr Doktor."
Werres schloß die Vorhänge, zündete die Lampe an und setzte sich an den Schreibtisch. Er öffnete den Brief und nahm das Bild heraus, dem ein kurzes Schreiben beilag, das Herr v. Berg wahrscheinlich durch seinen Sekretär hatte abfassen lasten. Das Bild, Vifitformat, war eine Profilaufnahme und wahrscheinlich in dem letzten Jahre hergestellt. Werres schaute lange auf dieses aristokratische Männergesicht.
Dann breitete er noch einmal seine Aufzeichnungen aus. Er tauchte die Feder ein und füllte aus der letzten Seite die bisher offen gelassene Stelle aus. Die Feder flog über das Papier, knirschte und kratzte und ließ sich nicht aufhalten; wie in einem Zuge öedeckte sich die weiße Fläche. — Dann warf Werres den Halter hin, daß der Rest der Tinte verspritzte und sich in immer kleiner werdenden schwarzen Pünktchen auf der Schreibunterlage verlor. Werres lehnte sich zurück und überflog das Geschriebene. Ein tiefer Atemzug hob seine Brust, ein Laut wehte durch das Zimmer wie ein Seufzer der Erleichterung, — oder war es ein Stöhnen?
Nr. 252
belages seitlich ins Rutschen bis an die Trsttoirrandsteine Das Hintere Ende der langen Stämme traf das große Schaufenster von Friseur Wölper, das vollständig zertrümmert wurde. — Gestern abend fuhr aber mit lustigem Geklingel ein Schlitten durch die Straßen- ein frühzeitiges Winterbild am 26. Oktober!
Horb, 26. Okt. Einen schweren Unfall erlitt das Auto des hiesigen Fabrikanten Unger durch Zusammenstoß in Stuttgart. Frau Unger und der mitfahrende Kaufmann Sigel von hier erlitten durch Splitter der Windschutzscheibe im Gesicht erhebliche Verletzungen, Sigel außerdem noch mehrere Rippenbrllche. Der Besitzer und der Führer blieben unverletzt. — Die Planierungs- und Ausbauarbeiten amEllterbahnhof sind von der Firma Kiefer (Calmbach) wieder aufgenommen worden. Auf Wunsch der Stadt ist zur Minderung der Arbeitslosigkeit auf außerordentliche mechanische Arbeitshilfen verzichtet worden. Ungefähr 50 bis 60Arbeiter finden Beschäftigung. — Die hiesige Mar- morindustrie erfreut sich größerer Absatzmöglichkeiten daß schon längere Zeit mit Ueberstunden gearbeitet wird. '
Sulz a. N., 27. Okt. (Gestorben.) Die am letzten Sonntag abend durch ein Autounglück schwer verletzte Frau Maier vom Buchhof bei Horb ist gestern abend ihren Verletzungen erlegen.
Dornhan, OA. Sulz, 27. Okt. Wer anderen eine Grube gräbt. . . Dem ledigen 25 Jahre alten Schindeldecker Gottl. Lehmann von hier war für eine Forderung von 26 °4(, die der ledige 23 Jahre alte Bankangestellte Bernhard Müller von hier gegen ihn geltend machte, das Motorrad gepfändet worden. Die Pfändung konnte Lehmann nicht freimachen. Aber auch Müller sollte das Motorrad nicht haben, weshalb Lehmann den Pfandgegenstand in der Nacht vom 18. auf 19. Oktober zertrümmerte. Noch in der Nacht weckte er den Oberlandjäger und erstattete Anzeige wegen Sachbeschädigung, wobei er den Pfandgläubiger Müller als den Täter verdächtigte. Da er dies mit Nachdruck betrieb, wurde Müller festgenommen und dem Amtsgericht Sulz zugeführt. Nun stellte sich heraus, daß Müller unschuldig war und Lehmann das gepfändete Motorrad aus Rache selbst zertrümmert hatte. Er wird sich nun wegen falscher Anschuldigung und Pfändungsvereitelung zu verantworten haben. Nach Einsicht seines begangenen Fehlers hat sich Lehmann gestern mittag in selbstmörderischer Absicht zwei Schüsse in den Kopf beigebracht, die aber nicht lebensgefährlich sein sollen.
Stuttgart, 27. Okt. (Ehrenvolle Laufbahn eines Stuttgarters.) Infolge der Ernennung des bisherigen Kölner Polizeichefs zum Polizeipräsidenten in Berlin wurde Ministerialrat Otto Bauknecht zum Polizeipräsidenten in Köln ernannt. Vauknecht ist ein geborener Stuttgarter und steht im 51. Lebensjahr. Von Beruf Lithograph, war er von 1900 bis 1906 ehrenamtlicher Zahlstellenleiter und Gauvorstand seiner Gewerkschaftsorganisation für Stuttgart bezw. Württemberg und Baden. Seit 1907 bekleidete er den Gauvorsteherposten für die Rheinprovinz mit dem Sitz in Köln. Wie in Stuttgart, betätigte sich Bauknecht auch in Köln als eifriger sozialdemokratischer Parteifunktionär. Nach dem politischen Umsturz 1918 kam er in die preußische Verwaltung. Zuletzt war er Ministerialrat beim Reichs, konurnssariat für das besetzte Gebiet. --—
Hausbesitzertagung. Eine außerordentliche Tagung der Arbeitsgemeinschaft der Württ. Haus- und Grund« besitzervereine (Landesverband und Stuttgarter Verein«)! hielt in Stuttgart eins Versammlung ab und nahm ein«! Entschließung an, di« folgende Forderungen enthält: Als« baldigste Ermäßigung und nachfolgende Aufhebung der Go« bäudeentschuldungsst«! er. Aufhebung der Zwangswirtschaft und Verwerfung des Bodengesetzentwurfs. Politischen Parteien, die eine entgegengesetzte Haltung einnehmen würden, müßte der württ. Haus- und Grundbesitz eine künftiae Gefolgschaft verweürerL.
— Werres Mund hatte sich fest zusammengepreßt, und in sein Gesicht war ein Ausdruck von Seelenpein getreten; ein weher, schmerzlicher Zug lag um die sonst so spöttisch
verzogenen Lippen.-Sein Werk war vollbracht, ^
vollbracht! Langsam richtete er den Blick empor zu tmi Bilde, das da oben auf dem Schreibtischaufsatz stand. Und wie fragend schaute er in das liebe Mädchengesicht. Es war, als hoffte -r, daß dieses von so vollem Haar umrahmte Köpfchen ihm zunicken werde, ermunternd, lächelnd, dankbar. Nein, — nichts, — nichts als seine Gedanken. Sein Werk war vollbracht — und morgen? Morgen würde da in der Werterstraße ein junges Weib fassungslos schluchzen, würde mit wilden, trostlosen Augen ins Leere starren und vielleicht verfluchen, was sie heute noch liebte. Und das würde sein Werk sein!!! — Willerts Braut würde auch ihm fluchen.
Lange saß er so da. Der Schmerz in seinen Zügen hatte sich verstärkt. Ein Ausdruck voll qualvoller Angst entstellte sein blasses Gesicht, in dem die roten Schmißnarben jetzt brannten wie Kaim Zeichen. Und dann richtete er sich schwerfällig auf. Er hatte ausgekämpft; die Pflicht hatte "«siegt und Werres glaubte für alle Zeit das begraben, was trotz dieses spöttischen Lächelns in seiner Seele gelebte Das warme Mitempfinden fremden Unglücks.
23. Kapitel
Die Flurglocke schellte, lange anhaltend. Dann klopftvj es. Werres wandte sich der Türe zu, so müde, so gleichgültig.
Es war der Sanitätsrat. Die Herren begrüßten sich und Werres nötigte seinen East in einen Sessel. Er hatte dis Lampe auf den Mitteltisch gestellt und setzte sich so, daß sein Gesicht im Schatten blieb. Er fürchtete das Licht, doch sein« Stimme klang ruhig und leidenschaftslos wie immer. „Herr Sanitasrat, ich habe Sie hergebeten, um Ihnen an dem heutigen Abend eine Person zu zeigen, die Ihr und mein Interesse jetzt schon länger als acht Tage in Anspruch nimmt. Wen ich meine, wissen Sie wohl."
(Fortsetzung folgte