Schwarzwälder Tageszeitnng »Aus de« Tanne«*
Ur. 170
Altensteig, den 24. Juli
Jahrgang 1920.
Steine auf dem Weg nach Genf
Die Stuttgarter Pressekorrespandenz schreibt:
Am 8. Februar 1926 hat der deutsche Generalkonsul in Eens dem Generalsekretär des Völkerbundes.das Schreibe« übergeben, das uitzcrn Antrag aus Ausnahme in den Völkerbund enthielt. Zu dieser Zeit waren wir in unserem Entschluß, Mitglied des Bölkerdundes zu werden, nicht mehr srei. Wir waren nach Locarno gegangen und durften Genf nicht meiden, wenn wir uns uichl selbst untreu werden wollten.
Aber nicht allein unter dem Zwange unserer Vertragspolitik halten wir uns die Mitgliedschaft zum Völkerbund beworben; Wir wollten auch der universellen Idee dienen, die im Völker- imndoedanken liegi. Wir durften uns nicht fernbalten von der Gesellschaft der Völker, die von sich jagt, daß sie das Gute um der Menschheit willen will. Die Resolution des parlamentarischen Untersuchungsausschusses des deutschen Reichstages vom 22. Dezember ll>23 machte Deutschland den Vorwurf, es habe nicht verstanden, den Anschein zu vermeiden, als ob es ein Gegner der Friedensbewegung sei. Wenn auch der Völkerbund nicht zuwege bringt, was die Haager Friedenskonferenzen nicht vermochten, so wollten wir keine Schuld daran tragen.
hätten uns Vernunft und Gewissen im Februar den Eintritt in den Völkerbund erstreben lassen, so hat der Gang der Ereignisse seither uns mehrmals Geschehnissen gegenübergestellt, die zur Nachprüfung unseres Standpunktes gegenüber dem Problem des Völkerbundes zwangen.
Es war eine harte Probe für unsere Völkerbundsfreudigkeit, als wir im März während der Bundesversammlung, die über unsere Aufnahme in den Völkerbund beschließen sollte, in Genf vor der Türe des Völkerbundes warteten, ob man uns Hereinrufen werde oder nicht. Wir hatten unseren Eintritt angemeldet und wollten ihn vollziehen, um die Bedingungen zu erfüllen, die den Vertrag von Locarno in Wirksamkeit setzen sollen. Wenn man uns gleichwohl lange Tage warten und dann, allerdings mit freundlichen Worten, ziehen lieb, so hätte es die Welt versieben müssen, wenn wir dem Völkerbund den Rücken gekehrt batten.
Die politischen Ereignisse der Folgezeit haben erwiesen, daß wir den Männern, die über eigene Stimmungen hinweg die Dinge reifen lieben, zu Dank verpflichtet sind. Es hat sich bald gezeigt, wie richtig es war, daß wir den Kurs zum Völkerbund hin beibebalten haben.
Nach der Rückkehr von der mißglückten Genfer Reise wurde der Berliner Vertrag unterzeichnet, der vielleicht gerade deshalb zum Abschluß kam, weil wir unser Zulassungsgesuch zum Völkerbund trotz allem nicht zurückgezogen haben. Es gibt einen Weg nach Moskau, der über Genf führt.
Um uns nicht mit gänzlich leeren Händen ziehen zu lassen, gab uns die außerordentliche Bundesversammlung im März das Versprechen mit auf den Weg, daß eine „Kommission zur etwaigen Aenderung in der Zusammensetzung des Volkerbundsrates" zusammentreten werde, um die Hindernisse zu beseitigen, die sich dem Eintritt Deutschlands in den Völkerbund in den Weg gestellt batten. Was damals Vertröstung erschien, zeigte sich bald als Erfolg. Lord Cecil hat Deutschland zuliebe das System der halbstündigen Ratssitze erfunden, mit dessen Hilfe er Brasilien und Spanien zu beruhigen hoffte. Deutschland zuliebe — England zuliebe; man braucht deutsche Erfolge nicht zu übersehen weil sie gleichzeitig englische sind. Daß Verlauf und Ausgang der Studienkommission dem deutschen Prestige Gewinn brachte, kann nur verkennen, der grundsätzlich den Völkerbund und alles, was mit ihm zusammenhängt, ablehnt. Die Studienkommission ist in dem Schlußbericht an den Völkerbundsrat, in dem sie das Ergebnis ihrer Beratungen zusammengefaßt bat, im wesentlichen dem Vorschlag Cecils gefolgt. Die Hoffnung, daß Spanien und Brasilien sich mit halbstündigen Sitzen zufriedengeben würden, war berechtigt, denn, wenn der Volkerbundsrat die Einrichtung her halbstündigen Sitze genehmigte.,so billigte er vielleicht schon
? mehr, als sich mit dem Sinne der Völkebundssatzung vereinbaren lieb. Wilson hat bei Besprechung der Völkerbundssatzung aus , »er Friedenskonferenz eindeutig erklärt, daß eine Vermehrung ^ der ständigen Ratssitze nur zugunsten Deutschlands und Rußlands in Frage kommen könne. Der Rat, der im Juni über den Bericht der Studienkommission tagte, war sich nicht im klaren . darüber, daß „halbstündige" beinahe „ganz ständig" bedeutete und daß im Laufe der Zeit die beiden Begriffe wohl ineinander aufgehen würden.
> Umso gröber war die Enttäuschung für den Völkerbund, als in der gleichen Ratssitzung der spanische Vertreter erklärte, daß
' die Klassifizierung, die in dem Kommisstonsbericht enthalten sei, für Spanien eine Degradierung bedeute, mit der es sich nimmermehr abfinden könnte. Noch gröber wurde der Schrecken, als nach der Annahme des Berichts der Studienkommission Brasilien seinen Austritt aus dem Völkerbund erklärte.
Für Deutschland ist die Austrittserklärung Brasiliens und die Erklärung der spanischen Delegierten, die vom Rat nicht anders , als eine Austrittserklärung aufgefabt wurde, ein politisches Ereignis von schwerwiegender Bedeutung.
' Zum zweitenmal in diesem Jahre muß Deutschland prüfen, ob . es seine Völkerbundspolitik auf der bisherigen Linie weiterver- kolge kann
Freilich kann mit dieser Entwicklung der Dinge der ständige Ratssitz für Deutschland als gesichert gelten.
' Brasilien hat erklärt, daß es nunmehr auf seinen ständigen Ratssitz unter allen Umständen verzichten werde. Auch Spanien bat zu erkennen gegeben, daß es keinerlei Schritte unternehmen werde, die gegen eine Aufnahme Deutschlands als ständiges Ratsmitglied gerichtet sind. Aber bei seinen freundschaftlichen Beziehungen zu Brasilien und Spanien kann es Deutschland nicht gleichgültig sein, wenn die beiden Mächte enttäuscht zu gleicher Zeit sich vom Verbände abwenden, zu der Deutschland seine Arbeiten in ibm beginnen will. Auch bedauert Deutschland um der Universalität des Verbandes willen, wenn zwei bedeutende Mitglieder dem Verbände die weitere Gefolgschaft ver- ' sagen.
Die am schwersten zu ertragende Folge der Verbandskrise für Deutschland aber ist, daß Krüite am Werke sind, die ibm die Schuld an der Krise aufbürdcn wollen. Hier und dort aut der Welt zeigt sich das Bestreben, Deutschland als den Störenfried erscheinen zu lassen, der die in holder Eintracht im Völkerbund versammelten Völker zu entzweien bemüht ist. Eine Schuldlüge neuerlicher Arc
Gewiß hat der brasilianische Vertreter, der vor dem Völkerbundsrat den Austritt Brasiliens verkündete, den bevorstehenden Eintritt Deutschlands begrüßt. In einer Schrift aber, die der brasilianische Völkerbundsdelegierte Montarroyos unlängst in Genf bat erscheinen lassen tle Bresil et la Crise de la Societe des Nations en 1926) ist Deutschland der wenig versteckte Vorwurf gemacht, daß es ungerechtfertigterweise das Verlangen nach alleiniger Aufnahme als ständiges Mitglied gestellt habe. Deutschland habe ganz genau gewußt, daß Brasilien spätestens mit ihm gleichzeitig als ständiges Ratsmitglied in den Völkerbundsrat einziehen wollte.
Hat auch das offizielle Spanien niemals Deutschland gegenüber Vorwürfe erhoben, so ist doch ein Teil der spanischen Presse au fden Ton des Vorwurfes abgestimmt. Die in Madrid erscheinende „Evoca" klagt in einem Leitartikel vom 6. Juli: Auf Kosten Spaniens und Brasiilens wird jetzt Deutschlands Eintritt 1 in den Völkerbund erfolgen.
! Viel weiter geben natürlich Pariser Blätter. Ein „Temvs"- i Artikel vom 27. Juni führt aus, daß Deutschland als Gegner
> der Reorganisation des Völkerbundsrates die ganze Welt ver- ! stimmt habe. Die Haltung Deutschlands habe die Enttäuschung
Polens und die Schwierigkeiten mit Brasilien und Spanien her- ^ aufbeschworen. Kein Wunder, wenn unter diesen Umständen die amerikanischen Nationen sich an der Genfer Institution desinteressierten und die panamerikanische Union zu einem amerikani-
> schen Völkerbund im Gegensatz zum europäischen sich zu entwik- keln beginne.
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' Auch ein Teil der italienischen Presse ist sehr unzufrieden darüber, daß angeblich infolge der deuljchcn Widerspenstigkeit zwei ' lateinische Schwestern sich vom Völkerbund zurückgezogen haben. Ein „Secolo"-Artikel wirft sogar die Frage auf, ob Italien den Eintritt Deutschlands, das antiitalienische Politik treibe, in den Völkerbund zulassen dürfe.
Die Deutschland gemachten Vorwürfe widerlegen sich sehr einfach. Deutschland hat die Völkerbundskrise durch seinen Aufnahmeantrag wohl ausgelöst, sie aber nicht verschuldet. Die Krise ist im Schoße des Völkerbundes entstanden und ureigenste Angelegenheit des Völkerbundes. Deutschland batte und hat keine Möglichkeit, irgendwelchen Staaten ständige Ratssitze zuzuerkennen oder zu versagen; es ist eine historische Tatsache, daß der Völkerbundsrai im März sich zu der Aufnahme Brasiliens und . Spaniens als ständige Ratsmitgliedcr nicht hat entschließen können, und daß die Sachlage weder durch den Verlauf der Stu- dienkominission noch durch die Junitagung des Rates geändert worden ist.
, Angesichts ihrer offensichtlichen Unbegründetheit müssen dre gegen Deutschland erhobenen Angaben im besonderen Maße verletzend wirken. Soweit aber die von einem Teil der ausländischen Presse beliebten Fälschungen des Tatbestandes darauf ausgehen, Deutschland in die Völkerbundskrise hineinzudrängen, werden st? iehlschlaaen. Die Versuchung für Deutschland ist groß, die völkerbundsverdrossenen Staaten durch besonderes Entgegenkommen seiner freundschaftlichen Gesinnung zu versichern Aber Deutschland kann und darf da nicht versöhnen wollen, wo es nicht gekehlt bat. Außer Spanien und Brasilien haben Polen, China, Persien und auch Belgien Ansprüche aus ständige Ratssitze angemeldet. Würde Deutschland dem einen oder anderen Staate das Versprechen geben, seine Wünsche nach einem ständigen Ratssitz zu späterer Zeit zu unterstützen, so würde es sich zwangsläufig die übrigen Staaten zu Feinden machen.
Es bleibt die Frage zu erörtern, ob die aus der Völkerbund^- krise erwachsene Lage es geraten erscheinen läßt, daß Deutschland seinen Zulassungantrag zum Völkerbund zurückzieht. Ohne tiefgründige Untersuchungen anstellen zu müssen, kann gesagt werden, daß es völlig verkehrt wäre, wenn Deutschland diesen Schritt tun wollte. Den in der ausländischen Presse gegen Deutschland geführten Angriffen, mögen sie auch hin und wieder offiziösen Einschlag haben, ist bei aller Widerlichkeit nicht die Bedeutung zuzumessen, daß sie zum Aeußersten zwängen. Diejenigen Staaten, die sich uns zuliebe jeder Erweiterung des Rates entgegengestellt haben, würden unsere Abkehr vom Verbände gerade jetzt, wo der Weg für Deutschland frei gemacht ist, als eine Desavouierung empfinden. Ein Desinteressement Deutschlands vom Verbände würde auch nicht als ritterlicher Verzicht, sondern als Ausfluß wankelmiitiger und unehrlicher Gesinnung genommen werden. Nur Stetigkeit kann der deutschen Politik Erfolg bringen. Deutschland wird den eingeschlaaeuen - Weg nach Genf gerade und aufrecht weitergehen.
! Spiel und Sport.
^ 6720 Kilometer in 24 Stunden haben fünf vollbelastete Opel
' 10/45 PS. Fünfsitzer-Tourenwagen bei plombierter Haube und , plombiertem Kühler während der 24 Stundenfahrt im Taunus ' zurückgelegt. 56 Kilometer Durchschnitt waren in der Aus- ; schreibung von der 10 PS.-Klasse verlangt worden, eine Lei- j stung, die in Fachkreisen fast für unmöglich gehalten wurde, da i die 83 Kilometer lange Taunus-Rundstrecke mit ihren ununtn- j brochenen Kurven, Steigungen (bis 23 Prozent) und Gefällen als : eine der schwierigsten Straßen gelten darf. Mit 59,8 Kilometer : Durchschnitt haben die Opel 10 PS. Tourenwagen die an sie i gestellten Aufgaben weit übertroffen. Meister Jörns legte die ! Fahrt mit einem Durchschnitt von 63 Kilometer zurück. Irin- , gard von Opel, mit 18 Jahren die jüngste unter den teilneh- i inenden Damen, bewies mit einem Rundendurchschnitt ^ von 66,3 Kilometer, daß der 10 PS. Opel bei der Güte seiner ' Konstruktion und der Einfachheit seiner Bedienung auch von . Damen spielend leicht bedient werden kann.
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