Schwarzwälöer Tageszeitung

^Uus den Tannen"

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AUrnsteig. Freilas de« 28. Mai

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Abd el Krims Tragödie ^

Der französische Ministerrat hat mit Billigung des Prä- ^ denten der Republik beschlossen, das Friedensangebot Abd - el Krims abzulehnen, da es keine genügende Garantien s enthalte und jeder Autorität entbehre. Frankreich wolle, ; da der Einfluß Abd el Krims auf den Nullpunkt gesunken - sei, nur mit den einzelnen Stämmen verhandeln und mit ! ihnen einen wirklichen Frieden schließen. Seltsam, wie ver- » traut uns diese Klänge sind. Vor fast acht Jahren hörte ? das zusammengebrochene Deutschland Aehnliches von der ; Entente. Auch damals zögerten die Alliierten, den Ab- ^ schluß des Waffenstillstandes länger hinaus, als es dem r durch Hunger und Entbehrungen aller Art zermürbten s deutschen Volkes erträglich schien. Dem deutschen Ersuchen E um Vermittlung, das an den damaligen Staatssekretär s des amerikanischen Auswärtigen Amtes, Lanfing erging, s folgten endlose Rückfragen und Forderungen, bis wir l schließlich unter grausam harten Bedingungen zu der Was- z fenruhe kamen, die wohl unsere Kräfte lahmlegte und zer- ! trümmerte, die der Alliierten aber gegen jeden ritterlichen ! Brauch intakt ließ und wachhielt. Das Gleiche vollzieht j sich jetzt gegenüber Abd el Krim. Man kann dabei Spa- ? nien aus seiner Haltung, die mit der französischen ja völlig ^ identisch ist, nicht einmal so sehr einen Vorwurf machen. ' Die Führung im Marokkofeldzug liegt politisch wie militä- i risch ja fast völlig in den Händen Frankreichs, das nun wie- r der das starke Uebergewicht an Menschen und technischen ! Hilfsmitteln dazu benutzt, dem niedergerungenen Gegner « seine Bedingungen aufzuzwingen. Wie sie aussehen wer- r den, kann man sich nach den Erfahrungen, die wir selbst ! haben machen müssen, unschwer vorstellen. ^

Das große Wort Wilsons vom Selbstbestimmungsrecht s der Völker, das psychologisch für den Ausgang des Welt- ! krieges von so großer Bedeutung war, ist bisher noch nicht ! einmal in Europa zu seiner sinngemäßen Anwendung ge- r langt. Die Millionen deutscher Minderheiten in allen z Grenzgebieten sind dafür Beleg genug. Noch viel weniger ! wird natürlich Frankreich geneigt sein, es auf außereuro- s päische Völker und Länder anzuwenden, zumal wenn seine l wirtschaftlichen und politischen Interessen davon berührt j werden. Bisher ist es noch keinem der an Marokko interes- i fierten europäischen Staaten gelungen, das Rif-Gebiet völ­lig unter ihre Staatshoheit zu bringen. Das lag einmal an der großen Rivalität der Staaten, zweitens aber, und nicht in letzter Linie, an der marokkanischen Küstenbevöl­kerung, die nicht willens war, ihre Freiheit zu verkaufen. Die großen Marokko-Konferenz der Vor- und Nachkriegs­zeit, von denen nur Algeciras und Tanger erwähnt seien, schufen lediglich einen Modus vivendi, der für die europä­ischen Staaten galt, nicht aber für Marokko und seine Be- ! völkerung selbst. Letztes Ziel Spaniens und Frankreichs r ist immer geblieben und ist es heute nach der Vernichtung > der militärischen Macht Abd el Krims noch mehr, unter - dem Vorwand wirtschaftlicher Interessen politische Stütz- ! punkte dort aufzurichten und seinen Imperialismus, für ! den zurzeit in Europa kein genügendes Betätigungsfeld i mehr ist. dort zu befriedigen. z

Abd el Krims Freiheitskampf war sicher der gefährlichste Vorstoß gegen das Prestige Frankreichs in seinen Kolonial­ländern, der in den Nachkriegsjahren geführt worden ist.

Es hat im Sommer vorigen Jahres Tage und Wochen ge­geben, in denen die französischen und spanischen Truppen mehr als einmal vor der entscheidenden Niederlage stan­den. Die Gefahr war umso größer, als Frankreich damals auch in einen gefährlichen Aufstand der Drusen in Syrien verwickelt war, dessen Unterdrückung ja auch bis heute noch s nicht gelungen ist. Trotzdem: Auch die größte Gefahr recht- i fertigt nicht die Grausamkeit, mit der Frankreich jetzt ge­gen ein Volk vorgeht, das um nichts anderes als um seine l Unabhängigkeit gekämpft hat. Wenn das große Wort und S der Schiedsgerichtshof im Haag, wenn alle die sonstigen j internationalen Institutionen zur Verhütung von Krie- k gen überhaupt einen Sinn haben sollen, dann müssen sie ! auch auf außereuropäische Landesteile, auch auf halbzivili- > sierj« Völker und Staaten Anwendung finden. s

Nach der Kapitulation Abd el Krims s

Wie dasJournal" aus Madrid meldet, hat sich der spa- k nyche Ministerrat mit dem Bericht des spanischen Botschaft ! ers in Paris über die Kapitulation Abd el Krims beschäf- s 'St, und beschlossen, die französische Regierung zu diesem i rgebnis zu beglückwünschen. Nach Meldungen aus Me- ! Uia ist der französische Oberkommandierende durch die s nterwerfung Abd el Krims nicht überrascht worden. Ein '

Torpedobootszerstörer liegt schon seit längerer Zeit an k der Küste bereit, um Abd el Krim und seine Familie für s den Fall seiner Unterwerfung aufzunehmen. Man ist der ! Ueberzeugung, daß die Unterwerfung der Stämme i« der ' spanischen Zone mit der Kapitulation Abd el Krims noch - nicht ihr Ende gefunden hat» während in der französische» ! Zone Kriegsoperationen beendet sind. Man vermutet, daß ! die Zusammenarbeit der französischen und spanischen Trup- s pen aufrecht erhalten bleibt, bis auch in der spanischen ! Zone völlige Ruhe hergestellt ist. DasJournal" meint, s es müsse ein neues französisch-spanisches Abkommen aus- - gearbeitet werden, um das endgültige Regime für Marokko x und die Grenze zwischen beiden Zonen festzulegen. Nach ^ der Unterwerfung Abd el Krims könne von einem eigent, s lichen Rifstaat keine Rede mehr sein. Als Autorität im ^ Rifgebiet dürfte jedoch vor allem der Kaid Haddu in Frage l kommen. s

Abd el Krim in den französischen Linien eingetroffen f Paris, 27. Mai. Abd el Krim ist, wie Ministerpräsident : Briand nach Schluß des heute vormittag abgehaltenen Mi- j nisterrates mitteilte, in den französische« Linien eingetrof- ' fen und sofort nach Taza weitergeleitet worden. k

Neues vom Tage !

Wiederaufnahme der parlamentarischen Arbeiten s

Berlin, 27. Mai. In der nächsten Woche nehmen die Ber- ^ liner Parlamente ihre Tätigkeit wieder auf. Der preußische j Landtag hält seine nächste Vollsitzung nach den Pfingstferien j bereits am Dienstag, den 1. Juni ab. Auch im Reichstage s nehmen in der nächsten Woche die Ausschüsse ihre Arbeiten ! wieder auf. Am 4. Juni versammelt sich der Femeausschuß, k Die nächste Vollsitzung des Reichstages findet erst am Mon- k

tag, den 7. Juni statt. ^

Zum Münchener Eisenbahnunglück !

München, 27. Mai. Der 52jährige Lokomotivführer des f Rosenheimer Unglückszuges Aubele bekundete mit aller Be- ; stimmtheit, daß das Signal aufFreie Fahrt" gestanden sei s und daß er nicht übermüdet gewesen und vollkommen nüch- j tern war. Auch der Reserveführer des Zuges erklärte, daß § das Signal grünes Licht zeigte. Nach den technischen Fest- s stellungen der Eisenbahnverwaltung muß das Signal auf - Halt gestanden sein. Der Widerspruch konnte bisher noch s nicht geklärt werden. Der Lokomotivführer wurde vorläu- ! fig in Haft genommen. f

München, 27. Mai. Die Meldung der T. U., daß bei der z Eisenbahnkatastrophe Direktor Frey von der Bayer. Land- i wirtschaftsstelle ums Leben kam samt Frl. Preißler und s Mutter entspricht nicht den Tatsachen. l

Der Mißtrauensantrag gegen den Lübecker Bürgermeister !

Lübeck, 27. Mai. In der Bürgerschaftssitzung wurde der ! sozialdemokratische Mißtrauensantrag gegen den Bürger- ! meister Dr. Neumann mit einfacher Mehrheit und zwar mit , 43 gegen 33 Stimmen angenommen. Für den Antrag stimm- ? ten die Demokraten mit einer Ausnahme sowie die Sozial- j demokraten und die Kommunisten. Nach der Lübecker Ver- s fassung ist eine nochmalige Abstimmung erforderlich, die bei j .'infacher Stimmenmehrheit die Annahme des Antrags ^ ergibt. Neumann sollte sich in der Rechtsputschbewegung ^ betätigt haben.

Zurückgesandtes Putschmaterial -

Berlin, 27. Mai. Mit Datum vom 21. Mai 1926 hat der ! Oberreichsanwalt in der Strafsache gegen von Schröder und ! Genossen wegen Vorbereitung zum Hochverrat an Herrn z Dr. Albert Vögler folgende Mitteilung gerichtet: Am 12. i ds. Mts. haben Polizeibeamte auf Veranlassung des Poli- ! zeipräsidenten zu Berlin ohne eine von mir erteilte Anwei- j sung eine Durchsuchung in Ihren Wohn- und Eeschäftsräu- j men vorgenommen und dabei 5 Schriftstücke erhoben. Die s Schriftstücke sind mir am 19. ds. Mts. vorgelegt worden. Ich e sende sie Ihnen hiermit ergebenst zurück, weil sie keine Be- - deutung für die hier anhängige Untersuchung wegen Vor- f bereitung eines Hochverrates haben. ^

Zuständigkeitsdebatte auf der Internationalen Arbeits- s konferenz ^

Genf, 27. Mai. Die Internationale Arbeitskonferenz hat s den von dem englischen Vertreter Snedden im Namen der j Reedereien verschiedener Länder, darunter auch Deutschland, s und der Arbeitgebergruppe angemeldeten Einspruch gegen s die Zuständigkeit der Internationalen Arbeitsorganisation ^ zur Reglementierung der Transportverhältnisse auf den s Juswandererschiffe mit 77 gegen 23 Stimmen verworfen. '

Der Vertreter der deutschen Unternehmergruppe stimmte gegen die Zuständigkeit, während die Vertreter der deut- schen Regierung und der deutschen Arbeitervertreier sich für die Zuständigkeit aussprachen. Aus diesem Umstand darf je­doch nicht der Schluß gezogen werden, als bejahten damit die deutschen Regierungsvertreter allgemein die Zuständig­keit der Internationalen Arbeitszeitkonferenz für alle Fra­gen des Wanderungswesens.

Hoesch bei Briand

Paris, 27. Mai. Der deutsche Botschafter in Paris, Dr. v. Hoesch, hat den französischen Ministerpräsidenten Briand aufgesucht. Die Unterredung soll sich insbesondere auf die Besetzung der zweiten und dritten Rheinlandzone bezogen haben. Außerdem soll der Botschafter erklärr haben, daß die Reise des Reichsbankpräfidenten Dr. Schacht nach London keineswegs den Zweck habe, eine Aenderung des Dawes« planes zu fordern. Herr von Hoesch sprach bei dieser Ge­legenheit dem Ministerpräsidenten Briand die Befriedigung der deutschen Regierung aus über die Eröffnung der Luft­verkehrslinie ParisKölnBerlin und über die glückliche Ankunft des ersten deutschen Verkehrsflugzeuges in Paris.

Wahlergebnisse in Rumänien Bukarest, 27. Mai. Am Mittwoch abend lagen die Wahl­ergebnisse aus 67 von 71 Wahlbezirken vor. Die Regie­rungsliste hat ungefähr 60 Prozent der Wähler auf sich ver­einigt, während auf die Listen der Oppositionspartei 27 Prozent, auf die Radikalen 89 Prozent, auf die Anti­semitische Liga 3 Prozent und auf die Sozialisten 2 Prozent entfallen. Die Oppositionsblätter wenden sich sehr scharf gegen den unerhörten Terror der Regierungsparteien und der Regierung selbst, um die Wahlen zu ihren Gunsten zu beeinflussen.

Die Regierungsbildung in Griechenland Belgrad, 27. Mai. Wie aus Athen gemeldet wird, hat General Paraskevopulos sich bereit erklärt, die Bildung einer neuen Regierung zu übernehmen. Pressevertretern gegenüber erklärte er, daß er sich mit Pangalos über alle politischen Fragen ausgesprochen habe und zu einer völligen Uebereinstimmung gekommen sei.

Der Jubel in Madrid über Abd el Krims Ende Mad^d, 27. Mai. Die gesamten Morgenblätter feiern in überschwenglichem Triumph die Uebergabe Abd el Krims. Damit sei endlich der bisherigeMarokko-Alp" von Spa­nien genommen. Primo de Rivera überbrachte die Nachricht von der Kaoitulation Abd el Krims persönlich dem König

Württembergischer Landtag.

Stuttgart, 27. Avril. Die heutige Sitzung brachte zunächst eine kurze, aber würdige Trauerkundgebung aus Anlah des Eisen­bahnunglückes in München. Präsident Körner hielt dabei eine Ansprache, die Abgeordneten hatten sich von den Sitzen erhoben.

Dann wurde ohne Aussprache ein 8. Nachtrag rum Staatshaus­halt 1925-26 und ein Gesetz betr. Staatsdarlehen an den Be­triebsverein des Technikums für Textilindustrie in Reutlingen erledigt. In der weiteren Aussprache über den Haushalt des Arbeitsminifteriums kam Frau Abg. Silier (Soz.) zu Wort, die einen Antrag der Sozialdemokratie auf bessere Fürsorge für schwangere Frauen, die im industriellen und gewerblichen Ar­beitsverhältnis stehen, begründete. Staatsrat Rau anerkannte die schwere wirtschaftliche Notlage in der Deutschland, wie übri­gens alle europäischen Länder sich befinden, aber es sei außer­ordentlich schwer, hier mit Staatsmabnahmen eines einzelnen Volkes, wie etwa Deutschlands, Abhilfe schaffen. Die deutsche Reichsregierung bemühe sich trotzdem ständig, eine Besserung der Wirtschaftslage herbeizuführen. In der Zoll- und Handelspolitik müsse man eine mittlere Linie verfolgen, die allerdings immer umstritten sein werde. Das erkläre auch die Meinungsverschie­denheit zwischen dem Arbeits- und Ernährungsministerium und dem Staatspräsidenten bezüglich verschiedener Handelsverträge. Der Tiefstand der Wirtschoftsnot scheine überwunden, wie der Stillstand der Arbeitslosenziffer, der Rückgang der Konkurse und Eeschäftsautsichten und die Steigerung der Spareinlagen mit einer damit verbundenen besseren Eeldflüssigkeit. Der Vorwurf der sozialpolitischen Rückständigkeit der württembergischen Regie­rung sei nicht berechtigt. Die deutsche Sozialpolitik habe es ver­standen, ein drohendes Massenelend in Deutschland zu bannen, wie der günstige Stand der Sterblichkeit und der nicht ungün­stige Stand der Kriminalität beweise. Der Schutz der älteren Angestellten gegen Entlassung sei in Arbeit, aber die generellen Vorwürfe gegen die Unternehmer sei unberechtigt. In der Frage paritätischer Arbeits- oder reiner Arbeiterkammern sei alles noch umstritten. Zu dem Antrag der Sozialdemokraten betreffend besserer Schwangerenfürsorge seien Vorarbeiten für bestimmte Verbesserungen im Gange; soweit wie die Anträge könne man aber keinesfalls gehen. In der Vertretung württembergischer