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Schwarzwülder Tageszeitung „Aus den Tannen"
Nr. 87
Peking im Feuer der Geschütze Tschangtsolins
Paris, 15. April. Wie aus Peking gemeldet wird, dauert das Bombardement der Stadt seit 48 Stunden mit kurzen Unterbrechungen an. Der gesamte Verkehr zwischen Peking und Tientsin ist unterbrochen.
Reuter meldet: Die alliierten Truppen erneuerten am Mittwoch auf beiden Fronten ihre Angriffe mit heftigem Artilleriefeuer. Die Nationalisten sind bereit, Peking „u rä'""->n, *alls die Alliierten mit einem Waffenstillstand und der Errichtung einer neutralen Zone rund um die Hauptstadt einverstanden sind.
Aus Stadt und Land.
Altensteig, den 16. April 1926.
— Bahnsteigkarten. Ls dürfte nicht allgemein bekannt sein, daß nach der Eisenbahn-Verkehrsordnung Personen, die ohne die Absicht mitzureisen in einem zur Abfahrt bereitstehenden Zug angetroffen werden oder einen Platz belegen,
3 Reichsmark zu entrichten haben. Dies gilt besonders für Inhaber von Bahnsteigkarten, die nur zum Betreten der abgesperrten Räume der Stationen gelten. Ausnahmen können nur für Begleiter von kranken und hilfsbedürftigen Personen zugelassen werden. Die Erlaubnis zum Betreten . der Züge erteilt in solchen Fällen der Aufsichtsbeamte. :
— Aufhebung der Hersteller- und Kleinhandelssteuer und Ermäßigung der Umsatzsteuer. Durch das Gesetz über Steuermilder ngen zur Erleichterung der Wirtschaftslage vom 31. ; März 1926 ist der Satz der allgemeinen Umsatzsteuer für die ; Umsätze vom 1. April 1926 an von 1 vom Hundert auf 714 i vom Tausend ermäßigt und die Hersteller und Kleinhandels- s fteuer aufgehoben worden. Darüber, ob ein Umsatz vor oder nach dem 1. April 1926 liegt, entscheidet nach den in Kürze ^ ergehenden Übergangsbestimmungen bei der Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten (Jsteinnahme) der Zeitpunkt der Vereinnahmung, bei der Versteuerung nach den Leistungen und Lieferungen (Solleinnahme) der Zeitpunkt der be- , wirkten Leistungen. Die Steuerpflichtigen, die zu monatlichen Vorauszahlungen der allgemeinen Umsatzsteuer verpflichtet find, haben daher erstmals im Mai 1926 für die ^ Umsätze im April, die Steuerpflichtigen, die zu vierteljährlichen Vorauszahlungen der allgemeinen Umsatzsteuer verpflichtet sind, erstmals im Juli 1926 für die Umsätze vom i April bis Juni 1926 die Umsatzsteuer in Höhe von 714 vom Tausend zu entrichten. Dagegen haben sowohl die Monats- als auch die Vierteljahrszahler bei der Vorauszahlung der allgemeinen Umsatzsteuer im April 1926, die sich auf die Um- i sätze vor dem 1. April 1926 bezieht, noch 1 vom Hundert zu zahlen. Soweit Hersteller- und Kleinhandelssteuerpflichtige nach vereinnahmten Entgelten versteuern, haben sie für alle ° vor dem 1. April 1923 ausgeführten Lieferungen und nur für diele noch 7 V vom Hundert zu zahlen.
Zagd nach einem Handwerksburschen. Gestern ging ein wegen Bettels usw. festgenommener Handwerksbursche im Polizeiwachtlokal durch. Der Flüchtige, der sich in seinem Freiheitstrieb über die Nagold retten wollte, kam am anderen Ufer nicht mehr weiter und mußte sich so, von der Polizei erneut festgenommen, wieder in die Gefangenschaft begeben. Er wurde heute nach Nagold eingeliefert.
Zwerenberg, 15. April. Auf kommenden Sonntag ladet der hiesige Gesangverein seine Freunde und Mitglieder zu einer Veranstaltung ein, die als Abschluß der ernsten, mit Nachdruck und Hingebung betriebenen Winterarbeit gedacht ist. Das Wort: „Saure Wochen, frohe Feste" hat auch heute noch seine Berechtigung, wenn man nur die
Lies Rainer.
Geschichte einer Ehe von Leontine v. Winterfeld.
Copyright Ly Greiner L Co., Berlin W. 30. Nachdruck und Uebersetzungsrecht in fremde. Sprachen Vorbehalten.
24. Fortsetzung.
Tann schlich sie lautlos auf den Zehenspitzen zurück zu ihrem schlafenden Kinde.
Der Kleine schlief weiter bis zum Morgen, trank dann sogar sein Fläschchen und hatte normale Temperatur. Lies war selig. Aber sie wagte noch nicht, von feinem Bettchen zu gehen, zumal er noch viel weinte und unruhig war. Sie ließ die Mahlzeiten heraufbringen und empfing alle die teilnehmenden Besuche an der Tür, damit der Junge nicht gestört würde. Ellen, die schon in der frühesten Morgenstunde kam, nach ihr zu sehen, nahm sie rasch beiseite.
„Ellen, ich habe eine riesige Bitte an dich. Einen Appell an deinen Geist, deine Gutmütigkeit und deine Zeit.^
Ellen? Augen leuchteten vor Freude.
„Ach, alles, alles, Lies, was ich dir zuliebe tun kann. Ich habe mich ja so schrecklich geängstigt um den Jun« gen, und die ganze Nacht kein Auge zugetan. Weil ich immer dachte, es sei durch meine Schuld etwas verfehlt gewesen"'
„Aber Liebling, das ist doch Unsinn."
Lies legte weich den Arm um die Schwester und küßte sie. Ungeduldig drängte Ellen:
„Na los, was kann ich tun für dich?""
„Ja, sieh mal. Schatz, ich werde jetzt die nächsten Tage noch schwerlich vom Jungen wegkönnen, hätte auch gar keine Ruhe wo anders. Nun kennst du ja aber Knut. Der ist sofort traurig oder gar gekränkt, wenn man nicht umner bei ihm ist. Ich möchte ihm so schrecklich unfern wey tun. Aber steh mal, Männer begreifen solche 'sorge um ein kleines Kind einfach nicht. Und damit er sich nicht wundert über mein vieles Abwesensein und nicht denkt, daß ich eine zimperliche Mutter bin, — kannst du ihn nicht ein bissel ins Schlepptau nehmen. Ellen? Sieh mal. zu Sause hat er ia seine Arbeit, aber vier auf
festlichen Veranstaltungen mit rechtem Sinn und Inhalt füllt. Unser Verein wird sich daher bemühen, mit edlen, gehaltvollen Darbietungen seine Zuhörer zu erfreuen und zu erheben. Im ersten Teil unseres Programms werden sich unsere beiden Vereine, Männerchor und Eem. Chor, hören lassen; ferner werden Freunde der Musik und des ^ Gesanges in Einzeldarbietungen zeigen, wie das Musizieren und Singen geeignet ist, den Familien- und Freundeskreis zu verschönern und zu beleben. Im zweiten Teil wird der Verein zeigen, wie er in ernster Arbeit die Alt- niederländischen Volkslieder von Kremser bewältigt hat,
: ein größeres zusammenhängendes Werk, das sowohl durch seinen musikalischen Gehalt, wie durch seinen vaterländifch- : opfermutigen Geist wertvoll ist. Die Aufgabe, die sich un- ; ser kleiner Verein damit gestellt hat, war bei unfern schwa- i chen Kräften wahrhaft schwierig. Wir hoffen aber trotzdem, daß unsere Zuhörer am Sonntag abend befriedigt nach Hause gehen werden.
Nagold, 15. April. (Nagoldbahn.) Im Eewerbeverein spricht am nächsten Samstag, abends halb 8 Uhr, im Traubensaal Herr Redakteur Keller von Pforzheim über die - Nagoldbahn als Ostschwarzwaldbahn, ihre Vergangenheit und ihre Zukunft.
Freudenstadt, 16. April. (Vom Rathaus.) In der letzten Gemeinderatssitzung widmete der Vorsitzende dem verstorbenen Ratschreiber Buob einen warmen Nachruf. —
— Notstandsarbeiten. Wie der Vorsitzende mitteilt, hat das Landesamt für Arbeitsvermittlung die Herstellung der Kanalisation der Alfredstraße sowie der Reichsstraße, ferner die Herstellung eines Verbindungswegs im Ziegeltal, die Kanalisation der Straßburger- straße, die Herstellung der Wasser- und Gasleitung in der Landhausstraße und im Frühlingsauweg als Notstandsarbeiten anerkannt und ein zu 6 Prozent verzinsliches und in 10 Jahren tilgbares Darlehen von insgesamt 28 000 Mark verwilligt. Die Eesamtkosten sind auf 84 000 Mark geschätzt. Ferner erhält die Stadtgemeinde für diese Notstandsarbeiten vom hiesigen Bezirksarbeitsamt aus Mitteln der Erwsrbslosenfürsorge einen Zuschuß von zusammen 14 057 Mark. Außerdem hat die Zentralkasse für das Feuerlöschwesen einen Beitrag von 1200 Mark verwilligt, so daß rund die Hälfte des Gesamtaufwandes gesichert ist. Der Rest muß, soweit Etatsmittel nicht zur Verfügung stehen, durch Schuldaufnahme aufgebracht werden. — Zuzugsgesuch Schuhmacher Schmelzle von Hallwangen hat sich in der Paulinenstraße hier niedergelassen. Sämtliche hiesigen Schuhmachermeister bitten in einer Eingabe, Schmelzle den Zuzug zu verweigern. Dieser hat jedoch hier nur sein Gewerbe eröffnet, während er seine Wohnung in Hallwangen beibehalten hat. Der Eemeinderat wie auch das Stadtschultheißenamt sind aus keinen Fall für Erteilung der Zuzugserlaubnis.
— Erstellung einer Wohnbaracke. Frau L. in Friedrichstal hat eine Wohnbaracke von der Gemeinde Besenfeld erworben und beabsichtigt sie in Friedrichstal auf Freudenstädter Markung in nächster Nähe des Waldes auf ihrem Eigentum zu errichten. Das Stadtschultheißenamt hat die Erstellung der Wohnbaracke auf Freudenstädter Markung strengstens untersagt, mit der Androhung, daß bei widerrechtlicher Erstellung die Baracke wieder weggerissen wird. — Teure Wohnungen. Im Gegensatz zu der früheren Bestimmung sind nicht mehr nur die mittleren Städte, sondern alle Städte mit über 10 000 Einwohnern zu einer Gruppe zusammengefaßt, für die die Grenze der teuren Wohnungen bei 1000 Mark Friedensmiete beginnt. Da Freudenstadt bei der letzten Volkszählung über 10 000 ortsanwesende Einwohner hatte, entspricht es der ausdrücklichen Absicht des Ministeriums des Innern, daß in der Stadtgemeinde Freudenstadt nur Wohnungen mit 1000 und mehr Mark F r i e d e n s m i e t e als teure Wohnungen im Sinne des ß 3 der Verordnung über gesetzliche Miete und Mieterschutz vom 26. Februar 1926 gelten sollen. — Errichtung einer
Parallelklasse Vb. Die Klasse V wird im neuen Schuljahr über 50 Schüler zählen, ebensoviel in den folgenden 3 Schuljahren. Es wird deshalb um die Genehmigung einer Parallelklasse Vd gebeten. Von der Ministerialab- teilung für die höheren Schulen ist das Bedürfnis der Parallelklaffe anerkannt worden. Sie hat die Neuerrichtuna einer seminaristischen Hilfslehrstelle an der Realschule auf Beginn des Schuljahres 1926/27 genehmigt. Mit der stets widerruflichen Beauftragung des Oberreallehrers Graf mit der Führung einer Klasse II., für die ein Akademiker vorgesehen war, ist die Ministerialabteilung einverstanden. Der seminaristisch gebildete Hilfslehrer übernimmt die seither von Oberreallehrer Graf geführte Klasse Ib Der Eemeinderat beschließt einstimmig die Errichtung -er Parallelklasse Vb. — Bewilligung eines vierten Lehrers für die st ädt. Klassen. Da das Zusammenlegen der 4 Klassen 7—9 wegen der hohen SG, lerzahl künftig nicht mehr möglich ist, so beschließt der Eemeinderat einstimmig die Anstellung eines vierten Lehrers für die städtischen Klassen unter der Voraussetzung daß die Kosten wie seither durch das Schulgeld bestritten werden. — Genehmigung einer Lehrstellean der Volksschule. Der Ev. Oberschulrat hat die Errichtung einer planmäßigen Lehrstelle in Freudenstadt vom 1. April 1926 ab genehmigt. — Gewerbeschule. In gemeinschaftlicher Beratung des Gewerbeschulrats Freudenstadt mit dem Gewerbeschulrat Baiersbronn wurde vereinbart, daß die Gemeinde Baiersbronn an dem Abmangel der Gewerbeschule ein Siebtel übernimmt. Auch hier ist die Anstellung eines neuen ständigen Lehrers notwendig und wird genehmigt. Dadurch kommt der seitherige nebenamtliche Unterricht in der Hauptsache in Wegfall.
Sulz, 15. April. Verhaftet wurden in den letzten Tagen drei hiesige Personen, die sich des versuchten Verbrechens gegen das keimende Leben schuldig gemacht hatten. Diese Angelegenheit wird höchstwahrscheinlich noch weitere Kreise ziehen. (E.)
Stuttgart, 15. April. (Vom Landtag.) Der Finanzausschuß setzte die Beratung des Staatshaushaltes beim Ministerium des Inner fort. Abg. Dr. Schermann als Berichterstatter frägt nach dem Zweck der Einrichtung eines Lehrgangs für die allgemeine Sekretärsprüfung. Darüber gab der Minister des Innern fort. Abg. Dr. Schermann als Berichterstatter dann auf die Frage der Wohnungsmieten zurück. Dabei kommen die Eingaben der Hausbesitzer- und der Mieterorganisationen zur Sprache. Auch wurde Beschwerde geführt über das Verhalten örtlicher Behörden bei der Abstimmung über die Fürstenabfindung. Sodann wird der Minister über die Ausnützung der Ermächtigung des Ministeriums gegenüber den Gemeinden auf Zuweisung zu anderen Bezirken gefragt, ob eine Einzelbereinigung vor der großen Regelung möglich sei. Der Minister erklärt, daß die Gesuche um anderweitige Zuteilung so zahlreich seien, daß über einzelne Dinge jetzt nicht entschieden werden könne. Die Zusammenlegung oder Abtrennung von Teilgemeinden ist nicht durch Ermächtigungsvollmacht, sondern nur durch Gesetz zu regeln. Dies soll in der kommenden Bezirksordnung geschehen. Der Entwurf der neuen Gemeindeordnung ist fertig. Ein demokratischer Redner spricht von dem Beamtenaustausch mit Verwaltungen des Reiches und wünscht auch eine solche mit der Industrie. Er kommt auch auf die Frage der wllrtt. Elektrizitätsversorgung zu sprechen. Der Minister erteilt ausführliche Auskunft. Ein Vertreter des Bauernbundes macht Vorschläge für die Bezirks- und Eemeindeordnung. Ein Kommunist wendet sich gegen Erkundigungen der kommunistischen Stimmen bei Gemeinderatswahlen. Ein Antrag des Berichterstatters, das Gesuch der Siedlungsgruppe der Polizeibeamten Groß-Stuttgart betr. Bereitstellung von Mitteln für den Wohnungsbau der Regierung zur Erwä- arlna zu überaeben. wird ohne Abstimmung angenommen.
Urlaub ist er so hilflos und verlassen ohne mich. Baker und Fried haben den ganzen Tag auf dem Felde zu tun, Mutter ihre Hauswirtschaft, da kann sich halt niemand so rechi um ihn kümmern"
Ellen lachte und streichelte Lies' blasse Wangen.
„Süße Lies, sorg dich nur auch nicht noch darum. Also der langen Rede kurzer Sinn ist, ich soll meinen teuren Schwager beschäftigen und von dir fern halten, so lange der Prinz noch nicht auf dem Damm ist. Gut, machen wir! Obgleich es mein Schlimmstes ist, von Knut Geschichtsvorlefungen anhören zu müssen. Aber was tut mar, nicht alles, feinem armen, sorgenvollen Schwesterchen zuliebe. Weißt du was. ich nagele ihn ans Klavier, da sitzt er stundenlang. Mer kann ich dich vorläufig nicht ablöfen hier? Noch schläft ja alles im Haus, du siehst so übernächtig aus, hast so tiefe Ränder unter den Augen. Geh Schatz, leg dich ein bißchen aufs Ohr."
Aber das wollte Lies nicht, aus keinen Fall. Sie mußte bei der Wiege bleiben und wachen.
In Nilmer kamen und gingen die Tage. Die Sorge um ihren Jungen machte Lies noch lange zu schaffen. Jeden Abend hatte er erhöhte Temperatur und schrie so viel. Das mochte mit dem Zahnen zusammenhängen.
Ellen gab sich unterdessen redliche Mühe mit Knut. Stundenlang lief sie des Tages mit ihm spazieren in Wald und Feld, nur um ihn von Lies abzulenken, die er schon fast nervös gemacht hatte mit seinem ewigen „Kommst du nicht endlich. Lies?"'
Abends aber, wenn die anderen alle gemütlich im Wohnzimmer faßen oder draußen auf der von Pf eisenblatt umrankten Veranda, machten Knut und Ellen in der Gartenstube Musik.
Dann konnte es geschehen, daß sie beide ganz versunken in ihr Spiel nicht merkten, wie die Stunden verschwanden.
Bis in den späten Abend hörte Lies dann oben durch ihr offenes Fenster, wo sie träumend saß. um den Schlaf des Kleinen nebenan zu belauschen, das wundervoll harmonische Zufammenspiel von Geige und Klavier da unten im Gartenztmmer. Fast immer nur tiefe, große, klassische Musik. Die machte ihr Herz dann io welch, daß es iie
oft wie Sehnsucht überkam. Sehnsucht sie? Lies Rainer? Dir vom Schicksal Verwöhnte, so reich Gesegnete? Wonach nur? Sie wußte es selber nicht. Wenn dann über den wogenden, weiten Kornfeldern die Sonne »nterging und die Dämmerung leise geschritten kam mit ihrem dunklen Mantel, wenn die blühenden Linden unter ihrem Fenster stärker dufteten als am Tage und die Sterne langsam emporstiegen am klaren Nachthimmel, — war es Lies, — als versänke mit der Sonne auch etwas in ihrem Leben, — etwas Großes. Lichtes. Wunderbares, — aber sie wußte nicht was, — konnte sich nicht erklären, was das war. .
Wie stark die Linden dufteten und wie weh die Geige da unten sang. Lies stand leise auf und schloß die Fenster. Daß nur ja keine kühle Nachtluft zu ihrem Kinde dränge. Dann schlich sie aus den Zehenspitzen durch die angelehnte Tür in das Nebenzimmer. Tief beugte sie sich über die Wiege. Wie fest und ruhig ihr Kind jetzt schlief, gottlob! Sie konnte es wohl wagen, ein Augenblickchen fortzugehen; hinüber zur Großmutter schlich sie, die immer noch alt und gebrechlich im Giebelstübchen hauste. Die Greisin lag schon im Bett, die gefalteten Hände auf der Decke.
„Bist du's, meine Lies? Ich wollte gerade das Licht löschen."
gesagt.
Ja, Großmutter, ich Hab dir noch nicht gute Nacht
„Was macht Ulli?"
„Tanke, der Junge schläft .Ich denke, wir find aus dem Gröbsten jetzt heraus."
Tie alte Frau, strich weich über die Hände ihrer Enkelin. „Arme Lies, du hast dich so geängstigt um ihn. Aber siehst du — Muttersorgen, — schwerste Sorgen, — Mutterfreuden, — süßeste Freuden. Ich habe tünfe gehabt, Lies, ich kenne das. Und was macht Knut?"
„Er musiziert mit Ellen, ich bin so froh, daß er jemand Musikverständiges hier hat. Ich bin leider jo unmusikalisch."
„Ist ja auch nicht die Hauptsache, Kind. Aber sonst — bekommt ihm der Urlaubs
(Fortsetzung folgt.)