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Aus den Tannen

Amtsblatt für Sen Gberamtsbezirk Nagok- ». Alrenfieig-Stadt. Allgemeiner Anzeiger für die V«»;irke N igold, La'w w jreudenstadt

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Nr. 33

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Al>enlicig Freita, den 3. Witez

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Politische Streiflichter

Ts ist eine auffallende Zeiterscheinung, daß die Krise« du parlamentarischen System ziemlich gleichzeitig in faß »Len europäischen Staaten auftreten. Zn England ist fn durch den Sieg der Konservativen bei den letzten Wahlen, der ihnen die absolute Mehrheit scherte, zunächst vertagt Mussolini hat den Knoten auf ferne Weise durchgehaueu. Aehnlich ist eine provisorische Lösung auch in Spanien ge> strnden. Z« Frankreich spricht man ernstlich von einer Aen- derung des parlamentarischen Schwergewichts. Belgier kommt aus den Krisen nicht heraus und in Holland dauert die letzte Regierungskrise jetzt schon an die hundert Tage. Merkwürdigerweise ist der Anlaß lächerlich gering. Di« Koalition der Rechten, die fast vier Jahrzehnte bestand, ging in die Brüche über die Frage einer eigenen Gesandt­schaft am Vatikan. Hier haben sich die Katholischen von des beiden protestantischen Parteien endgültig getrenni H«d finden trotz aller Kompromitzvorschläge nicht mehr den Weg zueinander. Die Katholiken können nun zwar durch «ne Zusammenarbeit mit den Sozialisten eine neue Mehr­heit bilden. Davon will aber ihr rechter Flügel aus grund­sätzlichen Bedenken nichts wissen. Seither bemüht man sich nun, genau wie bei uns in Deutschland, die Quadratur des Zirkels zu finden. Der Führer der freisinnigen Demokraten ebenso wie die Führer der christlich-katholischen Fraktion und Außenseiter haben alles Erdenkliche verfrüht, die Par­teien unter einen Hut zu bringen, aber erfolglos. Die Ge­gensätze scheinen nicht überbrückbar zu sein. Als letztes Aushilssmittel will die Krone versuchen, von sich aus dem Parlament ein Kabinett auszuoktroieren. Ob sie damit aber Glück haben wird, ist zweifelhaft, weil die Sozialisten daraus mit dem Antrag auf Auslösung der Kammer ant­worten und einen neuen Wahlkampf erzwingen wollen. Aber auch die Aussichten dieses Experiments find zum min­desten zweifelhaft. Vermutlich würde die neue Kammer nicht viel anders aussehen, als die alte. Sie würde sich ebenso totlaufen, weil das Gleichgewicht zwischen den ver­schiedenen Parteien so ausbalanciert ist, daß große Ver­schiebungen durch einen Apell an das Volk kaum zu erwar­ten find. Immerhin ist Holland in der angenehmen Lage, daß es sich eine solche Dauerkrise leisten kann, ohne in seiner politischen oder wirtschaftlichen Entwicklung allzusehr ge­ändert zu werden. Damit pnterscheidet es sich von uns. In Deutschland bedeutet jede Krise ein Stillstehen des ganzen Regierungsapparates, damit aber auch einen Stillstand der Entwicklung, die wieder zur Gesundung führen muß, und dieser Stillstand ist in solchen Zeiten ein doppelter Rück­schritt. Die Holländer können dagegen diese Krisenspielerei Noch einige Zeit in aller Ruhe mit ansehen. Freilich wer­den auch sie dadurch zum Nachdenken veranlaßt und werden sich die Frage vorlegen, ob nicht vielleicht der Parlamenta­rismus sich überlebt hat. Hier wie überall in Europa ein Gängen nach neuen Formen, der Zwang, die Fessel einer «verlebten Zeit von sich abzustreifen. Gerade das aber, was sich draußen überlebt hat, haben wir bei uns als das All­heilmittel eingeführt. Dürfen wir uns noch darüber wun­dern, wenn die Erfolge, die aus der restlosen Parlamenta- «sierung Deutschlands erhofft wurden, ausgeblieben sind? Die bisherige Zerfahrenheit zwischen den Regierungspar­teien soll durch einen interfraktionellen Ausschuß abgestellt werden. Wie weit es gelingen wird, bleibt abzuwarten. Man hört, daß der demkoratische Parteiführer Dr. Koch- Ä der Besprechung vorgeschlagen habe, einen Minister ohne Portefeuille für den ständigen Verkehr mit den Parteien W ernennen. Das hätte ja einiges für sich, allerdings auch «niges gegen sich, und man hat einstweilen die Schaffung «yes Fraktionsausschusses vorgezogen.

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Der Bund der Deutsch-Togoländer sandte dem Reichsprä­sidenten eine Zuschrift, in der es heißt:

Wir, die Unterzeichneten, gewählten Vertreter des Bun­des der Deutsch-Togoländer zu Accra, britische Goldküste, wagen es ehrerbietigst, nachfolgenden Apell an Eure Exzel­lenz zu richten: Tausende deutscher Togoleute sind unter «m unerträglichen Druck französischer Zwingherrschaft aus Ihrem Baterlande Togo nach der britischen Eoldküfte a:.s- gewandert. Dort zu einem Bund der Deutsch-Togoländer pcsammengeschlossen, find wir entschlossen, alles daranzu- Hetze«, um unserem Vaterlande die Freiheit und eine Rück­rehr unserer deutschen Freunde zu erkämpfen, mit denen wir in dreißigjähriger Verbundenheit in glücklichen Zeiten zusammengelebt haben. Wir fühlen uns als Mitglieder der großen deutschen Gemeinschaft und erhoffen vom ganzen deutschen Volk, das unsere Not viel zu wenig kennt, ein starkes und warmherziges Eintreten. Wir wissen genau, wie es um die europäische Lage bestellt ist, haben auch die Ereignisse von Locarno eingehend verfolgt und vernom­men, daß Deutschland, unser Mutterland, in den Völker­bund eintreten wird. Eure Exzellenz dürfen wir nun ehr- «bietigst bitten, ihr hohes Wohlwollen der kolonialen Fr^e und insbesondere der Lage unseres armen Vater« landes Logo ruLNwevde« «ad beim Eintritt Deutschlands

« oen -Mirerounv Daraus hlnwtrken lassen zu wollen, dsß ; jene schmähliche koloniale Schuldlüge, der man Deutsch- s land vor aller Welt geziehen hat, wieder gut gemacht und s Deutschland in den Besitz des ihm geraubten Kolonialbe- z sttzes zurückgelangen werde. Wir Togoleute glauben an - Deutschland und geben uns der Hoffnung hin, daß das j deutsche Volk, dem auch wir in der Not Treue halten, uns mcht vergessen werde. ^

Am IS. Februar sollte die Abrüstungskonferenz in Eens beginnen. Sie ist verschoben worden. Zunächst redete man von etwa 6 Wochen Verzögerung, dann wurde der kom- meiche Herbst genannt, jetzt heißt es, auf unbestimmte Zeit. Es hieß die einzelnen Staaten seien mit ihren Ab- rsstungsplänen noch nicht fertig. Die Wahrheit war, man wußte nicht recht, wie es einzurichten war, nach außen hin die friedlichsten Absichten zu heucheln und demgemäß zum Schein des Gerechten altes Kriegsgerät zum alten Eisen zu weiffeu und gleichzeitig bestrebt zu sein, die militärische Macht nicht nur auf dem jetzigen Grad zu belassen, sondern bi» zum bestmöglichen Maß auszubauen. Die Presse aller in Frage kommenden Staaten kommentierte lebhaft die Stärke der Streitkräste ihrer Nachbarn, und alle kamen stets zu derErkenntnis", daß der Nachbar militärisch weit überlegen war. Man drängte nun nicht etwa auf Abrü­stung des Ander«, sondern stellte fest, man selber müsse zur eigenen Sicherheit dieVerteidigungsmitiel" vergrö­bern. 3« diesem Zeichen der allgemeinen Abrüstung hat man nun in Frankreich wieder einmal festgestellt, daß die die französischen Seestreitkräfte viel zu schwach seien. Die französische ZeitungLe Matin" brachte hierüber verschie­dene Artikel, worin sie das beliebte Schreckgespenst den Franzosen und der ganzen Welt an die Wand malle: Frankreichs nationale Sicherheit ist bedroht!" Diesmal ist es aber ausnahmsweise nicht nur Deutschland, welches mit seiner Kriegsflotte (!) in der Nordsee Frankreich be­droht, sondern besonders Italien, das im Mittelmeer eine starke Flotte besitzt. Italien, der frühere Verbündete und freundschaftliche Nachbar, ist angeblich imstande, im Kriegs­fall die französischen Truppentransporte von den nordafri­kanischen Kolonien nach dem Festlande zu unterbinden. Hierzu schreibt die italienische ZeitungL'Jmpero":Das Dilemma ist das folgende: Falls Frankreich einen Krieg gegen Italien führt und sich dann in der Unmöglichkeit sieht, seine Kolonialreserven heranzuziehen, ist es gezwun­gen, alle, ccher nahezu alle seine Kolonien aufzugeben. Tritt Frankreich aber an die Seite Italiens, nm die Hilfe unse­res großen Landes zu erhalten, ist es wahrscheinlich, daß rs freundschaftlicherweise zuvor zu unseren Gunsten auf einen guten Teil seiner afrikanischen Besitzungen wird ver­richten müssen, die sich schon jetzt zu erheben drohen." Es ist interessant, sestzustellen, wie sehr in jenen Staaten mit »er Möglichkeit eines kommenden Krieges gerechnet wird, amsomehr, wo doch seit den Verträgen von Locarno die im Völkerbund vertretenen Mächte an den Frieden glauben müßten. Aber sie kennen einander, keiner traut seinem Nachbar, und alle sind überzeugt, daß die Reden von dec Abrüstung eitel Geschwätz werden bleiben.

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Der italienische Erötzemoahnsinn treibt neue Blüten: Die Lehrer Südtirols mutzten behördliche Formulare aus- süllen, in denen die Zahl der Kinder nach der Muttersprache anzugeben war. Bei den Eintragungen mußte die Zahl derjenigen Kinder, welche vorwiegend deutsch bezw. ita­lienisch sprachen, nur mit Bleistift, dagegen Datum und Unterschrift mit Tinte ausgefüllt werden. Dieses geschah doch zweifellos deshalb, damit eveutl. den Italienern un­angenehme Resultate nach ihrem Wunschekorrigiert" wer­den konnten. Pfarrer Gasser in Altrey wurde vom Dekan ersucht, den Religionsunterricht in der Kirche in deutscher Sprache zu erteilen, weil die Kinder nur schlecht italienisch verstehen. Der Pfarrer erhielt nun von dem Präfekten Prandy ein amtliches Schreiben, worin der deutsche Reli­gionsunterricht streng verboten wurde. In den Elementar- Hulen, die nicht-ganz italianisiert sind, darf kein Schüler in eine höhere Klasse versetzt werden, solange er ein ita­lienisches Ex« m nicht bestanden hat. Zm Schulamt Trient wurde der deuftche Unterricht ganz verboten. Wir sind un­fern Brüdern in Südtirol schuldig, ihnen zu Helsen! Wer zum Vergnügen nach Italien reist, begeht Verrat an un­fern deutschen BrüdernI

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Neues vom Tage

Die deutsche Delegation i« Genf Berlin, 4. März. Die deutsche Delegation für die DA« kerbundstagung wird sich am Freitag abend mit dem fahrplanmäßigen Zuge nach Genf begeben. Die Zusam­mensetzung der Delegation steht nunmehr endgültig fest. Sie besteht aus dem Reichskanzler Dr. Luther, dem Reichsautzenminister Dr. Strcseman«. dem Staats­sekretär von Schubert, Staatssekretär Kempner.

Reichspressechef Dr. Kiep und Ministerialdirektor Dr. Gauß. Als Generalsekretär der Delegation reist Lega­tionssekretär Redlhammer mit» der bereits in dieser. Eigenschaft die deutsche Delegation in Locarno begleitet«?

Die angekündigte« Steuermikderungen vom Reichsrat angenommen

Berlin, 4. März. In der Vollsitzung des Reichsrates am ' Mittwoch wurde der Gesetzentwurf über die Steuermilde» rungen zur Erleichterung der Wirtschaftslage gegen die Stimmen Bayerns und Mecklenburg-Schwerins bei Stimm» enthaltung von Baden und Thüringen angenommen. Der Gesetzentwurf setzt die Umsatzsteuer vom 1. April ds. Zs. auf 0,6 Prozent herab. Die Luxussteuer wird ganz besei­tigt. Weitere Artikel des Gesetzes bringen steuerliche Er­leichterungen für wirtschaftlich notwendige Vetriebszu» sammenschlüsse, also eine Ermäßigung der sogenannten Fu­sionssteuer. Außerdem enthält die Vorlage Bestimmungen über Verlegung der Zahlungstage für die Vorauszahlun­gen der Einkommensteuer- und Körperschaftssteuer, sowie Bestimmungen über eine vereinfachte Erhebung der Ver­mögenssteuer für 1926. Danach wird die Vermögenssteuer für das Kalenderjahr 1926 nicht besonders veranlagt. Sie wird in Höhe von 3 Prozent des Jahressteuerbetrages für das Kalenderjahr 1928 erhoben. Die am 15. Mai 1926 vor­gesehene Zahlung auf die Vermögenssteuer 1926 ist nicht zu entrichten.

j Um die Fürstenabfindung

Berlin, 4. März. Den Beginn der Auslegung der Liste» zur Eintragung für das Volksbegehren über die entschädi­gungslose Enteignung der früher regierenden deutschen Für­sten nehmenVorwärts" und »Flöte Fahne" zum Anlaß, i« großen Lettern zur Eintragung in die Listen aufzufordern, während die volkspar-teilichen und die deutschnationalen Blätter die Parole ausgsben:Nicht eintragen!". Wie - die Blätter melden, werden im Reichstag die interfraktionel­len Besprechungen fortgeführt, um eine Grundlage für di« zweite Lesung des Kompromißantrages in der Fürsten- Nbstndungsfrage zu finden. Hinsichtlich der Zusammensetzung des Reichssondergerichts ist vom Zentrum und von den De»

! mokvaten der Vorschlag gemacht worden, von den 9 Richter­ftellen des SonLergerichts 4 Mt Laien besetzen zu lassen« Eine Einigung ist in diesem Punkt noch wicht erzielt. Die zweite Schwierigkeit bilden die Richtlinien, nach denen das Roichssondsrgericht seine Entscheidungen treffen soll. Auch hier sind die Meinungsverschiedenheiten unter den einzelnen Fraktionen noch nicht behüben. LautVosstscher Zeitung" wird aus demokratischer Seite angestrebt, die Verhandlungen so schnell wie möglich zu Ende zu bringen, damit völlige Klarheit über den endgültigen Gesetzentwurf aBchaffen wiÄ>.

Deutscher Einspruch Lei Polen Berlin, 4. März. Der deutsche Gesandt« in Warschau hat im Aufträge der Reichsregierung dem polnischen Minister­präsidenten eine Note überreicht, worin gegen di« zügellos« polnische Pressehetze aus Anlaß der letzten Deutschenverhaf» tungen in Polnisch-Oberschleften, die sich insbesondere auch gegen das deutsche Generalkonsulat in Kattowitz gerichtet hat und andauernd richtet, schärfster Einspruch eingelegt wird Zn der Note wird nachdrücklichst daraus hi «gewiesen, daß trotz der auf entsprechende ernste Vorstellungen des deut­schen Generalkonsuls erfolgten Versprechungen des Katt» witzer Wojewoden Abhilfe nicht geschaffen wurde.

Der polnische Zustizmiuister über die Vorgänge in Ostoberschlefie«

Warschau, 4. März. Zm Senat erklärte der Zustizminister in Beantwortung der von der Deutschen Vereinigung wegen der bekannten Vorfälle in Ostoberschlesien eingebrachten Interpellation, daß am 12. Februar 13 Personen verhaftet wurden unter dem Vorwurf, militärische Geheimnisse und Nachrichten, die im Interesse des polnischen Staates gcheim- gehalten werden sollten, an eine fremde Macht verraten zu haben. Die Untersuchung werde mit besonderer Beschleuni­gung durchgeführt, sodaß ihre Beendigung in vier Woche» z« erwarten sei. (Dennoch gehen die Verhaftungen weiter!)

Di« Ratssitze »nd England

London, 4. März.Daily Telegraph" zufolge soll nach der gestrigen Kabinettssitzung ein vollkommenes Einverständnis zwischen Lhamberlai« und seinen Kollegen Platz gegriffen ^Sen- Die Regierung als ganzes unterstütze die bedingungs­lose Aufnahme Deutschland» in den Völkerbund. Die Erwei­terung des Völkerbundsrats durch Gewährung von Sitzen a« Polen und andere Mächte sei eine Frage, die vom Völker­bund « einem späteren Zeitpunkt behandelt werden müsse.