Die Frage der Seeabrüstung
TU. London, 3g. Febr. Englische Berichte aus Washington und Ncuyork halten daran fest, daß trotz der abschivä- chenden Londoner Erklärungen die Grundlage für eine freundschaftliche Erörterung der Flottcn- frage geschaffen worden sei und daß eine internationale Konferenz vielleicht für Anfang 1080 einberufcn werden könne. Gleichzeitig wird aber darauf hingewiesen, daß maßgebende amerikanische Kreise über die ungewöhnliche Verzögerung der britischen Antwort auf die amerikanische Note über den Abschluß eines neuen Schiedsgerichtsvertragcs überraschl seien. Die erste Erklärung des britischen Botschafters in Washington habe offenbar den Zweck gehabt, diese amerikanische Beunruhigung zu dämpfen.
Schwindende Kammer-Mehrheit für das Kabinett Poincare
TU Paris, 20. F-ebr. Am Dienstag abend lsat Polncar« tu der Kaminer einen neuen Sieg, allerdings mit außerordentlich geringer Mehrheit, davongetragen. Bet der Abstimmung über den Antrag der Rabikalsozialisten zur Frage der Justiz re form, dem die Regierung die Vertrauensfrage gegenübergestellt hatte, wurden 201 Stimmen gegen und 28K Stimmen für den radikalen Antrag abgegeben. Auf Grund des Abstimmungsergebnisses, das eine Mehrheit für di« Negierung von nur sechs Stimmen zeigt, reichten der Vorsitzende und der Berichterstatter des Ausschusses für Zivtlgesetzgebung, die der radikalen bzw. der sozialistische» Partei angehSren, RücktrtttSgesuche ein.
Die Abstimmung zeigt, -aß die Kammermehrheit, auf di« sich die Regierung stützt, immer mehr znsammenschrumpft. Wenn sich das Kabinett, wie in den WandelgSngen vertan, tet, mit der unerwartet geringen Mehrheit begnügt, so Ist der ausschlaggebende Grund hierfür zweifellos der, die Arbeiten der Sachverständigen für die KriegsentschLdigungsfrage durch eine Kabinettskrise nicht zu gefährden.
Poincarö an der Grippe erkrankt.
Ministerpräsident PolncarS ist an Grippe erkrankt. Während er am Dienstag vormittag noch dem Ministerrat beiwohnen konnte, der sich übrigens nur mit VerwaitungSsra- gen beschäftigte, mußte er der Kaminersitzung am Dienstag Nachmittag fern bleiben.
Kritische Lage Aman Uttahs
TN. Kowno, SO. Febr. Wie aus Moskau gemeldet wird, ist nach Berichten auS Kabul der Gouverneur einer nördlichen Provinz, Akimnra Khan, der einen Teil der Truppen Aman Nllahs führte, zu Habib Nllah übergetreten Durch diesen Verrat wird die politische Lage Aman Nllahs sehr stark verschlechtert, da mit Akimnra Khan 10 000 Soldaten zu Habib Nllah übergetrete« sein sollen. Man rechnet nicht mehr damit, -aß es Aman Nllah gelingen wird, Kabul zu erobern.
Ei» afghanisch-englischer Frenndscha'tsvcrtrag?
Wie aus Moskau gemeldet wird, erklärte Habib Nllah den Vertretern der verschiedenen Stämme, er beabsichtige nicht, die Beziehungen zwischen Afghanistan und den anderen Ländern zu unterbrechen. Zwischen Habib Nllah un>d der englischen Regierung solle in allernächster Zeit ein Freunüschaftsvertrag unterzeichnet werden.
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<27. Fortsetzung.»
Fleur stand da im weißen fließenden Gewand und hielt ihr Knäblein im Arm. Alles Licht der scheidenden Sonne fiel durch die hohen Fenster aus ihre Fugend und Schönheit. Sie brachte ihm das Kostbarste, das eine Frau dem Manne schenken kann, und legte ihm das lachende rosige Kind in den Schoß Sie selber kniete neben dem Geliebten und wischte dem glücklichen Vater die Freudentränen ab, die über die blassen, hager» Wangen flössen
»Nicht weinen — freuen wollen wir uns, daß wir wieder vereint sind Sieh doch, wie Ulrich Dieter lacht. Ich glaube, der kleine Schelm weiß, in wessen Arm er liegt."
Sie bettete das krähende Bübchen in leine Wiege. »Nun bin ich an der Reihe." scherzte sie und legte ihren Kops an seine Brust »Wie dein Herz pocht Nun wird es aber Ruhe bei mir finden "
Mund lag aus Mund, dann tauchte Auge in Auge m sehnsüchtigem Schauen, bis die Glocke in gewohnter Weile zum Abendessen ries. Fleur öffnete die Tür und lchob ihren Mann selber in das Eßzimmer, wo der Doktor ihrer schon wartete Auch der Inspektor war befohlen, damit die Begrüßung feines Herrn sich ganz schlicht abspielte Ein viertes Gedeck wartete de» Pfarrers, den Weller soeben
weidete
Christine hatte es durchgefetzt, daß sie selber die Suppe brachte und dadurch hatte die Gräfin allem Ueberschweng- lichen und Aufregenden die Spitze abgebrochen. Ein Handkuß nur. dann füllte die Mamsell dir Teller und reichte sie Weller und Haas« zu
Bald war ein angeregte» Gespräch tm Gang«. Nichts wurde von dem berührt, was weit dahinten lag in den öden Steppen Rußlands Es war. als ob der Graf nach kurzer Abwesenheit wieder heimgekehrt wäre. Er ließ sich von dem Inspektor von allem berichten au» der Wirtschaft und vom Pfarrer aus der Gemeinde Und als das einfache Essen beendet war. und ein edler Wem die Gläser füllte, durste Bärbchen hineinkommen und zum Gutenachtkuß da» Iunkerlein herum geben.
Lächelnd blickte Fleur auf Haas«, der kein Auge von feinem Schwacrkoot ließ und nur mtl Mühe in lte»ter Hai-
Friedensoerhandlungen
in Afghanistan?
TN London, 20. Febr. Wie »Daily News" berichtet, hat Kiazim Pascha, der Führer der türkischen Militärmlfsion in Afghanistan, tm Aufträge Aman Nllahs mit Habib Nllah Verhandlungen über eine Einstellung der Feindseligkeiten eingelcitet. Nach Meldungen aus Bombay hat Habib Nllah die Beschlagnahme aller in Kabul eintresfenden indischen
Zeitungen angeordnet, da sie zugunsten Aman Nllahs Stiuu- inuitg machten.
Nach Meldungen aus Kalkutta soll der amlierenüt deutsche Generalkonsul für Indien, Baron von Plessen, aus Anweisung der deutschen Negierung von Kalkutta nach Pe. fchawar abgercist sein, wo er als Geschäftsträger amtieren werde. Ter Generalkonsul wird von dort de» erkrankten deutschen Gesandten in Kabul vor allem beim Abtransport der Deutschen aus Afghanistan unterstützen.
Etue Potarexp^d.tiou? > narrte Wattenmeer c,l auptenneuo u.ca gefährlich. Dt«
Nein, nur Postgänger auf ihrem Wege zu den Inseln Föhr I Postgänger verabschieden sich gerade, wohl vermummt, vor und Amrum (Nordsee). Der Marsch über daS im Eis er- l ihrem langen Marsch vom Postmeister.
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Eine Denkschrift der Volksrechtspartei
Die Volksrechtspartei hat eine Denkschrift fertiggestellt, die Ende Januar an alle deutsche Negierungen und Parlamente und an die deutschen Sachverständigen versandt worden Ist und ins Englische übersetzt auch tm Ausland verbreitet werden soll. Ter eigentlichen Denkschrift, die von Ministerialrat Spi v lcr in Stuttgart verfaßt worden ist, geht ein Anschreibe» an die deutschen Regierungen und Parlamente voraus, bas in iehr eindringlichen Worten auf die persönliche Verantwortung hinweist, die alle deutschen Staatsmänner, Politiker und Wirtschaftler gegenüber dem deutschen Volk und der deutschen Geschichte für das tragen, was jetzt geschieht oder unterlassen wird. Schon in diesem Anschreiben wird festgestcllt, der grundlegende Fehler »ud Irrtum des Dawesgutachtens bestehe einmal in der falschen Voraussetzung einer durch die Inflation erfolgten inneren Entschuldung und ferner in der ebenso falschen Folgerung, durch diese innere Entschuldung werde Raum geschaffen für eine um so höhere äußere Belastung. Die Ausführungen der Denkschrift legen an der Hand unumstößlicher Tatsachen dar: 1. baß der Grund für die Verdoppelung der Deutschland auferlegten Jahreszahlung von 1250 auf 2200 Millionen Reichsmark und das Rückgrat der vermeintlichen Auf. bringbarkeit einer solchen Unsumme nichts Besseres als die nachweislich falsche Annahme der Urheber des Dawesplanes gebildet hat, „der Marksturz hat die Vorkriegsciseikbahn- schuld, die Kriegs, und sonstigen Schulden des Reichs, die Obligationsschulden der Industrie und die Hypothekenschill, den der Hausbesitzer ausgelöscht": 2. daß die bisherige Durchführung des mit Hilfe jener falschen Annahme aufgeblähten und anfgebauten Dawesplans zu ganz unhaltbaren Zu-
tung neben Weller verblieb. Er riß dann aber vor Bärbchen die Tür weit auf. als sie mit dem Kind das Zimmer verließ, und war wie der Blitz hinter ihr her.
»Ob der Haase jetzt sein Bärbchen im Arm hält?" sagte Fleur und neigte sich dem Ohr Ulrichs zu, der den beiden lächelnd nachgejehen hatte.
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»Ich glaub'» schon. Wir werden da» Aufgebot wohl bald bestellen müssen," antwortete Ulrich lachend. »Was meint der Herr Pfarrer?"
»Daß die Treue dieser beiden Menschenkinder nicht trefflicher gelohnt werden kann."
Eie hatten ihn im Turmzimmer zur Ruh gebettet. Nebenan tm Kabinett verschwand Haase, er war dort jeden Rufs gewärtig. Da kam es auf weichen Sohlen durch die Flucht der Zimmer geschritten, di« Wonne feiner Augen, fein
ständen geführt hat, welche für uns die unmittelbare G«. fahr einer neuen Verschlechterung der deutsche« Währung mit sich bringen. Die Volkswirtschaft als Ganzes hat von der Schuldenstreichung keinerlei Nutzen gehabt, es kann deshalb auch auf der inneren Entschuldung eine erhöhte äußer« Belastung nicht ausgebaut werden. Ja noch mehr: die Schuldentilgung hat die deutsche Volkswirtschaft aus dem Gleichgewicht gebracht: sie hat das Gleichgewicht zwischen Produktion und Verbrauch, das Gleichgewicht zwischen Produktion und Sparkapital gestört: sie hat das Kreditwesen zerrüttet» die wirtschaftsschädlichen hohen Zinsen und die volkswirtschaftlich bedenklichen Ausländsanleihen als üble Notbehelfe zur Folge gehabt: sie hat aus Steuerzahlern Almosenemp« fänger gemacht. Es ist volkswirtschaftlich tm höchsten Grad« unsinnig, einer derartig geschädigten Volkswirtschaft wegen eben dieser Schädigungen, in denen man irrigerweise Bereicherungen sieht, um so höhere äußere Lasten auslegen zu wollen. Notwendig ist vielmehr in erster Linie die Wicder- gesundung der Volkswirtschaft, die Erneuerung der rechtlichen und sittlichen Grundlagen von Staat und Wirtschaft Lurch eine gerechte innere Wiedergutmachung. Die Denkschrift fordert schließlich die Herabsetzung der jährlichen Neparationslasten um mindestens die Hälfte (1250 Millionen Goldmark» und — bei Festsetzung einer Gesamtsumme — die volle Anrechnung 1. der bisher tatsächlich erfolgten Leistungen, 2. der im feindlichen Ausland beschlagnahmten und nicht wieder zurückerstattcten Privatvermögen der deutschen Staatsangehörigen, sorveit sie von Deutschland zurück« erstattet werden müssen.
Gedenket der hungernden Vögel!
geliebtes Weib, die sich eine kurze Wegzehrung bet dem geliebten Mann holen wollte
»Aber fein ruhig bleiben. Ulrich, der Arzt will es, und wir haben ihm zu gehorchen Liegst du gut lo?"
»Wie kannst du noch fragen? Er bettele ihren Kopf an seine Brust, löste ihr goldenes Haar und wühlte lein Gesicht hinein Sie lag ganz still an seinem wild klopfenden Herzcn und flüsterte von seligem Glück, von Besferwerden. bis der Kranke es selber glaubte Und dann huschte sie wieder davon, ihm aber war. als habe ihn nur ein Traum besucht.
Da fand er zum erstenmal den tiefen ruhigen Schlaf, der ihn bisher geflohen hatte. Fleur aber lag drüben vor der Wiege des Kindes und begrub den Traum seliger Lieb« Erfüllung mit heißen Tränen.
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Schon in den nächsten Tagen kamen geschickte Handwerker aus dem Dorf, die unter der Leitung eines Baumeisters aus der Stadt zwischen Turm und Mittelbau an der Rückseite der Burg einen Anbau machten Und als er fertig war, hing in ihm ein beweglicher Boden, der den Fahrstuhl aufnehmen konnte, an einem Flaschenzug.
Ulrich hatte wohl den Lärm des Bauens gehört, sich aber damit zufriedengegeben, als man ihm sagte, der Turm würde repariert
Fleur. der große Mittel zur Beifügung standen, hatte au» Cassel einen Selbstfahrer kommen lassen, der sich leicht lenken ließ. War das schon eine große Freude für den Gelähmten, wie wurden seine Augen groß, als der zierlich gebaute Stuhl durch die kleine Tür ln den Anbau geschoben wurde. Fleur folgte und letzte die Mechanik in Bewegung. Staunend beobachtete ihr Mann, wie sich der Boden langsam senkte, dann öffnete sich wieder eine Tür, und Ulrich fuhr mit seinem Hellen Lachen in den Burggarten. Schier übermütig war ihm zu Sinn, als er nun allein den Weg zur Linde nahm
»Was Bessere» hättest du dir gar nicht ausdenken können, Fleur." rief er strahlend »Nun brauche ich nicht mehr die Treppen hinauf und hinunter getragen zu werden Ach du meine Linde! Und Christine bringt schon das Frühstück» dort kommt auch der Bub ungefährenl Kein Gefangener mehr. Fleurl Es wird täglich schöner! So kann ich mich auch nach dem Amtszimmer fahren und unter Umstände» auch hier meine Sprechstunden abhalten "
»Das erschien mir die Hauptsache. Ulrich. Du magst immerhin be» besondern Fällen im Turmz>mmer empfangen» das ta« auch Großvater in letzter Zeit in feinem. Aber di« Wirtschaft mag draußen bleiben, das Turmzimmer gehört von nun an nur deinen Studien." tFortjegung solgt.)