Nr. 30^.

Amis- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Lalw. 88. Jahrgang.

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Dken»tag, den SV. Dezrmbrr 1-sS.

»«zugrpret«: Inder! be»ug«preir für den Ort«- Mk. 1.S0. Bestellgeld

Amtliche Nskanntmachrrngcn.

Sekonnkmachung.

bctr. das Schießen und Abbrennen von Feuerwerks- körpern in der Reujahrsnacht.

Nachdem auch im letzten Jahre wieder sich der Un­fug des Schießens mit Schußwaffen und des Ab­brennens von Feuerwerkskörpern in der Neujahrsnacht bemerkbar gemacht hat, mache ich auf Nachstehendes aufmerksam:

Nach K 367 Ziffer 8 des R.Str.E.B. wird mit Geld­strafe bis zu 150 -lt oder mit Haft bestraft, wer ohne polizeiliche Erlaubnis an bewohnten oder von Menschen besuchten Orten mit Feuergewehr oder anderen Schieß­werkzeugen schießt oder Feuerwcrkskörper abbrennt.

Nach § 368 Ziffer 7 R.Str.G.B. wird mit Geld­strafe bis zu 60 -1t oder mit Haft bestraft, wer in ge­fährlicher Nähe von Gebäuden oder feuerfangenden Sachen mit Feuergewehr schießt oder Feuerwerk ab- brennt.

Bemerkt wird, daß das Schießen mit scharfgeladenen Revolvern, Pistolen oder Schießwaffen anderer Art unnachfichtlich mit Haft bestraft wird. Außerdem hat, wer schießend betroffen wird, unter Umständen für die ganze Neujahrsnacht seine Festnahme zu gewärtigen. Den 27. Dezember 1913.

Regierungsrar Binder.

Die Grisbehöröen

werden veranlaßt, auf 5. Januar 1914 folgendes, vorzulegen:

1. Die Sportclrechnungen pro ult. Dezember 1913 event. Fehlanzeige. Die Verzeichnisse bezw. Fehlanzeigen sind mit einer Beurkundung darüber zu versehen, daß keine weiteren Sporteln angefallen und Fälle eines

^.Nachlasses oder einer Wiederaufhebung von Sporteln nicht vorgekommen sind;

2. Die Regiebaunachweisungen für das abgelaufene Vier-

/- tcljahr, event. Fehlanzeige.

3. Die Steuerlieferungsberichte der Gemeindepflegen, ein­schließlich der Berichte über die Ablieferung der staat-

i lichen Einkommensteuer.

4. Auszüge aus dem Sterberegister über die Todesfälle männlicher Personen, welche das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und außerhalb des Gemeinde­bezirks geboren sind. Fehlanzeigen sind nicht er­forderlich.

Gewerbliche Verzeichnisse:

5. Dir Verzeichnisse der Fabriken, welche über 16 Jahre alte Arbeiterinnen (8 47 s Voll.-Verf. zur Gew.-Ord.

, vom 26. März 1892 abgeändert durch Min.-Verf. vom

^ 22. Jan. 1907, Reg.-Bl. S. 13 und 25).

Den Ortsvorstehern in Calw, Altbulach, Altheng- stett, Hirsau, Liebenzell, Oberreichenbach, Stammheim, Teinach, Unterreichenbach, welche in dem letzten Jahr Verzeichnisse vorgelegt haben, sind diese Verzeichnisse zur Ergänzung zugegangen.

Die übrigen Ortsvorsteher haben ev. Fehlanzeige zu erstatten. Formulare können vom Oberamt bezogen werden.

6. Das Verzeichnis der auf Grund des 8 195 c, Abs. 4 der Gew.-Ordnung gestatteten Ausnahmen (Anl. 2 zu dem Erlaß des K. Ministeriums v. I. vom 7. März 1895, Min.-A.-Bl. S. 79).

Dies letztgenannte Verzeichnis geht sämtlichen Orts- vorstehern zur Ergänzung zu.

Die Vorlagen sind mit Ausnahme von Ziff. 3 als portopflichtige Dienstsache einzuscnden.

Calw, den 27. Dezember 1913.

K. Oberamt:

Binder.

Rückblick auf 1913.

Die innere Politik.

Das zur Rüste gehende Jahr stand im Zeichen der 100jährigen Erinnerung an den Aufstieg des preußisch-deutschen Volkes zur Selbstbefreiung vom napoleo-

nifchen Druck. Geschloffen bis fast an die Grenze der poli­tischen Linken taten die deutschen Bundesstaaten und ihre Bewohner aller Orten, nicht zu vergessen die Deutschen im Auslande, mit, das Gedächtnis jener Tage würdig zu feiern und als einiges, großes, stammverbündendes Mal ragt seit dem 100. Jahrestag der Leipziger Schlacht das Völkerschlacht- dcnkmal vor den Toren der Pleißestadt zum deutschen, freien Himmel. Auch sonst gabs innerhalb der deutschen Grenzen gar mannigfache Ereignisse, die eines leisen oder lauteren An­klangs an das Opferjahr 1813 nicht entbehrten. Da wird zuerst die neue Wehrvorlage mit den durch sie beding­ten Steuern aufzuführen sein.

Es war eine der Einmütigkeit unsrer Vorfahren von 1813 verwandte Opferbereitschaft, mit der der deutsche Reichstag am 6. Juni die Heeresvorlagc der Regierung an­nahm und es zeugt von der Gefahr der Stunde, wie auch von dem nationalen Willen der Volksvertretung, daß sie sich, um dem mächtigen deutschen Reiche die seiner Bedeutung unter den Großstaaten der Erde, gebührende militärische Stellung zu wahren, zu einemJa" zusammenfand, von dem sich nur die Sozialdemokratie und die Polen ausgeschlossen hatten. Der große Moment hatte kein kleines Geschlecht gesunden! Und der Geschichtsschreiber, der in wieder 100 Jahren dieses im wahrsten Sinne nationale Werk aufzeichnet, wird nicht umhin können, mit Achtung von dem sozialen Gedanken der Deckung d!>.k>.s Niosiuuverks Eliten Iiilllcbeiidrn Volksgenossen zu er­zählen: Die Heeresvorlage forderte für ihre Befriedigung vom deutschen Steuerzahler eine runde Milliarde Mark tausend Millionen. Diese höchste Summe, die je vom Reichs­tag für des Vaterlandes Schutz angefordert wurde, ist in der Hauptsache auf die begüterten Volksgenossen umgelegt wor­den, sodaß die Armen und die weniger tragsähigen Schultern verschont blieben. Steuern in Gestalt des einmaligen Wehr­beitrags vom Vermögen und vom Einkommen waren noch nie da. Es wird andrerseits auch gesagt werden können, daß diese Regelung der Kostentragung gar nicht anders als möglichst gerecht hätte gestaltet werden dürfen, wenn die Regierung sich nicht hätte der Ablehnung der ganzen Vorlage durch die Linke und des Zentrums aussetzen wollen. Man wird bis zu einem gewissen Grade darin, daß die Milliardensteuer dem kleinen Mann verhältnismäßig wenig zu schaffen macht, die Begründung für den Rückgang der sozialdemokratischen Stim­men in Gemeindewahlen sowohl, wie auch b ei den Landtags­wahlen, finden können; dazu beigctragen hat denn allerdings ohne Zweifel auch das antinationale Verhalten der Sozial­demokratie bei den 1813-Feiern. Die nationale Welle ebbt im deutschen Volke an und je gerechter es regiert wird, desto weniger verbitterte Volksgenossen werden gezogen.

Unter die RubrikInnere Politik; militärische An­gelegenheiten" rechnen wir auch den Fall Krupp. Am 5. August wurden von dem Kriegsgericht der Kommandantur Berlin sieben Angehörige des Heeres wegen Verrats von Geheimnissen an die Firma Krupp zu Gefängnisstrafen von 36 Wochen verurteilt und im sogenannten zweiten Krupp- Prozeß vor dem Berliner Landgericht erhielt der Kruppan­gestellte Brandt wegen Bestechung 4 Monate Gefängnis und wegen Beihilfe Direktor Eccius 1200 Geldstrafe. Aber aus der angekündigten und vielfach erwähnten Aufdeckung einer Korruption im deutschen Heere wurde es nichts weil keine nachgewiesen werden konnte und über die Prozesse Krupp wächst langsam wieder Gras. Bedeutungsvoller dagegen ist für die innerpolitische deutsche Entwicklung die Aussöhnung des c umberländischen Für st enhau- ses mit den Hohenzollern durch die Vermählung des Prin­zen Ernst von Braunschweig mit der Kaisertochter Viktoria Luise am 24. Mai. Die Weifenfrage ist grundsätzlich erledigt durch des Prinzen Erklärung beim Regierungsantritt am 1. November, daß er die Verfassung achten und in unerschütter­licher Treue zu Kaiser und Reich halten wolle. In unsrem Nachbarlande Bayern setzte sich der Nachfolger des verstorbenen Prinzregenten Luitpold, Prinzregent Ludwig, im November die Königskrone aufs Haupt und machte dadurch dem Zustand, daß Bayern nominell einen geisteskran­ken König hat, für den die Regierung vertretungsweise ge­führt werden mußte, ein lange erwünschtes Ende. Noch

bevor aber diese letztere für das Geschick eines Landes beson­

ders bedeutungsvolle Begebenheit vor sich ging, sahen wir uns (am 16. Juni) um das deutsche Kaiserhaus versammelt, um das 25. Regierungsjubiläum unsres Kaisers zu feiern, die dem Volk den Kaiser auf der vollen Höhe seiner Manneskrast zeigte und den Kaiser erneut wissen ließ, daß sein Volk in Treue zu ihm steht. Und daß die Vundes- fürsten des deutschen Reichs gleicherweise in Treue ihrer Pflichten für das Reich eingedenk sind, das zeigte die Kri­tz e i m e r Jahrhundertfeier der Fürsten am 25. August. Aus­gezeichnet gehört auch, daß im Mai und Juni die Wahlen zum Preußischen Abgeordnetenhaus stattfanden, ohne aber einen wesentlichen Einfluß in der Zusammensetzung des Hauses zu bringen; die Rechte verlor 15 Sitze an die Linke; Konser­vative und Zentrum bleiben trotzdem in der Ueberzahl.

(Fortsetzung folgt.)

Stadt, Vrzirk «xd Nachbarschaft«

Calw, den 30. Dezember 1913.

Wie es auf dem Rathaus sein soll und nicht sein soll!

Anläßlich der Verabschiedung der ausscheidenden und der neueintretcnden Gemeinderäte auf dem Tübinger Rathaus hat der Reichstags- und Landtagsabgeordnete Liesching, der 16 Jahre auch den Tübinger Gemeindekollegien angehört hat, an diese und die Bürger, bezw. Wählerschaft einige Worte gerichtet, die auch außerhalb Tübingens gehört zu werden verdienen. Er sagte u. a.:In der Politik, von der Reichs­politik bis zur Gemeindepolitik, ist die Vertretung wirtschaft­licher Interessen heute mehr in den Vordergrund gedrängt worden als je. Und es ist so selbstverständlich, daß jeder seine Interessen vertreten sehen will, wie es selbstverständlich ist, daß auch eines Jeden Interesse vertreten werden muß; denn die Gesamtheit besteht aus Einzelgliedern und der Gesamt­heit kann es somit nur Wohlergehen, wenn es den einzelnen Gliedern wohl ergeht. Ferne aber muß, wie jede Politik, so auch die auf dem Rathause davon sein, daß Einer sein Inter­esse oder das Interesse Einzelner über das Interesse der Ge­samtheit stellt, weil sonst letztere, zum Schaden Aller, Not leidet. Die Wählerschaft nun, die ihre Vertrauensleute aufs Rathaus schickt, meint vielfach, dieser oder jener müsse dort tätig werden nicht wegen besonderer Sachkenntnis, sondern um die Interessen irgend einer Interessengruppe, eines Stadt­teils oder gar einer bestimmten Straße zu vertreten. Handel­ten wir so, so könnte das Ende vom Liede nur sein ein Kampf Aller gegen Alle auf dem Rathaus, und was dabei heraus­kommt, mag sich jeder ernstlich Nachdenkende einmal selber aus­malen. Wie am besten die Politik auf dem Rathaus überhaupt keine Rolle spielt, so dürfen auch die Wünsche von Jnter- essentengruppen dort keine Rolle spielen, und am besten wird immer da gearbeitet werden, wo in den Gemeindekollegien alle Stände und Erwerbskreise vertreten sind, sodaß Einzelintereffen nie zu Worte kommen können. Der Redner schloß, in Tübingen lägen die Dinge so, wie man sie wünschen müsse und er hoffe, daß es auch künftig so bleiben werde."

Bahndienst. Eine erledigte Zugführersstelle in Calw wurde dem Schaffner Bäuerle hier übertragen.

Tie Zwölften. Die zwölf Nächte zwischen der Weihnacht und dem Erscheinungsfest oder dem Dreikönigstag heißen beim Volkdie Zwölften"; sie stehen im Zeichen alter Sitte und Gebräuche, aber auch viel Aberglaube heftet sich an sie an. Vor allem glaubt man, daß man in dieser Zeit auf die Witterung achten müsse; denn:Wie das Wetter vom Christ­tag bis zum Dreikönigstag sich hält, so ist das ganze Jahr bestellt!" Jeder der zwölf Tage soll nämlich einen Monat des neuen Jahres bedeuten. Sorgsam wird darum in manchen Gegenden vom Landmann ausgeschrieben, wie die Witterung jedes einzelnen Tages sich gestaltet, damit man sich im Laufe des Jahres darnach richten könne. Und ob die Regel zehn­mal nacheinander nicht zutrifft, so glaubt man doch immer wieder, daß die Sache etwas auf sich habe. An manchen Orten wird eine Zwiebel zerschnitten; zwölf Schalen, die kleine Schüflelchen bilden, werden der Reihe nach ausgestellt, und nun wird in jede Schale etwas Salz gestreut. Jede Schale stellt einen Monat vor. Nun wird genau darauf ge-