Amtsblatt für den Bezirk Nagol) und für Allensteig Stadt. Allgemeiner Anzeiger für die Bezirke Nagold, Lalw und Freudensta-t.
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AUe«ste1g. Freitag deu 31. Juli.
I Jahrgang 1923
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Aufwertung von Derstcherungsan- fprüchen.
Das Rei chsaufwertungsgesetz, das mit Wirkung vom 1^ Fuli 1925 in Kraft trat, enthält in den Pragrapheu 59 H., Vorschriften über die Aufwertung von Bersicherungsan- sprächen. Dadurch, daß die Versicherungsgesellschaften gehalten sind, Aufwertungsrücklagen aus ihrem Geschäfts- gewinn zu machen, ist klar zu erkennen, daß sie nie außer acht lassen, daß der Versicherungsvertrag ein zweiseitiger Vertrag ist, und an sich in seiner Auswirkung nicht durch die Inflation, wie es besonders viele Versicherungsnehmer denke«, als aufgehoben aufgefaßt werden kann. Wie weit nun die alten Versicherungen ausgewertet werden, and unter welchen Voraussetzungen und welcher Art, das wird die Reichsregierung noch in besonderen Ausfuhrungsbestimmun- gen bekannt geben. Es kann aber wohl heute schon gesagt werden, daß bei den erfüllten Versicherungsverträgen eins Aufwertungsquote in Höhe der vollen Friedensmark nicht in Frage kommen kann, so sehr auch die Versichsrungsgesell- schäften erstreben, das ihnen seinerzeit geschenkte Vertraue« zu rechtfertigen. Das können sie ' --cht. weil auf Grund des Gesetzes über die privaten DersiHerungsunter« nehmungen vom 12. Mai 1901, das erste im IM 1923 durch die Novelle zum Auffichtsgesetz gemildert wurde, sie verpflichtet waren, ihre Kapitalien hauptsächlich in Staatspapieren, Kommunälankeihen, Pfandbriefen, erststelligen Hypotheken (also mündelsicher, wie man das nennt) anzulegen und weil diese Reserven durch die Inflation verschwunden sind. Aber seit der Stabilisierung der Währung find doch wieder ganz erheblich viel Versicherungen auf neuer Währungsbasis abgeschlossen, und die dadurch erzielen Gewinne gestatten auch eine Aufwertungsrücklage.
Zu den Verstcherungsansprüchen gehören nach dem Auf- wertungsgesetz die Ansprüche der Versicherten aus Lebensversicherungen sowie aus solchen Kranken-, Unfall- und Hastpflichtversicherungsverträgen, für die laut gesetzlicher und behördlicher Bestimmung ein Prämienreservefonds zu bilden war. Auch Jnvaliditäts-, Alters-, Witwen-, Waisen-, Aussteuer-, Milttärdienstversicherungen gehören hierher. Die Aufwertung erfolgt in der Weise, daß ein Treuhänder das aufgewertete Vermögen der Verficherungsunterneh- wung nach einem noch von der Aufsichtsbehörde zu genehmigenden Teilungsplane zu verweisen hat. Rückwirkung findet bei Vorbehalt der Rechte statt, ferner auch dann» wenn die Annahme der Leistung im der Zeit nach dem 14. Juni 1922 erfolgt ist. lieber das Maß der Aufwertung läßt sich, wie oben schon erwähnt, gegenwärtig nichts sagen. Die Versicherungsnehmer können im Augenblick noch nichts tun und müssen zunächst abwarteu, bis die Ausführungsbestimmungen vorkiegen.
Ist der Versicherungsvertrag verhältnismäßig jungen Datums, also seit 1919 bis 1923, dann wird man gut tun» von dem Anerbieten einzelner Gesellschaften Gebrauch zu machen, die alte Versicherung, die ja meist noch lange nicht abgelaufen war, wieder aufleben zu lassen, d. h. entsprechend der neuen Währung und Wirtschaftslage neue Vereinbarungen über Höhe der Versicherungs- und Prämiensumme zu treffen. Dazu ist man sogar, solange der an sich Mich dem bürgerlichen Recht zweiseitige Vertrag besteht, diesseitigen Erachtens und auch nach der Rechtsprechung dn Gericht« verpflichtet. Das Entgegenkommen der Gefell- echasten ist da besonders groß, wenn auch nicht außer acht fassen werden darf, daß die Vergünstigungen eine Grenze i m der Rentabilität der Versicherungsverträge finden müssen.
Durch Ablauf der Verstcherungsdauer oder den Tod des ^sicherten erledigte Versicherungsverträge werden aber der Aufwertung unterliegen, und man möge da die alten Policen wieder hsraussuchen und nicht gering achten.
Dies nur nach Inkrafttreten des Reichsaufwertungsge- sttzes als Weckruf für alle Versicherten. Wir werden nicht Merlassen, von Zeit zu Zeit wieder auf diese Angelegenst und ihre Fortschritte in Gesetzgebung und Eerichtsent- zuriickzukommen.
Die WettLonfererrz der Kirchen in Stockholm.
Am Gedanken und Mitteilungen auszutauschen über die bevorstehende Weltkonferenz der christlichen Kirchen, die Ende August in Stockholm tagen soll, hatten sich hervorragende Vertreter der Kirchen Deutschlands zu einem Zusammensein mit Mitgliedern der Berliner Presse verabredet. Den Vorsitz führte IlnterstaatSsekretär Dr. Conze. Ober- konsistorialrat Scholz hielt einen Vortrag über Geschichte, Tagesordnung und Bedeutung des Stockholmer^ZSeltkon- zils, von dem man annimnrt, daß es etwa 6—700 Vertreter aller möglichen christlichen Kirchen, mit Ausnahme der römisch-katholischen Kirche, zählen wird; darunter werden 78 Bevollmächtigte aus Deutschland sein. Es ist das Ziel, die christlichen Kirchen der gesamten Welt zum gemeinsamen Wirken zu vereinigen. Es bestanden bisher drei Weltkonferenzen: die Weltkonferenz für Glauben und Verfassung, der Weltbund für Freundschaftsarbeit der " rchen und die Weltkonferenz für praktisches Christentum. Von diesen unterscheidet sich die neue Weltkonferenz, die vom 19. bis 30. August in Stockholm tagen soll, dadurch, daß sie eine Sache der organisierten Kirchen ist und damit eine Art Kirchenkonferenz nach Art des Konzils von Nicea vor 1600 Jahren, aber nicht eine Vischofskonferenz, sondern ein« Konferenz der Gläubigen. Jeder deutsche Abgeordnete ist > auf ihr Vertreter des Gesamtprotestantismus, und damit i tritt auch der 1922 gegründete Deutsche Kirchenbund als Vertreter des Deutschen Protestantismus zum erstenmal vor die internationale Wett. Diese neue Konferenz hat aber nicht das Recht, bindende Beschlüsse für die einzelnen Kirchen zu fassen, sie will nur einen Gemsinsinn der Kirchen sestftellen. Für die Zwecke ihrer Arbeit hat sich die Konferenz in vier Sektionen eingeteilt, in eine europäisch-kontinentale, in eine britische, amerikanische und in eine griechisch-orthodoxe. Man habe die Vertreter der letztern Kirchen hinzugezogen in der Erwägung, daß viele von ihnen auf deutsch-evangelischen Hochschulen ausgebildet seien. Die Themata der Konferenz werden sich besonders auf sechs Punkte beziehen: auf das Verhältnis der christlichen Kirchen zum Weltplan Gottes, auf das zur Industrie und zur Volkswirtschaft, das zu den sozialen Fragen, zu der Jnternationalität der Völker, zu Schule und Erziehung und auf Methoden zur gemeinsamen Arbeit der christlichen Kirchen. Man wolle sein Hauptaugenmerk auf die sozialen und internationalen Fragen richten. Mit Politik werde man sich nicht befassen, aber die Vertreter der deutschen evangelischen Kirchen würden nicht gestatten, daß man an der deutschen Ehre und Würde rüttle. Geheimrat Professor Deißmann von der Berliner Universität ergänzte diese Ausführungen, indem er besonders auf Grund der Erfahrungen des Weltkrieges betonte, man müsse zum Urgedanken der Einheit des Christentums zurückkehren. Er ließ sich u. a. über die Streitigkeiten zwischen Luthertum und Calvinismus aus und deutete an, welcher Aktivität das evangelische Christentum durch die Vereinigung beider fähig sein könne. Er hoffe von der Konferenz eine Stärkung des deutschen Ansehens im Aus- *'Nd.
Neues vom Tage.
Genante Reise Briands und Caillavx' nach London
Paris, 30. Juki. Die Ankündigung englischer Blätter, wonach Außenminister Briand zugleich mit dem Finanz- minister Caillaux demnächst nach London reisen werde, hat in Paris Beachtung gefunden. Nach dem „Petit Parisien" habe der Quai d'Orsay es nicht als unwahrscheinlich hingestellt, daß Briand zugleich mit Caillaux im Laufe des August diese Reise nach London unternehmen werde, was jedoch noch nicht entschieden sei.
Vermittlungsversuche Baldwins im Bergarbeiterkonflik?
London, 30. IM. Trotz der bisherigen Weigerung der Bergarbeiter, die Frage der Lohnverminderung bei gleich» zeitiger Verlängerung der Arbeitszeit zu erörtern, hat Baldwin seine Vermittlungsversuche fortgesetzt. Er bemühte sich darum, in Sonderbesprechungen mit den Arbeitgebern und Arbeitnehmern eine Grundlage für direkte Verhandlungen zustande zu bringen. Vorher hatte e- dem Bergwerks- und Arbeitsminister, sowie den offiziellen Ver- - mittler rm gegenwärtigen Konflikt, den ersten Lord der ! Admiralität, Bridgeman, empfangen. !
Die Zolloorlage vor dem Ausschuß
Berlin, 30. Juli. In der heutigen Sitzung des handelspolitischen Ausschusses des Reichstages wurde ein Antrag der Kompromißparteien für das Inkrafttreten der Zoll- vorlage angenommen. Danach soll der Reichsfinanzminister ermächtigt werden, den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zollgesetzes zu bestimmen. Er soll auch verschiedene Positionen zu verschiedenen Zeitpunkten in Kraft setzen können. Spätestens soll das Gesetz ab 1. Oktober MS Geh tung haben und mit dem Ablauf des 31. Juli 1927 außer Kraft treten.
Damit war die erste Lesung der Zollvorlage beendet. Bei der zweiten Lesung der Vorlage wurden zunächst dis Agrarzölle nach den Beschlüssen der ersten Lesung angenommen. Der Ausschuß wandte sich hierauf der zweite« Lesung der Jndustriezölle zu.
Vierteljahrszahluug der Beamtengehälter
Berlin, 30. Juli. Im Haushaltsausschuß des Reichstags erklärte Ministeiraldirektor Dr. Lotholz auf Anfrage, daß die Regierung beabsichtige, bis zum 1. Oktober die Viertel-, jahrszahlung der Gehälter für die Beamten wieder einzu» führen. - ——^-
Schaub-Urteil des franzöfischen Militärgerichts
Landau, 30. Juli. Das französische Militärpolizeigericht verhandelte gegen den Landwirt Beugel aus Minden, der angeklagt ist, seit dem 13. Februar eine in seinem Hause für die Besetzungsbehörde beschlagnahmte Wohnung nicht hergerichtet zu haben. Schon am 15. April war der Angeklagte aus diesem Grunde'zu 200 Mark Geldstrafe verurteilt worden. In der heutigen Verhandlung erklärte Beugel, das Geld zur Herstellung der Wohnung nicht aufbringen zu können. Der Angeklagte wurde deshalb zu 2 Monaten Gefängnis und zu 500 Mark Geldstrafe verurteilt.
Die sranz. Sozialisten für eine Unabhängigkeit des Rifgebiets
Paris» 30. Juli. Vertreter der sozialistischen Parteien in Frankreich, Spanien und England hielten in Paris eine Interne Sitzung ab, um die Marokkoereignisse zu besprechen. Frankreich war vertreten durch Leon Blum und Renaudel. Es wurde eine Tagesordnung angenommen, worin die interessierten Regierungen aufgefordert werden, eine sofortige entscheidende Aktton einzuleiten, um den Frieden in Marokko wieder herzustellen. Weiterhin wird die Veröffentlichung der spanisch-französischen Friedensbedingungen gefordert. Der geeignete Weg, zum Abschluß des Friedens z« kommen, so heißt es in der Tagesordnung, sei der, die mit Add el Krim aufzunehmenden Verhandlungen unter die Kontrolle der internationalen öffentlichen Meinung zu stellen. Die Verhandlungen müßten vor allem folgende Punkte umfassen: Unabhängigkeit des Rifgebretes, die von Spanien schon anerkannt wurde, angemessene Berichtigung der Grenzen, um die Lebensmittelversorgung und wirt- sGastliche Organisation des Rifgebietes zu erleichte-n» Außerdem wird gefordert, daß die militärischen Operativ- j neu sofort aufhören und die Friedensverhandlungen begonnen werden. Für den Fall der Meinungsverschieden-, heiten soll der Fall dem Völkerbund unterbreitet werden.
Russisch-polnischer Grenzzwischenfall
M-iskau, 30. Juli. Während einer Inspektion an der Grenze des Bezirkes Jampol wurde der Kommandant der sows ttuWchen Truppen von polnischen Grenzsoldaten ermordet. Im Zusammenhang hiermit überreichte das Volkskommissariat des Auswärtigen der polnischen Gesandtschaft eine Protestnote
"Das FlottenprögiWisittrm englischen Unterhckus ^
London, 30. Juli. Der Antrag Mac Donalds, den Flot< tenetat herabzusetzen, wurde mit 267 gegen 140 Stimmer abgelehnt. Der erste Lord der Admiralität, Bridgemann, betonte, daß di« richtige Marinepolitik diejenige sei, welch« di« Sicherhett gewährleiste, nicht aber eine solche Politik.
lche eine Kriegsgefahr zu diesem oder jenem Zeitpunkt iim Auge fasse. Die Regierung sei wohl bereit, Vorschlag betr. Abrüstung mit den anderen großen Seemächten zu erörtern, und sie würde dies schon morgen tun, vorausgesetzt^ daß die Sicherheit des Reiches nicht beeinträchtigt werde.
Erfolge der Rifleute
Paris, 29. Juli. Eine Havasmeldung aus Fez besagt z' a.> daß die gegenwärtige außerordentliche Hitze in Nord- Marokko di« Tätigkeit der französischen Truppen sehr er- schwLrh - —