rkr. 283. (Zweiter Vlatt.) Mittwsrh, den 3. Dezember (-(3.
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Ueber die Ursachen der Katastrophe des „L 2"
lesen wir in der Köln. Ztg.:
In einem Vortrag, den Professor Alex. Baumann, der Lehrer für Flugtechnik und Luftschiffahrt an der Stuttgarter Technischen Hochschule, in der Jahresversammlung des Würt- tembergischen Jngenieurvereins in Stuttgart hielt, wurden die Ursachen der Katastrophe des Marineluftschiffes L 2 in überzeugender Weise dargelegt. Diese Erklärung der Ursachen, die den Untergang des Luftschiffes herbeiführten, wirkten darum sehr einleuchtend, weil die Darstellung Prof. Baumanns sich auf die Ergebnisse von Erforschungsversuchen stützen konnte, die von berufenen Sachkennern der Luftschiffahrt in Friedrichshafen unternommen worden sind. Man hat da durch Experimente mit Rauch, der den Wasserstoff und das Knallgas zu markieren hatte, festgestellt, unter welchen Voraussetzungen der dem Luftschiffkörper entströmende Wasserstoff fortgeweht wird oder in der Nähe der Gondel sich ansamnielt. Der Wasserstoff, der die Hülle des Tragkörpers verläßt, wird ebenso wie die mit ihm austretende Luft durch den Luftstrom, in dem das Sichff sich fortbewegt, erfaßt und nach hinten entführt, also gleichsam weggeweht. Die angestellten Erforschungsversuche haben mit aller Deutlichkeit gezeigt, daß die natürliche Beseitigung des Explosionsgemisches durch die starke Strömung der Luft von selbst und regelmäßig sich vollzieht — aber nur dann, wenn an der Gondel kein Windschirm oder keine Schutzwand vorhanden ist. Die Versuche mit dem aus dem Innern der Gondel hervorstcömenden Rauch haben ergeben, daß der Rauch dann nicht fortgeweht wird, sondern an den Gondeln sich ansammelt, sobald an ihnen eine Schutzwand angebracht ist. Von den erwähnten Erforschungsversuchen sind photographische Aufnahmen gemacht worden, und diese wurden im Anschluß an den Vortrag des Prof. Banmann vorgeführt. Diese Lichtbilder veranschaulitchen außerordentlich klar und überzeugend, welch ein Hemmnis ein an der Gondel angebrachter Windschirm für die erforderliche Beseitigung des aus dem Schiffskörper entweichenden Wasserstoffs darstellt. Genau so, wie bei den Erforschungsversuchen eine Ansammlung von Rauch als Folge des Windschirmes sich feststcllen ließ, erfolgt auch bei einem in Fahrt befindlichen Luftschiff eine Ansaugung von Knallgas durch einen Windschirm, hinter dem "der Wasserstoff, anstatt abzuziehen, sich mit den Luftwirbeln vermischt, die bei der Vorwärtsbewegung des Schiffes von vorn nach hinten treiben, so daß schließlich ein Gemisch von Wasserstoff und Luft nicht nur die Gondel erfüllt, sondern auch wie eine Schleppe hinter der Gondel herzieht. Eine Katastrophe wie die in Johannisthal mußte unter solchen Umständen eintreten. Da der Abzug des Knallgases bei dem Marineluftschiff durch einen solchen Windschirm gehemmt war, der das Knallgas ansaugte, mußte es, ohne daß bei den Motoren eine Störung eintrat, zu einer Entzündung des im Laufgange angesammelten Wasserstoffes kommen.
Obstschädlinge im Winter.
Von Dr. Georg Stehli.
Nackt und kahl, gleich Besenreisern, starren die vordem so reichlich mit Obst beladenen Bäume gen Himmel. Alles Jnsektenleben ist erloschen. Die vorher in so unerwünscht großer Zahl uns die Ernte strittig machten, haben in allen möglichen Schlupfwinkeln an Stamm und Ast, an Wand und Spalier ihre Winterwohnung bezogen. Jetzt ist für den Gartenfreund die Zeit gekommen, sich für den Schaden zu rächen, den ihm das Jahr über diese Schädlinge zugefügt haben, und den Vernichtungskrieg gegen sie zu eröffnen. Die wenigste Arbeit machen uns die gefräßigen Raupen des Eoldafters, deren luftige Winterwohnungen an den Zweigspitzen, die
„großen Raupennester", schon von weitem auffallen. Die vertrockneten Blattbüschel, die außerdem hie und da in den Zweigen zu sehen sind, sind die „kleinen Raupennester" mit den Raupen des nicht minder schädlichen Baum Weißlings. Beide Arten von Raupennestern werden mit der Raupenschere abgeschnitten, gesammelt und verbrannt. Mit einiger Uebung erkennt man auch unschwer die perlschnurartigen Eierringe des R i n g e l s p i n n e r s an den einjährigen Aesten von Zwerg- und Spalierbäumen und kann sie mit einem Tuchlappen oder alten Handschuh zerdrücken, oder man schneidet die Ringe mitsamt den sie tragenden kleinen Zweigen ab und verbrennt sie. Leichter gestaltet sich die Vernichtung der braunen, wie ein Stück Feuerschwamm aussehenden Eierschwämme des S ch w a m m s p i n n e r s, die an der Unterseite von Aesten und in Ninden- ritzen angeheftet sind. Man stößt sie mit einem Meißel ab und wirft sie in Petroleum, oder man durchtrüukt und tötet sie mit Petroleum. Die ergiebigste Nüuberherberge bilden abstehende Borkenstücke, Nindenritzen, Moose und Flechten an den Stämmen, unter Lenen stets eine wahre Musterkarte von allerlei Schädlingen anzutreffen ist. Zu ihrer Vernichtung werden Ende November und im Dezember an frostfreien Tagen Stämme und Aeste gründlich von aller alten Bedeckung mit einer guten Baumscharre gesäubert, aber auch die Baumpfühle, Baumstützen und Spaliergerüste peinlich abgesucht. Freilich ist immer Hauptbedingung, daß nichts auf dem Boden liegen bleibt, sondern alles gesammelt und verbrannt wird. Dabei ist den weißen Gesumsten in den Nindenritzen besondere Aufmerksamkeit zu schenken, denn sie beherbergen die gefräßigen „Obst- maden" des A p f e l w i ck l e r s. Die Öbstmaden- fallen, die der vorsichtige Gartenfreund bereits im Juli um die Stämme, Astgabeln und Pfähle gelegt hatte, werden, wenn es nicht schon im Oktober geschehen ist, abgenommen und gründlich ausgelesen, da neben den vielen Schädlingen, die sich hier angesam- ! vielt haben, auch manch nützliches Tierchen, wie die Baumspinne, Unterschlupf gesucht hat. Dann legt inan die Falle wieder um den Baum und gibt ihr außen noch einen starken Raupenleimanstrich. Man erspart sich damit den Leimring aegen den gefürchteten Fro st spanner , dessen fliigellose Weibchen von Ende Oktober bis Mitte Januar an den Bäumen hochzuklettern suchen, um in den Kronen ihre Eier abzulegen. In den Klebgürteln, die 4 Monate lang klebrig bleiben und öfters nachgesehen werden müssen, fangen sich außerdem noch manche Schädlinge, besonders verschiedene Rüsselkäfer, wie Apfelblütenstecher, Pflaumenbohrer u. a. Nach dieser Reinigung werden die Stämme und stärksten Aeste mit Kalkmilch angestrichen, weil dann die Insekten nicht so leicht ihren Aufenthalt in den Nindenritzen nehmen können. Nun sehen wir an den Apfelbäumen nach der gefährlichen Blutlaus, die sich im Winter in die Nähe des Wurzelhalses zurllckzieht. Die Erde unten am Baume wird entfernt, Kalkmilch in die Blntlausherde gegossen und dann die Erde wieder angefüllt, der man zweckmäßig etwas Kalkstaub beimischt. Damit sind wir auf unserem Kriegspfad bei der Baumscheibe angelangt, in der gar viele Schädlinge überwintern, so besonders die verschiedensten Blattwespen arten. Die Baumscheibe ist deshalb Ende November möglichst tief (mindestens 80 c.'»i) umzugraben und dann die Erde wieder festzustampfen, damit die Schädlinge nicht mehr an das Tageslicht gelangen können.
Auf unserer Streife durch den Obstgarten, die bei klaren Wintertagen nochmals vorgenommen werden soll, ist auch die Einfriedigung nicht zu übersehen, besonders wenn sie aus Weißdornhecken besteht, in denen gar mancher Schädling aufgestöbert und ausgehoben werden kann. Eine wahre Schädlingsherberge ist schließlich mehr oder weniger jede Gartenhütte. Geht man in dieser Weise dem Ungeziefer zu Leibe, so versäume man auch nicht, die Gartenvögel als unsre wichtigsten Mitarbeiter, durch Anlegen von Nisthöhlen und geschützten Futterplätzen, besonders zu hegen und zu pflegen.
Jugendliche Meineidige.
Hanau a. M., 1. Dez. Vor dem Schwurgericht hat nach achttägiger Verhandlung eine Angelegenheit ihren Abschluß gefunden, deren Einzelheiten beim Bekanntwerden im Herbst d. I. berechtigtes Aufsehen erregten. 14 im jugendlichen Alter von 17 bis 22 Jahren stehende Burschen und Mädchen aus Bad Orb hatten sich zu Beginn dieses Jahres, um einen ihrer Kameraden, gegen den ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung anhängig war, vor Strafe zu schützen, dazu Hinreißen lassen, vor dem Schöffengericht in Bad Orb unter ihrem Eid die Unwahrheit zu sagen. Sie hatten zu diesem Zweck vor dem Verhandlungstermin Zusammenkünfte abgehalten, in denen beraten wurde, wie die Aussagen abgegeben werden sollten. Durch die Uebereinstimmung der dann abgegebenen Aussagen gewann der Richter die Ueberzeugung, daß die jungen Leute sich zu einem Komplott zusammengeschlossen hatten, um dem Gericht durch die Verschweigung der Wahrheit ein Schnippchen zu schlagen. Die Folge war die Einleitung einer Untersuchung gegen sie und die Anklage wegen Meineids und Anstiftung dazu. Die jungen Leute gestanden vor den Geschworenen ihre Verfehlungen reumütig ein und baten um ein mildes Urteil. Drei Angeklagte wurden wegen Anstiftung zum Meineid in je sechs Fällen zu je 2 Jahren Zuchthaus, 1 Jahr Ehrverlust und zu dauernder Eidesunfähigkeit verurteilt. Wegen Meineids erhielten zwei Angeklagte je 1 Jahr 1 Monat und 16 Tage Gefängnis, vier Angeklagte je 1 Jahr Gefängnis, vier junge Mädchen je 4 Monate Gefängnis. Eine Angeklagte wurde freigesprochen.
Favnilien-Naechrichten.
Todesfälle. Stuttgart: Ulrich Weinmar in Monterrey (Mexiko), 25 I. Karl Wacker, Metzger und Viehhändler. Emilie Steinbach geb. Kun- berger. — Hall: Lina Crosse in Berlin. — Ravensburg: Privatier Georg Zinstag, 74 I. — Winnenden: Julie Krämer geb. Cloß, 64 I.
Bücherttsech.
Kohlraisle, Gedichte von der Balinger Alb von Matthias Koch. Bei der Deutschen Verlagsanstalt in Stuttgart ist vor kurzem diese Sammlung Dialektgedichte erschienen. Der Verfasser verfügt über die Fähigkeit, den Dialekt seines Heimatbezirk geschickt in Reime zu bringen, und betrachtet man sie als einen Versuch, wird man sie auch gelten lassen können. Ob sie über die Grenzen des mundsprachlichen Gebiets der Balinger Alb hinaus begehrt werden, ist zu bezweifeln; sie dürften ihren Zweck erschöpft haben, wenn sie aus lokalen Rücksichten in der Gegend der Balinger Alb fleißig gekauft und gelesen werden.
Für die Schriftleitung verantwortlich: Paul Kirchner. > Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckerei.
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