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Uns den Tannen

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Amtsblatt für den Bezirk Nagold und für Altensteig-Stadt. Allgemeiner Anzeiger für die Bezirke Nagold, Lalw und Freudenstaüt.

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Ur. 280 > Aliensteig. Donnerstag den 27. November.

Eine Rede des Generals Ludendorff in Stuttgart.

WTB. Stuttgart, 26. Nov. In der Liederhalle ver­anstaltete die Nationalsozialistische Freiheitsbewegung , Großdeutschlands, Landesleitung Württemberg, in Anwesen- ^ heit von General Ludendorff einen Deutschen Abend. - Der große Saal war von vielen Tausenden besucht und ! bis auf den letzten Platz gedrängt voll. Der Andrang ' war so groß, daß viele wieder abziehen mußten und die Polizei nur mit Mühe die Ordnung aufrecht erhalten tonnte. Die nationalsozialistischen Verbände von Stuttgart i und vielen auswärtigen Orten waren mit ihren Fahnen - unter Trommelwirbel aufmarschiert. Der Saal zeigte reich- lichen Flaggenschmuck in schwarz-weiß-rot und weiß-rot. ^ Die vielen Fahnen hatten auf dem Podium Aufstellung ! genommen. Die Feier war umrahmt von Armeemärschen ^ und Gedichtvorträgen. Unter den Klängen des Armeeprä- ' sentiermarsches und unter der jubelnden Begeisterung der i Menge betrat General Ludendorff, geschmückt mit dem ; Eisernen Kreuz 1. Kl. den Festsaal. In seiner Begleitung ' befand sich Oberst v. Ziegesar-München. !

Abg. Dr. Sieger begrüßte die Versammlung und den s General. Sodann gab Abg. Prof. Mergenthaler einen s Rückblick über die Geschichte der nationalsozialistischen > Partei. Das WortDurch Arbeit zur Freiheit" brachte s uns nur tiefer in das Elend hinein. Man preßte Milliarden I aus dem Volke heraus, um sie in das bodenlose Faß der s Reparationen zu werfen. Der passive Widerstand konnte imr einen Zweck haben, wenn sich ein aktiver dahinter aufbaute. Ludendorff und Hitler seien noch berufen das i deutsche Schicksal zu meistern. Das neue Reich könne nur s kommen durch eine Bewegung, die sozial und zugleich national sei. Noch in hundert Jahren wird man den Na- j men Ludendorff nennen, wenn die 27 bayr. Generäle, die s den Bannfluch gegen Ludendorff schleuderten, längst der - verdienten fluchwürdigen Vergessenheit anheimgesallen sind, s

Hierauf ergriff unter lautloser Stille der Riesenversamm- j lung Ludendorff das Wort und dankte für die jubelnde Be- > grüßung. Dieser Jubel sei eine Anerkennung des Ver- - gangenen und ein Wechsel für die Zukunft. Unter nicht s enden wollender Begeisterung betonte Ludendorff, daß die i württembergischen Truppen zu den besten des deutschen s Heeres gehört hätten. Nur sie hätten die deutsche Heeres- s leitung nie enttäuscht und immer ihre schwere Aufgabe er- s füllt. Auf dem deutschen Heere habe die Sicherheit, Frei- I heit, Wohlfahrt und die Kultur des deutschen Volkes be- ; ruht. Die Armeevorlage sei Stückwe k geblieben, weil da- - mals schon schwarz-rot-gelb, das mit Bethmann Holweg offi- s Men Einzug im Reich gehalten habe, erschreckenden Ein- i stuß gewonnen habe. Scheidemann hätte bei der hiesigen Rede vergessen zu sagen, daß er 1912 den französischen ! Arbeitern erklärt habe, die deutschen Arbeiter würden nicht ! nach ihnen schießen. Schuld am Scheitern jeglicher Friedens- ? Verhandlungen sei die Friedenskonferenz in Stockholm und - die eigene Friedensresolution. Nach der Rückkehr der deutschen ! Armee über den Rhein, hätten Scheidemann und Ebert sie - entwaffnet. Mit Annahme der Dawesgesetze hätten wir ; unsere Souveränität preisgegeben und seien eine; Provinz des jüdischen Wellkapitals ge-j worden. So sei es gekommen, daß wir nicht nur militä- i üsch, politisch und wirtschaftlich, sondern auch geistig ent- s wannt seien. Nur schwarz-weiß-rot kann uns retten. Lei- s der wurden diese Farben oft mißbraucht. Die Farben be- - deuten selbstloser Dienst am Vaterlande. Neben diese - Farben haben die Nation.-Soz. das Zeichen deutscher Art, s das Hakenkreuz gestellt. Das Hakenkreuz werde das christ- l liche Kreuz nicht ersetzen, denn die Bewegung sei tief reli- i : Uös. Sie wolle zu Gott. Deutsches Volkstum ist unser s höchster irdischer Besitz. Wenn Bildung und Besitz vor dem Kriege sich um den deutschen Arbeiter bekümmert hät­ten, wäre er nicht dem Klassenkampf der Marxisten erlegen. Die Befreiung der deutschen Arbeiter sei das Ziel der deutschen Nat.-Soz. Die Juden und die Ultramontanen wüßten immer die geschworenen Feinde der Bewegung sein. Bei der Wahl am 7. Dezember werde entschieden, ob das Mtem schwarz-rot-gold verewigt werde.

Die Rede fand stürmischen Beifall. Die Versammlung "Eff ohne jede Störung und Zwischenfall.

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Die Maßnahmen Englands.

Es weht ein neuer Wind im englischen Außenministe­rium. Zeigten schon die am Freitag dem russischen Geschäfts­träger in London übermittelten Noten einen ungewöhnlich scharfen Ton, so war man über die Note an Aegypten selbst in England überrascht. Bei der Antwort an Moskau konnte man für die Tonart den Ausgang der Wahlen ins Feld führen, die im Zeichen des Kampfes gegen den Bolschewis­mus standen. Die Mitteilungen an den ägyptischen Minister­präsidenten Zaglul Pascha zeigen jedoch mit aller Deutlich­keit, daß ein anderer Mann und ein anderer Geist in das britische Auswärtige Amt eingezogen sind. Wenn die eng­lischen Zeitungen bei ihren Besprechungen der neuen Ne­gierung und ihres mutmaßlichen Kurses fast übereinstim­mend meinten, die britische auswärtige Politik werde vor­aussichtlich im bisherigen Geleise weiterlaufen, so haben sie sich doch wohl getäuscht. Solche Noten wären von Macdo­nald, der, das sei nicht übersehen, Engländer durch und durch ist und von pazifistischer Weltvrrbrüderung nichts wissen will, nicht abgeschickt worden. Wenn man die englischen Forderungen an Aegypten liest, so muß man unwillkürlich an die Note denken, die im Zuli 1914 die österreichische Re­gierung an Serbien richtete. Allerdings darf man nicht ver­gessen, daß es sich bei Aegypten trotz der ihm am 15. März 1922 von England verliehenen Selbständigkeit doch nur um ein beschränkt unabhängiges Staatswesen handelt. Das geht neben vielem anderen schon aus der Anwesenheit britischer Truppen in Aegypten hervor. Auch ist die Gefahr eines internationalen Konflikts nicht gegeben. Es handelt sich bis zu einem gewissen Grade um eine englische häusliche An­gelegenheit. Aber dennoch überraschen die Strenge der For­derungen und die außerordentlich scharfen Ausdrücke, so wenn gleich zu Beginn die Ansicht ausgesprochen wird, daß Aegypten gegenwärtig in einer für zivilisierte Völker schmachvollen Weise regiert werde. Von den Forderungen sind neben der ungewöhnlich hohen Buße von rund 10 Mil­lionen Eoldmark besonders bemerkenswert die Zurückzie­hung aller ägyptischen Offiziere und rein ägyptischen Trup­peneinheiten aus dem Sudan innerhalb 24 Stunden und der Verzicht auf jeden Widerstand gegen die Wünsche der britischen Regierung, die den Schutz der auswärtigen In­teressen in Aegypten betreffen. Auch soll das zu bewässernde Gebiet bei Eezire dem Bedarf entsprechend bis zu einer un­begrenzten Höhe erweitert werden. Es handelt sich um eine Sperre im Weißen Nil, südlich von Chartun. Der Stausee würde natürlm für die Fruchtbarkeit des Sudans von der größten Bedeutung sein, von nicht geringer aber auch für Aegypten, das damit geradezu abhängig würde von dieser Sperre, die die Ueberschwemmungsfluten anhalten und nach Bedarf freigeben kann.

! lieber die Verwaltung des Sudans ist bisher noch keine endgültige Regelung, die nach der Unabhängigkeitserklä­rung Aegyptens nötig gewesen wäre, erfolgt. Die gemein­same Verwaltung, wie sie bis jetzt bestand, war durch einen Vertrag zwischen Großbritannien und Aegypten vom 19. Januar 1899 festgesetzt worden. Der Generalgouverneur des Sudans wurde von der ägyptischen Regierung ernannt, be­durfte aber der britischen Zustimmung. Die britische und die ägyptische Fahne wurden nebeneinander gehißt. England scheint jetzt den unklaren Punkt, der in manchen Verwal­tungsangelegenheiten herrschte, und den ägyptischen Anglie­derungsbestrebungen, die sich eben aus diesen noch nicht ge­klärten Hoheitsverhältnissen ergaben, ein Ende machen zu wollen. Die ägyptischen Truppen, die in geschlossenen Ver­bänden im Sudan stehen, und alle ägyptssMn Offiziere müssen das Gebiet innerhalb 24 Stunden verlassen.

Zaglul Pascha hat in seiner Antwort nur einen Teil der britischen Forderungen angenommen, und zwar diejenigen, die unmittelbar mit der Ermordung des britischen General­gouverneurs zusammenhängen. Die Zurückziehung der Trup­pen hat er abgelehnt. Die militärischen Vorbereitungen der Engländer sind aber derart, daß ein Widerstand dieser Truppen kaum erfolgen wird. Ueberhaupt ist nicht zu erse­hen, wo die Aegypter mit Erfolg den britischen Forderun­gen entgegentreten könnten. Gewaltsame Maßnahmen schei­den von vorherein aus. Der neue ägyptische Ministerpräsi­dent hat die Welt um Hilfe angerufen, und die Tür, an die er zuerst anklopft^, war der Völkerbund.

Die WeL wird also etwas Aehnliches erleben wie bei dem Schritt Mussolinis im Streit um Korfu. Wenn es einem der Starken nicht gefällt, dann ist der Völkerbund eben nichts zuständig: Die neue konservative Regierung in England bat ietzt äwei Schritte aetan. die bedeutungsvoll sind. Sie

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Jahrgang 924

hat den Buch mit NSterußland vollzogen und durch ryr Ultimatum an Aegypten die mohammedanische Welt ge­troffen. England ist stark zu den Methoden der alten Diplo­matie znrückgekehrt. Es will sich wieder in seiner ganzen Macht der Welt ins Gedächtnis bringen. Demnächst findet in Singapur, wo der Ausbau des Kriegshafens von der Ar­beiterregierung bekanntlich eingestellt wurde, eine Flotten­kundgebung statt, an der alle britischen Kriegsschiffe in den östlichen Gewässern teilnehmen sollen. Die englische Negie­rung hat Australien zur Beteiligung eingeladen. Die bri­tischen Kriegsschiffe in der Straße von Malakka sollen auch den Völkern des Fernen Ostens zeigen, daß die Zeit der Schwäche, wie die konservativen Blätter die Regierungszeit Macdonalds nennen, vorüber ist.

Neues vom Tage.

25 ReichswahlvorfchlSge.

Berlin, 26. Nov. In einer öffentlichen Sitzung des Reichs- Wahlausschusses für die Reichs- und Landtagswahl wurden die Reichstagswahlvorschliige in folgender Reihenfolge und mit folgenden Nummern festgesetzt: 1. Sozialdemokratische Partei Deutschlands,- 2. Deutschnationale Volkspartei; 3. Zentrum; 4. Kommunistische Partei; 5. Deutsche Volks­partei; 6. Nationalsozialistische Freiheitspartei; 7. Deutsch­demokratische Partei; 8. Bayerische Volkspartei; 9. Wirt­schaftspartei des deutschen Mittelstands; 10. Landbund; 11. Deutsch-Hannoversche Partei;s 12. bleibt unbesetzt; wahr­scheinlich weil der Bayerische Bauernbund keine eigene Reichsliste eingereicht hat; 13. Häußerbund; 14. Unabhän­gige Sozialdemokratie; 15. Starkbund; 16. Fraktionslose Partei; 17. Deutsche Aufwertungs- und Aufbaupartei; 18. Freier Wirtschaftsbund; 19. .Deutschsoziale Partei und Reichsbund für Aufwertung; 20. Lhristlichsoziale Volksge­meinschaft für Deutschland; 21. Nationale Minderheiten; 22. Deutschvölkische Reichspartei; 23. Aufwertungs- und Wiederaufbaupartei Deutschlands; 25. Partei für Volks­wohlfahrt, Mieterschutz und Bodenrecht.

Der Freiburger Hochverratsprozeß.

Freiburg, 25. Nov. Die letzten beiden Verhandlungstage im oberbadischen Hochverratsprozeß galten den Plaidoyers der Verteidiger Dr. Seckel- Frankfurt a. M., Dr. Horstmann- Düsseldorf, Dr. Eoldstein- Leipzig und Erumbach-Freiburg, die heute ihren Abschluß fanden. Sämtliche Verteidiger such­ten nachzuweisen, daß die oberbadischen Unruhen lediglich .wirtschaftlichen Ursprung hatten und daß die drohende Fa- szistengefahr in Oberbaden tatsächlich bestand. Die der Kom­munistischen Partei nahestehenden Verteidiger Dr. Seckel und Dr. Horstmann versuchten außerdem in ihren Darle­gungen den Nachweis zu führen, daß der Strafvollzug der sowjetrussischen Gerichte humaner sei als der deutsche, was­chen Oberreichsanwalt zu einer scharfen Entgegnung bewog> ckn der er die deutsche Justiz gegen diese Angriffe in SchuH nahm. Die Verteidiger beantragten für ihre meisten Man­daten Freisprechung oder wenigstens eine wesentlich mil­dere Beurteilung ihrer Straftaten, wobei sie eindringlich den Gerichtshof davor warnten, den Strafanträgen der Reichsanwaltschaft entsprechende Urteile zu fällen, da solch schwere Strafen in den weitesten Kreisen des deutschen Vol­kes im Hinblick auf die Rechtsprechung gegenüber Rechtskrei­sen nicht verstanden würden. Der Oberreichsanwalt nahmi in seiner Polemik zu einigen von den Verteidigern aufge­worfenen Punkten Stellung, wobei er hauptsächlich verschie­dene rechtliche und politische Punkte zu widerlegen suchte und wobei er besonders die Objektivität der Oberreichsan­waltschaft Lei den Strafanträgen, betonte. Die Haupt­oerhandlung ist damit geschlossen. Das Urteil wird voraus­sichtlich am Samstag oder Montag gefällt werden, nachdem am Samstag den Angeklagten nochmals das Wort zur Ver- teidigung erteilt sein wird.

Zu oen Reichstagswahle».

? Stuttgart, 26. Nov. In seiner heutigen Sitzung im Mini­sterium des Innern beschloß der Verbandswahlausschuß folgende eingereichten Berbindungserkliirungen von wiirt- tembergischcn mit badischen Krekswahlvorschtägen zuzulas­sen: Deutschnationale Volkspartei,Zentrum, Kommunisten, Deutsche Volksvartei. Deutsch-demokratische Partei, Wirt­schaftliche Vereinigung, Bauern- und Weingärtnerbund smit dem Badischen Landbundl und Freiwirtschaftsbund. Zwei weitere Berbindungserklärungen der Deutschvölkischen und des Häußerbundes wurden wegen Fehlens der gesetzlichen Be-U msetzungen als unzulässig verworfen.