ten Gebiete zur Erörterung zu stellen. Anderseits hat der Präsident der zweiten Kommission erwähnt, daß die fran­zösischen und die belgischen Heeressachverständigen die Zu­teilung von über 5800 französischen und belgischen Eisen­bahnbediensteten auf bestimmte Strecken des linksrheini­schen Netzes verlangen. Die deutsche Delegation ist der An­sicht, daß diese Forderung mit dem Sachverständigenplan nicht vereinbar ist.

Genehmigen Sie, 6err Präsident, die Versicherung mei­ner ausgezeichneten Hochachtung."

gez. Dr. Marx.

London, 6. Aug. Kurz nach 10 Uhr übergab die deutsche Delegation dem Generalsekretär der Konferenz ihre Be­merkungen zu dem Bericht der drei alliierten Ausschüsse gleichzeitig mit einem Begleitschreiben, Das Memorandum ist in deutscher Sprache abgefaßt. Die Uebersetzung wurde unverzüglich in Angriff genommen. Me verlautet, ist das Schriftstück nicht sehr lang. Es umfaßt im ganzen etwa 20 Seiten, wovon 10 den Bericht des zweiten Ausschußes be­handeln. 6 oder 7 de- des dritten und 2 den des ersten Ausschusses. Nach der Zusammenkunft der Hauptdelegier­ten um 10.30 Uhr wurde eine zweite auf 11,30 Uhr fest­gesetzt, wozu lNarx und Streseman« eingeladen wurden.

Zum Auftreten der deutschen Abordnung.

London, 8. Aug. Die englische Morgenpresse spiegelt in ihren Betrachtungen über die Reparationskonferenz den zuversichtlichen Eindruck wider, den der Eintritt der deut­schen Delegation in die Verhandlungen in der öffentlichen Meinung erzeugt hat. Die Blätter erwarten, daß das zweite Stadium der Konferenz kurz und erfolgreich sein werde. Das Eintreten des Reichskanzlers für den Dawes- bericht wird besonders hervorgehoben. Seine WorteEin Weg zu Frieden und Freiheit" finden große Beachtung. Daily Chronicle" schreibt, der Reichskanzler und seine Berliner Kollegen hätten ihren Anteil an der Aufgabe der Durchführung des Dawesberichtes mit großer Herz­lichkeit ausgenommen. AuchDaily News" undTimes" heben den günstigen Eindruck, den die deutschen Vertreter auf der Konferenz hervorgerufen haben, hervor. DieTi­mes" schreibt, die Rede des Kanzlers habe sich durch gro­ßen Takt und die klare unwiderrufliche Bekräftigung der Absicht Deutschlands ausgezeichnet.

Französisches Echo.

Paris, 6. Aug. lleber das erste Auftreten der deutschen Delegation auf der Londoner Konferenz schreibt der Son­derberichterstatter desMatin" aus London, die Antwort des Reichskanzlers sei erträglich gewesen. Das wichtigste Wort darin sei. daß das deutsche Volk seine schweren Ver­pflichtungen nur erfüllen könne, wenn seine freie wirt­schaftliche Betätigung wieder hergestellt worden sei. Der Sonderberichterstatter desEcho de Paris" sagt, aus der Rede des Reichskanzlers müsse ein Wort hervorgehoben werden, Deutschland sehe den Sachverständigenbericht als den Ausganasvunkt für Verhandlungen an. Die von den französischen Vertretern angewandte Formel laute: An­nahme des Sachverständigenberichtes ohne Vorbehalte und Bedingungen.Petit Parisien" schreibt, was von der ersten Fühlungnahme der Deutschen hervorzuheben sei let die Atmosphäre des guten Willens, in der sie erfolgt >ei, ferner die feierliche Erklärung des Reichskanzlers, daß Deutschland über die rasche Durchführung des Sachverll in- digenplanes mit den Alliierten zu verständigen wünsche> Der Sonderberichterstatter derEre Nouvelle" sagt, niv habx En in ein. Konferenz, zu der die Deuts''es' n'ii worden seien, so viel Höflichkeit gesehen. Der Berichterstatter desGaulois" schreibt, die Stellungnahme der deutschen Deleaatioi habe einigermaßen einen günsti­gen Eindruck gemalt Die deutschen Vertreter hätte kein« überflüssigeSchneid" gezeigt.

W Lefefrucht.

Sei gewiß, daß nichts dein Eigentum sei, was du nicht inwendig in dir hast! Matthias Claudius.

Ei« Maieaglück.

Originalroman von C. Wildenburg.

27. (Nachdruck verboten.)

Ein Weilchen hatte sic schon dort gesessen, in Träumen über ihre Zukunft verloren, als sie den Herrn Pfarrer doch plötzlich austauchen sah. Für ein Ausweichen war es schon zu spät.

Er betrachtete entzückt das holde Bild, das sich ihm bot: die Blüten des Baumes begannen herabzufallen und hatten das junge Mädchen schon ganz überrieselt,- sie ahnte nicht, wie liebreizend sie in diesem Moment aus- fah. In dem krausen Gelock über die Stirne waren die kleinen weißen Sternchen hängen geblieben und er­weckten den Anschein, als trüge sie einen Kranz; auch der du.tige rosa Battist ihres Kleides war damit über­streut.

Sah Sie nicht aus wie ein Frühlingstraum!

Freundlich trat der Herr Pfarrer näher. Er fragte heute nicht, ob er sich zu ihr setzen dürfe, sondern sagte nur wie etwas Selbstverständliches und Erlösendes: Gott­lob, daß ich Sie endlich wieder sehe, Fräulein von Leßdorf!"

Wilma spann das Gespräch aufs Alltägliche hinüber. Ihr Herz klopfte, aber hie durfte doch nicht davon- laufcn; das wäre zu unhöflich gewesen.

Ta kam ihr ein rettender Gedanke: Sie eilte ins Haus, um dem Pfarrer ihre Skizzen zur Begutachtung zu holen. Er aber hielt ihr Erröten für mädchenhafte Schüchternheit und lächelte. Er hatte sich ja schon in Gedanken seine Rede zurecht gemacht. He ite sollte das Mädchen ihm nicht mehr ausr ücken !

> Die zwei Hauptziele der Deutschen.

) London, 6. Aug. Die deutsche Abordnung war von Mac- j donalds Worten, er wünsche das Ende der Konferenz am ! Samstag, unangenehm überrascht. Sie befürchtete, daß j dies einen schlechten Eindruck in Deutschland machen würde j und brachte nach der Vollsitzung dieses gegenüber Macdo- ! nald zum Ausdruck. Daraufhin wurden die betreffenden Worte Macdonalds in dem amtlichen Bericht über die Vollsitzung gestrichen. Die deutschen Vertreter erklärten, daß sie in erster Linie nur zwei Bestrebungen haben: die Freiheit der Ruhr und die Regelug der Eisenhahnfrage im deutschen Sinne.

8 Prozent Anleihezinsen.

Paris. 6. Aug. DieInformation" erfährt aus Neu- york, daß nach Ansicht maßgebender Finanzkreise der Wall­street der Zinsfuß der deutschen 880 Millionenanleihe nicht weniger als 8 Prozent betragen werde.

Für Ermäßigung der Gütertarife.

Berlin, 6. Aug. In einer allgemeinen Aussprache des Reichseisenbahnrats über die Eiitertarifpolitik der Reichs­bahn wurde eine Entschließung angenommen, wonach gur Wiederbelebung der Eesamtwirtschaft sowohl als auch im Interesse der Eisenbabneinnahmen ein sofortiger jedoch vorsichtiger Abbau der Eisenbahnglltertarife erforderlich erscheine. Die TarifiEung der einzelnen Güter soll nach Maßgabe der wirtschaftlichen Bedürfnisse geprüft werden» Abriistungspläne.

N "York, 6. Aug.Herald" undTribüne" erfahren aus Washington, Präsident Coolidge gedenke den Plan einer neuen internationalen Abrüstungskonferenz möglichst a«i Anfang des Winters durchzuführen. Washingtton ist als, Tagungsort ausersehen. Vor allem soll eine Beschrän­kung der U-Bootwaffe, der Schlachtkreuzer und der Luft­rüstungen zur Erörterung gestellt, dann aber auch die Ab­rüstung zu Lande besprochen werden. Am 28. August wird sich in Genf die ständige Kommission des Völkerbun- d5es für die Herabsetzung der Rüstungen versammeln. Sie wird über die militärische Kontrolle Oesterreichs und Un­garns. die im nächsten Jahre dem Völkerbund übertragen werden soll, beraten. _ , _

Aus Stadk und Land.

Altensteig, 7. August 192--

* Bunter Abend. Der durch die Kammerspiele Tü­bingen (Werkstudentenvereinigung) gestern abend im Saal des Grünen Baum veranstaltete Bunte Abend war sehr gut besucht, besonders auch von den z. Zt. hier anwesenden vielen Kurgästen.Kammerspiele Tübingen" scheint uns zwar ein zu großes Wort für die Sache, aber man muß gestehen, daß die Tübinger Studenten sich hier Mühe gaben mit ihren Darbietungen. Besonders verdienen die guten Rezitationen hervorgehoben zu werden. Die Hans Sachs-Schwänke, die zwar ordentlich gespielt wurden, sind nicht Jedermanns Geschmack, erzielten aber vielfach den beabsichtigten Heiterkeitserfolg.

* Promovierung. Amtmann Heinrich Merkt beim Oberamt Nagold wurde aus Grund einer Dissertation über das Strafrecht der Reichsabgabeordnung und einer mündlichen Prüfung von der juristischen Fakultät Tübingen zum vr. jur. promoviert.

* Eine Mahnung. Das Handwerk hat schon in Frie­denszeiten mit Recht darüber geklagt, daß man vielfach nach Ablieferung der bestellten Waren recht lange mit der

Wilma kam mit ihren Bleisti tik'iz cn zurück.

Der Pfarrer betrachtete mit scheinbar vielem Ju.e- resse die Baumgrnpyen und Stiileben von Pflanzen uro Steinen. Er hör e Wilmas Erklärungen, wie sie diese Sachen aus k-mstgewe.blichen, Sein Ziinmerschmuck die­nenden Gegenständen anbrinaen wollte. Er stelle auch einige Fragen, um nicht ganz teilnahmsvoll zu scheine,!, sonst aber war er ganz von seinen eigenen Ansichten geleitet.

Plötzlich legre er die Hand ans das Blatt, welches Wilma ihm gerade hin hie t.

Das junge Mädchen sah nun kommen, was sie unter allen Umständen hatre verhinvern wollen. Sie erhob sich daher schnell umGute Nacht" zu wünschen.

Er aber hielt ihre .Hand fest und drückte sie wieder aus die Bank neben sich nieder. Dann rückte er ihr ein wenig näher.

Fräulein Wilma, ich bitte Sie, beantworten Sie mir nur eine Frage: wann würde denn all das Hübsche, was Sie da schassen wollen, erst seinen richtigen Wert be­kommen ?"

Und als Wilma stumm blieb denn was sollte sie ihm noch erzählen von ihrem Streben nach Selbstän­digkeit, wußte sie doch, daß er anderer Ansicht war fuhr er inniger fort:

Nun, so will ich es Ihnen sagen! Wenn eine Frau in ihrem eigenen Heim zur Freude ihres Gatten all das schafft. Wollen Sie meine liebe kleine Pfarrfrau werden und mir mein einsames Haus dort," er wies auf die von freundlichem Grün umrankte Pfarrei mit ein bißchen Liebe schön und wonnig gestal­ten?"

Wilma hatte nicht den Mut, ihm gleich eine runde glatte Absage zu geben. Was aber sollte sie tun?

Nun, Sie sind so stumm, Fräulein Wilma! Kommt mein Antrag Ihnen so überraschend?"

-TLs. SLÜLstete And wo ate in Die alte U«wüaftj»

Bezahlung wartete. Die Handwerksmeister wiesen mit Recht darauf hin, daß ein solches Verfahren sonst bei keinem ein­zigen Gewerbezweig möglich ist; wenn der Käufer in ein Ladengeschäft tritt, so muß er sofort bezahlen, und die In­dustrie und die Verkaussorganisationen hatten ihre bestimmten Lieferungs- und Zahlungsbedingungen. Nur der Handwerker mußte pumpen, obgleich er wirtschaftlich in der Regel viel schwächer war als die übrigen Gewerbezweige. Neuerdings scheint sich diese Unsitte wiederum fest einzubürgern, was für die Handwerker um so empfindlicher ist, als sie meist außerordentlich kapitalschwach sind, besonders wenn sie für den Käufer erst noch Rohstoff- und Zutatenanschaffungen zu machen haben. Das Publikum sollte hier mehr Einsicht zeigen und sich Kapitalnot und die wirtschaftliche Schwäche der Handwerker nicht in solchem Maße zunutze machen.

Ter Laurentiustag. Am 10. August ist der Tao des heiligen Laurentius. Von ihm berichtet die Sage' daß er in Anerkennung seiner hervorragenden Tugen­den vom Papst Sixtus zum Diakon gemacht wurde und daß ihm, als er der Verbrennung dieses Papstes beiwohnte, feurige Tränen entströmt seien. Im Fahre 258 habe er dann selbst einen schrecklichen Märthrer- tod erlitten, indem er auf einem glühend gemachten Eisenroste langsam zu Tode gebraten wurde. Unter Kaiser Konstantin wurde später über seinem Grabe in Rom eine Kirche errichtet. Die christliche Kunst hat sich vielfach mit dem Märthrertod des heiligen Lauren­tius darstellerisch beschäftigt. St. Laurentiustag - erster Herbsttag! heißt es beim Volke. Freilich ha: der Laurentiustag schon oft diesen Pessimismus Lügen gestraft, denn wir befinden uns immer noch in den Hundstagen und gar häufig schon hat an diesm Tag die Sonne noch recht sommerlich auf uns niederge­brannt. Einem alten Volksglauben nach soll das Wet­ter, wie es am Laurentiustag ist, sich nicht nur noch einige Tage halten, sondern den ganzen Herbst über bauern:Wie Laurenz und Bartholomäi, so dich zum Herbst gefreu!" oder:Laurentiu sheiter und gut, einen schönen Herbst verheißen tut!,,Lorenz und Barthel schön, wird der Herbst auch gut ausgehn." Freund­licher Barthel und Lorenz, machen den Herbst zum Lenz."Jsts hell an dem Laurentiustag, man: Früchte sich viel versprechen mag." Vor allem der Winzer wünscht einen heißen Laurentiustag, denn: ..Ist der Lorenz gut und fein, wird es auch die Traube fern." ' ,___

T'suerungszastlen in Württemberg. Im Juli wie­sen die größeren Gemeinden des Landes folgend^ Teuerungszahlen auf: Stuttgart 113 028, Tuttlingen 111980, Schwenningen 111 800, Ulm 110 989, Aalen 110 440, Gmünd 109 275, Göppingen 108 250, Tü­bingen 106127, Schramberg 105 655, Friedrichshafen 105123, Heilbronn 98 742.

Zehn Gebote für das Baden in kaltem Wasser. Beim Baden in kaltem Wasser sind verschiedene wichtige Vor­sichtsmaßregeln zu beachten: 1. soll man nie nach der Mahlzeit mit vollem Magen ins Wasser gehen und 2. na­türlich auch dann nicht, wenn man sich angegriffen fühlt» 3. soll man vermeiden, in erhitztem Zustand sich ins Wasser zu begeben, da das Herz eine plötzliche Abkühlung oft schwer empfindet, ja häufig oft völlig versagt; 4. soll man nicht an verbotenen Stellen baden und 5. empfiehlt es sich, am Anfang nicht lange im Wasser zu bleiben, 3 Minuten am ersten Tage sind lange genug, wozu man dann jeden Tag einige Minuten zulegen kann; 6. soll nian nie baden, ohne nach der Uhr zu sehen, damit man sich nicht im Wasser vergißt und länger drin bleibt, als der Gesundheit förder­lich ist; 7. soll man nicht zweimal am Tage kalt baden und 8. ist das Baden nicht sehr zu empfehlen, wenn man sich nachher abhetzen muß; 9. orientiere man sich unbedingt über etwaige Untiefen oder Strömungen der Badestelle und 10. soll man nie allein baden, damit man bei etwaiger Hilfebedürftigkeit durch Krampf, Schwindel usw. nicht oh«e Hilfe ist. ^

ckeit, wohl noch eine Folge her eben überstan. euen Krank-- cheit, meldete sich wieder und raunte ihr zu:Es ist ein gutes braves .Herz und ein Obdach, das sich Dir hier bietet. Greis zu, ehe es zu spät ist! Wer weiß, an welches wüste User Dich sonst der wilde Strom des Lebens da draußen noch schleudert!"

Da kani ihr ein guter Gedanke, der ihr die Antwort eingab:Ihr Antrag ehrt mich, Herr Ptarrer, aber ich kann mich heute Abend noch nicht entschließen. Ich bitte Sie, geben Sie mir ein paar Tage Bedenkzeit."

Wie gern er das tat! In seinem Herzen quoll neue Hoffnung aus, die schon hatte erlöschen wollen.

Gern, Fräulein Wilma! Ich will Sie also für H ute allein lassen! Und hoffe zu Gott, daß Ihre Ent­schließungen für mich gut ausfallen werden." Er rührte an seinen Hut und schied mit einem herzlichen Hände­druck von ihr.

G.dankcnverloren sah sie seiner schwarzen Gestalt nach, wi diese langsam über den Platz ging und in der TN der Pfarrei verschwand.

Wilma blieb noch einen Augenblick sitzen. Es mußte erst alles, was da von neuem in ihr ausgerührt war, sich ein wenig beruhigen, bevor sie ihrer Pflegemut er wieder unter die Augen treten konnte.

In ihrem Gehirn wogte und arbeitete es; alles dre.ste sich um den einen Punkt; war es besser sich dem Manne zu geben als treue Gefährtin fürs ganze Leben und da­mit Freiheit und den eigenen Willen zu opfern, vdec fest und tapfer auf eigenen Füßen zu stehen und dannr aber auch ein einsames Alter ach sich zu nehmen? --

Sie kam zu keinem Entschluß und ging ins Haus. Luise war schon schlafen gegangen, als Wilma ihr Kain-« merchen aufsuchte. Nur wenig wirkten die bedeutungs­vollen Worte des geistlichen Herrn noch in ihr nach,

-M L-e mit der NachttoichttL ÜMMv. - "

(Fortsetzung folgt.)