nur ein geringes und bedingtes Interesse. Den Bemühungen der Handelskammer Heidenheim um Einführung über- seeischerBrieftelegramme schließt sich die Kammer an. Im Januar 1914 werden Neuwahlen zur Handels­kammer stattfinden.

Die Ortsgruppe Calw des Deutschen Flotten­vereins trat gestern mit einer wohlgelungenen Ver­anstaltung an die Oeffentlichkeit. Sie hatte sich Oberstleutnant a. D. v. Wochinger zu einem Lichtbildervortrag überDeutschlands Wehr zur See" verpflichtet. DerBadische Hof" war gedrängt voll, alle Schichten und Altersklassen, Männer, Frau en und Kinder, waren gekommen mehr als jemand mit Rücksicht auf die vielen Veranstaltungen der letz­ten Zeit erhofft hatte. Herr v. Wochinger ist es gegeben, seine Zuhörer zu fesseln, seine Gedanken allgemeinverständlich zu formulieren und die, die sei­nen Worten lauschen, schon nach den ersten Sätzen des Vortrags für sich und das, was er schildert, mnzunehmcn. Eine patriotische Welle durch­flutete den Saal, ergriff die Herzen, und ließ das Bewußtsein von Deutschlands stolzem Adlerflug durch die Länder und Meere tief eindringen. Wir müs­sen mit Rücksicht darauf, daß verhältnismäßig wenig Raum zur Verfügung steht, eine eingehende Wieder­gabe des Vortrags unterlassen. Der Redner ent­wickelte in einem geschichtlichen Rückblick die Form der früheren Kriegsfeldzllge, gab eine anschauliche Schilderung vom Werden der deutschen Flotte bis auf die heutige Zeit und setzte unter allgemeiner Span­nung auseinander, wie diese verteilt ist, welche Auf­gabe als Angriffs- u. welche als Verteidigungsmacht für die deutsche Küste sie zu lösen hat, welche Be­deutung ihr für den Schutz der Güter des deutschen Kaufmanns zukommt. Er vergaß nicht, die modern­sten Hilfsmittel unsrer Marine, das Funkspruchsystem, die Marine-Luftflotte und das tadellose Menschen­material, das in der Flotte den Dienst für das Vater­land übt, in der ihnen zukommenden Bedeutung zu zeigen. Etwa 60 klare Lichtbilder, die der Redner in z. T. humorvoller Weise erläuterte, bildeten die Ergänzung des lehrreichen Vortrags. Ohne auf- dringlich zu werden, brachte es der Redner fertig, neue Freunde für den Flottenverein zu werben und den alten ihn erneut wert zu machen. Von dem Veranstalter des Abends war zur Ausgestaltung der Darbietungen Jungdeutschland herangezogen worden, dessen Mitglieder in der die Jugend aus­zeichnenden Begeisterung und Frische sich in den Dienst der Sache stellten. Ihre Gesangsabteilung ließ mit Klavier- und Violinbegleitung und unter Direktion von Herrn Schmierer das Flaggen­lied erklingen, und darnach stellten die zukünftigen Vaterlandsverteidiger zu Land zwei lebende Bilder. Die Herren Beißer, Kauffmann, Olpp, Pfau, Rau, Trippner, brachten zwei Musikstücke zu Gehör, die den Beifall aller Anwesenden fanden. Buchhändler Olpp, der Leiter der hiesigen Ortsgruppe, der die Anwesenden begrüßt hatte, konnte von dem Verlauf des Abends befriedigt sein. Und alle, die bis zur Mitternachtstunde aushielten, werden sich gerne an den gestrigen Flottenvereinsabend erinnern.

'?) Neuweiler, 12. Nov. Fuhrmann Roller von hier er­hielt gestern früh, als er sich im Stall beschäftigte, von einem Pferd einen Schlag auf den Kopf, daß er bewußtlos zusam­menbrach. Roller hat bis jetzt das Bewußtsein noch nicht erlangt. Gegenwärtig wird hier unter Leitung der Koch­

lehrerin Frl. Frank ein Kochkurs abgehalten; an welchem sich 14 Mädchen beteiligen. Es ist sehr erfreulich, daß endlich auch hier den ledigen Mädchen Gelegenheit gegeben wird, das Kochen zu erlernen, nachdem so ziemlich in allen größeren Ortschaften des Oberamts Kochkurse abgehalten worden sind.

4l- Weilderstadt, 13. Nov. Der trockene Herbst leistete der großen Vermehrung der Mäuse Vorschub. Es ist zu wünschen, daß die herrschende regnerische Witterung zur Vernichtung derselben beiträgt, ehe sie der Saat und dem Klee größeren Schaden zufügen. In einem Teil der Ortschaften der Um­gegend wurde zur Mäusevertilgung auf den Feldern Gift gelegt. In letzter Zeit bewegte sich der Mostobstpreis von 3 . //. 8 80 Z, je nach Qualität, für Futter 2 , /si 50 F,

der Centner; in Kartoffeln herrscht wenig Nachfrage.

Pforzheim, 13. Nov. Der Vorfall vom Sonntag nacht, als der 26jährige, ledige Goldarbeiter Herm. Alb. Dittler, Sohn eines Fabrikanten hier, in einem Hausgang bei einem Mädchen stand und von einem Wächter zur Rede gestellt wurde, hat böse Folgen gehabt. Bekanntlich hat Dittler den Wächter Krauter mit dem Farrenschwanz geschlagen, worauf Krauter schoß. Die Schußwunde Dittlers in den Bauch schien erst ungefährlich. Jetzt ist aber Dittler heute nacht im Kran­kenhaus an der Wunde gestorben. Der Wächter, der die Not­wehr überschritt, ist verhaftet.

Württemberg-

Oberndorf a. N., 13. Nov. Um die hies. Stadt- schultheißenstelle haben sich folgende 9 Kandidaten beworben: Ratschreiber Ruck-Schramberg, Ratschrei­ber Heckler-Schramberg, Schultheiß Zwick-Obernheim OA. Spaichingen, Stadtkassier Eschwend-Heilbronn, Gaswerksverwalter Hagenmaier-Rottweil, Stiftungs­revisor Mllnst - Rottenburg, Oberamtssparkassen­kontrolleur Eöser-Heidenheim, Hauptkassier Mauz- Horb und Ratschreiber Löffelhardt-Schwenningen.

Cannstatt, 13. Nov. Auf dem Fußsteig vor der Dragonerkaserne haben Arbeiter, die sich zur Zucker­fabrik nach Münster begeben wollten, einen Dragoner im Drilchanzug bewußtlos auf dem Bauche liegend aufgefunden. Wie es heißt, soll der Mann aus einem Fenster des dritten Stockwerks herabgesprungen sein, und als Rekrut der vierten Schwadron angehören. Ob ein Unglücksfall oder Selbstmordversuch vorligt, steht noch nicht fest.

Heilbronn, 13. Nov. Nach einem Vortrag von Frau Elli Heuß-Knapp über das Thema:Der Einzelne und die Volks­gemeinschaft" wurde gestern im Neckarhotel eine Jugendgruppe für soziale Hilfsarbeit gebildet. Der neuen Vereinigung haben sich zahlreiche Frauen und Mädchen Heilbronns angeschlossen.

Welzheim, 13. Nov. Drei Mitglieder der Lorcher Milch­genossenschaft wurden vom hiesigen Schöffengericht zu je 40 Mark Geldstrafe verurteilt, weil sie ihre nach Stuttgart ge­sandte Milch gewässert hatten. Das Urteil wird überdies in der Presse veröffentlicht werden.

Ar,» wett rrrid Zeit.

Ein Drama am Telephon.

Seit 14 Tagen schon sucht die Polizei, bisher ohne Erfolg, einen merkwürdigen Vorfall, der sich in Paris zutrug, aufzuklären. Am 27. Oktober läutete in der Hausmeisterloge eines Hauses an der Ecke der Rue d'Auteuil und der Rue Michel-Ange kurz vor 12 Uhr mittags das Telephon. In der Loge befanden sich die Hausmeisterin Frau Herbert und ein Ehepaar mit Tochter, die sich eine Wohnung ansehen wollten. Frau Herbert ging ans Telephon und verstummte plötzlich, denn sie hörte deutlich Hilfegeschrei. Eine Frauenstimme rief verzweifelt: Hilfe! Hilfe! Schnell,

schnell! Man mordet mich!" Die Worte kamen, wie sich Frau Herbert überzeugte, nicht aus ihrem Hause, sondern von Auswärts. Sie setzte die erwähnte Fa­milie hiervon in Kenntnis, gab ihnen-das Hörrohr und holte einen Schutzmann. Der Schutzmann hörte auch die Frauenstimme, dann vernahm er nur noch Wimmern, dann ein dumpfes Geräusch, wie den Fall eines menschlichen Körpers. Hierauf wurde es still. Der Schutzmann frug nun beim Telephonamt, mit wem er soeben verbunden gewesen sei. Aber das war nicht festzustellen. Die Untersuchung erstreckte sich zunächst auf das Telephonamt, um her'ausßubrin- gen, mit wem die Hausmeisterin Herbert verbunden war. Das gelang aber nicht. Es handelte sich auch nicht um einen schlechten Witz, denn die genannten Zeugen versichern sämtlich, daß die Person, die um Hilfe rief, dies mit der Stimme derjenigen tat, die sich in Todesgefahr befunden. Merkwürdig ist, daß der Polizei bis jetzt nichts von einem Mord zu Ohren kam.

Eisenbahnunglück.

Mont-Gorery (Albama), 13. Nov. In der Nähe von Clayton ist ein Zug der Central Georgia Railway von einer Brücke gestürzt. Dabei wurden 20 Personen getötet und 250 verletzt. In dem Zuge befanden sich zahlreiche Schausteller, die zu dem Jahrmarkt nach Eufaula reisen wollten.

Frankfurt a. M>, 13. Nov. Hir ist man umfang­reichen Schwindeleien mit Rabattsparmarken auf die Spur gekommen. Es handelt sich um Fälschungen in Höhe von 2 Millionen.

Briefen i. Westpr., 12. Nov. Das 30. Kind ist einem Oberpostschaffner Schmidt hier geboren wor­den. Das Kind, ein gesunder Knabe, befindet sich ebenso wie die Mutter wohl. Das Familienleben wird als ein sehr herzliches geschildert. Freilich ist es nicht leicht, eine so zahlreiche Kinderschar zu er­ziehen^__

Für die Cchriftleitung verantwortlich: Paul Kirchner. Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckerei.

Gottesdienste.

26. Sonntag nach Trinit., 16. November. Ernte- und Herdstdankfest. Vom Turm: 22. Predigtlied: 28 Kirchen­chor: Nun danket all und bringet Ehr rc. Uhr: Vorm. Predigt, Stadtpfarrer Schmid. 1 Uhr: Christenlehre mit dcn Töchtern. 5 Uhr: Liturgischer Gottesdienst, Stadt- Pfarrer Schmid. Das Opser ist zu '/z für den Notstands­fonds der Zentralleitung für Wohltätigkeit, zu ? z für den Bezirks-Wohltätigkcitsverein bestimmt.

Donnerstag, 20. November. 8 Uhr abends: Bibelslunde im Vereinshaus, Stadtpfarrer S chmi d.

Lanäwstlschalll. keMzverein.

kekannlmachung, bell.

.. . ... .... . unä Kurie.

Wegen unvorhergesehener Verhinderung des Herrn Molkerei- inspekiors Betz fällt der auf 17. ds Mts. abends 8 Uhr angesetzle Vortrag in Zwerenberg aus: der aus 18. und 19. ds. Mts. je vormittags 911 Uhr angesetzte Butterungskurs in der Molkerei zu Neuweiler findet zu den gleichen Stunden am 19. und 20. ds. Mts statt.

Die Zeit der übrigen in meiner Bekanntmachung vom 5. ds Mts. angekündigten Vorträge und Kurse bleibt unverändert.

Calw, den 13. November 1913.

Bereinsvorstand:

Regierungsrat Binder.

Das Itngkückshaus.

42.) Roman von Georg Türk.

Siebzehntes Kapitel.

Der Tod Marias hatte seine Spuren hinterlassen.

In dem Pfarrer Meinhart war eine Verände­rung vorgegangen. Er kannte nun das Geheimnis der Familie Hellmuth, aber trotzdem ging er häufig im Unglllckshause ein und aus.

Wo waren seine Bedenken?

Maria hatte sie mit ins Grab genommen.

Ihr Tod hatte ihn so gewaltig erschüttert, daß ihm die Rücksicht auf seine Standesehre nicht mehr als das Wichtigste von der Welt erschien. Groß und heilig dagegen stand ihm seine Pflicht vor Augen: den Menschen, denen er so nahe stand, beizustehn in ihrem großen Leid, ihnen tragen zu helfen an der Last der Vergangenheit und Gegenwart.

Seltsam! Auch die Mutter schien verändert.

Still und ohne viele Worte lebte sie dahin, wie früher. Aber sie war doch anders. Manchesmal zog sie ihre Tochter Anna, die besonders hart unter Ma­rias Tod litt, die auf einmal ernst und ruhig ge­worden war, an sich, streichelte mit zitternder Hand ihr übers Haar und sagte ihr leise, sie solle doch nicht so traurig sein. Früher hatte sie sich wenig um Anna gekümmert, höchstens sie gescholten, wenn ihr frohes Lachen durchs Haus hallte . . . Und ihre Kinder konnten sich nicht erinnern, dies früher an der Mutter gesehen zu haben oft standen ihre Augen voll Tränen. Und es war, als ob diese Trä­nen das Harte in ihrem Gesichte milderten, als ob

das Kalte, Verbitterte, das sonst auf ihm lag, mehr und mehr schwände . . . Manche Stunde saß Pfar­rer Meinhart bei ihr, und sie hörte stille seinen Wor­ten zu.

Von Heinrich, dem ältesten Sohne, wurde nicht gesprochen. Die Mutter hatte lange gezaudert . . . Aber schließlich hatte sie sich zusammengerafft und auch ihrem Sohne Karl das dunkle Geheimnis ge- offenbart.

Er hätte es wohl doch noch erfahren müssen; denn die Zeit der Heimkehr des Gefangenen stand nahe bevor. Alle wußten den Tag. Die Mutter hatte ihn genannt. Aber niemand redete davon, und doch lastete das bevorstehende Ereignis wie ein schwe­rer Druck auf den Bewohnern des Unglückshauses.

Der Tag der Heimkehr Heinrichs war gekom­men . . .

Me an diesem Tage die Stunden träge dahin schlichen!

Pfarrer Meinhart kam am Nachmittag und sie redeten, so gut es ging, über alltägliche Dinge.

Hans Ringer kam vom Bureau nach Hause und fragte Anna, die scheu an ihm vorüber wollte: Wann kommt Ihr Bruder Heinrich?"

Um halb zehn Uhr . . ."

Er trat in sein Zimmer.

Nach einer Weile klopfte es, Meinhart trat ein, ging auf ihn zu und sagte, indem er die Hand auf seine Schulter legte:Frau Hellmuth schickt mich. Sie sagt, du seift kein Fremder mehr in diesem Hause. Sie läßt dich fragen, ob du nicht auch teil­nehmen möchtest an der schweren Stunde."

Gewiß!" entgegnete der Assessor und ging mit hinunter in die Wohnstube.

Eine dumpfe, drückende Luft war in der Stube.

Niemand wagte ein Wort zu reden . . .

Eine halbe Stunde noch!

So still war es im Zimmer, daß alle zusam­menzuckten, als die Mutter plötzlich mit bebender Stimme sagte:Herr Pfarrer! Holen Sie die Bi­bel, die dort auf dem Schrank liegt, und lesen Sie mir von der Heimkehr des verlorenen Sohnes."

Der Pfarrer schlug das Evangelium des Lukas auf und las aus dem fünfzehnten Kapitel:. . Und er machte sich auf und kam zu seinem Vater. Da er aber noch ferne von dannen war, sähe ihn sein Vater und jammerte ihn, lief und fiel um seinen Hals und küssete ihn. Der Sohn aber sprach zu ihm: Vater, ich habe gesündiget in den Himmel und vor dir; ich bin hinfort nicht mehr wert, daß ich dein Sohn heiße. Aber der Vater sprach zu seinen Knechten: Bringet das beste Kleid hervor und tut ihn an, und gebet ihm einen Fingerreif an seine Hand und Schuhe an seine Füße. Und bringet ein gemästet Kalb her und schlachtet es: lasset uns essen und fröhlich sein. Denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig worden; er war verloren und ist gefunden worden."

Dann schloß er das Buch und legte es auf den Tisch . . .

Totenstille . . .

Horch . . . Sind das nicht Schritte draußen auf dem gepflasterten Weg?

Da-Was fahrt ihr alle auf, da die Glocke

durchs Haus schrillt? (Fortsetzung folgt.)