Montag,

Zweites Blatt zu Nr. 233.

H. Oktobov 1912 .

Die Bolksbank in Mergentheim.

In der Zentrumspresse des Oberlandes wird die verfehlte Gründung" einer katholischen Volksbank zur Zeit lebhaft erörtert. Im Oberschw. Anz. ist zu lesen: Der Direktor der Bank hatte es verstanden, mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit einerkatholischen" Volksbank sehr viele kathol. Geistliche, Geschäftsleute und sonstige Personen in sein Unternehmen zu ziehen, die ihm allzu vertrauensselig durch Wort und Geld seine zweifelhafte Gründung erleichterten. Auch im kathol. Oberland sitzen nicht wenige Aktionäre der Bank, die mit Hangen und Bangen dem Ausgang der An­gelegenheit entgegensehen. In ihrem Interesse erscheint es angebracht, klaren Wein über die Verhältnisse der Süddeutschen Volksbank einzuschenken . . . Zweck dieser Darlegungen ist es, die Aktionäre zu warnen und vor größeren Verlusten zu bewahren. Am 11. Oktober sollte bekanntlich eine außerordentliche Generalversammlung in Mergentheim stattfinden. Auf den Protest eines Aktionärs, der gleich vielen seiner Kollegen an einem Samstag unabkömmlich gewesen wäre, ließ man sich herbei, die Versammlung auf Montag, den 16. Oktober, zu verschieben. Nun hat, wie mitgeteilt wird, die Ver­waltung an die Aktionäre Formulare ausgegeben, durch deren Unterzeichnung dem Vorstand des Unter­nehmens die Vertretung auf der Generalversammlung übertragen wird. Dies schließt eine große Gefahr in sich, weil dadurch der Vorstand in die Lage kommen kann, gegen den Willen der Aktionäre mit absoluter Mehr heit einen Aktienzuschuß von 50 zu beschließen, der dann eingezahlt werden mutz. Wie die Dinge liegen, ist mit diesem Mittel dem Unternehmer aber nicht mehr aufzuhelfen, sondern die Liquidation wohl der einzige gangbare Ausweg. Darum Vorsicht bei der Ueber- tragung des Stimmrechts! Die Aktionäre mögen in der Versammlung Antrag auf Bestellung von Revisoren zur Untersuchug des Eründungshergangs und der Ge­schäftsführung (8 266 H.G.B.) und Erhebung von Rc- greßansprüchen (88 202 und 204 H.G.B.) gegen Grün­der, Vorstand und Aufsichtsrat stellen." Die Er­bitterung gegen Direktor Röser als auch gegen die in Frage kommenden Mitglieder des Aufsichtsrats der Süddeutschen Volksbank ist im Unter- und Oberland gleich groß. Wie erbärmlich hat man das Vertrauen von Katholiken mißbraucht. Wurde doch von einem

Agenten mit einer Aufdringlichkeit, die eines Besse­ren wert gewesen wäre, immer wieder hoch und heilig versichert, das Geld werde absolut sicher angelegt, es dürfe nie und nimmer darauf spekuliert werden. Selbst der Name des Bischofs und anderer hoher Persönlich­keiten wurde mißbräuchlich in die Sache hineingczogen und behauptet, sie Hütten das Unternehmen empfohlen und seien daran beteiligt; die ganze Sache müsse nur deshalb geheim gehalten werden, damit von anderer Seite der Gründung der Bank keine Hindernisse in den Weg gelegt werden können. Inwieweit dieser mehr als übereifrige oberschwäbischc Agent der Volksbank von dem Treiben Rösers und dessen finanziellem Stand damals Kenntnis gehabt hat, wird die gerichtliche Untersuchung ergeben. Eigentlich ganz selbstverständ lich ist die Mahnung: Unter allen Umständen lieber tragung der Stimmen nur an solche Aktionäre, die für Liquidation und Erhebung von Negreßansprüchen sind!

Denksprüche.

Es ist eine Wahrheit, von der sich jeder möglichst zu überzeugen suche, daß sich vom Leben nichts nach holen läßt. Fr. Hebbel.

4 -

Was ich aus Trutz vollbracht, wuchs voll Pracht über Nacht und ward verregnet.

Was ich aus Liebe gesät, keimte stüt, reifte spät Und ist gesegnet.

Peter Rosegger.

4 -

Sorge nicht um das, was kommen mag, weine nicht nur das, was vergeht; aber sorge, dich nicht selbst zu verlieren, und weine, wenn du dahin treibst im Strome der Zeit, ohne den Himmel in dir zu tragen.

S ch l e i e r m a ch c r.

Lerne dich dankbar freuen auch über die Freude, die du gehabt hast, und schreie nicht wie kleine Kindermehr!", wenn sie gerade aufhört. Bismarck.

Für die Schriftleitung verantwortlich: Paul Kirchner. Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckerei.

Reklanreteil.

Jede verständige Mutter gibt ihren Kindern Kathreiners Malzkaffee. Denn Kathreiners Malzkaffee erhält die Kinder frisch und kräftig und macht den Kleinen die Milch schmackhaft. Tausende von Ärzten empfehlen ihn.

Das Angtückshaus.

7.) Roman Georg Türk.

Ich habe Stunden, da bin ich vollständig über­zeugt, daß sie mich am dreizehnten August mit offenen Armen empfangen und daß ihr Vater sein Ja dazu geben wird, da ich jetzt angestellt bin. Zuweilen aber steigen mir Zweifel auf."

Schlag die Zweifel tot! Und habe Geduld! Ein paar Monate noch: dann fällt der Schimmer auf deinen Pfad; und wenn du dann abends von deinen Akten und deinen Bauern heimkommst, steht Frau Elisabeth an der Tür und Aktenstaub und Bauern sind vergessen!"

Du verstehst es ja vortrefflich, rosige Zukunfts­bilder zu malen. Nun, die eine Hälfte der Warte­zeit ist vorübergegangen. So wird die andere auch vergehen!"

Hans Ringer trat ans Fenster und sah hinaus. Noch immer rann der Regen herab. Die trüben Petroleumlampen warfen nur schwaches Licht auf die nassen Straßen.

Die Stunden des Abends vergingen unter gleich­gültigem Geplauder. Der Pfarrer berichtete, was er über Erlenstadt wußte.

Dann gingen sie zur Ruhe.

Obwohl Hans Ringer von der Bahnfahrt ermüdet war, konnte er lange nicht einschlafen. Das Erzählen hatte ihn aufgeregt. Unruhig warf er sich hin und her. Und seine Gedanken weilten bei Elisabeth.

Der Pfarrer Friedrich Meinhart dachte auch an das Gehörte, aber mitten im Kopfschiittein schlief er ein und sein Schnarchen bewies, daß hier einer ruhte, der ein gutes Gewissen hatte und nichts wußte von der Liebe Lust und Leid.

Drittes Kapitel.

Hans Ringer wurde durch das Geläute der Kirchen- glocken geweckt. Ernst und feierlich klang es durch den Morgen.

Er blieb liegen und lauschte.

Als er nach dem Fenster sah, merkte er, daß sich das Wetter gebessert haben mußte. Es hingen zwar noch trübe Wolken am Himmel. Aber zuweilen huschte ein lichter goldener Streifen über den Fußboden. Der Assessor erhob sich.

Auf dem Tisch fand er einen Zettel. Darauf stand zu lesen:Da du doch nicht in die Kirche gehst, lasse ich dich schlafen. Geh in mein Studierzimmer. Da findest du im warmen Ofen Kaffee und Milch. Brot steht auf dem Tisch. Laß es dir schmecken, du Heide!"

Nach der Kirche holte der Pfarrer seinen Freund zum Wohnungsuchen ab. Sie gingen eine Straße weit und traten in ein Haus. Leider war unten eine Schmiede. Hans Ringer verzichtete auf das Logis. Ebenso ans das zweite, das der Pfarrer ausfindig ge macht hatte. Im dritten Haus kamen ihm die drei, im heiratsfähigen Alter befindlichen Töchter der Ver­mieterin so überaus freundlich entgegen, daß der Asses sor sofort die Flucht ergriff.

So! Das war also die Auswahl!" meinte Hans Ringer resigniert.Wohin nun? Hast du gestern nicht noch von einem alten Haus gesprochen?"

Ach so! Das Haus vorm Westtor!" Er zuckte die Achseln.Versuchen können wir's!"

Sie schritten dem Westtor zu. Aus den ziemlich zahlreichen Gasthäusern Erlenstadts folgten ihnen die Blicke der Bürger, die hier nach altgeheiligter Sitte ihren Sonntagsfrühschoppen hielten.

Als sie das Tor durchschritten hatten, fiel ihnen sofort derBurgberg" in die Augen, eine bewaldete Höhe ganz nahe der Stadt.

Die Straße war rechts und links von hohen Pap­peln umsäumt und ging um den Berg herum in ein nahes Dorf, rechts zweigten Fußwege ab, die zur Höhe führten. Die beiden Freunde gingen aber bloß hundert Schritt weit, dann blieben sie vor einer hohen Mauer stehen. Durch die noch kahlen Aeste und Zweige der al­ten Linden sah man deutlich das graue, einstöckige Haus mit der verwitterten Mauer. Unten, rechts und links von der Haustüre befanden sich je zwei Fenster, oben waren es im ganzen fünf. Das Gebäude war vier­eckig und das gewaltige Doppeldach drückte fast zu schwer auf das Haus.

Siehst du," sagte der Pfarrer,die Bäume stehen wie Wachtposten um das ganze Haus!"

Ich liebe solche alte Bauwerke," entgegnete der Assessor.Die beiden Löwen aus den Säulen am Mauertor halten Wappen in den Pranken. Aber die Wappenbilder sind verwischt. Wer wohl in dem Hause wohnt? Das Mauertor steht offen. Neben der Haus­tür ist, wie ich sehe, ein Schild angebracht. Frisch darauf los! Wir wollen es wagen!"

-Sie schritten durch eine Gartenanlage aus dem ge­pflasterten Weg zur Haustüre.

Frau Vabctte Hellmuth," las der Pfarrer.

Hier ist die Glocke!" sagte Hans Ringer und zog kräftig.

Ein schriller Klang ertönte.

Nach einer Weile nahten schlürfende Schritte. Ein schwerer Riegel wurde zurückgeschoben. Die Tür ging auf und eine Frau stand vor den beiden.

(Fortsetzung folgt.)