Württemberg.

Baiersbronn, 30. Aug. Gestern nachmittag 4 Uhr wurde die Feier der Grundsteinlegung des Rinkenkopf- turmes, bei der Mitglieder der Schwarzwaldbezirks­vereine von Freudenstadt. Mittel- und Obertal, Kloster­reichenbach u. a. vertreten waren, vorgenommen.

Stuttgart, 29. Aug. Mit dem Bau des neuen Hauptbahnhofes in Stuttgart soll jetzt begonnen werden. Die Generaldirektion der kgl. württ. Staats- eisenbahnen hat der Firma Breest und Comp, in Berlin die Ausführung der eisernen Bahnhofshallen übertragen.

Stuttgart, 29. Aug. Als Gäste des Kaisers an der am 2. September in Berlin stattfindenden Herbstparade nehmen u. a. teil: Der Herzog Albrecht von Württem­berg, sowie sein ältester Sohn Herzog Philipp Albrecht, ferner der Prinz Alfons und Franz von Bayern.

Geislingen, 29. August. Einem 8 jährigen Mäd­chen des Fabrikarbeiters Brunner in Böhmenkirch zog man vor einigen Tagen einen Zahn. Gleich darauf trank das Mädchen in erhitztem Zustand Wasser, was seinen baldigen Tod zur Folge hatte.

Von der Alb, 29. August. Späte Ernten im vorigen Jahrhundert. Anno 1860 war auf der Alb das Korn erst reif nach Mariä Geburt und es stand noch solches draußen mitte Oktober. Die Kartoffel­ernte fiel sehr spärlich aus; fast alle waren faul. Ebenso war die Ernte anno 1878 im September und im Jahre 1882 wurde es anfangs September erst reif. In diesen drei nassen Jahren zählte man kaum 2» Sommertage. Bis heute haben wir hier oben 29 Sommertage zu verzeichnen. Die früheste Ernte seit 50 Jahren war die im Jahre 1868. Dort wurden schon an Jakobi (25. Juli) die ersten Korngarben eingeführt und zwar sehr gute Frucht.

Gerabronn, 28. Aug. Bei Oberstleutnant z. D. Freiherrn v. Crailsheim auf Schloß Morstein wurde in der Nacht von Montag auf Dienstag ein Einbruchs­diebstahl verübt. Der Dieb, der zweifellos noch Helfers­helfer hatte, ist auf einer Leiter über die Schloßmauer gestiegen und gelangte durch ein Fenster, das er auf­brach, in das Innere des Schlosses. Dort erbrach er einen Schrank und nahm eine Schublade mit einer Geldkassette mit. Das darin befindliche Bargeld, etwa 1500 nahm er an sich, während er die Staatspapiere mit der Schublade zurückließ. Außerdem raubte er noch die Orden, Schmuck und eine goldene Uhr. Zur Ent­deckung des Täters war gestern der PolizeihundMax" nach Schloß Merstein beordert, der die Spur links der Jagst bis nach Bächlingen verfolgte. Oberhalb der Bäch- linger Brücke verlor er diese. Der Einbruch hat Ähn­lichkeit mit dem kürzlich auf Schloß Langenburg ver­übten Diebstahl.

Ehingen, 30. Aug. Als die 13jährige, einzige Toch­ter des Schreinermeisters Friedrich Ackermann in Un­termarchtal in der Donau badete, wollte sie eine in

Noch einmalDie Aureliuskiche-.

Motto: Wehe, wehe! Beide Teile stehn in Eile schon als Knechte völlig fertig in die Höhe!

(Zauberlehrling.)

Als ich in voriger Woche meinen Artikel über das Alter der Aureliuskirche in Hirsau an die Redaktion des Calwer Tagblattes einsandte, nahm ich mir schon in Rechnung, daß eine Entgegnung erfolgen werde. Nun sind deren sogar zwei geworden, sowohl durch Herrn Hauptlehrer Mönch als durch Herrn Pfarrer a. D. Bossert, und sind dieselben auch ungefähr so ausgefallen, wie ich mir's zum voraus dachte, indem sie wesentlich in kurzen Rekapitulationen früherer Darlegungen, ver­bunden mit einigen Angriffen auf genannten Artikel, bestanden.

Ich gedenke nun nicht, den Leser mit einer langen Duplik zu ermüden, sondern möchte mir nur einige zur Aufklärung dienende Bemerkungen erlauben: Ich schicke voraus, daß ich das Verdien st, welches sich Herr Hauptlehrer Mönch und seine Mitarbeiter durch Herausgabe derHei­matkunde vom Oberamt Calw" erworben haben, voll und ganz anerkenne. Es war aber Gefahr vorhanden, daß sich die Annahme von der Unhaltbarkeit der ursprünglichen Klostergründung zu einem unantastbaren Dogma verhärte, während die Ak­ten darüber noch lange nicht geschlossen sind.

Wie es einem richtigen Hirsauer ge­ziemt, habe ich selbst die über diese Frage erscheinen­den Abhandlungen mit steigendem Interesse gelesen und auch von den diesbezüglichen Bossert'schen Ausführun­gen nicht nurNotiz genommen", sondern einen Teil derselben sogar einbinden lasten zur Beherzigung für nachwachsende Geschlechter. Aber ich habe auch auf die Stimmen gehört, die vom jenseitigen Lager zu mir herüberdrangen und bin so zu der Erkenntnis gelangt, daß die absolute Kupierung der Klostergeschichte bis hin­ein ins elfte Jahrhundert eine allzu radikale Operation sei. Andere haben ihren Chr. F. Stälin und ihren C. Wolff usw. auch studiert, ohne in die extreme Negation zu verfallen und haben für ihre Auffassung auch gute Gründe beigebracht.

das Master eingelassene Puppe holen, wurde aber vom Strudel erfaßt, mit sortgeristen, und eine ziemlich große Strecke unter Wasser fortgeschwemmt, bis es einem Sohn des Lehrers Schiffer gelang, mit großer Anstrengung das Mädchen aus der reißenden Donau ans Ufer zu bringen. Das Kind war aber tot.

An» Welt und Zeit.

Kaiserparade.

Breslau, 29. Aug. Auf dem großen Exerzierplatz im Westen von Breslau war heute bei prächtigem Wet­ter die Parade des VI. Ameekorps vor dem Kaiser. Die Truppen waren bereits in den frühen Morgenstunden in ihre Stellungen eingerückt. Pünktlich um ^10 Uhr traf der Kaiser, gefolgt von einer aus etwa 300 Offi­zieren bestehenden Suite aus dem Platz ein. Im Ge­folge des Kaisers befanden sich die an der Parade teil­nehmenden Fürsten und Prinzen, darunter der König von Sachsen, sowie die Kaiserin, die Kronprinzessin Ce- cilie und die Erbprinzessin von Sachsen-Meiningen. Nachdem der Kaiser und sein Gefolge die Fronten der in zwei Treffen aufgestellten Truppen abgeritten hat­ten, schwenkte der Kaiser vor den Tribünen ein und ritt an den Kriegervereinen und den an der Parade nicht unmittelbar beteiligten Offizieren vorüber. In der Mitte des Exerzierplatzes nahm dann der Kaiser Aufstellung, worauf die Truppen defilierten. Nach einer kurzen Kritik gab er den Befehl zum Abmarsch und ge­leitete dann die Fahnenkompagnie in die Stadt zurück. Dem Grenadierregiment König Friedrich Wilhelm III., 2. Schles. Nr. 11, dessen Chef die Erbprinzessin von Sachsen-Meiningen ist, sind bei der heutigen Parade zum Helm der Eardeadler ohne Stern und zu den Kra­gen und Aermelpatten für Offiziere eine Goldstickerei und für Mannschaften weiße Litzen verliehen worden.

Aus Hamburg 1.

Hamburg, 29. Aug. Die Reichstagsersatzwahl im ersten Hamburger Wahlkreis, der durch den Tod August Bebels frei geworden ist, ist auf den 17. Ok­tober festgesetzt worden. Die Nationalliberalen werden nicht, wie zuerst verlautete, Dr. Vurchard als Kandidaten in diesem Wahlkreis aufstellen. Dr. Vurchard hätte kandidiert als liberaler Sammel­kandidat. Da aber von der Fortschrittl. Volkspartei ein eigener Kandidat präsentiert wird (Dr. Peter- sen), kommt es zu keinem liberalen Block. Die Nationalliberalen haben sich nun nach der Absage Dr. Burchards an Hauptpastor O. Dr. Rode ge­wandt, der sich zur Uebernahme der Kandidatur bereit erklärt hat. _

Stratzburg, 29. Aug. Eine peinliche Szene spielte sich gestern abend auf dem Bahnhof ab. Als ein aus Baden-Baden in Begleitung einer Dame zurückkehren­der Kavallerieoffizier die Wartehalle betrat, wurde er von einer Dame angegriffen, die ihm mehrere Ohrfeigen versetzte. Der Offizier zog den Degen und wollte sich auf die Dame stürzen, als ein Feldwebel dazwischen-

Wer meinen Artikel in Nr. 196 des Calwer Tag­blattes mit offenem Auge ansah, konnte bemerken, daß ich weit entfernt war, mich mit demselben in jene er­lauchte Reihe von Geschichts- und Altertumsforschern hineinstellen zu wollen, welche Wurzeln bloßlegen, Quel­len graben, den Staub der Jahrhunderte von den Per­gamenten blasen und gelehrte Bände schreiben. Denn dazu habe ich weder Zeit noch Beruf. Vielmehr habe ich die bescheidene Rolle eines Registrators übernom­men, der die auf betreffendem Gebiete auftauchenden literarischen Erscheinungen verzeichnet und einander ge­genüberstellt, um dann allerdings daraus ein Fazit zu ziehen, das dem Stand der Dinge zu entsprechen scheint, und dieses Ergebnis lautet:

Wir haben guten Grund, von einer Gründung des Klosters Hirsau schon in der karolingischen Zeit ums Jahr 830 zu reden.

Wer auch aus sonstigen Studien weiß, welchen Schwankungen das Pendel archäologischer Forschungen unterworfen zu sein pflegt, wie subtil der Schwerter­tanz der Kritik ist u. wie leicht die Pfeile über das Ziel hinausschießen, der wird sich eine genügende Dosis zu­rückhaltender Kühle bewahren und Kritik üben auch an der Kritik.

Gemäß meiner oben dargetanen Stellung in der Sache erspare ich mir, auf die Einzelheiten in der Breite einzugehen, aber eine Erwiderung in Nr. 198 möchte ich doch kurz streifen. Wenn es dort heißt:Warum sollte denn zur Zeit der wirklich historisch beglaubigten Klo­stergründung ums Jahr 1065 die karolingische Technik nimmer in Anwendung gebracht werden, wenn der Bau­meister des Kirchleins keine fortschrittlichere Technik be­herrschte?", so dürfte diese Taktik, unbequeme Posten loszuwerden, sich zur Nachahmung kaum empfehlen.

Ich breche hier ab. Mögen die Meister archäologi­scher Fechtkunst den Kampf in der Arena fortsetzen, ich selbst begebe mich fortan wieder auf meinen Sitz im Zuschauerraum des Amphitheaters, um, je nachdem, dort entweder Beifall zu klatschen oder den Daumen zu senken.

Hirsau. Pfarrer Weiß.

trat. Der Ofizier verließ darauf den Bahnhof, da das Publikum eine feindselige Haltung gegen ihn einnahm.

Neapel, 29. Aug. Gestern traf unter Eskorte an Bord derJtalia" aus Newyork der Amerikaner Porter Charlton ein, der 1910 seine Frau in Como ermordet hat. Er floh unter falschem Namen in seine Heimat, wurde aber ausgeforscht, verhaftet und nun nach drei­jährigen Verhandlungen ausgeliefert. Zahlreiche Be­richterstatter suchten Porter zu sprechen, die Polizei ver­wehrte aber jedermann, auch dem amerikanischen Kon­sul, den Zutritt zu dem Dampfer. Porter sollte in letz­ter Nacht nach Genua und von da nach Como gebracht werden, wo die Schwurgerichtsverhandlung stattfinden wird. Sein Advokat hofft einen Freispruch zu erzielen.

London, 29. Aug. Unter den auf dem Transport nach Northamptonshire in das Manövergelände befind­lichen Pferden ist eine Schorfkrankheit ausgebrochen, die in erschreckendem Maße um sich greift. Die Dispositio­nen der Herbstmanöver mußten vollständig geändert werden, da sich die Kavallerie nur in geringem Maße daran beteiligen kann. Im Lager von Deventry wer­den anstatt 2000 Mann Kavallerie nur 400 Ulanen zu­sammengezogen werden. Die Krankheit soll in einer Züchterei in Lanterbury ihren Ursprung haben.

London, 29. Okt. Die Nachricht von dem Feuer an Bord des Hapag-DampfersImperator" hat an­fangs in hiesigen Versicherungskreisen sehr beun­ruhigt. Das Schiff ist für 22 Millionen versichert. Bisher war es nicht möglich, den Schaden abzu­schätzen, doch soll er gegen IV- Millionen Mark betragen.

Elgin, 29. Aug. Als Premierminister Asquith in Lossiemouth Golf spielte, griffen zwei Frauenrechtler­innen ihn an, hielten ihn fest, schleppten ihn umher und schlugen ihm den Hut herunter. Seine Tochter eilte ihm zu Hilfe. Drei Detektivs brachten die Weiber auf die Polizeiwache.

Petersburg, 29. Aug. Zwischen China und Japan soll folgendes vorläufige Abkommen getroffen worden sein: 1) Vorbereitungen für ein japanisch-chinesisches Bündnis. 2) Auslieferung der chinesischen Monarchisten, die sich in Japan versteckt halten. Erlaubnis der chine­sischen Truppentransporte auf der slldmandschurischen Bahn im Falle eines Krieges mit der Mongolei. 4) Japanische Hilfeleistung bei einem Kriege Chinas mit der Mongolei. 5) Anerkennung der chines. Republik.

Konstantinopel, 29. Aug. Hier glaubt man, daß die Adrianopler Frage allmählich im Sande verlaufen wird, und daß Bulgarien und die Türkei in dieser Frage fernerhin allein auf einander an­gewiesen sind. Man ist daher der Auffassung, daß die Türkei aus eigener Initiative eine Demar­kationslinie ziehen wird.

Gerichtssaal.

Stuttgart, 29. Aug. Altehrwürdige Zustände schei­nen in der Gemeinde Neuhausen a F. zu herrschen. Als dort nämlich eines Tages die Bauernfrau Karo- line Eisele in der Dämmerung Gras einholte, begeg­nete ihr der Feldschütz Anton Eoldner. Er fragte sie pflichtgemäß, was sie da habe, und, um sich zu über­zeugen, hob er die auf dem Gras liegende Decke. Die Frau Karoline Eisele sagte darauf zu ihm, er solle das lassen, im übrigen sei er liederlich. Diese Apostrophie- rung seiner Charaktereigenschaft brachte des Feldschlltzen Eoldner Blut in jähe Wallung u. er versprach der Frau Prügel, wenn sie ihn noch einmal liederlich nenne, was die Frau Eisele hierauf prompt und mehrfach besorgte. Daraufhin nahm nun der Feldschütz die zungenfertige Bauernfrau, wie er selbst ganz drastisch schilderte, beim Genick, legte sie über ihr Erasbündel, nahm seinen kräf­tigen eichenen Stock in die Rechte und versohlte die Frau so, daß sie acht Tage lang arbeitsunfähig war. Bei der heutigen Verhandlung vor der Strafkammer wurde der züchtigende Feldschütz zu 40 -K Geldstrafe und zur Zahlung einer Buße von 30 -tl an die Frau Eisele verurteilt, die Frau Eisele dagegen hatte wegen Be­amtenbeleidigung 6 -K Geldstrafe zu bezahlen. Die Verhandlung ging unter allgemeiner Heiterkeit vor sich, die zum Höhepunkt gesteigert wurde, als der Feldschütz begann, imaginär die Prozedur des Durchprllgelns zu wiederholen.

Hanau. 29. Aug. Eine dem homöopathischen Heil­verfahren anhängende Familie hatte bei der Erkrankung ihres dreijährigen Kindes den früher hier, jetzt in Heilbronn ansässigen Heilkundigen Karl Bahner zu Rate gezogen, der jedoch die Diagnose falsch stellte und demgemäß auch Unrechte Mittel zur Anwendung brachte. Das Kind starb. Bei der Sektion wurde festgestellt, daß es an den Folgen einer verkannten Erkrankung an Diphtheritis gestorben war. Wegen fahrlässiger Tö­tung angeklagt, wurde Bahner heute von der Straf­kammer zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt.

Landwirtschaft und Markte.

Tübingen, 29. Aug. Der Echweinemarkt war mit etwa 110 Paar Milchschweinen befahren. Die Preise gingen etwas zurück. Die kleinsten Tiere kosteten 40 Mark das Paar, die größten bis zu 66 ^l.

Bom mittleren Neckar, 28. Aug. Das seit einigen Tagen eingetretene prächtige Wetter hat die nunmehr schon mehr als fünf Wochen dauernde Getreideernte

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