und ausgerissene Bäume auf die Schienen der Straßenbahn gelegt und mit Revolvern auf die Straßenlaternen geschossen. Als man in der Passage Gauthier die Polizeistation stürmen wollte, konnte die inzwischen zusammengezogene Polizeimacht endlich Vorgehen. Auf beiden Seiten fielen Revolverschüsse, die aber anscheinend nur wenige Personen verletzten. In ihrer Not alarmierte die Polizei die Feuerwehr, die vier Mal mit mehreren Schlauchleitungen vorging. Den kalten Wasserstrahlen endlich wichen die „Antimilitaristen, so- daß gegen 1 Uhr morgens wieder Ruhe herrschte.
Bon mexikanischen Rebellen erschossen.
Mexiko, 23. August. Bei einem Ueberfall von Rebellen auf das Landgut Chilua, 20 icm nordöstlich der Hauptstadt, ist der Reichsdeutsche Friedrich Locht durch einen Schutz leicht verletzt worden. Sein Bruder Hans wurde von den Angreifern mitgeschleppt und erschossen. Ihre Schwester Henriette befindet sich in Sicherheit, ebenso auch ein dritter Bruder Alfred. Auf Betreiben der deutschen Gesandtschaft in Mexiko wurde die Rebellenbande sofort nach Bekanntwerden den Unfalls von Regle- rungstruppen verfolgt und unweit des Tatorts mit einem Verlust von 80 Toten aufgerieben. Der erschossene Hans Locht wurde gestern im Beisein des deutschen Geschäftsträgers v. Kardorff bestattet. Seine Mörder befinden sich vermutlich unter den getöteten Rebellen. Die Untersuchung wird fortgesetzt. _
Köln, 23. Aug. Zu einer Meldung aus Nanking, daß der Führer der Aufständischen die Beschießung des deutschen Konsulats angedroht habe, erfährt der Berliner Korrespondent der Köln. Ztg. auf Grund der neuesten Depeschen, daß das dortige Konsulat nicht weiter behelligt wurde,' auch über eine Belästigung des Kreuzers „Emden" verlautet nichts.
Hamburg, 23. Aug. In einer Besprechung der Vertreter des Werftarbeiterverbandes mit den Werftleitungen erklärten die Vertreter des Werftarbeiterverbandes, daß sie jetzt bereit seien, die Arbeit durch Vermittlung der Arbeitsnachweise wieder aufzunehmen. Der Beschluß der Werftarbeiter soll den Werftleitungen bis Montag früh zugehen. Die Arbeitgeber erklärten sich darauf bereit, am Dienstag vormittag die Arbeitsnachweise wieder zu eröffnen und die Vermittlung der Arbeit aufzunehmen.
Hamburg, 23. Aug. Die Hamburger Oberschulbehörde verbietet das Fußballspielen in den Volksschulen durch folgenden Erlaß: Den Herren Schulleitern wird zur Kenntnis gebracht, daß das Fußballspielen nicht im Lehrplan vorgesehen und daher vom Schulturnen ausgeschlossen ist. Das Verbot wirkte hier sehr befremdend.
Lübeck, 24. Aug. Die Bürgerschaftskommission zur Prüfung der Senatsvorlage wegen Erlasses eines neuen Einkommensteuergesetzes beantragt: „Ledige Steuerpflichtige, die keine Familienangehörigen ernähren, haben bei einem Einkommen von 2100 bis 10 000 einen Zuschlag von 10 und bei höherem Einkommen einen solchen von 20 zu zahlen. Verwitwete Steuerpflichtige, die keine Familienangehörigen ernähren, haben bei einem Einkommen von über 10 000 -4l einen Zuschlag von 10 zu zahlen.
die Mißachtung, die Herablassung darinnen. Allzu oft muß er ja auch erfahren, wie der Fremde aus der Rolle fällt und den „Herrischen" herauskehrt, den er eben noch, mit der Eamsledernen angetan, verleugnet hat. Die einzig richtige Art des Umganges wird in kultivierten Ländern sein: als das, was Du bist, als Fremder, den Einheimischen im Gefühle völliger Gleichberechtigung zu begegnen, ohne Herablassung und ohne Hochmut, aber auch ohne sentimentales, haltloses An- passungsbedürfns.
Du sollst also nicht mit der Fremde spielen. Du sollst hindurchgehen als Empfangender vor allem. Womöglich nicht als Fordernder und alles Umwälzender. Man ist noch lange kein Reaktionär, wenn man sich an einem primitiven Wirtshaus in den Bergen, einem kargen Mahl auf einer Wanderung abseits von den großen Straßen freut; oder an „zurückgebliebenen Zuständen" und „veralteten" Einrichtungen. Vorausgesetzt, daß sie der Gegend gemäß sind, mit ihrer Wesensart natürlich verbunden, aus ihrer Geschichte hervorgewachsen, bedeuten sie oft ein Stück großer Natur, für Dich vielleicht unübersehbarer Notwendigkeit. Darauf kommts überhaupt an, soll Dir nicht der tiefste und innerlichste Wert des Reifens entgehen; wo immer es möglich ist, ein Stück geschloffener, in sich ruhender, sich selbst genügender Natur zu sehen, die ihren eigenen Gesetzen gehorcht und Dir damit neu« Möglichkeiten des unerschöpflichen Seins zeigt. Bist Du ein wirkender, vollebendiger Mensch, dann hast Du in Deinem „Alltag" nicht die Zeit, ja nicht einmal das Recht, das Stück Leben, das Dich zu Hause umschließt, ganz von außen zu sehen; als Fremder und rein theoretisch beteiligter Zuschauer. Ilm in deutlichen Beispielen zu reden: die Zustände, die öffentlichen Verhältnisse Dei-
Spiez, 23. August. Der 24jährige Buchdruckergehilfe Loes-Mannheim stürzte in der Nähe der Eriesalp bei Kienthal bei einer Bergtour über einen Felsabhang ab und war sofort tot.
Laibach, 24. August. Hier ist heute der kroatischslowenische Katholikentag eröffnet worden. 20000 Personen, unrer denen sich zahlreiche Deutsche befinden, sind zu der Tagung erschienen.
Budapest, 23. Aug. Die Budapest«! Polizei erhielt aus Cattaro die Mitteilung, daß es der Wachsamkeit der dalmatinischen Polizei gelungen sei, einen überaus gefährlichen Mädchenhändler und zwar den bulgarischen Kaufmann Ephraim Geiger, der, als katholischer Geistlicher verkleidet, vier junge Budapests! Mädchen, deren Bekanntschaft er auf dem Budapester Corso gemacht hatte, nach Saloniki verkaufen wollte. Der Verbrecher wurde in dem Moment verhaftet, als er den Lloyddampfer „Prinz Hohenlohe" besteigen wollte.
Nom, 24. August. Auf Sardinien wüten furchtbare Waldbrände. Vom Golf von Arami bis Terranova brennen alle Wälder. Die reichen Holzbeziike von Pattada und Orotelli, sowie zahlreiche Herden sind ein Raub der Flammen geworden. Es liegt Brandstiftung vor.
Gerichtssaal.
Erfurt, 25. Aug. Das Landgericht hat drei dem Mühlen- und Brauereiarbeiterverbande ungehörige Arbeiter, die verschuldet hatten, daß ein Arbeitswilliger in einer Malzfabrik in Erfurt entlasten wurde und seither nicht wieder Arbeit fand, zu 1100 Schadensersatz an den Arbeitswilligen verurteilt. Das Landgerichtsurteil wird ausdrücklich als ein Teilurteil bezeichnet. Dem Kläger bleibt es bei weiterem Schaden überlassen, wieder klagbar gegen die drei Verurteilten vorzugehen. Das Oberlandesgericht Naumburg hatte als höchste Instanz vorher den Anspruch des Klägers auf Schadensersatz dem Grunde nach als berechtigt anerkannt.
Landwirtschaft und Markte.
Herrenberg, 23. Aug. Auf den heutigen Schweine- markt waren zugeführt: 95 Stück Milchschweine; Erlös pro Paar 42—58 -ll. 15 Stück Läuferschweine, Erlös pro Paar 70—90 eil. Verkauf: flau.
Pforzheim, 23. Aug. Der heutige Schweinemarkt war befahren mit 47 Ferkeln. Verkauft wurden alle. Preis das Paar 42—52 -il.
Stuttgart, 24. Aug. Die Lage auf dem Obstmarkt. Auch gestern wieder war die Zufuhr auf dem Stuttgarter Obstmarkt ganz bedeutend. Italienische Faßäpfel waren schon um 11 -il den Zentner zu bekommen; freilich waren es meist unreife Kanada-Reinetten und Mischung. Von einheimischen Früchten kamen hauptsächlich Eeißhirtlein, die je nach Größe und Beschaffenheit mit 20—30 -il den Zentner bezahlt wurden. Da das einheimische Obst vom Publikum immer höher geschätzt wird, als das ausländische, nach dem Grundsatz, daß auch der Städter nicht gern ißt, was er nicht kennt, machen sich einzelne gerissene Händler dies zunetzen, kaufen italiensche Birnen und bieten sie als einheimische an. Wer solche smarte Zwischenhändler Betrüger und Schwindler nennt, zieht sich unfehlbar eine Klage zu. Diese Leute wollen als Kaufleute gewertet werden und sprechen bei ihren Praktiken
nes engeren Vaterlandes, das Dir die Möglichkeiten und Pflichten Deines Arbeiten-, und Lebens bietet, kannst Du nicht „betrckchten", ganz „ohne Zorn und Eifer". Und es ist recht so: Du sollst mittätig und mitverantwortlich sein, geht ja doch alles Dich selbst an. Aber: Du hast tausendfach erfahren, in welche unfruchtbare Enge es führt, wenn Du nicht neben Deinem „Zorn und Eifer" noch die Fähigkeit pflegst, ein Stück Leben und Welt, so wie es ist, zu sehen, ohne jede Beimischung Deines so oft getrübten Wünschens und Höffens, mit einer Art ehrfürchtiger Zurückhaltung und Demut vor jenen unendlichen Möglichkeiten des lebendigen Seins. Diese Bescheidung und Ehrfurcht zu üben: dazu gibt das Reisen die feinste und wertvollste Gelegenheit. Die ließen meine Amerikaner ungenützt, ebenso wie der überlegene kalauernde „Berliner" — der aber nicht von Berlin zu sein braucht.
Es ist wie mit dem Lesen. Die einen genießen nur „den Stoff", die spannenden Ereignisse oder die pikanten Schlllffelmitteilungen oder die geträumte, romanhafte Erfüllung eigener Wünsche, kurzum, irgen- eine wahllos gesuchte Steigerung ihrer Alltagsbedürf- niffe, ihers lieben Eewohnheitsichs. Die anderen erobern sich, indes sie in das Innere einer echten Dichtung eindringen, an dem schöpferischen Walten einer großenPersönlichkeit teilnehmen, ein neues Land der ewig unbekannten, unendlich reichen Welt. Die nur stofflich genießenden Reisenden überschwemmen alle Länder und bleiben unberührt vom Segen der Fremde. Ein mit erobernden Sinnen begabter Wanderer aber geht über die nächsten Bergrücken und ist mit allen Gnaden des Reifens überschüttet.
Hermann Ullmann.
stolz von „Usancen". Hoffentlich wird die neue Marktordnung unser württembergisches Obst gegen diesen unlauteren Wettbewerb energisch schützen. Was die sonstigen Obstsorten betrifft, so gehen Mirabellen, die frühen Bühler Zwetschgen, Aprikosen, Pfirsiche und Heidelbeeren zu Ende. Die früheren hiesigen Zwetschgen kommen schon vereinzelt an den Markt. Die Qualität der Spätzwetschgen vierspricht hervorragend zu werden.
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Wiirttembergischer Saatenstand. Der Saatenstand in Württemberg stellte sich zu Anfang August nach den Mitteilungen des Statistischen Landesamts in der üblichen Notierung (2 gleich gut, 3 gleich mittel, 4 gleich gering, 5 gleich sehr gering), wie folgt: Winterweizen 2,4, Sommerweizen 2,5, Dinkel 2,4, Roggen 2,7, Sommergerste 2,5, Hafer 2,4, Kartoffeln 2,7, Hopfen 2,8, Klee 3,1, Luzerne 2,1, Wiesen 2,4, Aepfel 4,7, Birnen 4,9, Weinberge 4,7. Die Eetreidefrüchte haben durch die langanhaltende nasse Witterung weniger gelitten, als befürchtet wurde. Zwar ist stellenweise durch Schlagregen Lagerung entstanden, wodurch der Kornertrag, sowie der Wert des Strohs beeinträchtigt wird; vereinzelt ist auch Brand und Rost aufgetreten. Aber im großen und ganzen steht das Getreide recht befriedigend; auch der Hafer, der anfangs zu wünschen übrig ließ, hat sich gebessert. Die Reife des Getreides ist allerdings durch den Mangel an Sonnenschein sehr verzögert worden, macht aber nun unter der Einwirkung der seit einer Woche herrschenden schönen Sommerwitterung (der Bericht gilt für Anfang August!) rasche Fortschritte; in den milderen Gegenden ist die Roggen- und Eerstenernte derzeit in vollem Gang, teilweise, so in der Neckarsulmer Gegend, bereits beendet, und die Dinkelernte folgt bald nach, während in den rauheren Gegenden sich die Ernte Heuer sehr hinausziehen wird. Der Hopfen zeigt verschiedenen Stand. Teilweise, so namentlich in der Tettnanger Gegend, stellt er eine befriedigende Ernte in Aussicht, anderwärts wird er mitunter durch Blattläuse und Schwärze beeinträchtigt. Auch die Kartoffeln haben durch die Nässe bereits vielfach gelitten; besonders auf schwerem Boden sind die Kartoffelkrankheiten aufgetreten. Auch erschwerten die andauernden Niederschläge das Behacken der Kartoffeln, wodurch die Unkrautbildung Fortschritte machen konnte. Die Einheimsung der Heuernte hat vielerorts durch die ungünstige Witterung sehr notgelitten, so daß ein nicht geringer Teil des Heus minderwertig geworden ist. Der zweite Futterschnitt stellt gute Erträge in Aussicht; nur auf nassen Böden haben die Futterpflanzen Not gelitten. In den Weinbergen sind allenthalben unter dem Einfluß der nassen, kühlen Witterung die verderblichen Schädlinge trotz aller Abwehrmaßnahmen stark aufgetreten, so daß die Herbstaussichten noch mehr herabgedrückt wurden und Heuer nur ein ganz magerer Ertrag, in manchen Weinbauorten sogar eine völlige Fehlernte zu erwarten ist. Die Obstaussichten sind nach wie vor schlecht. In keinem Bezirk wird auch nur eine annähernd mittlere Obsternte in Aussicht gestellt; vielmehr melden sämtliche Berichte, daß die Ernte in Aep- feln und Birnen gering oder sehr gering ausfällen wird.
Der landwirtschaftliche Anbau in Württemberg im Jahre 1913. Die Erhebung über den landwirtschaftlichen Anbau nach dem Stand im Juni 1913 hat hinsichtlich der Hauptfeldfrllchte folgendes ergeben: der Winterweizen betrug im Jahre 1913: 39 181 Hektar (im Jahre 1912: 37 002 Hektar), der Sommerweizen 8720 Hektar (7994 Hektar), der Winterdinkel 133 546 (138 725 Hektar, der Winterroggen 33 348 (34 797) Hektar, Sommerroggen 4659 (4583) Hektar, Wintermenggetreide 16168 (17 711) Hektar, Hafer 148 730 (151300) Hektar, Sommergerste 98 968 (96 384) Hektar, Kartoffeln 102 281 (102 163) Hektar, Futter- und Kohlrüben 42 342 (42 050) Hektar, Hopfen 3 329 (3281) Hektar, Klee überhaupt 113 534 (114 540) Hektar. Eine nicht unbedeutende Zunahme weist trotz der im vergangenen Frühjahr infolge der Fröste notwendig gewordenen Umpflügungen die Fläche von Winterweizen auf, der schon seit längerer Zeit fast stetig sich ausbreitet. Sit 1878 hat sich der Weizen auf nahezu das Dreifache des damaligen Bestandes ausgedehnt. Auch die Anbaufläche von Sommerweizen hat zugenommen. Die Sommergerste, deren Anbaufläche eine schwankende ist, zeigt ebenfalls gegenüber dem Vorjahr eine nicht unerhebliche Zunahme. Kleinere Zunahmen sind weiterhin bei Sommerroggen, Kartoffeln, Futter- und Kohlrüben, Hafer zu beobachten. Einen Rückgang weisen von Eetreidefrüchten auf: der Dinkel, der seit 1878 um nahezu ein Drittel zu- rllckgegangen ist, ferner Wintermenggetreide und Hafer. Der Klee hat ebenfalls einen Rückgang erfahren, der wohl durch die in diesem Frühjahr infolge der Mäuseschäden des vorigen Jahres notwendig gewordenen Umpflügungen veranlaßt ist.
Für die Schriftleitung verantwortlich: Paul Kirchner. Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckerei.