G Bad Liebenzell, 7. Aug. Rückblick. Die Theatervor­stellung und Reunion am 31. Juli sah zum erstenmal ein weniger besetztes Haus. Den Abend eröffnete die Kurkapelle mit einigen gut gewählten Stücken. Auch hierin ist ein Fort­schritt zu verzeichnen. Wenn in früheren Jahren die Leistun­gen der Kurkapelle teilweise zu wünschen übrig ließen, so dürfen diese Heuer durchweg als gut bezeichnet werden. Nach einem kürzeren,lustigen Theaterstück folgten in bunter Reihe Vorträge ernster und heiterer Art und musikalische Darbietun­gen. Am Samstag, den 2. Aug., wurde bei gutem Be­such AnzengrubersMeineidbauer" gegeben. Es ist dies ein Stück nicht zum vorübergehenden Zeitvertreib, es bietet viel­mehr eine Menge Stoff zum Nachdenken. Die schwierige und anstrengende Rolle des heruntergekommenenJakob" wurde von H. Meinberg meisterhaft gespielt. Ebenso gut ent­ledigte sich Frau Kraus alsVroni" ihrer Aufgabe. Die Rollen der zwei Hofbauern lagen bei den beiden Direktoren .Blumau und Kraus in guten Händen. Letzten Diens­tag gingCharleys Tante" zum zweitenmal über die Bretter. Obwohl die einheimischen Theaterbesucher fast ganz fehlten, weil sie in der Mehrzahl das Stück schon sahen, war der Besuch an diesem Abend doch der stärkste des ganzen Sommers. Wir haben jetzt eben auch Hochsaison. Und daß Liebenzell nun­mehr gut besetzt ist, geht daraus hervor, daß sich die Kurver­waltung genötigt sah, mit Hilfe derOrtsschelle" nach etwa noch zur Verfügung stehenden Zimmern zu suchen. Auch das Waldfest am letzten Sonntag erfreute sich eines guten Besuchs. Manchen Schweißtropfen erforderte allerdings die Besteigung des Schloßbergs. Doch bald herrschte im oberen und unteren Schloßhof ein lebhaftes Treiben. Auf lustiger Bühne konzertierte die Kurkapelle. Auf allerdings wenig ge­eignetem Tanzplatz wiegten sich die Paare. Die Restau­ration war dabei von der Kurverwaltung in eigene Regie übernommen.

Bad Teinach, 8. August. Für das morgen abend stattfin­dende Konzert des Männergesangvereins sind alle Vorberei­tungen getroffen. Das Konzert verspricht umsomehr An­ziehungspunkt für Kurgäste und die Bewohner der Nachbar­schaft zu werden, als der Calwer Gesangverein Concordia sich freundlich bereit erklärt hat, mitzuwirken. Außerdem sind an der künstlerischen Ausgestaltung des Abends mehrere, z. T. hier zur Kur weilende Gesangs- und andere musikalische Kräfte beteiligt. (S. auch Inserat.)

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Weilderstadt, 7. August. Die gestern hier eingetroffene Abordnung des deutschen Hopfenbauvereins sprach sich in lo­bender Weise über den Stand der hiesigen Hopfen aus. Unter den Besuchern waren auch die Professoren Faist und Wagner von Nürnberg, Stadtschultheiß Winghofer von Rottenburg und der Vorstand des deutschen Hopfenbauvereins für den Neckar- und Jagstkreis: Schultheiß Löffler von Renningen.

Calmbach o. A. Neuenbürg, 7. August. Ein Goldarbei­ter überließ sein 314jähriges Töchterchen einigen 1012jäh- rigen Mädchen, die es in den nahen Wald Mitnahmen und dort Beeren suchten. Sie ließen dann das Kind im Wege stehen und drangen tiefer in den Wald ein. Bei ihrer Rück­kehr war das Kind verschwunden. Sofort machten sich Ver­wandte und Nachbarn aus die Suche, jedoch erfolglos. Auch Jungdeutschland wurde aufgeboten und zuletzt die freiwillige Feuerwehr alarmiert. Diese hatte sich eben an die Arbeit ge­macht, als das Telephon meldete, daß das Kind in dem 2 Stunden entfernten Jgelslocher Wald von Forstwart Günther schlafend aufgefunden worden sei. Sofort machte sich der Vater auf den Weg, um sein schon verloren geglaubtes Kind dort abzuholen. Möge der Fall den Eltern zur Warnung dienen.

Württemberg.

Oberndorf, 7. August. Die Obmannschaft Oberndorf des alten Eisenbahnverbands hat sich heute mit sämtlichen 48 Stimmen für den volksparteilichen Proporzabgeordneten Fi- scher-Heilbronn als künftigen Sekretär des Verbandes aus­gesprochen.

Horb, 7. August. Nunmehr hat auch der württember- gische Obstbauverein für die von dem Sturm am 4. Juni in den Oberämtern Herrenberg und Horb geschädigten minderbe­mittelten Obstbaumbesitzer 500 ^ zur unentgeltlichen Liefe­rung von Obstbäumen ausgeworfen. Durch Vermittlung der Schultheißenämter wird eine Kommission die Verteilung be­sorgen.

Rottweil, 8. August. In einem Schreiben an die Lei­tung der Deutschen Partei des Bezirks Rottweil hat Oberst a. D. Blaul-Wellendingen erklärt, daß er aus wahlpolitischen und gesundheitlichen Gründen die ihm von der Deutschen Partei angetragene Kandidatur für die Landtagsersatzwahl nicht an­nehmen werde.

Stuttgart, 7. August. In einem Nachbarort von Stutt­gart konnte eine Arbeiterfamilie, bestehend aus Mann, Frau und 9 Kindern, wegen Stellenlosigkeit des Mannes die Miete nicht bezahlen. Vor Gericht wurde ein Vergleich geschlossen, wonach, falls nicht bis zum 1. August 20 bezahlt sind, die Wohnung im Laufe des 4. August geräumt werden soll. Die­ser Vergleich war noch nicht zugestellt und auch noch nicht voll­streckbar. Außerdem hatte der Gerichtsvollzieher dem Haus­besitzer mitgeteilt, daß er ohne ihn die Mietspartei nicht auf die Straße setzen dürfe. Trotzdem erschien, wie die Blätter melden, am 4. August nachmittags der Gemeindeschutzmann, der Hausbesitzer und sein Buchhalter an der Türe des Mie­ters. Der Hausbesitzer holte, als der Mieter nicht öffnete, ei­nen Schmied herbei, der die Türe erbrechen sollte. Der Mie­ter bat nun, indem er die Wohnung öffnete, ihn mit seiner Fa­milie bis zum nächsten Tag im Hause zu lassen, worauf er freiwillig ziehen wolle. Auch wies er auf das Fehlen eines Gerichtsvollziehers hin, daß er die Eindringlinge wegen Haus­friedensbruch verklagen werde. Trotzdem wurden seine Möbel gepackt und die Treppe hinuntergeschleift, worauf der be­drängte Mann der Uebermacht wich und mit Frau und Kinder auf die Straße ging. Der Schutzmann half noch den Rest der Möbel auf die Straße stellen. Die Familie ging in den nahen Wald und übernachtete da. Der Schutz­mann erklärte, daß er im Namen und Auftrag des Schult­heißen gehandelt habe. Nunmehr ist gegen sämtliche Betei­ligten Strafanzeige erfolgt, die wohl zu einer Einführung der bestehenden Gesetze auch in diesem Orte führen wird.

Stuttgart, 7. August. Durch verschiedene Tages­zeitungen wurde die Nachricht verbreitet, daß nach einer bewegten Sitzung der Vereinigung der Be­amten des Assistentendienstes, der Vorsitzende dieser Organisation, Etat. Verwalter Paal sein Amt niedergelegt habe. Diese Meldung ist frei erfunden. Paal hat sein Amt nicht niedergelegt. Wohl hat sich der Ausschuß der Vereinigung vor einigen Tagen in einer Sitzung mit der Krisis im Landes­verein der Württ. Verkehrsbeamten beschäftigt. Dabei kam es zu einem Mehrheitsbeschluß, den Kollegen, die an der außerordentlichen Versamm­lung des Landesvereins am 14. September teil- nehmen, nahe zu legen, bei der Wahl des Vor­standes weiße Zettel abzugeben, sofern Baumann wieder zur Wahl vorgeschlagen wird.

Cannstatt, 7. August. Kaum, daß Hirth glücklich den Unfall bei Wanne bei Dortmund bestanden hat, ist er gestern abend 7 Uhr, wie vom Flugplatz Johannisthal bei Berlin ge­meldet wird, mit seinem selbstkonstruierten Eindecker abge-

Kmina.

20 ) Roman von Gerhard BLttnrr.

Reden wir nicht davon, Kapitän. Ihnen ist keine Schuld beizumefsen. Dasselbe hätte bei der Landung in Durazzo dann auch passieren können. Es ist eben wirklich entsetzlich, was über dieses junge Geschöpf schon alles hereingebrochen ist. Ich könnte die Kümmernisse dieses Frauenherzens er­zählen, aber ich würde dadurch Dinge preiszugeben gezwun­gen sein, die nicht für Seemannsohren bestimmt sind. Das mag Sie nicht kränken, Kapitän. Aber es gibt eben Seelen­kämpfe und Sorgen mancher Frauenseelen, die kein Mann versteht, außer, daß er sehr zart besaitet sei. Dichter der

Sehnsucht, Philosophen, die die Wahrheit suchen..

die könnten vielleicht verständnisvoll diese Frauengeschichten hören. Aber Menschen des Alltags, Arbeitsmenschen .... Kapitän, das glaube ich nicht, daß unter Hunderten einer Ver­ständnis dafür haben könnte. Und die Krankheit der Signora dünkt mich aller Voraussicht nach eine seelische zu werden. Auch der Schmerz in seiner größten Form ist eine Krankheit, Kapitän ..."

Ich will mich nicht zu denen rechnen", versetzte Kapitän Geldern,welche Verständnis heucheln, um allerlei Herzens­geschichten in allen Einzelheiten zu erfahren, um über derartige Frauen, die sich ihrer Neugier preisgeben, nachher zu spotten, triumphierend zu lachen. . . . Und Sie tun dem Seemanns­stand nicht gerade Unrecht, wenn solcher von Ihnen als rauh, oft auch herzlos bezeichnet wird. Es ist wahr. Ein guter Teil der Meerfahrer wird durch den gefahrvollen Beruf hart und aller Empfindsamkeit bar, sagen wir ganz ruhig: in mancher Hinsicht abgestumpft. Aber es gibt auch Ausnah­men . Ich habe ein hartes, wenig sonniges Da­

sein hinter mir. Ich will auch gestehen, daß ich für die Frauenwelt nie sehr viel Sympathie gehabt habe und nur

flüchtig ein paar Momente meines Lebens lang liebte.

Aber trotzdem weiß ich auch die Liebe als eine fruchtbare Seelennotwendigkeit zu schätzen; ja, auch manches Seemanns­herz kann von einer Liebe reden, die es sein Lebtag mit sich hemm getragen hat, bis sie gesättigt wurde oder verblu­tete . Also.Wenn es der Ehre der Frau

und dem Andenken des Toten, den ich einst von Venedig nach Triest fuhr, nicht zur Schande gereicht, dann will ich ihr Ver­trauen schätzen; falls Sie mir die Lebensgeschichte der Sig­nora preisgeben können."

Wenn Sie mir Schweigen geloben, der Signora gegen­über . . . ."

Der Kapitän reiche Ben Hassan seine Hand hin.

Nun wohl", sagte dieser,dann solls mir Recht sein.."

Kommen Sie mit auf die Kommandobrücke", meinte der Kapitän.Ich muß scharf ausspähen! Wir könnten sonst bei der Jnselklippe der dalmatinischen Küste schlecht vorbei. Droben dann erzählen Sie mir alles."

Schweigend stiegen die beiden Männer die eiserne Wendel­treppe zur Kommandobrücke empor.

Die Sonne stand im Zenit und brannte reichlich warm auf die Wasser der Adria hernieder.

Keine Wogen gingen.

Es war, als fahre das Schiff auf einem größeren Binnen­see des Festlandes. Zahllose Wasservögel begleiteten den Fahrtweg der Omra und ein frischer Semannsgmß klang von einem vorbeifahrenden Schiffe herüber, das ebenfalls türki­scher Nationalität war.

Hin und wieder laute Kommandos in den Maschinen­raum hinunterrufend oder über Deck Befehle erteilend, stand

stürzt, jedoch abermals ohne ernstliche Verletzungen davonge­kommen. Sein Flugzeug ist völlig zertrümmert. Ueber den Unfall bei Wanne wird erzählt: Hirth, der von Wanne nach Dortmund fliegen wollte, entging mit Not dem Tod. Er flog in einer Höhe von 3000 Metern, als plötzlich die Pleuelstange des Motors den Zylinder zerschlug. Hirth ging im Gleitflug nieder. Als er sich in geringer Entfernung vom Boden befand, verlor er die Herrschaft über seinen Apparat. Er rettete sich dadurch, daß er in 5 Meter Höhe aus dem Sitz sprang, sodaß er mit leichten Verletzungen am Kopf und an den Armen davonkam.

Dischingen O. A. Neresheim, 7. August. Bei einem ge­stern nachmittag hier niedergegangenen' Gewitter traf der Blitz den auf dem Felde arbeitenden, 56 Jahre alten Hirschwirt Böhm und einen in der Nähe weilenden Knecht. Böhm wurde sofort getötet. Der Knecht kam mit dem Schrecken und einigen leichten Brandwunden davon. Zu gleicher Zeit fuhr ein Blitzstrahl hier in ein Oekonomiegebäude und zündete, das Feuer konnte jedoch sofort gelöscht werden.

Biberach, 7. August. Gestern nacht 1611 Uhr fuhr ein Sonderschnellzug hier durch. Hilfsrangierleiter Pfender von hier) der wahrscheinlich nicht an diesen Sonderzug gedacht, wollte eben die Geleise überschreiten, um nach Hause zu gehen, und wurde von dem Zuge hinausgeschleudert. Trotzdem Pfender keine Wunde, mit Ausnahme eines Bluttropfens am Kopfe aufzuweisen hat, blieb er auf der Stelle tot. Er wird als ein sehr tüchtiger, nüchterner und zuverlässiger Mann ge­schildert. Er hinterläßt eine Witwe und fünf kleine Kinder.

Aus Welt und Zeit.

Karlsruhe, 7. August. Die beiden Inhaber des seit dem Jahre 1904 hier bestehenden Bankhauses Woerner u. Wöhrle, die Bankiers Georg Woerner und Viktor Wöhrle, haben beim Amtsgericht den Konkurs angemeldet. Gleichzeitig haben sie angegeben, daß sie sich Depotunterschlagungen in Höhe von 30 000 Mark zuschulden hätten kommen lassen. Sie wurden daraufhin alsbald verhaftet. Wie verlautet,belaufen sich die Passiva etwa auf einviertel Million Mark, denen fast gar keine Aktiva gegenüberstehen. "

Stratzburg, 7. August. In Luneville hat sich ein neuer chauvinistischer Fall ereignet, dessen Opfer die Familie eines aus Renchen in Baden gebürtigen Schlossers mit Namen Schneider ist. Schneider, der in einer Maschinenfabrik in Lu­neville arbeitete, ist zur Zeit zu einer vierzehntägigen Land­wehrübung beim Pionierbataillon 14 in Kehl eingezogen. Die Familie Schneider blieb in Luneville zurück. Als die Bevöl­kerung gestern erfuhr, daß Schneider sich zur Ableistung einer militärischen Uebung in Deutschland befand, drang sie in das Haus ein und demolierte sämtliche Möbel. Auch die Ställe mit dem Kleinvieh wurden zerstört. Die Frau und ihre Kin­der mußten, um den Tätlichkeiten der aufgeregten Menge zu entgehen, flüchten. Sie kamen gestern nachmittag in Kehl an. Schneider erhielt sofort Urlaub, um Schritte zur Sicher­stellung des Schadenersatzes zu tun.

Berlin, 7. August. DieNordd. Allg. Ztg." schreibt: In den Betrachtungen der bürgerlichen Blätter zu dem kriegs­gerichtlichen Urteil in dem Verfahren gegen Tilian und Ge­nossen kommt die Genugtuung über die öffentliche Klarstellung des Geschehenen, soweit sie in diesem Verfahren möglich war, zu ihrem Recht. An der wirklichen Bedeutung der unent­schuldbaren Vorkommnisse ist vor Gericht nichts abgeschwächt, nichts beschönigt worden. Gerade dadurch aber wird den Uebertreibungen der Boden entzogen, mit denen der Abgeord­nete Liebknecht die öffentliche Behandlung der Angelegenheit eingeleitet hat. Der bisherige Verlauf der amtlichen Maß­regeln zur Aufklärung agitatorisch vergrößerter Mißstände ist für die Sozialdemokratie eine Enttäuschung. EinPanama"

der sehnige Schiffskapitän auf seinem leitenden Posten, mit wehmütiger Traurigkeit der fortlaufenden Erzählung Ben Hassan Omirs neben sich lauschend.

Ben Hassan Omir neben ihm redete sich warm in seine Erzählung hinein und hörte erst auf, als Amina nach ihm sandte und ihm sagen ließ, daß sie es gerne sehen würde, wenn er ihr zu einem kräftigen genießbaren Essen verhelfen könnte; sie habe jetzt so großen Hunger, und das bis jetzt ge­brachte Essen könne sie nicht vertragen.

Rasch schied er von dem gerührten Seemann, der ihn an­wies, doch den Koch gehörig ins Gebet zu nehmen; andern­falls er selbst Nachkommen würde, damit Amina ja befriedigt werden könne.

Plötzlich erhielt das Schiff einen ungeahnten Ruck.

Stopp, stopp!" donnerte des Kapitäns Stimme durch die Mittagsstille dahin.

Und dann gab es ein Laufen und Rennen auf dem Schiffe.

Kapitän Geldern kam und fluchte; der Steuermann kam und fluchte mit.

Auch Ben Hassan Omir kam herzugelaufen, starr vor Schrecken über den verspürten Ruck.

Doch ehe er seinen Mund zu einer Frage auftat, sagte der Kapitän:

Gnade uns, wenn wir nicht rückwärts können. Wir sind aufgeklippt."

Und nun begann eine Sysiphusarbeit der Schiffsleute.

Die Maschine stampfte; das Schiff knarrte in allen Fu­gen. Aber es ging eine ganze Zeitlang weder vorwärts noch rückwärts. . . .

Ja, so ging es stundenlang fort.

(Fortsetzung folgt.) .