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Nr. i4.
Altenfteig, Mittwoch deN LS. Za««ar.
^ Sahrgarrg 1 S 2 L.
Reichsgründungsfeier.
Stuttgart, 18. Jan.
Im Gustav Sieglehaus fand gestern abend die zahlreich besuchte Feier zur Erinnerung an die Gründung des Deutschen Reichs statt. Der Stuttgarter Liederkranz sang einleitend ein altdeutsches Retterlied. Die Festrede hielt Staatspräsident Dr. v. Hi eher. Er führte in großzügiger Rede folgendes aus:
Wir hatten uns diese Feier all die Jahrzehnte her ganz anders gedacht. Der 18. Januar 1921 sollte uns nicht nur an einen der glorreichsten Tage deutscher Geschichte, an die Erfüllung langer Träume aus'Väter- und Vorväterzeiten erinnern, er sollte uns zugleich, so hofften wir, einen Ausstieg unseres Volks auf allen Gebieten, eine Entfaltung aller wirtschaftlichen und geistigen Kräfte glanzvoll zeigen.
Es ist anders gekommen.
In Versailles, wo vor 50 Jahren die Einigung des deutschen Volks verkündet wurde, ist nach dem Weltkrieg der demütigendste, niederdrückend st e Friedensbe. fehl, den die Geschichte aller Zeiten kennt, dem deutschen Volk auferleat worden. Für Millionen Volksgenossen ist dieser Tag zugleich eine schmerzliche Erinnerung an dahingerafste Opfer durch vierjährigen Krieg.
Und doch dürfen wir diesen Tag feiern, der nach Zerissen- heit und schwerem Elend den einheitlichen deutschen Staat schuf. Keines der großen Völker Europas hat einen so bewegten, wechselvollen Weg zu seiner staatlichen Einheit durchlaufen müssen, wie das deutsche. Und keinem anderen Kulturvolk war die, Frage Hein oder Nichtsein so oft und so scharf gestellt. Es ist ein gigantisches Ringen nach Einheit und Macht, das über Karl dem Großen, über die fürstlichen Gebilde des Mittelalters, über den 30 jährigen Krieg, über Friedrich den Großen die Jahrhunderte bewegt und mit einem gewaltigen, großen, diplo- matisch-militii i .cn Kampf, der von 1864 über 1866 zu 1870/71 von Sieg zu Sieg geführt und zugleich einen 200 jährigen Kampf zwischen dem alten Oesterreich und dem neuaufstrcbenden preußischen Staat gebracht hat. Groß und gewaltig war der nationale Gewinn. Erst die jüngsten Ereignisse erinnern uns an die Mängel. Narben und Wunden, die jene Kämpfe hinterlassen, an die Lücken, die der deutschen Einheit noch geblieben sind. Die letzte Entscheidung Mr Errichtung der Einheit ist durch die Waffen gefallen. Müßig za streiten, ob sie hätte auf anderem Weg erreicht werden können. Im deutschen Geistesleben, in der deutschen. Literatur des 18. Jahrhunderts, in den Köpfen der Vesten des deutschen Volks war die Einheit erträumt, ersehnt, durchdacht, geistig vorbereitet worden; sie war auch wirtschaftlich das Gebot der Stunde.
Aber erst Bismarck gelang das Werk. Es war der Siegespreis diplomatischer und Militärischer Erfolge. An dieser geschichtlichen Tatsache ist nicht zu rütteln.
Aber das andere bleibt auch bestehen: ohne jene geistige, friedliche Vorarbeit der Denker und Dichter, der Volksvertreter und Volkswirtschafter ist Bismarcks Erfolg und sein Werk undenkbar.
Es ist etwas Großes, ein Volk von einem Gedanken, von einem Streben nach einem hohen heiligen Ziel erfüllt zu ehe». Die Zeit jener Jahre wird darum immer zu den großen Zeiten zählen, ihre Führer werden zu den großen Männern unserer Geschichte gehören.
Und heute!? Eine nationale Erinnerungsfeier hat nur dann Sinn und Wert, wenn sie uns auch für die Gegenwart neue Antriebe des Handelns gibt. Das Deutsche Reich ist ein Hort des Friedens gewesen. Wie ein furchtbares Unwetter ist der Krieg über uns hereingebrochen. Mögen allerhand Fehler gemacht worden sein, von uns nicht mehr als von den anderen. Sein tiefster Grund war und ist doch, daß unsere Nachbarn uns den glänzenden Aufstieg nicht gönnten, den wir im deutschen Reich auf allen Gebieten völkischer Arbeit gemacht haben.
Nunmehr wirst der Staatspräsident einen kritischen Blick auj unsere Gegenwart. Ungeheuer groß ist die militärische und diplomatische Niederlage Deutschlands. Fast widerstandslos sind im Innern die Staatsgewalt und ihre Träger im November 1918 zusammengebrzchen. Unsere Wcltmachtstcllung ist vernichtet, das wirtschaftliche Leben tödlich getroffen. Sollen wir der ungeheuren Wucht der Enttäuschung unterliegen? Ist uns nichts geblieben, als — wie es jener Engländer in kaltem Hohne uns angekündigt — unsere Augen, um unser Unglück zu beweinen? Geblieben ist uns unser nationaler Staat,
0 a s D e u t s ch e R e l ch. In anderer Form, auf anderer Grundlage mußten wir ihn wieder aufbauen, wenn wir nicht der Gefahr völliger Anarchie anheimfallen wollten. Die Grundlage für den neuen Bau konnte nur die nationale Einheit des deutschen Volks fein, wie sie der 18. Januar 1871 uns als Vermächtnis gegeben hatte. Das deutsche Volk will „sein Reich" erneuern und festige», nicht ein neues Reich gründen. Wenn der völlige Zerfall uns erspart geblieben ist, so danken wir das in erster Linie den starken Klammern, mit denen die bismarck'sche Gründung des Reichs das deutsche Volk zusammengeschmiedet hat.
Nicht mehr von oben her durch einen Bund der Fürsten, sondern von unten herauf wird dieser Staat ftets neu geschaffen. „Jeder der sich für einen Herrn anderer hält, ist selbst ein Sklave. Nur derjenige ist frei, der alles um sich herum frei machen will." Kein Geringerer als Fichte hat diese Worte gesprochen. An Vaterlandsgefühl braucht der Geringste sich nicht vom Höchsten übertreffen lassen. In unserer Not müssen wir von Volksgenossen zu Volksgenossen Versöhnung tragen, gemeinsam muß unser Haus wieder errichtet werden. Nur der Wille aller Staatsbürger, nur die Beteiligung aller am Staat kann heute uns noch retten.
Stchend sang hierauf die Festversammlung „Deutsch- iand, Deutschland über alles!" Der Liederkranz unter Chormeister Bachs Leitung trug zum Schluß den Männerchor vor „Deutschland, dir, mein Vaterland".
Stnttgart, 18. Jan. (Reichsgründungs sei- I ern.) Die Studentenschaft der Technischen Hochschule j beging den Gedenktag der Reichsgründling mit einem . Festakt im Festsaal der Liederhalle. Die Verbindungen ! und Korporationen waren in studentischem Wichs voll- j zählig versammelt. Rektor und Senat der Hochschule j zogen mit dem Universitätsbanner in den Saal. Der ! Akademische Liederkranz eröffnete - die Feier mit einem vaterländischen Lied. Der Rektor der Hochschule, Professor Dr. Gutbier, hielt die Festrede über die wissenschaftliche und kulturelle Bedeutung wissenschaftlicher Forschung. Begeistert wurde das Deutschlandlied gesungen. Der Vorsitzende des Akademischen Studentenausschusses, j stud. Schaber, schilderte die Ziele der deutschen Stu- ? denken beim Wiederaufbau des Vaterlands. Das Lied j „Burschen heraus!" bildete den Abschluß des Festaktes. !
Im überfüllten Stadtaartensaal beging heute abend ! die Württ. Bürgerpartei den Gedenktag an die i Gründung des Reichs. Kammersänger Neudörffer ! sang packende Lieder und Professor Lachenmaier trug vaterländische Gesichte vor. Ein Festspiel, verfaßt von ! Frln. Roser, führte die Ausgaben der Gegenwart und s unsere Hoffnung auf die deutsche Jugend vor Augen, i Die Festrede hielt Landtagsabg. Wider. Er zeigte ^ den alten Kaisertraum des deutschen Volks, der immer j wieder an dem Mangel des Nationalgesühls und der l nationalen Leidenschaft zu Grunde ging. Der Kampf ^ um die Seele des deutschen Volks war versäumt worden, j In Jahrhunderten gelang es nicht, das deutsche Volk im ! nationalen Sinn zu politisieren. Der Krieg galt dem ! deutschen Geist and der .derttsckien Arbeit. Treue und die Bruderhand jedem, der seinem Volk die Treue j Mt. Der Redner erntete stürmischen Beifall. -
Neues vom Tage. -
Tis deutsche« Verbindlichkeiten im Ausland.
Berlin, 18. Jan. Auf die Frage der alliierten j Mächte, wie hoch ungefähr der Betrag des deutschen j Papiergeldes im Ausland und die Höhe der vom Ausland > Deutschland gewährten Kredite zu schätzen sei, wird deutscherseits geantwortet, nach Schätzungen seien die ! Summen des im Ausland befindlichen deutschen Papiergelds und der Kredite auf mindestens 70 Milliarden ! Mar! anzunehmen, ohne die in amerikanischem Eigentum befindlichen Wertpapiere deutscher Herkunft, die auf ! wenigstens 25 Milliarden Mark zu schätzen sind. Bon ! den 70 Milliarden entfällt die kleinere Hälfte ans Pa- j Piergeld, der größere Teil auf Kredite, die das Ausland j Deutschland gewährt hat. j
Was geht in Polen vor? ^
Warschau, 18. Jan. Der „Brooglad Wieczorny" j will wissen, in Posen und Pomerellen (polnisch Ost- und j Westpreußen) werde eine Erhebung gegen die Regierung ' in Warschau vorbereitet. (Diese Nachricht soll wohl die j Ansammlung der polnischen Divisionen an der ostpreu- - ßischen Grenze bemänteln?)
Kein Mißbrauch des Streiks. ^
London, 18. Jan. Laut „Morningpost" erklärte der ! englische Arbeiterführer Clynes in einer in der Handelskammer in Manchester gehaltenen Rede, in allen sich ' selbst regierenden Staaten seien die Arbeiter zu bisher Ungeahnter industrieller und politischer Macht gelangt. Die Arbeiter könnten jedoch nicht, wie andere Klassen, in den Fehler verfallen, ihre Macht zu mißbrauchen. Die Arbeiterschaft würde einen großen Fehler begehen, wenn sie sich zu sehr ans die Macht des Streiks verließe.
Die Kämpfe in Irland.
Dublin, 18. Jan. In Irland geht der Kleinkampf weiter. Gestern wurde das Polizeigebäude in Cork von einer starkn Schar Sinn Feiner mit Gewehren und Bomben angegriffen. Die Angreifer zogen sich zurück, als die Polizei Verstärkungen erhielt.
Die Haussuchungen und die Absperrung einzelner Stadtbezirke durch Militär dauern fort.
Demnächst soll unter dem Vorsitz des Bürgermeisters von Dublin De Balera und anderer bekannter Person lichkeiten ein Bund des Weißen Kreuzes gegründet werden, um Unterstützungen für die durch die Verfolgungen ir Irland Heimgesuchten zu sammeln.
London, 18. Jan. Reuter meldet: In Londor wurden 6 Personen, von denen eine, wie man vernimmt; der Führer der Sinn-Feiner-Bewegnng in England ist
im Zusammenhang mit dem Versuch, Petroleulager ir Brand zu stecken, von Geheimpolizisten verhaftet. Ein, Unmenge von Schriften wurde beschlagnahmt.
Keine Angriffsabsichten der Bolschewisten?
London, 18. Jan. „Wirleß Preß" zufolge erklärt, die russische Räteregierung drahtlos, alle Gerüchte be treffend bevorstehende Angriffe Sowjetruß lands auf Deutschland beruhten auf Unwahrheil Die Räteregierung betrachte die Herstellung friedlicher Be Ziehungen zu ihrem Nachbar als wichtigste Aufgaabe
Schlechte Finanzlage und Abrüstung in Indien
London, 18. Jan. Reuter meldet aus Delhi der den Beschluß der Regierung, ungefähr 12 Reiter- unt etwa 30 Jnsanterie-Regimvnwr zu demobilisieren. Es wird ferner in Aussicht gepellt, daß auch die' brüll s<^n Strcitkräste in Indien herabgesetzt werden sollen Die indische Regierung trifft Maßnahmen, um den großen Fehlbetrag im Reichshaushalt zu decken, der infolge des Sinkens der Valuta und der allgemeinen Handelspreise unvermeidlich ist.
Endlich eine Einigung.
Berlin, 18. Jan. Der „Vorwärts" erführe, daß die verschiedenen Eisenbahnerverbändc mit dem letzten Abkommen über die Teurungszulagen sich zufrieden geben und auf den Streik verzichten werden, der unter den gegenwärtigen Verhältnissen gefahrdrohend wäre.
Verräter.
Heidelberg, 18. Jan. .Hier wurde ein Schreiner aus Frankfurt a. M. verhaftet, der der Werbetätigkeit für die Fremdenlegion übersäht werden konnte. Ein zweiter Werber, ein Koch aus dem Elsaß, der WerLegelder in Höhe von 25 000 Mk. bei sich führte, wurde gleichfalls festgenommen.
Deutsche Lehrer sür Niederländisch-Jndie».
Amsterdam, 18. Jan. Die Regierung in Nieder- ländisch-Jndien beabsichtigt, 200 deutsche Lehrer in Indien anzustellen, die vorher in Holland sechs Monate in der Holländischen Sprache unterrichtet werden sollen.
Einfuhrbeschränkungen der Schweiz.
Basel, 18. Jan. Wie die „Baseler Nachr." melden, wird der Bundesrat bei der Bundesversammlung die Ermächtigung nachsuchen, für bestimmte Fälle zum Schutz der schweizerischen Erzeugung Einfuhrbeschränkungen zu erlassen. (Es handelt sich vor allem um Schmuckwaren, Möbel und Druckpapier.)
Die Milliardenleistnngen Deutschlands
Berlin, 18. Jan. Die Reichsregierung wird der Wiederherstellungskommission eine genaue Aufstellung über die bisherigen Leistungen Deutschlands, soweit sie nach dem Versailler Vertrag und anderen Abmachungen zur Anrechnung kommen müssen, zugehen lassen. Die 1lebersicht ordnet die Leistungen nach drei Gruppen. In den ersten beiden Gruvpen sind sür die Lieferung von Eisenbahnmaterial, für die Auslieferung d r Handelsflotte, der Ueberseekabel, von landwirtschaftlichen Maschinen. Farbstoffen und chemischen Arneimitteln, ferner für Tierlieferungen aller Art rund I 8 V 2 Milliarden Goldmark nach dem von gegnerischer Seite aufgestellten Umrechnungskurs in Ansatz gebracht. Weitere Milliardenziffern beziehen sich auf die Leistungen für die BesatznnaStruppen und ähnliche Ausgaben, die bei der Leistung der ersten 20 Milliarden vertragsmäßig aus die Wiederherstellungsleistnng angerechnet werden können. In Anrechnung gebracht sinh u. a. sechs Eisenbahnbrück n über den Rhein, die früher nicht zum Elsaß gehörten, aber mi; abgetreten werden mußten. „M. N. N."
Lohnbewegung in der badischen Landwirtschaft.
Karlsruhe, 18. Jan. Die Arbeiterverbände in der badischen Landwirtschaft haben den landwirtschaftlichen Lohntarifvertrag auf den 31. Dezember 1920 gekündigt. Nach den neuen Lohnforderungen der Arbeitnehmervertretungen sollen 21jährige Knechte auf dem Platten Land in Zukunft außer Kost und Wohnung noch 5200 Mk. baren Jahreslohn erhalten, im Mannheimer Industriegebiet 6760 Mk., in den Amtsbezirken Schwetzingen, Karlsruhe, Heidelberg und Freiburg 6240 Mk. Handwerker, Gärtner, Oberknechte, Oberschweizer usw. sollen zu ihren Sätzen einen weiteren Zuschlag von 25 Proz. erhalten, Obergärtner 50 Proz., Pferdeknechte, Melker und Wefütterer 10 Proz. Taglöhner auf dem Lank sollen mit 21 Jahren 4 Mk. in der Stunde erhalten und bei einem achtstündigen Arbeitstag 32 Mk. für den Tag, bei zehnstündiger Arbeitszeit 40 Mk. In der ersten Lohnklasse, die alle Betriebe mit mehr als 20 Ar-